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OLG Hamm: Doppeltes Einstellen von Artikel bei Amazon wettbewerbswidrig

Dr. Matthias Böse  Dr. Matthias Böse
Rechtsanwalt und Fachanwalt Gewerblicher Rechtsschutz

Die Handelsplattform Amazon ist für Verbraucher unter anderem deswegen sehr beliebt, da – bis auf wenige Ausnahmen – keine Doubletten von Artikeln gefunden werden. Jeder einzigartige Artikel wird nur einmal gelistet. Dies gewährleistet Amazon durch Abfrage des EAN-Codes des jeweiligen Produktes. Im Rahmen der Artikeldarstellung werden dann die unterschiedlichen Händler aufgelistet, bei denen das Produkt zu unterschiedlichen Preisen erhältlich ist, was dem Kunden einen effektiven Preisvergleich ermöglicht.

Die Kehrseite der Medaille für Händler ist, dass die Artikelbeschreibungen inhaltlich nur begrenzt beeinflusst werden können, sich zudem Artikelbeschreibungen auch immer wieder ändern können. Nach der Rechtsprechung des BGH haftet für etwaige Rechtsverletzungen jeder einzelne Marketplace Händler als Störer auf Unterlassung (BGH Urteil vom 3. März 2016 Az.: Az. I ZR 140/14, MDR 2016, 1102), wenn nicht regelmäßig die Angebote auf Rechtsverstöße überwacht werden. Noch wichtiger für die Praxis ist de Umstand, dass bei der Auswahl mehrerer Händler für das identische Produkt der Preis wohl das entscheidendste Kriterium zur Auswahl eines Händlers sein dürfte.

Ein findiger Händler wollte zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Durch Veränderung des EAN-Codes umging er die Doublettensuche von Amazon und konnte so seine eigene Artikelbeschreibung anlegen, für das Produkt als einziger Händler auftauchen.

Ein Wettbewerber nahm den Unternehmer auf Unterlassung in Anspruch, das OLG Hamm gab ihm Recht:

Das Gericht bejaht eine Irreführung im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG, da das neue Angebot eine unwahre oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über das Merkmal der Verfügbarkeit der Ware enthält. Hierbei verweist das OLG Hamm auf die Rechtsprechung des EuGH. Dass der durchschnittliche Verbraucher bei Eingabe der Artikelbezeichnung mindestens zwei Suchergebnisse erhalten hätte und so hätte feststellen können, dass das Produkt doch von mehreren Händlern erworben werden kann, ist unbeachtlich, weil ein Nutzer auch direkt (z.B. über einen von einem anderen Nutzer per E-Mail versandten Link auf die in Rede stehende Artikeldetailseite gelangen konnte und auf diese Weise von vornherein keine Möglichkeit hatte, Informationen über mögliche andere Anbieter zu erhalten.

Besonders pikant: Das OLG Hamm hat dem Kläger einen Auskunftsanspruch zugestanden, womit auch die Verpflichtung zur Leistung von Schadensers zumindest dem Grunde nach feststehen dürfte. Der Kläger könnte hier, zum Beispiel weil er preisgünstigter Anbieter des „legitimen“ Angebotes war, den ihm entgangenen Gewinn von dem Beklagten ersetzt verlangen.

Für die Praxis ist daher unbedingt davon abzuraten, identische Artikel unter Umgehung der „Doublettensperre“ von Amazon einzustellen. Man könnte zur Umgehung der „Doublettensperrung“ an das Einstellen von Produktbundles denken, wobei Amazon hier sehr enge Regelungen vorgibt, wonach beispielsweise der Verkauf von Proteinpulver unter Beifügung eines Shakers schon kein zulässiges Bundle darstellen soll. Es bleibt wohl nur die „zulässige“ Teilnahme am Wettbewerb auf Amazon, indem man sich dem (fairen) Preiskampf stellt und im Ãœbrigen regelmäßig die Angebote auf Rechtsverletzungen überwacht.

 

OLG Hamm, Urteil vom 12. Januar 2017 Az.: 4 U 80/16

Mehr zum Autor: Dr. Matthias Böse ist Rechtsanwalt und Fachanwalt Gewerblicher Rechtsschutz in der Kanzlei Franz LLP.

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