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BGH stellt praktisch kaum noch Anforderungen an die Unterschrift unter einem Schriftsatz

Dr. Frank O. Fischer  Dr. Frank O. Fischer
Richter am Amtsgericht

Wann ist eine (angebliche) Unterschrift tatsächlich als solche anzuerkennen? Zwischen den Tatsacheninstanzen und dem BGH kommt es bei dieser Frage immer wieder zu Streitigkeiten. Dabei stellen die Tatsacheninstanzen auch hier in aller Regel strengere Anforderungen als der BGH.

In dem Verfahren VI ZB 16/16, MDR 2017, 227 ging es – wieder einmal – um die Zulässigkeit einer Berufung. Die Unterschrift des Rechtsanwaltes bestand aus einem in die Länge gezogenen, nach oben offenen Halbkreis mit nach innen weisenden kurzen Schnörkeln. Selbst der BGH konstatiert in seinem Beschluss vom 29.11.2016, dass diese „Unterschrift“ sehr einfach strukturiert ist und offenbar – wie sich aus anderen im Laufe des Verfahrens geleisteten Unterschriften ergab – einem starken Abschleifungsprozess unterlegen war. Gleichwohl sei sie ausreichend individuell und ließe sich als Wiedergabe eines Namen erkennen. Ein solcher vereinfachter und eigentlich nicht lesbarer Namenszug kann als Unterschrift ausreichen, wenn der Unterzeichner auch sonst gleich oder ähnlich unterzeichnet. Für entscheidend hält der BGH in diesem Zusammenhang, dass keine Zweifel an der Urheberschaft des Unterzeichners bestanden, und zwar weil unter der Unterschrift die maschinenschriftliche Wiedergabe des Namens nebst der Berufsbezeichnung Rechtsanwalt stand und weil der Rechtsanwalt eben schon zuvor in der nunmehr beanstandeten Weise unterschrieben hatte. Dies bedeutet also in letzter Konsequenz: Der Unterzeichner bestimmt selbst, welche Anforderungen für seine Unterschrift ausreichend sind – ein doch etwas merkwürdiges Ergebnis.

Als Nebenaspekt der Entscheidung ist noch erwähnenswert: Die Frage, ob die Unterschrift in der Berufungsschrift ausreichend ist, wird von dem Revisionsgericht von Amts wegen unabhängig von der Auffassung des Berufungsgerichts in eigener Verantwortung geprüft, da die Zulässigkeit der Berufung Zulässigkeitsvoraussetzung für das weitere Verfahren und damit auch die Revision ist. Der Beschluss des Berufungsgerichts, worin ein vorsichtshalber gestellter Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen worden war, wird durch die Aufhebung des die Berufung verwerfenden Beschlusses gegenstandslos, so dass darüber gar nicht mehr zu entscheiden ist.

Unabhängig davon, drängen sich folgende Überlegungen auf: Entscheidungen zur Frage, welche Anforderungen an eine Unterschrift zu stellen sind, werden seit Jahren ständig veröffentlicht. Es ist daher eigentlich kaum zu glauben, dass es noch Rechtsanwälte gibt, die das Risiko eingehen, hier wegen einer „Nicht-Unterschrift“ einen Prozess zu verlieren, was nicht nur gegenüber der Mandantschaft mehr als peinlich ist. Jeder Rechtsanwalt tut daher gut daran, sich von vornherein eine Unterschrift zuzulegen, die gar nicht erst irgendwelche Zweifel aufkommen lässt und Nebenkriegsschauplätze eröffnet, auf die man getrost verzichten kann.

Dies gilt übrigens genauso für Richter! Fehlt es bei einem Urteil an der wirksamen Unterschrift, fangen z.B. Fristen aller Art (z.B. die Berufungs- und die Einspruchsfrist) gar nicht an zu laufen. Auch als Richter kann man daher viel Ärger bekommen, wenn die eigene Unterschrift nicht als ausreichend angesehen wird.

Daher spricht  wohl nichts gegen eine deutliche, gut lesbare Unterschrift, die aus Sicherheitsgründen allerdings nicht derjenigen entsprechen sollte, die bei eigenen Bankgeschäften benutzt wird.

 

 

 

 

Mehr zum Autor: Dr. Frank O. Fischer ist Richter am AG in Offenbach/Main. Er gehört zum festen Autorenteam der MDR und ist Mitautor des Prozessformularbuchs (Hrsg. Vorwerk).

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