In Rechtsprechung und Literatur wurde bislang die Frage, ob Ordnungsmittel auch dann gegen einen Umgangsberechtigten angeordnet werden können, wenn seine Umgangszeiten zwar positiv gerichtlich geregelt sind, er allerdings auch außerhalb dieser geregelten Zeiten Kontakt zu dem Kind aufnimmt.
Vertreten wurde hierzu etwa die Auffassung, dass die positive Umgangsregelung gleichzeitig als Verbot zu verstehen sein soll, sich außerhalb dieser Zeiten jeglichen Kontakts zu enthalten (z.B. KG v. 13.2.2015 – 13 WF 203/14, FamRZ 2015, 940 = FamRB 2015, 130 [Clausius]). Eine weitere Meinung knüpfte primär an Art und Umfang des hergestellten Kontakts an, so dass Kontakte von lediglich kurzer Dauer nur von untergeordneter Bedeutung seien, die kein Ordnungsmittel rechtfertigten (OLG Frankfurt v. 31.10.2016 – 2 WF 302/16, FamRZ 2017, 744).
In einer Grundsatzentscheidung vom 21.2.2024 hat der BGH (XII ZB 401/23, FamRB 2024, 231 [Clausius]) diese Frage nun abschließend geklärt und sich der weitergehend vertretenen Auffassung angeschlossen, dass eine Umgangsregelung, die eine bestimmte Umgangszeit positiv zuweist, nicht gleichzeitig ein hinreichend bestimmtes und damit ordnungsmittelfähiges Kontaktverbot für die übrige Zeit darstellt.
Seine Entscheidung hat der BGH mit dem Hinweis begründet, dass eine vollstreckungsfähige Umgangsregelung eine nach Art, Ort und Zeit erschöpfende, hinreichend bestimmte und konkrete Regelung des Umgangsrechts sowie nach § 89 Abs. 2 FamFG einen hierauf bezogenen Hinweis auf die möglichen Folgen der Zuwiderhandlung erfordert.
Der Begriff des Umgangs ist nach Darlegung des BGH umfassend zu verstehen, d.h. das Gesetz differenziert in § 1684 BGB nicht zwischen verschiedenen Umgangsformen, so dass auch nur flüchtige, fernmündliche, schriftliche oder nonverbale Kontakt erfasst werden. Legt eine Regelung daher Umgangszeiten ohne nähere qualitative Eingrenzung fest, so ist diese nicht hinreichend bestimmt, um dem berechtigten Elternteil in der für die Vollstreckung gebotenen Deutlichkeit vor Augen zu führen, welches Verhalten von ihm außerhalb der zugewiesenen Umgangszeiten erwartet wird. Eine solche Regelung kann nicht ohne weiteres als ein an den Berechtigten gerichtetes Verbot verstanden werden, sich jeglicher Kontaktaufnahme, sei es in Form von Briefen, Telefonaten oder auch eines nur nonverbalen Kontakts bei zufälligen Begegnungen außerhalb der Umgangszeiten zu enthalten.
Will ein Elternteil Kontakte außerhalb der geregelten Zeiten ausschließen, so wird er nach der Entscheidung des BGH auf die Möglichkeit verwiesen, eine konkrete Verhaltensgebote oder -verbote enthaltende Umgangsregelung nach § 1684 Abs. 3 BGB, einen spezifischen Umgangsausschluss nach § 1684 Abs. 4 BGGB oder ein Kontaktverbot nach § 1666 Abs. 3 Nr. 4 BGB zu erwirken. Dabei muss sich das Unterlassungsgebot, sich außerhalb der zum Umgang zugewiesenen Zeiten der Kontaktaufnahme zu enthalten, stets ausdrücklich und eindeutig aus der Umgangsregelung ergeben und von dem nach § 89 Abs. 2 FamFG zu erteilenden Hinweis umfasst sein, um Grundlage zur Anordnung eines Ordnungsmittels zu sein.
Die Entscheidung des BGH und die sich hieraus für die Praxis ergebende Klarstellung ist ausdrücklich zu begrüßen. Stehen Umgangsregelungen nunmehr in einem gerichtlichen Verfahren zur Entscheidung und möchte ein Elternteil sicherstellen, dass außerhalb der positiv zugewiesenen Zeiten gerade keine weiteren Kontakte stattfinden, so wird er sich in seiner Antragserwiderung aber nun nicht nur zu den konkret seitens des anderen Elternteils gewünschten Umgangszeiten erklären müssen, sondern konkret auch zu den Gründen, die einem Kontakt außerhalb dieser Zeiten entgegenstehen und hier unter besonderer Beachtung, der jeweiligen gesetzlichen Eingriffsschwellen, d.h. dass im Fall des § 1684 Abs. 4 S. 1 BGB die Einschränkung zum Wohl des Kindes erforderlich ist bzw. andernfalls das Kindeswohl gefährdet wäre (§ 1684 Abs. 4 S. 2 BGB).