Beim XII. Senat geht es am 9.3.2016 um Elternunterhalt (XII ZB 693/14). Der unterhaltspflichtige Sohn lebt in langjähriger Lebensgemeinschaft mit einer Frau, einem gemeinsamen (7) und zwei weiteren Kinder (12 und 14), die seine Lebensgefährtin aus ihrer ersten Ehe in die Lebensgemeinschaft eingebracht hat. Die Lebensgefährtin erzielt nur geringes Einkommen weit unterhalb des Sozialhilfeniveaus.
Es geht um die Fragen,
- ob die Lebensstandardgarantie des Elternunterhalts (BGH FamRZ 2002, 1698) auch die Berücksichtigung der finanziellen Unterstützung des unterhaltspflichtigen Kindes für die Lebensgefährtin umfasst und, wenn diese Frage verneint wird,
- ob nicht wenigstens die Wohnmehrkosten gegenüber dem Alleinlebenden unter die Lebensstandardgarantie gefasst werden können.
Die Vorinstanz (OLG Nürnberg – 7 UF 988/14) hatte beide Fragen verneint. Mangels Existenz eines gesetzlichen Unterhaltsanspruchs könne die faktische Unterhaltsleistung an die Lebensgefährtin und deren Kinder nicht dem gesetzlichen Unterhaltsanspruch des Vaters entgegengehalten werden.
Nimmt man die Lebensstandardgarantie allerdings ernst, lässt sich dieser fränkische moralisch-juristische Rigorismus aus zwei Gründen nicht halten:
- Lebte der Sohn allein in einer überdimensionierten Wohnung, müssten die gegenüber dem Selbstbehalt erhöhten Wohnkosten auch unterhaltsrechtlich berücksichtigt werden. Warum gilt das dann nicht, wenn er die ‚zu teure Wohnung‘ mit seinen Liebsten teilt?
- Es könnte sein (der SV gibt dazu nichts her), dass ein Sozialhilfeanspruch der Lebensgefährtin und ihrer Kinder im Hinblick auf die bestehende Bedarfsgemeinschaft verneint wird. Dann aber geht der Unterhaltsanspruch in Höhe des sozialhilferechtlichen Bedarfs nicht auf den Sozialhilfeträger über (§ 94 Abs. 3 Nr. 1 SGB VI). Der von Sozialhilfeleistungen entlastete Sozialhilfeträger kann sich ja wohl nicht über die Entlastung freuen, sie unterhaltsrechtlich aber ignorieren. Das Verbot widersprüchlichen Verhaltens gilt auch für Sozialhilfeträger.