Rentenkürzung der Zusatzversorgung in Versorgungsausgleich-Altfällen rechtswidrig

Wird eine Ehe geschieden, wird der Versorgungsausgleich durchgeführt. Nach dem bis zum 31.8.2009 geltenden Versorgungsausgleichsrecht wurden die ehezeitlich erworbenen Anrechte in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes mit Hilfe der BarwertVO „dynamisiert“. So wurden aus 53,50 € ehezeitlicher auszugleichender Versorgung in einem vom LG Köln nunmehr entschiedenen Fall 11,11 €. Diesen Betrag hätte die Zusatzversorgungskasse der gesetzlichen Rentenversicherung zu erstatten gehabt, wenn es zu einem Rentenbezug der ausgleichsberechtigten Person gekommen wäre.

Tatsächlich verminderte die Zusatzversorgungskasse den Versorgungsbezug des nachehezeitlich im Alter von 45 Jahren invalide gewordenen Ehemannes um den nicht dynamisierten Ausgleichsbetrag von 53,50 €, obwohl die ausgleichsberechtigte Ehefrau noch gar keine Rente bezog. Die Einsparungen für den Versorgungsträger sind erheblich. Bis zum Altersrenteneintritt der 3,5 Jahre jüngeren Ehefrau des Versorgungsberechtigten hätte die Zusatzversorgungskasse für die Ehefrau keinerlei Zahlungen erbringen müssen und danach auch nicht die 53,50 €, sondern maximal ca. 20 €. Im konkreten Fall hätte der Verlust des Ehemannes über die gesamte Bezugszeit der Versorgung bis zu seinem Tod ca. 15.000 € betragen. Bedenkt man die geringe Versorgungshöhe von 53,50 €, ist dies ein erheblicher Betrag.

Das LG Köln (Urteil v. 17.8.2016 – 20 S 8/16) hat sich nun als erstes Zivilgericht einer Entscheidung des Oberschiedsgerichts der VBL in Karlsruhe v. 6.6.2012 – OS 51/10, FamRZ 2012, 1877 angeschlossen und für die Rheinische Zusatzversorgungskasse entschieden, dass die Kürzung der Versorgungsrente für die ausgleichspflichtige Person lediglich in Höhe des aktualisierten dynamisierten Ausgleichsbetrags erfolgen darf. Die Kürzung darf also nicht höher als der in der Versorgungsausgleichsbilanz des Scheidungsurteils bilanzierte Ehezeitanteil der Zusatzversorgung sein, der mit Hilfe der aktuellen Rentenwerte dynamisiert wird.

Im konkreten Fall war das Ehezeitende 2004. Der aktuelle Rentenwert betrug im Jahr 2004 26,13 €, im Jahr 2016 beträgt er 30,45 €. Der berechtigte Abzugsbetrag für das Jahr 2016 hätte sich dann wie folgt errechnet: 11,11 x 30,45 / 26,13 = 12,95 €. Tatsächlich wurden 53,50 € abgezogen!

Das LG Köln hat Revision zum BGH zugelassen.

Konsequenzen aus der Entscheidung:

Bevor die Betroffenen nun die Versorgungsträger anschreiben und die Erhöhung ihrer Rentenbezüge geltend machen, gilt es einiges zu bedenken:

  • Die Zusatzversorgungsträger können dieses Erhöhungsverlangen mit Anträgen auf Abänderung der Versorgungsausgleichsentscheidung beantworten. Dann erfolgt die Realteilung der Versorgung nach neuem Recht. Die Versorgung würde dann tatsächlich um den Nominalbetrag (im vorliegenden Fall 53,50 €) gekürzt.
  • Wenn der Versorgungsbezieher eine Versorgung von einem betrieblichen oder privaten Versorgungsträger bezieht, die ebenfalls mit der BarwertVO „gekürzt“ worden ist, kann ein solches Abänderungsverfahren für den Versorgungsbezieher zu einer Kürzung auch der anderen Bezugsrenten führen.
    • Im Rahmen eines Abänderungsverfahrens müssten die durch Kindererziehungszeiten für vor dem 1.1.1992 geborene Kinder erworbenen Anrechte mitausgeglichen werden und
    • könnten zwischenzeitliche Verschlechterungen der Beamtenversorgung ebenfalls versorgungsausgleichsrechtlich berücksichtigt werden.

Ob ein Antrag an den Versorgungsträger, die unberechtigte Rentenkürzung zu unterlassen, gestellt werden soll, bedarf folglich sorgfältiger Prüfung des Abänderungspotentials aller in den Versorgungsausgleich einbezogenen Versorgungen. Ratsam ist es, unter Hinweis auf die Entscheidung des LG Köln in geeigneten Fällen den Anspruch beim Versorgungsträger zunächst anzumelden und sich zugleich einverstanden zu erklären, bis zur Entscheidung des BGH über die Revision abzuwarten. Zwar kann man so den Versorgungsträger nicht verbindlich davon abhalten, ein Abänderungsverfahren einzuleiten; die Wahrscheinlichkeit dafür ist aber gering, weil Abänderungsverfahren auch für die Versorgungsträger aufwändig sind.

Kenntnisreiche anwaltliche Beratung ist daher gefragt!

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