Neuauflage: Schürmann, Sozialrecht für die familienrechtliche Praxis

Schürmann, Sozialrecht für die familienrechtliche Praxis, Gieseking 2016, FamRZ-Buch 42, ca. 450 Seiten, 59 €, ISBN: 978-3-7694-1165-2.

Der Flug von Boston nach Düsseldorf dauert alles in allem 7 Stunden. Normalerweise schlafe ich im Flugzeug. Diesmal nicht. Das Buch von Heinrich Schürmann hält mich wach und beunruhigt mich, weil es gravierende Lücken meiner sozialrechtlichen Kenntnisse aufdeckt und fast im gleichen Moment schließt. Auf rund 450 Seiten stellt Schürmann das für den Familienrechtlicher erforderliche sozialrechtliche Handwerkszeug zusammen.

Ich bewundere stets Profihandwerker, die ohne einen 3-maligen Ausflug in den Baumarkt eine Steckdose montieren können und das dazu erforderliche Handwerkszeug übersichtlich in einem kleinen Beautykoffer bereithalten. So ist es auch bei Schürmann. In fünf großen Kapiteln behandelt er die Leistungen des Sozialstaates zur Sozialversicherung (Arbeitsförderung, Kranken- und Pflegeversicherung, Renten- und Unfallversicherung), zur Familienförderung (Mutterschafts-, Eltern- und Kindergeld, Jugendhilfe, Wohngeld, Ausbildungsförderung, Unterhaltsvorschuss und Entschädigungsrecht), zur Existenzsicherung (Grundsicherung für Arbeitssuchende, Kinderzuschlag, Sozialhilfe) sowie den Regress des Sozialhilfeträgers. Für Familienrechtler bleibt keine Lücke.

Sorgfältig wird die Darstellung der einzelnen Leistungen mit einer historischen Vorstellung, der Angabe von Rechtsgrundlagen und Zuständigkeiten und weiterführenden Literaturangaben eingeleitet. Teilweise wird auch der Text einer Leistungsnorm wiedergegeben. Der Autor weiß, dass Juristen zwar Normen anwenden, sie aber ungern lesen.

Heinrich Schürmann ist Praktiker. Deshalb wird die Lektüre nicht langweilig. Leistungen und deren Voraussetzungen sind oft in übersichtlichen Tabellen zusammengestellt, das beschleunigt den Zugriff. Da die Übersichten aber nicht allein stehen, sondern durch Texte und teilweise Berechnungsbeispiele erläutert werden, liegt es in der Hand des Lesers, die Kenntnis eines Wertes abzugreifen oder das System einer Leistung verstehen zu wollen. Wenn letzteres der Fall ist, wird ihm der Text gefallen, da er juristisch exakt, aber auch dem eiligen Leser zugängig ist.

Im Zeitalter elektronischer Medien ist dem Buch, besonders dem Fachbuch, oft ein elender Tod vorausgesagt worden. Im Printmedium wird der durch die Verlinkung entstehende Vorteil des elektronischen Mediums durch Index und Querverweise kompensiert. Beides bietet das Buch in Premiumqualität. Man vermisst die elektronische Buchversion daher nicht. Des Lesers Wunsch ist allerdings des Autors Fluch. Bei der elektronischen Version erwartet der Konsument eine immerwährende Aktualität. Diese zu liefern ist für einen Autor quälend. Deswegen hoffe ich als Leser, dass das Buch regelmäßig neu aufgelegt und dadurch aktualisiert wird, auch ganz ohne Elektronik. Zusammengefasst: 5 „Likes“ für das Buch, das jedem Familienrechtler Pflichtlektüre sein müsste.

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