Nichts ist so, wie es scheint (BGH v. 17.7.2019 – XII ZB 425/18)

Die Vermögenssorge für ein Kind führt in der Praxis eher ein Schattendasein, obgleich sie doch für Eltern ein haftungsrechtliches Minenfeld birgt, wobei den Eltern die sich hieraus ergebenden Risiken oftmals überhaupt nicht bewusst sind bzw. Elternteile durchaus ein Interesse daran haben können, entsprechende Themen nicht näher zu beleuchten, da eine individuelle Elternverantwortung gilt, die es in zumutbaren Grenzen erfordert, auch den anderen Elternteil zu überwachen. Besonders problematisch ist die Handhabung, Kapitalbeträge auf dem Konto eines gemeinsamen Kindes zu „parken“, um etwa Sparerfreibeträge ausnutzen zu können. Hier stellt sich dann bei Kontoabhebungen die Frage, wer tatsächlich Forderungsinhaber gegenüber dem kontoführenden Kreditinstitut ist. Mit dieser Frage hat sich der BGH in einer aktuellen Entscheidung befasst.

In dem konkreten Sachverhalt hatten die Eltern für ihre Tochter ein Sparkonto errichtet, auf dem Geld für sie angespart werden sollte. Der Eröffnungsantrag benannte die Tochter als „1. Kundin“ und ihren Vater als „2. Kunden / gesetzl. Vertreter“. Bis zur Volljährigkeit des Kindes sollte jeder Elternteil für sich allein verfügungsberechtigt sein und das Kind ohne gesonderte Zustimmung der gesetzliche Vertreter Kontoverfügungen vornehmen dürfen. Das Sparbuch wurde auf den Namen der Tochter ausgestellt und den Eltern mit einem an die Tochter – zu Händen der Eltern – adressierten Schreiben übersandt. Einen Freistellungsauftrag im Jahr 2006 unterzeichnete die Tochter als „Kundin“ und die Eltern als „ges. Vertreter“. Das Sparbuch wurde der Tochter nie ausgehändigt. Es erfolgten Einzahlungen aus dem Kindergeld bzw. sonstigen angesparten Beträgen, jedoch nicht aus dem Taschengeld oder von von Dritten stammenden Geldern. 1997 legten die Eltern bei einem anderen Kreditinstitut ein weiteres auf die Tochter lautendes Sparbuch an, dessen Guthaben nach dem Willen der Eltern einem Pflegekind der Familie zustehen sollte. Für seitens des Vaters vom Konto veranlasste Abhebungen nahm ihn seine Tochter auf Rückzahlung in Anspruch. Ihr Antrag wurde zweitinstanzlich zurückgewiesen. Auf ihre Rechtsbeschwerde hat der BGH diese Entscheidung aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung an das OLG zurückverwiesen.

Zur Begründung hat der Senat hervorgehoben, dass die Einrichtung des Kontos auf den Namen eines anderen für sich genommen noch nicht den Schluss auf einen Vertrag zugunsten Dritter zulasse. Entscheidend sei vielmehr, wer nach der Vereinbarung mit der Bank Kontoinhaber werden solle. Dazu seien neben der im Sparbuch vorgenommenen Eintragung zur Kontoinhaberschaft, die Angaben im Kontoeröffnungsantrag und die Besitzverhältnisse am Sparbuch bedeutsam. Indizielle Bedeutung habe zudem, ob sich der die Kontoeröffnung Beantragende die Verfügungsbefugnis über das Konto vorbehalte, mit welchen Mitteln ein Guthaben angespart werden solle sowie ob und wann demjenigen, auf dessen Namen das Konto angelegt sei, die Existenz des Sparbuchs mitgeteilt werde.

Abweichend von den Fällen einer Sparbuchanlage durch Großeltern für ihre Enkel, komme im Verhältnis zwischen Eltern und Kindern dem Besitz am Sparbuch keine ebenso starke Indizwirkung zu. Für den Anspruch des Kindes gegen seine Eltern sei das zwischen ihnen bestehende Innenverhältnis maßgeblich. Aus dem Vermögen der Eltern stammende Beträge könnten von ihnen treuhänderisch gebunden dergestalt auf das Konto eingezahlt werden, dass sie sich im Innenverhältnis zum Kind die Verfügung über diese Beträge vorbehielten. Umgekehrt könnten Eltern im Verhältnis zum Kind treuhänderisch gebunden sein bei Sparguthaben, das aus Geldgeschenken Dritter an das Kind stamme. Welchem Vermögen das Sparguthaben im Innenverhältnis zuzuordnen sei, könne für Teilbeträge auch unterschiedlich zu beurteilen sein.

Im Rahmen der Vermögenssorge haben die Eltern die Pflicht, das Vermögen des Kindes ordnungsgemäß zu verwalten und insbesondere kein Kindesvermögen für eigene Zwecke zu verwenden. Es besteht eine fremdnützige Verwaltung, gerichtet auf die Bewahrung des Vermögensstammes zum Nutzen des Kindes. Die Eltern haben für jene Sorgfalt einzustehen, die sie in eigenen Angelegenheiten anwenden, so dass bei der Verletzung dieser Pflichten, Schadensersatzansprüche des Kindes gegen seine Eltern begründet sein können. Von einer den Schadensersatzanspruch begründenden Pflichtverletzung ist etwa dann auszugehen, wenn die Eltern das Kindesvermögen für Aufwendungen genutzt haben, für die sie gegenüber dem Kind keinen Ersatzanspruch hätten, wie etwa die Finanzierung von Haushalts- und Bekleidungsgegenständen, Urlaubsreisen und Geschenken für das Kind.

Heben die Eltern von einem Sparkonto Gelder ab, so bedarf es einer genauen Prüfung – unbeschadet der Tatsache, dass das Konto auf den Namen des Kindes lautet oder die Eltern durchgängig im Besitz des Sparbuches waren – ob bezüglich dieser Kapitalbeträge letztlich eine Forderungsinhaberschaft des Kindes oder der Eltern besteht. Hierbei hat der BGH in seiner Entscheidung aber auch betont, dass die rechtliche Zuordnung von Kapitalbeträgen auf einem Konto auseinanderfallen kann, je nachdem ob es sich um Einzahlungen aus dem Kindesvermögen handelt oder um Beträge, die aus dem elterlichen Vermögen stammen.

Die Vereitelung einer Umgangsregelung kann teuer werden (OLG Bremen v. 24.11.2017 – 4 UF 61/17)

Werden Umgangsregelungen – folgend aus familiengerichtlichem Beschluss oder einer familiengerichtlich gebilligten Vereinbarung – unterlaufen, so fällt üblicherweise der Blick zunächst auf die nach §§ 89 ff. FamFG sich eröffnenden Ordnungsmittel. Gelingt der Nachweis eines schuldhaften Verstoßes eines Elternteils gegen eine solche Regelung, so werden Ordnungsgelder festgesetzt. Ob, wann und in welchem Umfang diese dann tatsächlich beigetrieben werden, unterliegt aber nicht mehr dem Einfluss des tatsächlich in seinem Umgangsrecht beeinträchtigten Elternteils. Gerade wenn es um die Vereitelung einer Urlaubsreise geht, verbleiben ihm zunächst nicht nur die vereitelte Urlaubsfreude, sondern auch die nutzlos aufgewendeten Reisekosten.

Sowohl das KG Berlin (KG Berlin v. 6.4.2017 – 19 UF 87/16, FamRZ 2018, 270) als auch das OLG Bremen haben sich im Jahr 2017 mit der Frage einer Schadensersatzpflicht des die Umgangsvereinbarung verletzenden Elternteils auseinandergesetzt und sie zugunsten des beeinträchtigten Elternteils bejaht.

In der Entscheidung des OLG Bremen hatten die Eltern in einer gerichtlichen Umgangsvereinbarung einen Ferienkontakt der Mutter mit den Kindern in der ersten Hälfte der Sommerferien in der Türkei vorgesehen. Die Übergabe der Kinder für die nächsten – ebenfalls in der Türkei vorgesehenen – drei Ferienwochen sollte sodann an den Vater erfolgen. Zwar wurden dem Vater dann auch die Kinder herausgegeben, nicht jedoch deren Reisepässe. Um eine Rückkehr nach Deutschland sicherzustellen, musste der Vater daher zunächst in der Türkei einen Anwalt mit der Durchsetzung der Passherausgabe beauftragen bzw. dann auch in Deutschland ein Eilverfahren anhängig machen.

Das OLG Bremen hat den seitens des Vaters geltend gemachten Schadensersatzanspruch gem. § 280 BGB, folgend aus den ihm entstandenen Kosten und Gebühren seiner anwaltlichen Vertretung, aber auch Übersetzungskosten, bestätigt, da das Umgangsrecht nach § 1684 BGB ein Rechtsverhältnis familienrechtlicher Art begründe, einhergehend mit der Pflicht, auf die Vermögensbelange des Umgangsberechtigten Rücksicht zu nehmen. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass das Umgangsrecht ein absolutes Recht i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB sei, das auch gegen den Mitinhaber der elterlichen Sorge wirke. Im konkreten Fall habe der Mutter bewusst sein müssen, dass es für die Rückreise nach Deutschland zwingend der Reisepässe bedurfte. Sie habe sich auch nicht auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen können, um eine von ihr behauptete Kostenbeteiligung des Vaters an den von ihr erworbenen Flugtickets umzusetzen. Ein solches Anliegen hätte von ihr im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens geltend gemacht werden müssen, in dem die Umgangsvereinbarung getroffen wurde.

In § 1684 Abs. 1 BGB wird der Umgang zwischen dem nicht betreuenden Elternteil und dem minderjährigen Kind gesetzgeberisch ausdrücklich als Recht des Kindes ausgestaltet, d.h. der Elternteil ist nicht nur zum Umgang berechtigt, sondern vielmehr verpflichtet. Ein betreuender Elternteil, der die Umsetzung von Umgangskontakten verhindert, verletzt daher die ihm auferlegte Erziehungspflicht aus Art. 6 Abs. 2 GG.

Daneben steht der die Umgangsregelung beeinträchtigende Elternteil zudem in der Pflicht, die durch die Vereitelung entstandenen Mehrkosten zu tragen. Da die Umgangskosten grundsätzlich dem zum Umgang berechtigten Elternteil obliegen, ohne dass er sie unterhaltsrechtlich in Ansatz bringen könnte, wird er auch vor den Folgen fehlgehender Dispositionen geschützt. Nutzlos zur Wahrnehmung des Umgangs aufgewendete Kosten können daher zum Ersatz geltend gemacht werden. Im Fall einer nicht wahrgenommenen Urlaubsreise werden davon aber nicht die eigenen Hotel- und Flugkosten des umgangsberechtigten Elternteils umfasst, sondern nur jene des nicht an der Reise teilnehmenden Kindes.

Ergeben sich in der Praxisberatung Anzeichen dafür, dass ein Elternteil einer Umgangsregelung im Zusammenhang mit einer Urlaubsreise ablehnend gegenübersteht, sollte zwingend auf eine mögliche Schadensersatzpflicht hingewiesen werden, die neben der Verhängung von Ordnungsmitteln unmittelbar gegenüber dem anderen Elternteil droht, wenn aus unberechtigten Gründen die Teilnahme des Kindes an einer geplanten Urlaubsreise verhindert wird. Davon unabhängig sollte auch nicht aus dem Blick verloren werden, dass sich ein Elternteil langfristig selbst schadet, wenn er dem heranwachsenden Kind die Urlaubsteilnahme unmöglich macht.