Schönheitsreparaturen: Das Ende aller Abwälzung?

Die 67. Kammer des LG Berlin hat am 9.3.2017 ein ziemlich aufsehenerregendes Urteil gesprochen (67 S 7/17). Leitsatz:

Vom Vermieter gestellte Formularklauseln, in denen die Pflicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen uneingeschränkt auf den Wohnraummieter abgewälzt wird, sind – gemäß §§  536 Abs. 4 BGB, 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB – auch dann unwirksam, wenn die Mietsache dem Mieter zu Vertragsbeginn renoviert überlassen wurde.

Nein, kein Schreibfehler. Nicht unrenoviert (das hatte der BGH bekanntlich am 18.3.2015 entschieden), sondern renoviert. Kurz gefasst, argumentiert das Urteil so:

Die Klausel laute zwar, dass der Mieter die Kosten der Schönheitsreparaturen tragen sollte. Als Kostentragungsklausel sei sie ohnehin unwirksam. Aber auch als Vornahmeklausel sei sie das. Denn nach der einschlägigen kundenfeindlichsten Auslegung schließt sie Gewährleistungsrechte des Mieters aus, sofern und soweit er seinen Instandhaltungs- und Instandsetzungspflichten nicht nachkommt.

Das gelte nach BGH (Urt. v. 6.5.1992) für die Abwälzung von Kleinreparaturen und müsse daher erst recht für die teureren Schönheitsreparaturen gelten.

Eine Entgeltabrede, die die Entgeltthese des BGH stützen würde, fand die Kammer im Mietvertrag nicht. Die kundenfeindlichste Auslegung der Klausel ist zumindest im Fall eines langjährigen Mietverhältnisses die Regel. Sie weicht von § 536 Abs. 1 bis 3 BGB ab, woraus ihre Unwirksamkeit nach § 536 Abs. 4 folgt. Dass der Gesetzgeber möglicherweise die Abwälzung der Renovierungslast auf den Mieter in engen Grenzen für zulässig hält, ändert am Ergebnis nichts, da er keinerlei Kodifizierung vorgenommen hat. Im Übrigen liege eine unangemessene Benachteiligung des Mieters vor, unabhängig davon, ob die Wohnung renoviert oder unrenoviert überlassen werde, denn die auferlegten Schönheitsreparaturen seien weder tatsächlich noch wirtschaftlich begrenzt, und es fehle an einer Kompensationsleistung des Vermieters.

Auf dem gerade zu Ende gegangenen Deutschen Mietgerichtstag 2017 hat RA Prof. Dr. Friedrich Graf von Westphalen dem Urteil ausdrücklich zugestimmt. Wird die vom LG zugelassene Revision eingelegt, wird der 8. Senat in gewisse argumentative Schwierigkeiten kommen.

 

http://www.mietrb.de/47948.htm

 

BGH zu verspäteter Betriebskostenabrechnung eines Wohnungseigentümers

Der BGH (VIII ZR 249/15) hat heute gemäß Mitteilung der Pressestelle folgendes entschieden: Der WEG-Verwalter hatte erst Ende 2013 über die Betriebskosten der Anlage für 2010 und 2011 abgerechnet. Der vermietende Eigentümer reichte die Abrechnung demensprechend verspätet (Nichtwahrung der Jahresfrist des § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB) an seinen Mieter durch und meinte, er habe die Fristüberschreitung nicht zu vertreten. Der Mieter sah das anders und wurde auf Nachzahlung verklagt.
Der 8. Senat ist ebenso wie die Vorinstanzen nicht weiter überraschend der Meinung, der Vermieter einer Eigentumswohnung habe auch dann innerhalb der Jahresfrist abzurechnen, wenn der Beschluss der Wohnungseigentümer über die Jahresabrechnung nach § 28 Abs. 5 WEG noch nicht vorliegt. Er beruft sich auf den Zweck der Vorschrift, rasch Abrechnungssicherheit für den Mieter zu schaffen, und meint, der Mieter einer Eigentumswohnung würde in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise gegenüber sonstigen Mietern benachteiligt, wenn man das zusätzliche Erfordernis eines Beschlusses in die Vorschrift des § 556 Abs. 3 BGB hineinlesen wollte. Zwar müsse sich der Vermieter das Verwalterverschulden nicht zurechnen lassen; er habe aber selbst etwas veranlassen müssen, nachdem er im Lauf des Jahres 2010 (gemeint wohl 2011) erkannt habe, dass die Wohngeldabrechnung nicht rechtzeitig oder so fehlerhaft vorliegen würde, dass sie keine Grundlage für die von ihm dem Mieter geschuldete Abrechnung sein könne.
Was der Eigentümer hätte veranlassen können und müssen, damit er die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten gehabt hätte, muss der Berater ihm dann sagen.

Umgehung der Mietpreisbremse durch möblierte Wohnungen?

Die Tagespresse (z.B. Süddt. v. 5.9.2016) und die Fachpresse (z.B. WuM 2016, 601) vermelden, in den deutschen Großstädten würde die sog. Mietpreisbremse dadurch umgangen, dass freie Wohnungen möbliert angeboten würden. In München etwa betreffe das rund 60 % der Wohnungsangebote.
Das ist insofern rechtlich gesehen ungenau, als die bloße Möblierung die Geltung der Mietpreisbremse nicht ausschließt. Wirklich „umgehen“ lassen sich die Vorschriften über Mieterhöhungen (§§ 557 bis 561 BGB) nur bei solchem möblierten Wohnraum, den der Vermieter überwiegend mit Einrichtungsgegenständen auszustatten hat, w e n n der Vermieter selbst auch die Wohnung bewohnt (§ 549 Abs. 2 Ziff. 1 BGB). Das wird wohl kaum in beträchtlichem Umfang der Fall sein.
Wollte der Mieter einer möblierten Wohnung, die nicht auch vom Vermieter mit bewohnt wird, sich auf die Mietpreisbremse berufen, hat er allerdings das Problem, dass er die mehr als 10%ige Überschreitung der ortsüblichen Vergleichsmiete darlegen muss – er müsste also von der Ausstattung her vergleichbare (also möblierte) Wohnungen benennen können. Die sollen ja jetzt so häufig sein. Aber natürlich überschreiten die für diese Wohnungen vereinbarten Mieten ihrerseits die ortsübliche Mieten bei weitem.
Vielleicht ist es an der Zeit, sich mit dem klassischen alten Möblierungszuschlag und dessen Berechnung (jährliche Abschreibung und Verzinsung? fester Prozensatz vom Zeit- bzw. Verkehrswert der Möbel?) wieder näher zu beschäftigen.

Zweites Mietrechtsnovellierungsgesetz – Referentenentwurf liegt vor

Der Referentenentwurf (mit Begründung 50 Seiten) hat sich vier Themenschwerpunkte vorgenommen:

– Änderungen im Mietspiegelrecht
– Änderungen bei der Mieterhöhung nach Modernisierung
– Änderungen bei der Behandlung von Flächenabweichungen im Mietrecht
– Änderungen zur Harmonisierung der Verzugsfolgen im Wohnungsmietrecht.

Kurz in Stichworte gefasst soll im wesentlichen folgendes passieren:
– genauere Vorgaben der Grundsätze, nach denen einfache und qualifizierte Mietspiegel zu erstellen sind
– die dazugehörige Verordnung soll kommen (mit Begründung weitere 36 Seiten!)
– Beweislast bei qualifiziertem Mietspiegel, dessen Rechtsfolge
– Senkung der Modernisierungsmieterhöhung von 11 % auf 8 %
– Einführung einer Kappungsgrenze für die Modernisierungsmieterhöhung
– Konkretisierung des Härtefalleinwands (40 % des Nettoeinkommens)
– neues vereinfachtes Mieterhöhungsverfahren für Modernisierungskosten von bis zu € 10.000,00 / Wohnung
– Härtefallabwägung auch, wenn nur der allgemein übliche Zustand hergestellt wird
– Festlegung, wie Wohnflächen zu berechnen sind
– Abschaffung der 10-%-Grenze für Flächenabweichungen bei Betriebskostenumlage und bei Mieterhöhungen nach Modernisierung
– auch Flächenabweichungen untr 10 % könen einen Mangel darstellen
– die Mieterschutzvorschriften bei Kündigung wegen Zahlungsverzugs gelten gleichermaßen für die ordentliche wie für die außerordentliche Kündigung.

Das alles will verstanden und bewertet sein und ist bestimmt nicht das letzte Wort. Ambitioniert und streitträchtig ist es sicher.