Kindesunterhalt im Wechselmodell

Immer häufiger wird in Politik und Medien das so genannte „Wechselmodell“ diskutiert, in dem Kinder getrennter Paare, im Wechsel von beiden Elternteilen jeweils hälftig betreut werden. Die familienrechtliche Praxis zeigt, dass diese Betreuungsvariante auch tatsächlich zunehmend praktiziert wird. Entgegen einer weit verbreiteten Meinung in der Bevölkerung ist es nämlich keineswegs so, dass im Falle der Betreuung eines Kindes im Wechselmodell die Pflicht zur Leistung von Kindesunterhalt vollständig entfällt. Vielmehr ist es so, dass die Eltern anteilig entsprechend ihren Einkommensverhältnissen für den Kindesunterhalt aufzukommen haben. Der besser verdienende Elternteil muss also im Wechselmodell einen Ausgleich in Geld an den schlechter verdienenden Elternteil leisten.

Für den Rechtsberater ist diese Konstellation in Unterhaltsverfahren vor allem deshalb problematisch, weil ein Kind grundsätzlich nur von beiden sorgeberechtigten Elternteilen gemeinsam vertreten werden kann. Da das Kind und nicht etwa der schlechter verdienende Elternteil der Inhaber des Unterhaltsanspruchs ist, müssten also eigentlich beide Elternteile den Unterhaltsanspruch gemeinsam geltend machen. Es liegt auf der Hand, dass der unterhaltspflichtige Elternteil dazu häufig nicht ohne weiteres bereit ist. Für die „normale“ Konstellation, in der das Kind seinen Lebensmittelpunkt nur bei einem der beiden Elternteile hat, sieht das Gesetz daher bzgl. der Kindesunterhaltsansprüche eine Ausnahme von der gemeinsamen Vertretungsberechtigung vor. Gemäß § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB kann derjenige Elternteil, bei dem das Kind seinen Lebensmittelpunkt hat, dessen Unterhaltsansprüche gegen den anderen Elternteil alleine geltend machen. Da diese Ausnahme im Falle eines Wechselmodells nicht greift, behilft sich die Rechtsprechung bisher mit zwei „Notlösungen“, die der Bundesgerichtshof auch beide als rechtstechnisch möglich bestätigt hat (BGH v. 12.3.2014 – XII ZB 234/13, FamRZ 2014, 917 = FamRB 2014, 204). Beide Lösungen werden jedoch den Anforderungen der Praxis nicht gerecht:

Zum einen soll es möglich sein, dass das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils das Sorgerecht bzgl. der Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen nach § 1628 BGB auf einen der beiden Elternteile zur alleinigen Ausübung überträgt (BGH v. 12.3.2014 – XII ZB 234/13, FamRZ 2014, 917 = FamRB 2014, 204; zur abweichenden Meinung s. Palandt/Götz, 80. Aufl., § 1628 BGB Rn. 5 m.w.N). Wählt der Rechtsberater diesen Weg, muss er, bevor er überhaupt ein Unterhaltsverfahren einleiten kann, zunächst einmal einen Antrag nach § 1628 BGB stellen, also ein Sorgerechtsverfahren führen. Angesichts dessen, dass der schlechter verdienende Elternteil häufig dringend auf die Zahlungen des anderen Elternteils zur Versorgung der gemeinsamen Kinder angewiesen ist, führt dies zu untragbaren Verzögerungen.

Zum anderen kann der schlechter verdienende Elternteil bei Gericht anregen, für das Kind einen Ergänzungspfleger zur Durchsetzung seiner Unterhaltsansprüche zu bestellen. Diese Variante ist zum einen deshalb problematisch, weil das Gericht in diesem Fall zunächst einmal eine geeignete Person finden und beauftragen und diese Person sich dann auch noch um die Durchsetzung der Unterhaltsansprüche bemühen muss. Hier ist also erst recht mit einer ganz erheblichen Verzögerung zu rechnen. Zudem hat der schlechter verdienende Elternteil keine Möglichkeit, auf den Verlauf des von dem Ergänzungspfleger zu führenden Verfahrens Einfluss zu nehmen.

Meines Erachtens gibt es hier einen weit einfacheren und praktikableren Weg, der im Interesse der betroffenen Kinder und Elternteile ständige Praxis bei den Familiengerichten werden sollte:

  1. Solange der unterhaltspflichtige Elternteil keine Einwände gegen die Durchsetzung des Unterhaltsanspruchs des Kindes durch den anderen Elternteil als solche, sondern nur gegen die Höhe des geltend gemachten Anspruchs erhebt, stellt dies eine zumindest konkludente Zustimmung des unterhaltspflichtigen Elternteils zur alleinigen Ausübung des Sorgerechts des anderen Elternteils bzgl. der Durchsetzung der Unterhaltsansprüche dar. Solange hier Einigkeit besteht, bedarf es keiner Entscheidung nach § 1628 BGB, der nur greift, wenn sich die Eltern „in einer Angelegenheit oder in einer bestimmten Art von Angelegenheit der elterlichen Sorge“ nicht einig sind.
  2. Wenn der unterhaltspflichtige Elternteil seine Zustimmung widerruft, kann das Familiengericht diesem Elternteil das Sorgerecht bzgl. der Durchsetzung der Kindesunterhaltsansprüche gemäß § 1629 Abs. 2 S. 3 BGB i.V.m. § 1796 Abs. 1, Abs. 2 BGB entziehen, da hier ganz offensichtlich eine Interessenkollision zwischen dem berechtigten Kind und dem verpflichteten Elternteil besteht. Damit fällt das Sorgerecht bzgl. der Durchsetzung der Kindesunterhaltsansprüche gemäß § 1680 Abs. 3 BGB automatisch dem anderen Elternteil alleine zu.
  3. Wenn der unterhaltspflichtige Elternteil seine Zustimmung zur Durchsetzung der Unterhaltsansprüche durch den anderen Elternteil bereits vorgerichtlich verweigert, kann der Unterhaltsantrag dennoch unmittelbar gestellt werden, verbunden mit der Anregung, dem anderen Elternteil das Sorgerecht bzgl. der Durchsetzung der Unterhaltsansprüche zu entziehen.

Würden die Gerichte in diesen Fällen standardmäßig dem unterhaltspflichtigen Elternteil das Sorgerecht bzgl. der Durchsetzung der Kindesunterhaltsansprüche wegen Interessenkollision entziehen, würde dies dazu führen, dass die unterhaltspflichtigen Elternteile zukünftig in den meisten Fällen freiwillig ihre Zustimmung zur Durchsetzung der Unterhaltsansprüche durch den anderen Elternteil erteilen würden, womit sich dieses in der Praxis äußerst hinderliche rechtstechnische Problem insgesamt erledigt hätte.

Neues zum Wechselmodell (BGH v. 27.11.2019 – XII ZB 512/18)

In seiner Grundsatzentscheidung vom 1.2.2017 hatte der BGH erstmals zu der Frage der familiengerichtlichen Anordnung eines paritätischen Wechselmodells – auch gegen den erklärten Willen eines Elternteils – Stellung genommen (BGH v. 1.2.2017 – XII ZB 601/15, FamRB 2017, 136). Rund zwei Jahre nach dieser Entscheidung zeigt sich, dass damit keineswegs das paritätische Wechselmodell ohne Wenn und Aber, allein dem Antrag eines Elternteils folgend, durch gerichtliche Entscheidung umzusetzen ist. Die zwischenzeitlich ergangenen Entscheidungen haben verdeutlicht, dass die Gerichte sehr sorgfältig prüfen, ob die erstrebte Regelung tatsächlich die am Kindeswohl orientiert beste und alternativlose Ausgestaltung der Umgangskontakte darstellt. Auch das Thesenpapier der vom BMJV eingesetzten Arbeitsgruppe zur Reform des Sorge- und Umgangsrechts zeigt in seinen Ergebnissen ein sehr objektives Bild (https://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/News/Artikel/102919_Thesen_AG_SorgeUndUmgangsrecht.pdf?__blob=publicationFile&v=2), das schon durch die Wortwahl (z.B. Betreuung statt Umgang) dafür wirbt, den Eltern zu verdeutlichen, dass sie auch nach einer Trennung weiterhin gemeinsam in der Verantwortung für ihre Kinder stehen und die Ausgestaltung dieser Verantwortungsübernahme sich an der veränderten Lebenswirklichkeit der Familien zu orientieren hat.

Dass gleichwohl Elternteile unverändert den Bereich des Sorge- und Umgangsrechts als „Spielfeld“ für nicht verarbeitete Trennungsprobleme sehen, zeigt eine aktuelle Entscheidung des BGH vom 27.11.2019. In dem zugrunde liegenden Sachverhalt war der Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die drei gemeinsamen Kinder gerichtlich zugewiesen worden. Der Umgang der Kinder mit ihrem Vater wurde aufgrund außergerichtlicher Abstimmung praktiziert. Der Vater erstrebte nun das Aufenthaltsbestimmungsrecht und hilfsweise eine Umgangsregelung im Sinn eines paritätischen Wechselmodells. Mit Blick auf seinen Hilfsantrag wurde von Amts wegen ein Umgangsverfahren eingeleitet und der Sorgerechtsantrag in einem gesonderten Verfahren geführt. Erst- und zweitinstanzlich wurde sein Begehren auf Anordnung eines exakt paritätischen Wechselmodells zurückgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgte er dieses Ziel weiter, wobei diese allerdings auch ohne Erfolg blieb.

Der BGH hat in der Begründung seiner Entscheidung darauf verwiesen, dass zwischen einem Sorge- und einem Umgangsrechtsverfahren strikt zu trennen ist, da es sich um jeweils eigenständige Verfahrensgegenstände handelt. Da in dem zur Entscheidung stehenden Verfahren erstmals eine gerichtliche Umgangsregelung erstrebt wurde, beurteilte diese sich am Maßstab der §§ 1684, 1697a BGB. Davon zu unterscheiden ist die frühere familiengerichtliche Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts an die Mutter, wobei es jedoch im konkreten Verfahren nicht um die Abänderung dieser Sorgerechtsregelung geht, so dass die strengen Abänderungsvoraussetzungen des § 1696 Abs. 1 BGB zur Anwendung kämen.

In Fortführung seiner bisherigen Rechtsprechung betont der BGH, dass die Anordnung eines paritätischen Wechselmodells auf Seiten des Kindes eine auf sicherer Bindung beruhende tragfähige Beziehung zu beiden Elternteilen voraussetzt, wobei auch der vom Kind geäußerte Wille, dem mit steigendem Alter zunehmendes Gewicht zukommt, wesentlich ist. Stehen dem Willen des Kindes allerdings gewichtige Gründe des Kindeswohls entgegen, so überlagern sie diesen. Derartige gewichtige Gründe sah der BGH im Verhalten des Vaters, der seine Umgangszeiten wiederholt ausgedehnt und die Kinder nicht zu der verabredeten Zeit zurückgebracht hatte. Auch seine Reaktionen und Aktionen anlässlich der Übergabe belegten seine Schwierigkeit, sich von den Kindern zu lösen und sie der Mutter zu übergeben. Nach den Feststellungen des BGH vermochte es der Vater weniger als die Mutter, den Kindern zu ihrer Entwicklung Freiräume zu gewähren und eigene Bedürfnisse zurückzustellen. Statt sie in der Übergabesituation zu unterstützten, filme er die Schwierigkeiten insbesondere eines Kindes, sich vom Vater zu lösen.

Mit seiner aktuellen Entscheidung wiederholt der BGH nicht nur seine grundlegenden Erwägungen zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen überhaupt gegen den Willen eines Elternteils das paritätische Wechselmodell familiengerichtlich angeordnet werden kann. Er zeigt in seiner Entscheidung ebenso auf, dass eine bestehende sorgerechtliche Regelung zum gewöhnlichen Aufenthalt eines Kindes durch eine (nachfolgende) Umgangsregelung überlagert werden kann, die in etwa zeitgleiche Betreuungsanteile beider Eltern schafft.

 

Der Verfahrensbeistand – ein Verfahrensbeteiligter zum Schutz des Kindes (OLG Brandenburg v. 30.1.2019 – 13 UF 1/19)

Bereits im Jahr 1998 hatte der Gesetzgeber die Möglichkeit der Bestellung eines Verfahrenspflegers eingeführt, um auf diesem Weg dem Kind in einem gerichtlichen Verfahren der elterlichen Sorge oder des Umgangsrechts einen eigenen Interessenvertreter zur Seite zu stellen, in dem Bewusstsein, dass oftmals die Interessen der Eltern und jene des Kindes in diesen Verfahren divergieren können, aber auch, um dem Kind die gebotene Beteiligung am Verfahren zu gewährleisten, wie sie von Art. 12 Abs. 3 der UN- Kinderrechtskonvention gefordert wird. Die Tätigkeit der Verfahrenspfleger hatte sich in den folgenden Jahren positiv entwickelt und wurde von den Beteiligten als adäquates Mittel der Förderung kindeswohlspezifischer Belange erkannt. Im Zuge der Einführung des FamFG wurde daher die Bestellung eines „Anwalts des Kindes“ nicht nur beibehalten, sondern auch einer konkreteren gesetzlichen Regelung in § 158 FamFG – nun unter dem Begriff des Verfahrensbeistands – zugeführt. Rund 10 Jahre nach Inkrafttreten des FamFG zeigt sich jedoch, dass die grundsätzlich zu veranlassende Bestellung eines Verfahrensbeistands, selbst in einem der gesetzlich ausdrücklich normierten Regelbeispiele, längst noch nicht von allen Gerichten verinnerlicht ist. Das OLG Brandenburg hat sich in einer aktuellen Entscheidung mit dieser Thematik befasst und dies zum Anlass genommen, das Ausgangsgericht auf die entsprechenden Obliegenheiten zu verweisen.

In dem zugrunde liegenden Sachverhalt hatten die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern sich Ende 2016 getrennt und die Betreuung ihrer 2013 geborenen Tochter seitdem in der Form eines Wechselmodells praktiziert. Anlässlich der geplanten Einschulung des Kindes konnte kein Einvernehmen über die künftig zu besuchende Schule erzielt werden, so dass die Eltern wechselseitig im Wege eines Eilverfahrens die Übertragung des Schulwahlrechts erstrebten, wobei im Fall der Übertragung auf die Mutter die Fortführung des Wechselmodells nicht mehr gewährleistet gewesen wäre, folgend aus einer praktisch dann zu veranlassenden täglichen Fahrtzeit von 4 Stunden von der Schule zur Mutter.

Das Ausgangsgericht hatte ohne Anhörung des Kindes und ohne Bestellung eines Verfahrensbeistands das Recht der Schulwahl der Mutter übertragen. Auf die hiergegen eingelegte Beschwerde des Vaters hat der Senat die Entscheidung aufgehoben und zurückverwiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat er dargelegt, dass auch in einem Eilverfahren grundsätzlich die Bestellung eines Verfahrensbeistands zu prüfen sei, was insbesondere dann gelte, wenn ein zuvor geregeltes Wechselmodell durch gerichtliche Entscheidung beendet und das Kind in die Obhut nur noch eines Elternteils gegeben werden solle. Werde im konkreten Fall das Schulwahlrecht auf die Mutter übertragen, so sei dadurch die Aufrechterhaltung des Wechselmodells nachhaltig gefährdet. Die Situation des Kindes sei derzeit aber durch ein bereits dauerhaft gelebtes Wechselmodell geprägt mit erheblichen Anhaltspunkten für eine gleichstarke Bindung des Kindes zu beiden Eltern. Die Aufhebung des Wechselmodells durch die zu treffende Eilentscheidung berge damit die Gefahr vermeidbarer Rupturen in dem Beziehungsgefüge des Kinde, das wiederherzustellen sei, wenn in der Hauptsache eine wechselmodellverträgliche Schulwahl dem Vater zugeordnet werde.

Ob in einer Kindschaftssache i.S.d. § 151 FamFG ein Verfahrensbeistand zu bestellen ist, beurteilt sich am Kindeswohl und damit an der Frage, ob es der Bestellung  zur Wahrung der Kindesinteressen bedarf. Davon ist regelmäßig auszugehen, wenn zu befürchten ist, dass die Elterninteressen zu denen des Kindes in Konflikt geraten können. Es genügt allein diese Möglichkeit, so dass es weder eines bereits bestehenden Interessengegensatzes bedarf noch dessen sicherer Vorhersehbarkeit. Erfordert damit die Wahrnehmung des Kindesinteresses die Bestellung eines Verfahrensbeistands, so reduziert sich entsprechend das tatrichterliche Ermessen.

Eine weitergehende Orientierungshilfe bieten die in § 158 Abs. 2 FamFG aufgelisteten Beispiele, bei deren Vorliegen dann auch in der Regel die Bestellung des Verfahrensbeistands erforderlich ist. Neben dem grundlegenden Interessengegensatz zwischen Eltern und Kind ist daher insbesondere in Verfahren nach § 1666 BGB, in Fällen der möglichen räumlichen Trennung des Kindes von seiner Obhutsperson, der Herausgabe des Kindes bzw. dessen Verbleibens und letztlich in Fällen der wesentlichen Umgangsbeschränkung die Bestellung eines Verfahrensbeistands zu veranlassen und zwar so früh wie möglich. Liegt eines dieser Regelbeispiele vor und möchte das Gericht gleichwohl von der Bestellung eines Verfahrensbeistands Abstand nehmen, so muss dies in der Endentscheidung ausdrücklich begründet werden. Hierbei obliegt es dem Gericht, sich nicht nur mit dem möglicherweise in Betracht kommenden Regelbeispiel auseinanderzusetzen, sondern auch dezidiert die Gründe darzulegen, aus denen folgend gleichwohl von der Bestellung Abstand genommen wurde.

Gerade auch mit Blick auf den für Kindschaftssachen geltenden Grundsatz des Vorrang- und Beschleunigungsgebots liegt es im Interesse der Verfahrensbeteiligten selbst zu prüfen, ob im jeweiligen Einzelfall die Bestellung eines Verfahrensbeistands angezeigt ist, um so zu verhindern, dass spätestens in der Beschwerdeinstanz eine Zurückverweisung erfolgt, da die mangelnde Bestellung einen wesentlichen Verfahrensverstoß darstellt. Ebenso sollte von den Gerichten auf eine fachliche Eignung des bestellten Verfahrensbeistands geachtet werden, um einem späteren Ablehnungsantrag entgegen zu wirken. Ggf. kann es angezeigt sein, den Beteiligten bereits frühzeitig – mit entsprechend kurzer Frist zur Stellungnahme – mitzuteilen, wer zum Verfahrensbeistand bestellt werden soll.

Nicht allein der Kindeswille zählt (OLG Frankfurt v. 16.10.2018 – 1 UF 74/18)

In kindschaftrechtlichen Verfahren wird allzu gern als vermeintliches „Rundum-Argument“ der angebliche Kindeswille bemüht, d.h. etwa wiederholte Äußerungen des Kindes nach Umgangsende bzw. vor Umgangsbeginn, dass es überhaupt nicht zu dem jeweils anderen Elternteil möchte. Gesteigert wird dies in einzelnen Fällen noch dadurch, dass einzelne Verfahrensbevollmächtigte ganz selbstverständlich davon berichten, dass das Kind ihnen gegenüber selbst solche Äußerungen getätigt habe, da sie es ebenso selbstverständlich empfinden, anlässlich der Rücksprache eines Elternteils nebenbei auch noch eine Kindesanhörung durchzuführen.

In einer aktuellen Entscheidung vom 16.10.2018 hat sich das OLG Frankfurt mit der Beachtlichkeit eines solchen Kindeswillens umfassend auseinandergesetzt (OLG Frankfurt v. 16.10.2018 – 1 UF 74/18). Darüber hinausgehend erfasst diese Entscheidung ein weiteres praxisrelevantes Thema und zwar die Voraussetzungen eines in einem Umgangsverfahren beantragten paritätischen Wechselmodells, wenn in einem früheren sorgerechtlichen Verfahren durch Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf einen Elternteil bereits das Residenzmodell installiert wurde.

In dem zugrunde liegenden Sachverhalt erstrebte der Vater die Änderung eines familiengerichtlichen Beschlusses aus dem Jahr 2014, wonach seiner geschiedenen Ehefrau das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die gemeinsamen Kinder übertragen worden war. Da er hilfsweise die Anordnung eines paritätischen Wechselmodells beantragte, leitete das Gericht von Amts wegen ein Umgangsverfahren ein. In diesem Umgangsverfahren wurde dem Vater ein ausgedehnter Umgang jeweils 14-tägig donnerstags von 17 Uhr bis montags zum Schulbeginn und Telefonzeiten zuerkannt. Seine hiergegen eingelegte Beschwerde wurde mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass ihm lediglich unter 14-tägig noch ein Umgang von dienstags Schulschluss bis mittwochs Schulbeginn zuerkannt wurde.

Bezüglich der erstrebten Änderung des gewöhnlichen Aufenthalts der Kinder im mütterlichen Haushalt hat der Senat darauf verwiesen, dass letztlich die Abänderung der früheren sorgerechtlichen Regelung in Rede stehe, auch wenn die Änderung nun in einem Umgangsverfahren zur Entscheidung gestellt werde durch Beantragung eines paritätischen Wechselmodells. In diesem Fall sei gleichwohl § 1696 Abs. 1 BGB der Abänderungsmaßstab und zwar orientiert an der früheren Sorgerechtsregelung.

Werde die Abänderung sodann allein auf den Kindeswillen gestützt, so könne ein nachdrücklich wiederholter Änderungswunsch eines Kindes grundsätzlich einen zu beachtenden triftigen Abänderungsgrund im Sinn des § 1696 Abs. 1 BGB darstellen. Im konkreten Fall sei dieser Wille aber nicht autonom von den Kindern gebildet worden. Vielmehr sei der Vater nicht in der Lage, seine Bedürfnisse von denen der Kinder zu trennen, so dass sich umgekehrt die Kinder in die Bedürfniswelt des Vaters einfänden und danach reagierten. Durch sein Verhalten versetze er die Kinder in Anspannung, verunsichere sie und bürde ihnen Schuldgefühle auf. Es rechtfertige sich damit auch keine Ausweitung der Umgänge, vielmehr entspreche die derzeit praktizierte Umgangsregelung den Bedürfnissen der Kinder nach Orientierung und Stabilität.

Beide Schwerpunkte der Entscheidung des OLG Frankfurt erfassen besonders praxisrelevante Themenbereiche:

In seiner Grundsatzentscheidung vom 1.2.2017 hat der BGH zwar festgestellt, dass einer familiengerichtlichen Anordnung eines paritätischen Wechselmodells auch gegen den erklärten Willen eines Elternteils die geltende Gesetzeslage nicht entgegensteht (BGH v. 1.2.2017 – XII ZB 601/15, FamRB 2017, 136). Offen gelassen wurde aber die Frage, ob eine gleichanteilige Betreuung auch in einem Sorgerechtsverfahren angeordnet werden könnte, so dass ebenso offen ist, ob und unter welchen Voraussetzungen auch die Abänderung eines Sorgerechtsbeschlusses mit Anordnung eines Residenzmodells inzident in einem Umgangsrechtsverfahren möglich ist, in dem ein paritätisches Wechselmodell angestrebt wird. Zu dieser Frage wird sich der BGH nun in dem zugelassenen und anhängigen Rechtsbeschwerdeverfahren (Az.: XII ZB 512/18) hoffentlich äußern müssen.

Auch die Bedeutung des Kindeswillens im familiengerichtlichen Verfahren ist von wesentlicher Praxisrelevanz. Bei der näheren Präzisierung des Begriffes des Kindeswohls ist der Kindeswille einer der Prüfungsaspekte. Die Äußerung des eigenen Willens des Kindes ist Ausdruck seines Rechts auf Selbstbestimmung, durch die es gleichzeitig auch Bindungen zu einem Elternteil zum Ausdruck bringen kann. Hieraus folgt aber nicht zwingend, dass ein geäußerter Kindeswille letztlich alleinige Entscheidungsrelevanz besitzt. Unbeschadet der Tatsache, dass der Kindeswille mit den weiteren Kriterien der Kindeswohlprüfung, d.h. auch dem Förderungsgrundsatz, der Bindungstoleranz oder auch dem Kontinuitätsgrundsatz, in innerer Beziehung steht, muss sich der subjektiv geäußerte Kindeswille immer auch an dem objektiven Kindeswohl messen lassen. Nur wenn der geäußerte Wille stabil und mit dem Kindeswohl in Einklang zu bringen ist, kann er beachtliches Kriterium für die gerichtliche Entscheidung sein.

 

Praktiziertes Wechselmodell: Kontinuität als Grenze elterlicher Änderungswünsche (zu KG v. 13.9.2018 –- 13 UF 74/18)

Nicht immer sind die Vorstellungen sich trennender Eltern, für das gemeinsame Kind bestmögliche und insbesondere einvernehmliche Regelungen zu finden, auch dauerhaft. Allzu leicht werden angestrebte Ideale durch die alltäglichen Realitäten eingeholt und eine zunächst avisierte und zugesicherte Fortdauer der gemeinsamen Betreuung des Kindes bereut. In dem sich dann eröffnenden Spannungsfeld zwischen den Vorstellungen der Eltern zur künftigen Wahrnehmung der elterlichen Verantwortung und dem Interesse des Kindes an der Beibehaltung einer nicht nur kurzfristig praktizierten Betreuungsform, wird häufig übersehen, dass stets das Kindeswohl zentraler Bewertungsmaßstab ist.

Mit einem entsprechend gelagerten Sachverhalt hat sich aktuell auch das KG befasst:

Die gemeinsam sorgeberechtigte Eltern eines 2015 geborenen Kindes hatten im Oktober 2016 eine gerichtlich gebilligte Vereinbarung schlossen, in der ein bereits seit ihrer Trennung praktiziertes Wechselmodell bestätigt wurde. In einer weiteren Vereinbarung vom April 2017 haben sie sodann Ergänzungen zu den Wochenendregelungen vorgenommen. In Abweichung dieser Vereinbarungen erstrebte die Mutter dann jedoch wieder eine Verlagerung des Lebensmittelpunkts des Kindes in ihrem Haushalt. Das Gericht hat jedoch ein paritätisches Wechselmodell angeordnet. Die gegen diesen Beschluss eingelegte Beschwerde der Mutter blieb ebenso erfolglos wie die Anschlussbeschwerde des Vaters, die er in zeitlicher Folge einlegte und mit der er dann ebenfalls die Verlagerung des Lebensmittelpunkt des Kindes in seinen Haushalt anstrebte.

Das KG hat in seiner Entscheidung hervorgehoben, dass eine familiengerichtlich gebilligte Vereinbarung zur Ausgestaltung des Umgangs beider Eltern mit dem Kind vorliege und die Abänderung dieser Vereinbarung – sei es hin zu einem Wechselmodell oder davon distanzierend – dem engen Maßstab jeder Änderung einer familiengerichtlichen Entscheidung unterliege, d.h. die Änderung aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen angezeigt sein müsse. Dabei habe der Kontinuitätsgrundsatz zentrale Bedeutung. Im konkreten Sachverhalt sei daher zu beachten, dass praktisch seit dem siebten Lebensmonat des Kindes kontinuierlich eine Betreuung im Wechselmodell durchgeführt worden sei und dadurch, nach den Feststellungen der Sachverständigen, das Kind beide Eltern als zuverlässige Bezugs- und Erziehungspersonen erlebt habe. Selbst wenn man den Lebensmittelpunkt des Kindes zu der Mutter verlagere, seien hierdurch nicht zwingend von ihr im Fall der weiteren Umsetzung des Wechselmodells befürchtete Belastungssymptome oder Verlustängste des Kindes ausgeschlossen, da auch in diesem Fall das Kind in regelmäßigen Abständen in den väterlichen Haushalt wechsele. Auch Einschränkungen in der Kommunikation der Eltern stünden dem Wechselmodell nicht entgegen, denn trotz dieser Einschränkungen seien die Eltern gleichwohl in der Lage gewesen, wichtige Entscheidungen für das Kind zu treffen, wobei zudem beide Eltern sich auch gegenüber der Sachverständigen dafür ausgesprochen hätten, sich eine Fortführung des Wechselmodells vorstellen zu können. Für die elterliche Kommunikation sei es letztlich auch unerheblich, ob das Kind überwiegend im Haushalt der Mutter lebe. Entscheidend sei vielmehr die bestehende gemeinsame elterliche Sorge, die eine Einigung der Eltern zu Belangen des Kindes erfordere.

Die Entscheidung des KG steht nicht in Widerspruch zu der Grundsatzentscheidung des BGH v. 1.2.2017 – XII ZB 601/15, FamRB 2017, 136, in der zwar betont wurde, dass ein paritätisches Wechselmodell gerade nicht zu dem Zweck angeordnet werden kann, eine nicht bestehende Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit der Eltern überhaupt erst herzustellen. Davon zu unterscheiden ist aber die Konstellation, dass Elterngespräche zwar von trennungstypischen Belastungen überlagert werden, gleichwohl jedoch die Eltern in der Lage sind, solche Gespräche dem Grunde nach überhaupt zu führen und es ihnen dabei zudem gelingt, wesentliche Frage für die Entwicklung des Kindes – in Umsetzung einer nach wie vor bestehenden gemeinsamen elterlichen Sorge – einer Lösung zuzuführen.

Die Entscheidung des KG führt den Blick allerdings auch auf ein immer wieder auftretendes Problem der Praxis, die Abänderungsvoraussetzungen einer bestehenden familiengerichtlichen Regelung zur elterlichen Sorge oder zum Umgangsrecht. Häufig wird verkannt, dass unter der Existenz einer bestehenden familiengerichtlichen Regelung der besonders enge Abänderungsmaßstab des § 1696 Abs. 1 BGB gilt, d.h. es hierzu triftiger und nachhaltiger am Kindeswohl ausgerichteter Gründe bedarf. Durch diese hohen Abänderungshürden soll für das Kind nicht nur ein verlässlicher Daseinsschwerpunkt gewährleistet werden, sondern eine ebenso gesicherte Erziehungskontinuität, da die Dauerhaftigkeit familiärer Bindungen für eine stabile und sichere psychosoziale Entwicklung des Kindes elementare Bedeutung haben, die allerdings durch eine ständiges Wiederaufrollen abgeschlossener familiengerichtlicher Verfahren in Frage gestellt werden.

Wechselmodell – rotes Tuch oder Chance?

Kaum eine Debatte des Familienrechts wird mit so viel Inbrunst, Emotion und Leidenschaft geführt wie die Diskussion um das Wechselmodell. Nun hat der BGH entschieden, dass ein solches auch gegen den Willen eines Elternteils angeordnet werden kann, wenn es dem Kindeswohl am besten entspricht (BGH v. 1.2.2017 – XII ZB 601/15). Eingefleischte Gegner des Wechselmodells werden dem BGH vorwerfen, keine Kinder zu haben, zu wenig basisbezogen das Kindeswohl zu werten oder die aus dem Wechselmodell resultierenden Streitigkeiten als einen die Gerichte der ersten Instanzen überschwemmenden Tsunami zu menetekeln. 

Kein Familienrechtler würde heute noch den Satz formulieren, ‚Kinder gehören zur Mutter‘. Trotzdem entspricht dies unserer Familientradition und unserem Vorverständnis. Man merkt es bei sich selbst. Da kommt eine Frau und berichtet, sie habe nach Streitigkeiten mit dem Mann die Wohnung verlassen und die beiden Kinder (5 und 7 Jahre alt) beim Mann zurückgelassen. Man wird skeptischer, aufmerksamer vielleicht sogar misstrauisch und achtet auf Zwischentöne. Umgekehrt wäre man in der Erwartungshaltung bestätigt und gelassen. Alles liefe nach ‚Drehbuch‘.

Vor wenigen Tagen verbreitete die Presse die Meldung, Deutschlands Frauen trügen von allen OECD-Ländern den geringsten Teil zum Familieneinkommen bei. Das liegt an vielem, aber auch daran, dass Kinder ‚Frauensache‘ sind und diese sich für die Kinder opfern. Alles andere erregt Misstrauen. So wie auch das Doppelresidenz- oder Wechselmodell.

Viele im Zusammenhang mit dem Wechselmodell stehenden Fragen aus dem Sozial- und Steuerrecht sind nach wie vor ungeklärt. Auch weiss man nicht so ganz routiniert, wie der Unterhalt zu berechnen sei. Wenn beide Eltern hälftig betreuen, schmilzt dann die Barunterhaltspflicht, weil ja betreut wird (§ 1606 Abs. 3 S. 2 BGB)? Die Sparsamen unter uns fragen sich, ob die betreuungsbedingten Verdiensteinbußen und die Erfüllung der Barunterhaltsverpflichtung durch Betreuung (§ 1606 Abs. 3 S. 2 BGB) nun Schäubles schwarze Null gefährden

All denen sei versichert: Das Abendland wird nicht untergehen. Und die Kinder? Die verkraften ein Wechselmodell genauso gut oder schlecht wie eine übersorgende gluckenhafte Mutter, einen arbeitssüchtigen Vater oder umgekehrt. Sie leben auch in der intakten Familie mit unterschiedlichen Erziehungsstilen, die sie aus Kindergarten und Schule ohnehin gewohnt sind. Jedenfalls verkraften Kinder ein Wechselmodell besser als streitende Eltern, und sei es auch nur, sie stritten ums Besuchsrecht. Der BGH schreibt völlig zu Recht in die Entscheidung, dass das Wechselmodell höhere Anforderungen an Eltern und Kind stellt als das Alleinresidenzmodell.

Das Wechselmodell stellt aber auch hohe Anforderungen an die damit befassten Juristinnen und Juristen. Es wird in mehr Fällen praktiziert, als von der Rechtsprechung entschieden werden, weil es meist einvernehmlich gehandhabt wird und diese Fälle beschäftigen nicht die Justiz. Da aber, wo Eltern sich nicht einigen können, welches Modell der Kinderbetreuung sie nach der Trennung praktizieren wollen, haben Kinder das Recht darauf, dass wir uns als Juristen vorurteils- und vorverständnisfrei damit beschäftigen und Lösungen finden. Die Randprobleme Unterhalt, Sozial- und Steuerrecht werden wir doch wohl in den Griff bekommen. Juristinnen und Juristen waren immer kreativ. Wir sollten aber vermeiden, zu hohe Anforderungen an die vom BGH geforderte Kommunikations- und Kooperationsbereitschaft der Eltern zu stellen und bei tatsächlichen Konflikten zu schnell das Wechselmodell als konkrete Falllösung aussondern. Wir würden den Rosenkrieger mit dem Residenzrecht adeln, falls wir nicht sehr genau analysieren, wer zündelt und zankt und damit dem Kind schadet.

Kindesunterhalt bei Wechselmodell oder deutlich erweitertem Umgang

Alle Eltern sind ihren Kindern zu Unterhalt verpflichtet. In intakten Familien ist dies eine Selbstverständlichkeit und stellt somit kein rechtliches Problem dar. Nach einer Trennung der Eltern kommt es bezüglich des Kindesunterhalts jedoch häufig zu Streit. Das Gesetz sieht hierzu vor, dass derjenige Elternteil, bei dem die Kinder nach einer Trennung der Eltern ihren Lebensmittelpunkt haben, von dem anderen Elternteil Barunterhalt verlangen kann (§ 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB). Der betreuende Elternteil erfüllt seine Unterhaltsverpflichtung in diesen Fällen hingegen bereits durch die tatsächliche „Pflege und Erziehung“ (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB).

Da die Rollenverteilung in den Familien aber längst nicht mehr so klar ist wie zu dem Zeitpunkt, in dem der Gesetzgeber diese Regelung schuf, sondern sich zunehmend viele Eltern die tatsächliche Betreuung der Kinder teilen, muss die Rechtsprechung immer häufiger für Betreuungsmodelle unterhaltsrechtliche Lösungen finden, die nicht dem gesetzlich ausdrücklich geregelten Fall entsprechen.

Bedauerlicherweise hat der Bundesgerichtshof durch seine bisherigen Entscheidungen zur Verteilung der Unterhaltsverpflichtung in Betreuungskonstellationen, die nicht dem gesetzlichen Regelfall entsprechen, nicht dazu beigetragen, Rechtsfrieden zu schaffen, sondern ganz im Gegenteil dafür gesorgt, dass es häufig zu erbitterten umgangsrechtlichen Streitigkeiten kommt, in die auch die Kinder zwangsläufig mit hineingezogen werden, obwohl es im Kern lediglich um Unterhaltsfragen geht:

In seinem Beschluss vom 12.3.2014 – XII ZB 234/13, FamRZ 2014, 917 = FamRB 2014, 204 führt der Bundesgerichtshof aus, dass die Verpflichtung zur Leistung von Barunterhalt so lange allein bei einem Elternteil liegt, als der Betreuungsschwerpunkt bei dem jeweils anderen Elternteil zu erkennen ist. Erst dann, wenn die Betreuungsleistungen annähernd paritätisch zwischen den Eltern aufgeteilt sind, soll die Barunterhaltsverpflichtung beide Elternteile (anteilig nach den Einkommensverhältnissen) treffen.

Der Betreuungsschwerpunkt in diesem Sinne soll nach der instanzgerichtlichen Rechtsprechung sogar dann noch bei einem Elternteil liegen, wenn der andere das Kind an drei von vier Tagen in der Woche betreut. Die erhöhten Kosten, die der barunterhaltspflichtige Elternteil durch die erweiterte Betreuungsleistung, und die geringeren Kosten, die der „hauptsächlich“ betreuende Elternteil hat, werden bisher unterhaltsrechtlich in diesen Fällen nur durch die Herabstufung um eine oder mehrere Einkommensgruppen in der Düsseldorfer Tabelle erfasst.

Beraterhinweis

Bevor man sich auf ein Umgangsverfahren aus unterhaltsrechtlichen Gründen einlässt, sollte (abgesehen davon, dass vorher die emotionalen Folgen für die Kinder bedacht werden sollten) dringend durch konkrete Berechnung geprüft werden, ob das Wechselmodell im jeweiligen Einzelfall tatsächlich erhebliche negative finanzielle Auswirkungen hätte. Je nach Einkommensverhältnissen ergibt sich für die konkrete Zahlungsverpflichtung gegenüber einer Herabstufung der Düsseldorfer Tabelle keinerlei Unterschied, da die Eltern auch im Falle eines Wechselmodells nicht etwa ohne weiteres zu gleichen Teilen, sondern anteilig nach ihren Einkommensverhältnissen für den Unterhalt haften.

Mehr zum Thema: Siehe auch den Beitrag von Frau RiOLG Dr. Liceni-Kierstein zu den nicht verringerten Erwerbsobliegenheiten trotz Ausübung eines erweiterten Umgangsrechts, FamRB 2014, 132.