Kapitalgesellschaften mit Verlustvorträgen – Vorsicht bei vorweggenommener Erbfolge

Eine oft unerkannte Gefahrenquelle sind Anteile an Kapitalgesellschaften, die über ertragsteuerliche Verlustvorträge verfügen. Nach § 8c KStG gehen die dort vorhandenen steuerlichen Verlustabzüge ganz oder teilweise unter, wenn und soweit innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren durch einen schädlichen Beteiligungserwerb mehr als 25 % der Anteile auf einen Erwerber, eine dem Erwerber nahestehende Person oder eine Erwerbergemeinschaft unmittelbar oder mittelbar übertragen werden. Der Tatbestand des § 8c KStG ist sehr weit.

Man könnte meinen, Anteile an Kapitalgesellschaften, die über Verlustvorträge verfügen, seien ohnehin wertlos, so dass sich die Frage einer Erbschaftsteuerbelastung nicht stellt. Dies ist ein Fehlschluss. Denn auch bei der Bewertung eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft ist der Substanzwert anzusetzen, soweit dieser über dem Ertragswert liegt. Außerdem können die Verlustvorträge aus einer Zeit stammen, in welcher die Kapitalgesellschaft ertraglos war, während sich bis zum Übertragungsstichtag die Situation grundlegend zum Positiven gewendet hat. Beim Erwerb von Todes geht der Verlustabzug zwar nicht unter. Denn § 8c KStG setzt eine (lebzeitige) Übertragung voraus. Wird der Anteil hingegen lebzeitig durch eine Maßnahme im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen, ist nach Auffassung des FG Münster im Urteil vom 4.11.2015 – 9 K 3478/13, DStRE 2016, 480, der Verlustabzug ganz oder teilweise – je nach Übertragungsumfang – untergegangen.

Die Entscheidung geht über den Inhalt des BMF-Schreibens vom 4.7.2008, BStBl. I 2008, 736, Tz. 4, hinaus. Die Finanzverwaltung lässt den Verlustabzug nämlich ausnahmsweise bestehen, wenn die Übertragung ohne jede Gegenleistung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge vorgenommen wird. Da nicht klar ist, was unter einer vorweggenommenen Erbfolge zu verstehen ist – die Praxis stellt unterschiedliche Sichtweisen der einzelnen Finanzämter fest -, sollte bei einer geplanten lebzeitigen Zuwendung solcher Gesellschaftsanteile genau abgewogen werden, ob die mit der Übertragung verbundenen Vorteile der §§ 13a, 13b, 19a ErbStG so dominant sind, dass das Risiko eines Wegfalls des Verlustabzugs eingegangen werden sollte.

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