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Neues zur Vertretungsmacht von Ehegatten und zum Arztgeheimnis – § 1358 BGB soll wieder besetzt werden

Jörn Hauß  Jörn Hauß
Fachanwalt für Familienrecht

Der Bundesrat (BR-Drucks. 505/16) hat eine Gesetzesinitiative auf den Weg gebracht, die viele Bürger verwundern wird, weil sie das Anliegen des Bundesrates längst erfüllt wähnen: Ehegatten und Lebenspartner sollen im Fall krankheits- oder behinderungsbedingter Beeinträchtigung der Handlungs- oder Willensentschließungsfreiheit füreinander handeln und entscheiden dürfen, soweit sie nicht getrennt leben.

Der Wortlaut von Absatz 1 der Norm soll wie folgt lauten:

§ 1358 BGB Beistand unter Ehegatten in Angelegenheiten der Gesundheitssorge und in der Fürsorge dienenden Angelegenheiten

(1) Soweit ein volljähriger Ehegatte auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung die nachgenannten Angelegenheiten nicht besorgen kann und weder einen entgegenstehenden Willen geäußert noch eine andere Person zur Wahrnehmung dieser Angelegenheiten bevollmächtigt hat und kein Betreuer bestellt ist, gilt sein volljähriger Ehegatte als bevollmächtigt,

  1. für den anderen Ehegatten gemäß § 630d Absatz 1 Satz 2 in Untersuchungen des Gesundheitszustandes, in Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einzuwilligen oder die Einwilligung zu versagen sowie ärztliche Aufklärungen nach § 630e Absatz 4 entgegen zu nehmen,
  2. für den anderen Ehegatten Willenserklärungen in Bezug auf ärztliche Behandlungsverträge, Krankenhausverträge sowie sonstige Verträge abzugeben und entgegenzunehmen, die der medizinischen Versorgung, Pflege, Betreuung oder Rehabilitation dienen, und dessen Rechte gegenüber den Erbringern solcher Leistungen wahrzunehmen,
  3. über Maßnahmen nach § 1906 Absatz 4 in Verbindung mit Absatz 1 und 2 in Bezug auf den anderen Ehegatten zu entscheiden und deren betreuungsgerichtliche Genehmigung einzuholen,
  4. für den anderen Ehegatten Ansprüche, die diesem aus Anlass von Krankheit, Behinderung, Pflegebedürftigkeit oder damit einhergehender Hilfebedürftigkeit zustehen, geltend zu machen und im rechtlich zulässigen Rahmen an Erbringer von medizinischen Leistungen, Pflege- oder Rehabilitationsleistungen abzutreten oder Zahlung an diese zu verlangen,
  5. zur Wahrnehmung der Angelegenheiten nach Nummer 1 bis 4 die Post des anderen Ehegatten entgegenzunehmen und zu öffnen.

Dies gilt nicht, wenn die Ehegatten getrennt leben (§ 1567 Absatz 1).

Die Frage, wie das „Getrenntleben“ festzustellen ist, mag Schwierigkeiten auslösen. Das Gesetz knüpft an die Erklärung des Ehegatten oder Lebenspartners an, nicht getrennt zu leben. Das ist vielleicht auch ganz gut und praxisnah. Insbesondere erfüllt eine solche Regelung die Erwartung von Ehegatten und Lebenspartnern, auch „in schlechten Zeiten“ füreinander einstehen zu sollen und auch füreinander einstehen zu können. Einzelheiten sind sicher zu diskutieren – und es wird viel zu diskutieren sein –, aber praktischer wird es allemal.

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