WEG-Reform 2024 (2029)

Das Wohnungseigentumsgesetz wird Ende dieses Jahres erneut ein wenig geändert werden. Es gibt zwei Eingriffe. Der eine besteht darin, dass es eine weitere privilegierte bauliche Veränderung geben wird. Nämlich für die so genannten „Balkonkraftwerke“. Diese Änderung wird grundsätzlich von allen begrüßt, auch wenn mehr Mut für die erneuerbaren Energien nicht geschadet hätte. Schwamm drüber, zumal der Rechtsausschuss dogmatischen Bedenken verbal Rechnung trägt (siehe BR-Drs. 20/12146, 12 – Vorabfassung).

Der andere Eingriff erlaubt den Wohnungseigentümern, sich bloß virtuell zu versammeln. Es gibt also künftig drei Versammlungsformen – Präsenzversammlung, Hybrid-Versammlung und virtuelle Versammlung – bei denen die Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen wählen müssen, welche Versammlungsform ihnen angemessen ist.

Dieser zweite Eingriff sah sich starker Kritik ausgesetzt, wurde aber auch vehement verteidigt. Um den Schmerz, den einige fühlen werden, wenigstens etwas abzumildern, hat der Gesetzgeber in § 48 Absatz 6 Satz 1 WEG eine Übergangsvorschrift geschaffen. Fassen die Wohnungseigentümer vor dem 1. Januar 2028 einen Beschluss, sich virtuell versammeln zu wollen, ist danach bis einschließlich 2028 mindestens einmal im Jahr eine Präsenzversammlung durchzuführen. Damit wird die Reform bis Ende 2028 verschoben. Ein Feigenblatt. Die Behauptung, vorher werde das ganze Geschehen evaluiert, überzeugt kaum, wird aber genau zu verfolgen sein.

Damit aber nicht genug. Man hat den Wohnungseigentümern ferner die Möglichkeit gegeben, auf die notwendige Präsenzversammlung durch „einstimmigen Beschluss“ – also ein sehr geringes Maß – zu verzichten. Die eigentliche „Gemeinheit“ ist aber in § 48 Absatz 6 Satz 2 WEG versteckt. Dieser lautet: „Ein Verstoß gegen diese Pflicht führt nicht zur Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit der in einer virtuellen Wohnungseigentümerversammlung gefassten Beschlüsse.“ Das heißt, wenn man sich über das Gesetz hinwegsetzt (= die Verpflichtung, eine Präsenzversammlung abzuhalten), bleibt das grundsätzlich folgenlos. Eine Einladung für den Rechtsmissbrauch? Und was soll bei Schein-Präsenzversammlungen gelten? Reicht es beispielsweise, wenn der Verwalter eine Präsenzversammlung mit einem TOP anberaumt „Bericht der Verwaltung“?

Indes: So sind Kompromisse. Man nennt das Demokratie. Mit dem Ergebnis dürften zwar die Befürworter der Reform besser leben können. Es bleibt aber auch für die anderen zu hoffen, dass nur die Wohnungseigentumsanlagen nach einer Abwägung (siehe auch BR-Drs. 20/12146, 11 – Vorabfassung) das virtuelle Schwert ziehen, die es gekonnt beherrschen. Ist es so, lässt sich nichts sagen. Den anderen ist zu wünschen, dass es dort Mehrheiten gibt, sich wenigstens hybrid zu versammeln und sich also die Möglichkeit zu lassen, die Verwaltung in einer Versammlungsstätte zu treffen. Denn das kann bereichernd sein, für alle. Kommt es so, ist die Welt nicht untergegangen.

Schreiben Sie einen Kommentar