Harte Zeiten für Umgangsblockierer (Saarländisches OLG v. 11.12.2019 – 6 WF 156/19)

Die zwangsweise Durchsetzung von Verfügungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit war bis zum Inkrafttreten des FamFG zum 1.9.2009 nicht nur mit erheblichen gesetzlichen Lücken behaftet, sondern bewegte sich auch in einem zeitintensiven Verfahren. Mit der Umstellung von Zwangsmitteln auf Ordnungsmittel zur Durchsetzung von Umgangs- und Herausgabeentscheidungen hat der Gesetzgeber die zur Verfügung stehenden Vollstreckungsmaßnahmen allerdings verschärft. Zu einer Beschleunigung des Vollstreckungsverfahrens hat zudem die Tatsache geführt, dass die Hinweispflicht auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen einen Umgangstitel in das Ausgangsverfahren verlagert ist und damit ein nach früherer Gesetzeslage noch notwendiger zeitlich verzögernder weiterer Verfahrensschritt entfallen ist.

Wird gegen eine gerichtliche Entscheidung oder einen gerichtlich gebilligten Vergleich schuldhaft verstoßen, so kann dies durch die Festsetzung eines Ordnungsgelds oder Ordnungshaft sanktioniert werden. Die Anwendung unmittelbaren Zwangs kommt als ultima ratio nur dann in Betracht, wenn die Festsetzung sonstiger Ordnungsmittel erfolglos blieb, deren Festsetzung keinen Erfolg verspricht oder die Vollstreckung besonders eilbedürftig ist.

Ebenso wie nach früherer Gesetzeslage waren die Gerichte bislang gleichwohl bei der Anordnung von Ordnungshaft eher zurückhaltend, so dass blockierende Elternteile durchaus die eigene eingeschränkte finanzielle Situation geradezu als „Vorteil“ erachteten, d.h. sie davon ausgingen, diese der Festsetzung eines Ordnungsgelds entgegen halten zu können und zudem darauf vertrauen zu dürfen, dass mit Blick auf Betreuungsbelange des Kindes, auch keine Ordnungshaft verhängt werde.

Zahlreiche Ordnungsmittelverfahren endeten daher bisher eher ergebnislos. Es zeichnet sich zwischenzeitlich allerdings eine gegenläufige Tendenz in der obergerichtlichen Rechtsprechung ab. Ebenso wie die Oberlandesgerichte in Thüringen und Schleswig-Holstein (vgl. zu dieser Thematik eingehend Cirullies, FamRB 2020, 241), hat auch das Saarländische Oberlandesgericht Ende 2019 die gegen einen blockierenden Elternteil festgesetzte Ordnungshaft dem Grunde nach bestätigt. Diese Praxis gewinnt in Corona-Zeiten besondere Aktualität, da viele betreuende Elternteile die Pandemie-Einschränkungen nutzen, um auch den Umgang des anderen Elternteils einzuschränken, wenn nicht gar vollständig auszuschließen. Dass dies nicht rechtens ist, ist mittlerweile h.M. (zuletzt OLG Braunschweig v. 20.5.2020 – 1 UF 51/20 – kein genereller Umgangsausschluss wegen COVID-19-Infektionsgefahr).

In dem zugrunde liegenden Sachverhalt hatten die Eltern für den achtjährigen Sohn durch gerichtlich gebilligten Vergleich eine Umgangsregelung getroffen, die seitens des Vaters – in dessen Haushalt der Sohn lebte – in der weiteren Folge unstreitig nicht umgesetzt wurde. Gegen eine gegen den Vater verhängte einmonatige Ordnungshaft legte er sofortige Beschwerde ein, der seitens des Senats nur teilweise abgeholfen wurde.

Zu der väterlichen Einschätzung, dass der gerichtlich gebilligte Vergleich dem Kindeswohl widerspreche, verwies der Senat darauf, dass dieser Einwand nicht im Vollstreckungsverfahren der Überprüfung zugänglich sei, sondern allein im Erkenntnisverfahren. Halte der Vater daher an dieser Einschätzung fest, so bedürfe es eines von ihm einzuleitenden Abänderungsverfahrens.

Ein Elternteil, der sich bei mangelnder Umsetzung einer Umgangsregelung auf den entgegenstehenden Willen des Kindes berufe, müsse im Einzelfall darlegen, wie er auf das Kind eingewirkt habe, um es zum Umgang zu bewegen. Unbeschadet der rechtlichen Unerheblichkeit einer solchen Weigerung bei einem gerade erst achtjährigen Kind, sei auch beachtlich, dass nach Verhängung des Ordnungsmittels der Umgang offensichtlich problemlos habe umgesetzt werden können.

Die Verhängung der Ordnungshaft sei im konkreten Fall beanstandungsfrei, da die – erneute – Festsetzung eines Ordnungsgelds keinen Erfolg versprochen habe, da der Vater Leistungen nach dem SGB II beziehe und vermögenslos sei. Eine andere Sicht rechtfertige sich auch nicht, soweit die Ordnungshaft mit Belastungen für das Kind verbunden sein könne, da eine solche Sichtweise das Elternrecht des umgangsberechtigten Elternteils unverhältnismäßig zurücksetze, zumal wenn der Aufenthalt des Kindes während der Ordnungshaft im Haushalt des anderen Elternteils gesichert sei und es keiner Fremdplatzierung bedürfe. Lediglich der zeitliche Umfang der erstinstanzlich festgesetzten Ordnungshaft von einem Monat begegne Bedenken. In die Gesamtabwägung seien Schwere und Ausmaß der Verletzungshandlung, deren Folgen für den Umgangsberechtigten, der zeitliche Umfang des Verstoßes, der Grad des Verschuldens des Verpflichteten, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und – vor allem – spezialpräventive Aspekte einzubeziehen. Unter Abwägung dieser Aspekte halte der Senat eine Ordnungshaft von fünf Tagen für ausreichend, um das Fehlverhalten zu ahnden, nachdem seit den Herbstferien 2019 der Umgang beanstandungsfrei verlaufe.

Die Verhängung der Ordnungshaft zu Lasten des betreuenden Elternteils mag auf den ersten Blick dem Kindeswohl entgegenstehen. Allerdings darf umgekehrt auch nicht verkannt werden, welche Belastungen wiederholte Vollstreckungsversuche bzw. die gänzliche Isolierung von dem anderen Elternteil für das Kind bedeuten, das mit seiner vordergründigen Kontaktablehnung in der Regel nur die Meinung des Obhutselternteils wiedergibt, auf dessen Wohlwollen es letztlich angewiesen ist.

Wer den Umgang sabotiert, muss mit Folgen rechnen (OLG Hamburg v. 9.5.2018 – UF 75/162)

Die Ausübung von Umgangskontakten ist ein in der Praxis immerwährender Streitpunkt. Auch wenn es klare gerichtliche Regelungen zur Ausgestaltung der Umgangskontakte gibt, bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass der betreuende Elternteil auch bereit ist, diese Reglung tatsächlich umzusetzen bzw. ist nicht jeder Elternteil sich der Tatsache bewusst, dass der Umgang zuvorderst ein Recht des Kindes ist und es daher nicht in seinem persönlichen Belieben steht, ob er den Umgang wahrnehmen möchte oder nicht. Ebenso wie die verlässliche Einhaltung einer Umgangsregelung häufig für einen Elternteil unabdingbare Voraussetzung zur Wahrnehmung einer mit Wochenenddiensten verbundenen Erwerbstätigkeit sein kann, kann umgekehrt die kurzfristige Verweigerung eines vereinbarten Umgangskontakts durchaus eine erhebliche Vermögenseinbuße zu Lasten des Umgangsberechtigten darstellen.

Mit einem entsprechenden Sachverhalt und den hieraus folgenden rechtlichen Konsequenzen für den boykottierenden Elternteil, hat sich aktuell das OLG Hamburg befasst: Im Jahr 2016 wurde der Umgang des Vaters mit dem gemeinsamen Kind der Beteiligten durch Beschluss dahin geregelt, dass er berechtigt war, vom 18.02.2016 10.00 Uhr bis 21.02.2016 14.00 Uhr den Umgang wahrzunehmen. Zu diesem Zeitpunkt war die Mutter mit dem Kind auf Mallorca wohnhaft, so dass der Vater zur Ausgestaltung des Umgangs aus Hamburg anreiste. Ein Umgang konnte aber an dem Wochenende nicht durchgeführt werden, wobei die Mutter vortrug, dass der Vater erst nach 10.00 Uhr angereist sei und durch sein sehr dominantes Auftreten das Kind massiv verunsichert habe, so dass es sich geweigert habe, allein bei dem Vater zu bleiben. Die ihm im Zusammenhang mit der Anreise nach Mallorca entstandenen Aufwendungen hat der Vater als Schadensersatz geltend gemacht.

Das OLG Hamburg hat dem Vater Schadensersatz wegen vergeblicher Aufwendungen in Höhe von rund 906 EUR zuerkannt für Flug, Unterkunft, Mietwagen und Parkhausgebühren und darauf verwiesen, dass das aus § 1684 BGB folgende Recht zum Umgang zwischen den Eltern ein gesetzliches Rechtsverhältnis familienrechtlicher Art eröffne, das durch § 1684 Abs. 2 Satz 1 BGB näher ausgestaltet werde und an dem das Kind als Begünstigter teilhabe. Von diesem Rechtsverhältnis werde auch die im Interesse des Kindes liegende Pflicht umfasst, bei der Gewährung des Umgangs auf die Vermögensbelange des Umgangsberechtigten Bedacht zu nehmen und die Wahrnehmung des Umgangsrechts nicht durch Auferlegung unnötiger Vermögensopfer zu erschweren oder sogar dem Kindeswohl zuwider für die Zukunft zu verleiden. Eine Verletzung dieser Pflicht könne Schadensersatzpflichten auslösen. Dem Elternteil, bei dem das Kind seinen Aufenthalt habe, obliege es, auf das Kind erzieherisch so einzuwirken, dass es den Umgang nicht als belastend empfinde und eine positive Einstellung zur Durchführung des Umgangs gewinne. Er habe den Umgang nicht nur zuzulassen, sondern auch positiv zu fördern. Allein die Tatsache, dass der Vater zu einer späteren Uhrzeit erschienen sei, rechtfertige per se keine Umgangsverweigerung, zumal er unstreitig per Mail mitgeteilt zu haben, dass er zwischen 11.30 Uhr und 12.00 Uhr erscheinen werden, abhängig davon, wie schnell es mit dem Mietwagen gehe. Auch der Verweis auf das angeblich dominante Verhalten greife nicht, da es unwidersprochen an dem Wochenende überhaupt keinen Kontakt zwischen Vater und Kind gegeben habe, so dass das Kind den Vater überhaupt nicht habe dominant erleben können.

Im Zusammenhang mit der Einführung des FamFG war die Beschleunigung des Vollstreckungsverfahrens ein zentrales Anliegen des Gesetzgebers. Um dieses Ziel umzusetzen, wurde nicht nur der Hinweis auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen einen Umgangstitel in das Ausgangsverfahren verlagert, sondern auch sichergestellt, dass die Prüfung der Rechtmäßigkeit der zu vollstreckenden Entscheidung grundsätzlich nicht mehr im Vollstreckungsverfahren wiederholt und von der im Erkenntnisverfahren durchgeführten Kindeswohlprüfung auszugehen ist. Wird eine Umgangsregelung durch einen Elternteil nicht eingehalten, so treffen ihn nur dann keine Ordnungsmittel, wenn er nicht schuldhaft gegen die Regelung verstoßen hat. Es trifft ihn die volle Substantiierungs- und Feststellungslast u.a. dafür, wie er auf das Kind eingewirkt und sein pädagogisches Gewicht genutzt hat, um das Kind zu einem Umgang zu bewegen, d.h. eine etwaige ablehnende Haltung des Kindes zu überwinden.

In der Praxis ist festzustellen, dass die Gerichte bei der Beantragung von Ordnungsmitteln ihre Prüfung verschärft haben und ein blockierender Elternteil durchaus damit rechnen muss, dass sein boykottierendes Verhalten mit Sanktionen verbunden sein kann (zuletzt OLG Bremen v. 24.11.2017 – 4 UF 61/17, FamRB 2018, 97 zur Verletzung einer vergleichsweisen Ferienregelung). An die Stelle nicht beitreibbarer Ordnungsgelder tritt durchaus auch die Anordnung von Ordnungshaft, wobei ggf. auch die Zuerkennung von Schadensersatz verdeutlichen kann, dass die Verhinderung von Umgangskontakten ein massiver Eingriff in Rechte des Kindes und letztlich Ausdruck einer mangelnden Erziehungseignung ist.