Bei BGH v. 15.12.2017 – V ZR 257/16 – Rz. 8 heißt es wie folgt:
„Nach der Rechtsprechung des Senats hat der Wohnungseigentümer die Beitragsvorschüsse zu leisten, die während der Dauer seiner Mitgliedschaft in der Eigentümergemeinschaft aufgrund von wirksam beschlossenen Wirtschaftsplänen oder Sonderumlagen fällig werden (so genannte ‚Fälligkeitstheorie‘)“.
Wollte man den Stachel löcken, so könnte man etwa fragen, was „Beitragsvorschüsse“, was „Eigentümergemeinschaft“ und was „Mitgliedschaft“ meint. Denn Wohnungseigentümer zahlen keine Vorschüsse, sie zahlen das Hausgeld. Zahlungen auf das Hausgeld sind aber kein Vorschuss auf eine spätere Schuld. Denn alles andere verkennte das Verhältnis von Wirtschaftsplan und Abrechnung (dazu siehe nur Hügel/Elzer, WEG, 2. Auflage 2018, § 28 Rz. 54 und Rz. 157). Ferner: Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer i.S.v. § 10 Abs. 6 Satz 1 WEG hat zwar nach h.M., der zu folgen ist, Mitglieder, heißt aber anders (in § 10 Abs. 6 Satz 1 WEG: „Gemeinschaft der Wohnungseigentümer“, in § 10 Abs. 6 Satz 4 WEG „Wohnungseigentümergemeinschaft“). Und die Gemeinschaft nach Bruchteilen nach §§ 741 ff. BGB am gemeinschaftlichen Eigentum mag man zwar „Eigentümergemeinschaft“ nennen (§ 10 Abs. 2 Satz 1 WEG spricht allerdings von „Gemeinschaft“, § 741 BGB von „Gemeinschaft nach Bruchteilen“). Diese aber hat Teilhaber, keine Mitglieder.
Aber nicht um dieses soll es in diesem Blog (eine Wortkreuzung aus Web und Log für Logbuch oder Tagebuch – sagt Wikipedia) gehen, sondern um die „Fälligkeitstheorie“. BGH v. 15.12.2017 – V ZR 257/16 – Rz. 8 – hält nämlich daran fest, dass der das Hausgeld schuldet, der bei Fälligkeit des Hausgelds Eigentümer des entsprechenden Wohnungseigentums ist. Nach BGH-Ansicht bestimmt also die Fälligkeit einer Schuld den Schuldner, nicht die Entstehung der Schuldpflicht. Aber wie passt das mit BGH v. 16.02.2018 – V ZR 89/17 – zusammen? Dort geht es um die Frage, welcher Verwalter bei einem Verwalterwechsel das abgelaufene Kalenderjahr abrechnen muss. In Rz. 12 und die Rz. 13 heißt es insoweit wie folgt:
„Für die Frage, wer die Erstellung der Jahresabrechnung schuldet, kann es nur auf das Entstehen der Abrechnungspflicht nach § 28 Abs. 3 WEG ankommen. Die Fälligkeit sagt nämlich nichts darüber aus, wer die Leistung schuldet. Durch sie wird lediglich der Zeitpunkt bestimmt, von dem an der Gläubiger die Leistung verlangen kann (…). Von dem Eintritt der Fälligkeit kann die Person des Schuldners daher nicht abhängen. Das Kriterium der Fälligkeit ist für die Beantwortung der Frage, wer die Jahresabrechnung erstellen muss, auch praktisch unbrauchbar. Die Bestimmung des genauen Zeitpunkts der Fälligkeit ist regelmäßig mit Unsicherheiten behaftet.“
Es kommt nach BGH v. 16.02.2018 – V ZR 89/17 – für die Bestimmung des Schuldners also auf die Entstehung einer Pflicht an (hier besteht noch Unklarheit: Ende Wirtschaftsjahr oder Beginn des neuen Wirtschaftsjahrs?), nicht aber auf die Fälligkeit der Abrechnung, wann also die allgemeine Pflicht, abzurechnen, konkret zu erfüllen ist (Daumenregel: spätestens 1/2 Jahr nach Beginn des neuen Wirtschaftsjahres).
In diesen beiden Sichtweisen liegt ein dogmatischer Widerspruch? Ich meine, so sei es! Ich meine ferner, nur ein Weg sei richtig: Entweder die Anknüpfung an die Entstehung einer Schuld oder die Anknüpfung an ihre Fälligkeit. Und ich meine, der Königsweg sei in beiden Fällen die Anknüpfung an die Entstehung einer Schuld (dazu Elzer, Abrechnung und Wechsel in der Verfügungsmacht – auf die Entstehung kommt es an!, ZWE 2018, 153 ff.). BGH v. 16.02.2018 – V ZR 89/17 – wäre damit Beifall zu zollen (großer! denn es wird dort sehr präzise formuliert – viel präziser als auch etwa ich es bei der Abrechnung bislang getan habe). BGH v. 15.12.2017 – V ZR 257/16 – wäre hingegen (auch aus diesem Grunde) leider ein Irrweg und wäre künftig zu überprüfen, traute man sich, einer „Fälligkeitstheorie“ eine Absage zu erteilen.
Vielleicht sind die Pflicht, eine Abrechnung zu erstellen, und die Pflicht, Hausgeld zu zahlen, dogmatisch betrachtet voneinander strikt zu unterscheiden? Aber was wäre der Grund? Wer weiß. Wir müssen leider warten, ob Karlsruhe den hier behaupteten Widerspruch enträtseln und verklaren kann, warum es einmal auf die Entstehung der Pflicht (Schuldner der Abrechnung) und einmal auf ihre Fälligkeit (Schuldner des Hausgeldes) ankommen soll. Vielleicht gibt es ja keinen Widerspruch. Es bleibt jedenfalls spannend.