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Wohnungseigentümergesellschafter? Einspruch!

Dr. Oliver Elzer  Dr. Oliver Elzer

Zwischen dem 21. bis 23. Oktober 2020 fand in Fischen das 46. Fachgespräch zum WEG statt. Vor allem am ersten Tag wurde der Weg des Wohnungseigentumsrechts in das Gesellschaftsrecht befürwortet. Selbst der Idee, bestehende Vereinbarungen umzudeuten, nach denen der Verwalter Aufgaben für die Wohnungseigentümer erfüllen soll, zum Beispiel einer Veräußerung zustimmen, wurde von der Mehrheit nicht entgegengetreten. Solche Vereinbarungen müssten neu gelesen werden. Eigentlich stünde dort nicht Verwalter, sondern es stünde dort Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (Kann dies der Wille der Vertragschließenden gewesen sein?).

Da tat es gut, dass am zweiten Tag daran erinnert wurde, eine Person nicht dann als einen Wohnungseigentümer anzusehen, wenn sie sich an der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer beteiligt und ihr „Mitglied“ wird, sondern dann, wenn diese Person Miteigentum an einer Immobilie und Sondereigentum an einer Wohnung und/oder Räumen erwirbt. Es handelt sich beim Wohnungseigentumsrecht auch nach dem WEMoG keinesfalls um Gesellschaftsrecht, sondern weiterhin um Sachenrecht.

Es ist also nicht so, dass die Kommentierung zum WEG keinen Platz mehr im Sachenrecht hätte, wie es aber aus der Zuhörerschaft zu hören war (die weiter geäußerte Idee, ob es nicht richtig wäre, das Sondereigentum abzuschaffen und den Wohnungseigentümern bloße Nutzungsrechte zu geben, war freilich folgerichtig). Bereits im geltenden Recht ist es natürlich ohne weiteres möglich, dass eine GmbH oder eine GbR ein Haus erwirbt und ihren Gesellschaftern an den dortigen Räumlichkeiten Rechte zuweist. So ist es aber nicht, wenn wir Wohnungseigentumsrecht betrachten. Die Besonderheit des Wohnungseigentumsrechts war es immer – und muss es bleiben, wenn man es nicht einfach abschaffen und verfassungswidrig Eigentum vernichten will – dass der Wohnungseigentümer nicht bloßer Gesellschafter und Inhaber eines Nutzungs- und/oder Benutzungsrecht ist, sondern Eigentümer einer Immobilie.

Im Ãœbrigen sei an dieser Stelle nur an Weniges erinnert, wonach auch das WEMoG eigentlich nicht falsch verstanden werden kann:

  • Die Wohnungseigentümer sind auch nach dem WEMoG Teilhaber einer Bruchteilseigentümergemeinschaft, für die das WEG nur Sonderregelungen schafft. § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG verweist ausdrücklich auf das subsidiär anzuwendende BGB-Recht (§§ 741 ff.). Soweit daher Wohnungseigentümer als „intensivere Nachbarn“ beschrieben werden, hat dies mit der Rechtswirklichkeit noch nichts zu tun. Hoffentlich ist es auch künftig so.
  • Das gemeinschaftliche Eigentum steht nicht der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu. Diese ist nur dazu berufen, ihr fremdes Eigentum als Dienstleisterin zu verwalten. Dies wird unter anderem deutlich durch § 9a Abs. 2 WEG, der der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zwar Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer zur Ausübung zuordnet, aber daran festhält, dass es Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer sind.
  • § 11 WEG beschäftigt sich nicht mit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, sondern der Bruchteilseigentümergemeinschaft.
  • § 12 WEG schützt die Wohnungseigentümer als Eigentümer der Immobilie, keinen Verband.
  • § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG ist allerdings irreführend. Danach ist jeder Wohnungseigentümer gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verpflichtet, sich an die Vereinbarungen und Beschlüsse zu halten. Indes: Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist aus diesen Vereinbarungen weder berechtigt noch verpflichtet. Sie verwaltet insoweit ein ihr fremdes Rechtsregime und ist dessen Hüterin. Es ist eine Aufgabe wie die nach § 9a Abs. 2 WEG im offensichtlich fremden Rechtskreis. Es geht auch hier um das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander als Teilhaber der Bruchteilseigentümergemeinschaft und nicht um Gesellschaftsrecht.
  • Auch § 17 Abs. 1 WEG ist irreführend. Danach kann die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer von einem Wohnungseigentümer die Veräußerung seines Wohnungseigentums verlangen. Die Gemeinschaft ist freilich dem Wohnungseigentümer nicht in Gemeinschaft nach § 741 ff. BGB verbunden. Wenn sie daher die Veräußerung verlangt, so tut sie dies daher als Dienstleisterin und Kämpferin für die Teilhaber der Bruchteilseigentümergemeinschaft (auch wenn – völlig unsystematisch – § 17 WEG jetzt auch Verstöße gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sanktionieren will: durch Ausschluss aus der Bruchteilseigentümergemeinschaft?). Es ist eine Aufgabe wie die nach § 9a Abs. 2 WEG im offensichtlich fremden Rechtskreis.
  • § 18 Abs. 1 WEG ändert an diesem Bild nichts, er verstärkt es sogar. Danach obliegt die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Es handelt sich insoweit um die Aufgabe, die sich vorher der Verwalter und die Wohnungseigentümer teilten. Es ist die Aufgabe des Dienstleisters, die sich fremden Rechtskreis verwirklicht.
  • Nicht letzter, aber wichtiger Baustein in diesem Denken ist auch § 28 WEG. Denn danach müssen die Wohnungseigentümer jährlich neue Mittel aufbringen. Für den Gesellschafter eines Verbandes ist dies nicht undenkbar (etwa für Vereinsmitglieder). Grundsätzlich ist es aber anders. Danach ist grundsätzlich nach einer Einlage keine Verpflichtung mehr erkennbar, die Gesellschaft durch finanzielle Mittel zu stützen.
  • Entlarvend im Ãœbrigen ist aber § 9a Abs. 3 WEG. Für das Vermögen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (Gemeinschaftsvermögen) gelten danach § 18, § 19 Absatz 1 und § 27 WEG nur entsprechend. Vorrangig wird also das gemeinschaftliche Eigentum durch Beschlüsse der Wohnungseigentümer verwaltet. Und vorrangig findet die Geschäftsführung des Verwalters für das gemeinschaftliche Eigentum, das der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nicht zusteht, statt. Erst durch die Anordnung des § 9a Abs. 3 WEG wird unter anderem die Versammlung der Wohnungseigentümer auch zu einer Mitgliederversammlung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer.

Fazit: Das Wohnungseigentumsrecht hat sich zweifellos 2005 auf den Weg in das Gesellschaftsrecht gemacht. Dieser Weg ist aber nur gerechtfertigt, wo es die Verwaltung für eine Immobilie erfordert. Keinesfalls darf man den Wohnungseigentümer zu einem bloßen Gesellschafter herunterdefinieren. Daher darf man das Gesellschaftsrecht nicht 1:1 in das Wohnungseigentumsrecht implementieren. Stets ist zu fragen, ob Entsprechungen für die Wohnungseigentümer als Immobilieneigentümer von Nutzen sind. Das mag zum Beispiel bei der Organisation der Versammlung, aber auch beim Abschluss von Verträgen der Fall sein. Für den Schutz der Immobilie vor allem nach § 1004 BGB war der Weg ins Gesellschaftsrecht eher unnötig. Jedenfalls aber ist der Störungsschutz ein Recht, welches die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als Dienstleisterin erfüllt, nicht im eigenen Rechtskreis. Für die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gilt natürlich nichts anderes.

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