Pflichtteilsergänzungsansprüche bei Zuwendungen unter Ehegatten (BGH v. 14.3.2018 – IV ZR 170/16)

Wird eine pflichtteilsberechtigte Person (Abkömmlinge, Ehegatten, Eltern) durch eine letztwillige Verfügung enterbt, steht dieser Person ein Pflichtteilsanspruch gegen den oder die Erben zu. Bei dem Pflichtteilsanspruch handelt es sich um einen reinen Geldanspruch, der sich gegen die Erben richtet. Er beträgt die Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils.

Zusätzlich zu dem Pflichtteilsanspruch kann der Pflichtteilsberechtigte den sog. Pflichtteilsergänzungsanspruch gegen den oder die Erben geltend machen. Hat der Erblasser während der letzten 10 Jahre seines Lebens unentgeltliche Zuwendungen gemacht, sind diese für die Pflichtteilsberechnung dem tatsächlichen Nachlasswert hinzuzurechnen. Allerdings schmilzt der Pflichtteilsergänzungsanspruch grundsätzlich mit jedem Jahr, das seit der Schenkung vergeht, um 1/10 ab. Dies gilt allerdings nicht, wenn der Erblasser sich ein Nutzungsrecht an dem zugewandten Gegenstand vorbehalten hat oder die unentgeltliche Zuwendung seinem Ehegatten zugutekam.

Unentgeltliche Zuwendungen an den Ehegatten werden also ohne jede Abschmelzung mit ihrem vollen Wert für die Pflichtteilsberechnung dem Nachlasswert hinzugerechnet und zwar unabhängig davon, wann sie stattgefunden haben. Es wird also für die Pflichtteilsberechnung so getan, als hätte die unentgeltliche Zuwendung des Erblassers nie stattgefunden und der zugewandte Betrag/Gegenstand sei noch Teil des Nachlasses und zwar auch dann, wenn diese Zuwendung bereits 20 oder mehr Jahre zurückliegt.

Angesichts dessen, dass unentgeltliche Zuwendungen zwischen Ehegatten eher die Regel als die Ausnahme sind, ist dem Rechtsanwalt, der sich erbrechtlich betätigt, dringend anzuraten, bei der Ermittlung der Pflichtteilsansprüche des eigenen Mandanten besonderes Augenmerk auf die Frage zu legen, welche Zuwendungen an den Ehegatten des Erblassers stattgefunden haben. Ein typischer Fall ist beispielsweise die unentgeltliche Zuwendung eines hälftigen Miteigentumsanteils an einer Immobilie oder auch die alleinige Abtragung eines gemeinsamen Darlehens durch einen Ehegatten.

Da der Bundesgerichtshof erst kürzlich mit Urteil v. 14.3.2018 – IV ZR 170/16, FamRZ 2018, 775 = FamRB 2018, 239 höchstrichterlich bestätigt hat, dass die Abtragung gemeinsamer Darlehen – sowohl was die Tilgungsleistungen als auch etwaige Zinszahlungen betrifft – durch einen Ehegatten allein pflichtteilsergänzungsrelevant ist, wird die Frage, ob pflichtteilsergänzungsrelevante Zuwendungen an den Ehegatten stattgefunden haben, sicherlich in nächster Zeit im Fokus der forensischen Erbrechtspraxis stehen. Insoweit gibt Rohlfing in seiner Bearbeitung der o.g. BGH-Entscheidung im Familien-Rechtsberater hilfreiche Beratungstipps zur Vermeidung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen an die Hand (Rohlfing, FamRB 2018, 239).

Keine Anfechtung einer Erbschaftsannahme wegen Überschuldung des Nachlasses bei „spekulativer“ Annahme (zu OLG Düsseldorf v. 17.10.2016 – I-3 Wx 155/15)

Die Entscheidung, ob man eine Erbschaft annehmen oder ausschlagen soll, ist nicht immer einfach zu treffen. Insbesondere wenn die Erben nur oberflächlichen Kontakt zum Erblasser hatten oder der Erblasser sie schlicht nicht über seine Finanzen informiert hat, kaufen sie mit der Annahme der Erbschaft „die Katze im Sack“. Das Gesetz erleichtert die Entscheidung für die Erben kaum. Die Frist zur Ausschlagung einer Erbschaft ist mit sechs Wochen ab Kenntnis von dem Tod des Erblassers bzw. seiner letztwilligen Verfügung extrem kurz. Wird die Erbschaft nicht innerhalb dieser Frist ausgeschlagen, gilt sie als angenommen. Innerhalb dieser kurzen Zeit ist es aber meist nicht möglich, sich ein vollständiges Bild von dem Nachlass zu machen. Verschärft wird die Problematik dadurch, dass die Banken und Versicherungen den Erben die Auskunft verweigern, wenn sie keinen Erbschein vorlegen können oder nicht zufälligerweise über eine Vollmacht des Erblassers verfügen. Einen Erbschein können die Erben wiederum erst nach Annahme der Erbschaft erhalten. Durchaus nicht selten stellen die Erben daher erst nach der Annahme der Erbschaft fest, dass der Nachlass überschuldet ist, und wollen die Erbschaft wieder loswerden, zumal sie als Erben grundsätzlich auch mit ihrem persönlichen Vermögen für die Nachlassschulden haften. Eine einmal angenommene Erbschaft wieder loszuwerden ist allerdings nicht ganz einfach.

Das Gesetz stellt den Erben zwar die Möglichkeit der Anfechtung der Annahme einer Erbschaft zur Verfügung, wenn sie irrtümlich davon ausgegangen sind, dass der Nachlass nicht überschuldet ist. Ein solcher Irrtum liegt allerdings bereits dann nicht vor, wenn die Erbschaft „spekulativ“ in der Hoffnung angenommen wurde, sie sei nicht überschuldet (OLG Düsseldorf v. 17.10.2016 – I-3 Wx 155/15). Eine Anfechtung wegen Überschuldung des Nachlasses ist also nur dann möglich, wenn die Erben bei der Annahme der Erbschaft davon überzeugt waren, dass der Nachlass nicht überschuldet ist, nicht aber schon dann, wenn die Erben keine Informationen über den Nachlass hatten.

Das OLG Düsseldorf hat in seinem Beschluss vom 17.10.2016 nun die Möglichkeit einer Anfechtung wegen Überschuldung sogar in einem Fall für ausgeschlossen gehalten, in dem die Erben – jedenfalls angeblich – davon überzeugt gewesen waren, der Nachlass sei schuldenfrei. Zu dieser Überzeugung waren sie dadurch gelangt, dass die Erblasserin ihnen gegenüber zu Lebzeiten mehrfach geäußert hatte, es bestünden keine Verbindlichkeiten mehr, sie müssten sich also wegen der zukünftigen Erbschaft keine Sorgen machen. Das OLG wies die Beschwerde der Erben mit der Begründung zurück, dass diese Aussagen der Mutter ungeeignet gewesen seien, die Überzeugung zu begründen, der Nachlass sei nicht überschuldet. Allenfalls hätte diese Aussage diesbezüglich eine vage Hoffnung begründen können, zumal den Erben die Unzuverlässigkeit der Erblasserin in finanziellen Fragen bekannt gewesen sei. Eine bloße Hoffnung sei aber eben kein rechtserheblicher Irrtum, der zur Anfechtung berechtigt.

Diese Entscheidung ist zwar unsauber begründet, dürfte jedoch im Ergebnis richtig sein. Das OLG vermischt in seiner Argumentation die materiellen Voraussetzungen eines rechtserheblichen Irrtums und Fragen der Feststellungslast. Wären die Erben tatsächlich davon überzeugt gewesen, dass der Nachlass nicht überschuldet ist, und hätte sich dies später als falsch herausgestellt, hätte ein rechtserheblicher Irrtum vorgelegen und nicht eine bloße Hoffnung der Erben. Wirtschaftliches/vernünftiges Denken des Irrenden ist keine Voraussetzung für das Vorliegen eines rechtserheblichen Irrtums. Allerdings müssen die Erben im Zweifel beweisen, dass sie tatsächlich zur verfehlten Überzeugung gelangt sind, dass der Nachlass nicht überschuldet ist. Ein Zweifel daran besteht immer dann, wenn ein objektiver Dritter an Stelle der Erben nicht zu der Überzeugung gelangt wäre, dass der Nachlass schuldenfrei ist, sondern sich allenfalls Hoffnungen in diese Richtung gemacht hätte. In dem von dem OLG Düsseldorf entschiedenen Fall, wäre ein objektiver Dritter auf der Grundlage der Aussagen der Erblasserin nicht zu der Überzeugung gelangt, dass der Nachlass schuldenfrei ist, weil ihre Unzuverlässigkeit in finanziellen Dingen bekannt war. Den Beweis, dass sie – unvernünftigerweise – dennoch davon überzeugt waren, dass der Nachlass schuldenfrei ist, konnten die Erben nicht führen. Die Beschwerde war daher richtigerweise zurückzuweisen.

Zusammenfassung:

  • Die Annahme einer Erbschaft kann angefochten werden, wenn die Erben bei der Annahme irrtümlich davon überzeugt sind, dass der Nachlass schuldenfrei (oder zumindest nicht überschuldet) ist.
  • Die Annahme einer Erbschaft kann nicht angefochten werden, wenn die Erben keine konkreten Vorstellungen von dem Nachlass haben, sondern nur hoffen, dass dieser nicht überschuldet ist.
  • Im Zweifel müssen die Erben beweisen, dass sie tatsächlich zu einer verfehlten Überzeugung gelangt sind und sich nicht nur Hoffnungen gemacht haben. Dieser Beweis ist kaum zu führen, wenn ein objektiver Dritter an Stelle der Erben nicht zu der Überzeugung gelangt wäre, dass der Nachlass schuldenfrei ist.

Hinweis für die Praxis:

Auch wenn die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Anfechtung einer Erbschaftsannahme sehr hoch sind und eine solche sogar von vornherein ausgeschlossen ist, wenn die Erben bei der Annahme keinerlei Vorstellung von der Zusammensetzung des Nachlasses haben, ist den Erben in solchen Fällen nicht ohne Weiteres zu raten, die Erbschaft vorsorglich auszuschlagen. Selbst wenn sich nach der Annahme herausstellt, dass der Nachlass überschuldet ist, kann eine Haftung der Erben mit ihrem persönlichen Vermögen vermieden werden, indem die Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens beantragt wird. Ein solcher Antrag hat auch keine negativen Konsequenzen für die Kreditwürdigkeit der Erben. Vorsicht bei der Annahme einer Erbschaft ist allerdings dann geboten, wenn Immobilienvermögen vorhanden ist, denn für die laufenden Kosten der Immobilien, die nach dem Tod des Erblassers entstehen, haften die Erben auch im Fall eines Nachlassinsolvenzverfahrens persönlich, wenn diese nicht aus dem Nachlass beglichen werden können.

 

Hard cases make bad law

Kuriose Fälle

Diese juristische Maxime gilt in letzter Zeit vor allem für das Familien- und Erbrecht. Der Fall der bereits geschiedenen, alleinerziehenden Frau, die entgegen der Absprache mit ihrem Partner schwanger wurde und von ihrem Anwalt einen Ehevertrag entwerfen ließ, um unbedingt geheiratet zu werden (BVerfG v. 6.2.2001 – 1 BvR 12/92, BVerfGE 103, 89 = FamRZ 2001, 343), bedeutete das Ende der Ehevertragsfreiheit. Die Frau, die in der Empfängniszeit mit anderen Männern außer ihrem Verlobten Geschlechtsverkehr hatte, bei einem Streit entsprechende Andeutungen machte und sich später auf ihr Persönlichkeitsrecht zur Verschweigung ihrer Sexualpartner berief, obwohl sie ihrem Mann ein Kind unterschoben hatte, führte zur Verfassungswidrigkeit der bisherigen Auskunftsrechte des Ehemanns (BVerfG v. 24.2.2015 – 1 BvR 472/14, BVerfGE 138, 377 = FamRZ 2015, 729 = FamRB 2015, 173). Ähnliches gilt im Erbrecht. Die verfassungsmäßige Verankerung des Pflichtteilsrechts von Kindern betraf das privatschriftliche Testament einer Mutter, die ihren Sohn enterbt hatte. Dieser hatte sie wiederholt tätlich angegriffen und schließlich aus Wut über seine bevorstehende Einweisung in das Landeskrankenhaus erschlagen, ihre Leiche zerstückelt und die Leichenteile im Wald versteckt. Sein Betreuer machte den Pflichtteil geltend und bekam dank des Verfassungsgerichts Recht (BVerfG v. 19.4.2005 – 1 BvR 1644/00 und 1 BvR 188/03, BVerfGE 112, 332 = FamRZ 2005, 872 = FamRB 2005, 204).

Pflichtteilsverzicht nicht gegen Sportwagen

Auch der nunmehrige Fall, in dem das OLG Hamm einen Erbverzicht für sittenwidrig erklärt hat (OLG Hamm, Beschl. v. 8.11.2016 – 10 U 36/15), gehört zu den juristischen Kuriositäten. Ein 17-Jähriger mit erheblichen Schulschwierigkeiten bricht das Gymnasium ab und beginnt bei seinem Vater, der Zahnarzt ist, eine Ausbildung zum Zahntechniker. Er ist von einem Nissan GT-R, einem Supersportwagen mit 570 PS und einer Höchstgeschwindigkeit von 320 km/h, einer Beschleunigung von 2,8 Sekunden von Null auf Hundert und einem Preis von ca. 100.000 Euro so begeistert, dass er zwei Tage nach seinem 18. Geburtstag mit seinem Vater zu einem Notar geht, um dort einen Pflichtteilsverzicht zu beurkunden. Allerdings bekommt er den Pkw erst mit 25, nach Bestehen seiner Gesellenprüfung und der Meisterprüfung zum Zahntechniker jeweils mit der Note eins. Der Sohn möchte seine Mama anrufen, was ihm aber sein Vater beim Notar nicht erlaubt. Bereits am Nachmittag nach der Beurkundung teilt der Sohn dem Notar mit, dass er die Vereinbarung rückgängig machen will. Er bricht die Ausbildung beim Vater ab und zieht zu seiner Mutter. Das OLG Hamm erklärt den Verzicht (zu Recht) für sittenwidrig. Bemerkenswert ist allerdings die Begründung: Die Aussicht auf einen begehrten Sportwagen habe bei dem gerade erst volljährigen Sohn zu einem Rationalitätsdefizit geführt. Zudem lasse die Vereinbarung dem Sohn keine nochmalige Möglichkeit zu einer weiteren beruflichen Umorientierung. Außerdem weist das Gericht darauf hin, dass Ergebnisse in Abschlussprüfungen jedenfalls nicht ausschließlich von Umständen abhängen, die der Absolvent selber beeinflussen könne.

Geschäftsfähigkeit mit Einschränkungen?

Die schwangere Frau, der gerade 18-Jährige und, wenn es nach Teilen der Literatur geht, der hochbetagte Erblasser, sind zwar gemäß § 2 BGB volljährig und damit unbeschränkt geschäftsfähig, aber letztlich doch nicht so ganz geschäftsfähig. Die Testierfähigkeit, jedenfalls für ein öffentliches Testament, beginnt zwar nach § 2229 Abs. 1 BGB bereits mit der Vollendung des 16. Lebensjahres. Der Minderjährige bedarf zur Errichtung eines Testaments nicht der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters (§ 2229 Abs. 2 BGB), er kann also ohne Anruf bei seiner Mama ein Testament über ein ererbtes großes Vermögen beim Notar errichten. Allerdings dürfte dies insbesondere wenn dies zugunsten einer besonders attraktiven Partnerin oder eines attraktiven Partners erfolgt, im Einzelfall nach der oben dargestellten Rechtsprechung doch zu hinterfragen sein. Aber was gilt dann für das Ja-Wort einer gerade erst volljährig Gewordenen beim Standesbeamten? Oder noch schlimmer: Die ohnehin von den erwachsenen erstehelichen Kindern argwöhnisch beobachtete Eheschließung eines seinen zweiten Frühling genießenden über sechzigjährigen Vaters mit der bildhübschen, erotischen Mittdreißigerin?

Also Fazit: Familienrechtliche Näheverhältnisse sind gefährlich und deshalb zumindest mit besonders deutlichen rechtlichen Warnhinweisen, vielleicht sogar mit Fotos wie auf Zigarettenpackungen, zu versehen. Allerdings weiß man, aus dem vorerwähnten Beispiel, dass diese kaum jemand ernstlich abhalten können.

Geschenkt ist geschenkt, wiederholen ist gestohlen?

Bundesgerichtshof: Eine Schenkung kann bei Verarmung des Schenkers oder groben Undanks des Beschenkten selbst dann rückabgewickelt werden, wenn als Gegenleistung für die Vermögensübertragungen ein Erbverzicht erklärt wurde.

Grundsätzlich ist die alten Volksweisheit „geschenkt ist geschenkt, wiederholen ist gestohlen“ auch rechtlich zutreffend. Ein wirksam verschenkter Gegenstand kann von dem Schenker nur in eng begrenzten Ausnahmefällen von dem Beschenkten zurückgefordert werden. Dies ist zum einen der Fall, wenn der Schenker innerhalb von 10 Jahren ab Vollzug der Schenkung „verarmt“ (§ 528 BGB), zum anderen dann, wenn sich der Beschenkte des „groben Undanks“ (§ 530 BGB) gegen den Schenker schuldig macht. Mit der Problematik der Rückabwicklung einer Schenkung wegen Verarmung des Schenkers ist der Rechtsberater häufig dann konfrontiert, wenn der ehemals vermögende Schenker im Alter pflegebedürftig wird und deshalb auf Sozialleistungen angewiesen ist. Der Sozialhilfeträger kann in diesen Fällen den Rückabwicklungsanspruch des Schenkers auf sich überleiten und im eigenen Namen gegen den Beschenkten geltend machen.

In dem vom Bundesgerichtshof kürzlich entschiedenen Fall (Urt. v. 7.7.2015 – X ZR 59/13, FamRB 2016, 63) ging es um den zweiten möglichen Rückforderungstatbestand, nämlich den groben Undank. Die Tochter des Klägers hatte ihrem Vater vorgetäuscht, mittellos zu sein, um ihn über die bereits zuvor unentgeltlich übertrage Eigentumswohnung hinaus noch zu weiteren finanziellen Zuwendungen zu veranlassen. Der grobe Undank als solcher stand hier allerdings nicht infrage. Vielmehr musste der Bundesgerichtshof zu der in der juristischen Literatur sehr umstritten Frage Stellung nehmen, ob auch dann eine Schenkung im Rechtssinne anzunehmen ist, wenn der Beschenkte im Gegenzug einen Erbverzicht erklärt. Diese Rechtsfrage hatte der Bundesgerichtshof im Zusammenhang mit den Regelungen der §§ 528 und 530 BGB erstmalig zu beantworten und kam zu dem Ergebnis, dass Sinn und Zweck der Vorschriften der §§ 528 und 530 BGB, nämlich der Schutz des Schenkers zu seinen Lebzeiten, es rechtfertigt, die Schenkungen gegebenenfalls auch dann rückabzuwickeln, wenn als Gegenleistung ein Erbverzicht erklärt wurde (Hinweis: dieser Erbverzicht könnte gegebenenfalls natürlich im Gegenzug auch rückabgewickelt werden, § 812 BGB). Dies sei jedenfalls dann der Fall, wenn die Höhe der Zuwendung in etwa der Erberwartung entspricht oder diese gar übersteigt. Demgegenüber soll es gegen eine Schenkung sprechen, wenn die Zuwendung wertmäßig deutlich hinter der Erberwartung zurückbleibt.

Verzichtet also ein zukünftiger Erbe beispielsweise gegen eine Zahlung von 50.000,00 € auf eine Erbschaft, die voraussichtlich einen Wert von 100.000,00 € haben wird, so soll es sich nicht um eine Schenkung im Sinne der §§ 528 und 530 BGB handeln. Hier könnte also der „Schenker“ die 50.000,00 € weder dann von dem Beschenkten zurückfordern, wenn er selbst innerhalb von 10 Jahren nach der Zuwendung verarmen sollte, noch dann, wenn sich der Beschenkte des groben Undanks gegen ihn schuldig machen sollte. Hätte der zukünftige Erblasser hingegen 100.000,00 € gezahlt und sich im Gegenzug einen Erbverzicht erklären lassen, könnte er gegebenenfalls die volle Summe zurückfordern.

Fazit: Es ist erfreulich, dass der Bundesgerichtshof in diesem Urteil einmal Gelegenheit hatte, sich ausführlich mit dieser sehr umstrittenen Rechtsfrage auseinanderzusetzen. Das Ergebnis, dass die Zuwendung eines gegenüber dem Erbverzicht wertmäßig zu geringen Geldbetrages eine Schenkung darstellen soll, die Zuwendung eines dem Erbverzicht wertmäßig entsprechenden Geldbetrages jedoch nicht, kann jedoch kaum als unmittelbar einleuchtend bezeichnet werden.