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Auskunftsansprüche in Ergänzung des persönlichen Umgangs (BGH v. 14.12.2016 – XII ZB 345/16)

Monika Clausius  Monika Clausius
Fachanwältin für Familienrecht

Die Frage von Umgangskontakten und generell der Teilhabe des nicht betreuenden Elternteils an der persönlichen Entwicklung eines Kindes ist für viele Elternteile nach der Trennung ein zentrales Thema. Auch wenn es bei der gemeinsamen elterlichen Sorge verbleibt, obliegt gleichwohl dem betreuenden Elternteil die Befugnis, über die Alltagsangelegenheiten allein zu entscheiden. Die in der Regel bis zur Trennung stattfindenden gemeinsamen Gespräche und Abstimmungen der Eltern auch zu diesen Alltagsangelegenheiten gibt es nicht mehr, so dass sich häufig aus der Alltagszuständigkeit letztlich auch ein Informationsvorsprung eines Elternteils ergibt, aus dem sich faktisch dann auch die Weichenstellung für grundlegende Fragen – etwa die der Schulwahl – ableitet. Viele nicht betreuende Elternteile fühlen sich durch die Reduzierung allein auf Umgangskontakte letztlich aus dem Leben des Kindes ausgegrenzt. Hierbei wird häufig nicht bedacht, dass neben den Umgangskontakten auch Auskunftsansprüche zu den persönlichen Verhältnissen sowie zur grundlegenden Entwicklung des Kindes geltend gemacht werden können.

Mit wesentlichen in diesem Kontext bestehenden Fragen hat sich der BGH in einer aktuellen Entscheidung auseinandergesetzt. Das gemeinsame Kind der beteiligten Eltern lebte bereits längerfristig in einer Pflegefamilie, nachdem den Eltern u.a. das Aufenthaltsbestimmungsrecht entzogen und das Jugendamt zum Ergänzungspfleger bestimmt worden war. Beide Elternteile hatten Umgangskontakte mit dem Kind, wobei der Vater gegenüber der Mutter, den Pflegeltern und dem Jugendamt Auskunftsansprüche in der Form detaillierter monatlicher Berichte geltend machte. In den Vorinstanzen wurden Auskunftsansprüche gegenüber der Mutter und den Pflegeeltern – in halbjährlicher Form – zuerkannt. Auf die Rechtsbeschwerde des Vaters hat der BGH erkannt, dass dem Vater gegenüber der Mutter ein Auskunftsanspruch nach § 1686 BGB zusteht. Der Anspruch setzt nicht voraus, dass der auskunftsverpflichtete  Elternteil die Obhut über das Kind ausübt. Grundsätzlich kommt daher auch ein auf Umgangskontakte beschränkter Elternteil als Anspruchsgegner in Betracht. Zudem hat der BGH entschieden, dass nicht nur ein Elternteil zur Auskunft verpflichtet sein kann, sondern ggf. auch das Jugendamt, wenn es als Ergänzungspfleger teilweise Sorgerechtsinhaber ist, vor allem jedoch mit Blick auf die ihm obliegende Aufsicht im Rahmen des bestehenden Fürsorgeverhältnisses für das in Vollzeitpflege befindliche Kind über die zur Auskunftserteilung erforderlichen Informationen verfügt. Darüber hinaus hat der BGH entschieden, dass typischerweise etwa Auskunft zu erteilen ist über das schulische Fortkommen, die gesundheitliche Situation oder die soziale Entwicklung des Kindes, jedoch keine detaillieren Angaben zum Tagesablauf, ärztliche Unterlagen oder Informationen zur vermögensrechtlichen Situation geschuldet werden. Ob Fotos vorzulegen sind, soll sich am Einzelfall entscheiden.

Die rechtliche Situation stellt sich so dar, dass ein Elternteil, dem nicht die persönliche Betreuung eines Kindes obliegt, unabhängig von der bestehenden Regelung der elterlichen Sorge, Auskunftsansprüche geltend machen kann, um sich über die Entwicklung und die wesentlichen Lebensumstände des Kindes zu informieren. Durch das Gesetz zur Stärkung der Rechte des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters vom 4.7.2013 wurde erstmals auch dem nur leiblichen Vater ein solcher Auskunftsanspruch zuerkannt. Unabdingbare Voraussetzung eines jeden Auskunftsanspruchs ist aber, dass er dem Kindeswohl nicht widerspricht.

Durch die Auskunft soll dem nicht betreuenden Elternteil die Möglichkeit gegeben werden, sich über das Befinden und die Entwicklung des Kindes in Kenntnis zu setzen. Der Auskunftsanspruch besteht neben dem Umgangsanspruch und kann unabhängig von diesem geltend gemacht werden. Allerdings muss der die Auskunft begehrende Elternteil ein berechtigtes Interesse an den geforderten Informationen haben. Davon ist regelmäßig dann auszugehen, wenn er keine andere Möglichkeit hat, um sich über die Entwicklung des Kindes in zumutbarer Weise zu informieren. Dies kann etwa auch anlässlich der Umgangskontakte erfolgen. Dem berechtigten Interesse steht es entgegen, wenn mit dem Auskunftsanspruch missbräuchliche Zwecke verfolgt werden, etwa der Sorgeberechtigte überwacht oder ein geheim zu haltender Aufenthalt des Kindes ermittelt werden soll.

Durch die Umsetzung des Auskunftsanspruchs soll der berechtigte Elternteil Informationen über die Entwicklung des Kindes sowie seine Lebensumstände erhalten. Hierzu gehören in jedem Fall die Darstellung der persönlichen Interessen, der schulische Werdegang sowie der Gesundheitszustand, wobei zu letzterem jedoch keine detaillierten Unterlagen vorzulegen sind. Zudem ist der Tatsache Rechnung zu tragen, dass mit zunehmendem Alter eines Kindes auch dessen Privat- und Intimsphäre zu respektieren ist und damit Informationen zu höchstpersönlichen Angelegenheiten nicht mehr zu erteilen sind.

In der Praxisberatung sollte dem Auskunftsanspruch verstärkte Bedeutung beigemessen werden. Ein Elternteil, der umfassend über die persönliche Situation seines Kindes in Kenntnis gesetzt wird und an dessen Entwicklung sowohl durch regelmäßige Umgänge als auch darüber hinausgehend erteilte Informationen teilnehmen kann, wird sich aus dem Leben des Kindes nicht als ausgegrenzt fühlen. Streitigkeiten um Teilbereiche der elterlichen Sorge lassen sich auf diesem Wege möglicherweise auch umgehen.

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