FG Münster: Nachversteuerung bei unentgeltlicher Übertragung auf Stiftung

Das FG Münster hat mit Urteil vom 27.1.2017 (Az. 4 K 56/16 F) entschieden, dass die unentgeltliche Übertragung eines Mitunternehmeranteils auf eine Stiftung keine Nachversteuerung von in der Vergangenheit nach § 34a EStG begünstigt besteuerten thesaurierten Gewinnen auslöst. Streitig war, ob die Übertragung eines Mitunternehmeranteils auf eine Stiftung einen Nachversteuerungstatbestand nach § 34a EStG auslöst.

Zum Sachverhalt: Der Steuerpflichtige war alleiniger Kommanditist einer GmbH & Co. KG. Er war auch alleiniger Gesellschafter der Verwaltungs-GmbH. Für in der Vergangenheit nicht entnommene Gewinne nahm der Steuerpflichtige die Tarifermäßigung nach § 34a EStG in Anspruch (Thesaurierungsbegünstigung). Auf den 31.12.2011 stellte das FA gegenüber dem Steuerpflichtigen einen (grds.) nachversteuerungspflichtigen Betrag gesondert fest (§ 34a Abs. 3 Satz 3 EStG).

Am 28.6.2012 gründete der Steuerpflichtige eine Beteiligungsträgerstiftung. Er verpflichtete sich, das Stiftungsvermögen durch Übertragung seiner Beteiligungen an der Verwaltungs-GmbH und der GmbH & Co. KG, deren Kommanditkapital zeitgleich herabgesetzt wurde, zu bestücken. Die Anteilsübertragungen erfolgten jeweils zum 1.10.2012. Zu diesem Zeitpunkt schied der Steuerpflichtige aus beiden Gesellschaften aus. Zum 30.9.2012 schloss die GmbH & Co. KG zum einen mit dem Steuerpflichtigen und zum anderen mit der bereits im Jahr 2011 gegründeten Stiftung jeweils Verträge über eine stille Gesellschaft, durch die der Stille Einlagen– jeweils durch Umwandlung vom zuvor durch den Steuerpflichtigen gewährten Gesellschafterdarlehen – erbrachte.

Für 2012 stellte das FA nach § 34a EStG einen der Nachversteuerung zuzuführenden Betrag fest. Es begründete dies damit, dass durch die Übertragung der Kommanditbeteiligung auf die Beteiligungsträgerstiftung zum 1.10.2012 ein, analog zur „Einbringung in eine Kapitalgesellschaft“ zu behandelnder Tatbestand nach § 34a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 EStG erfüllt worden sei.

Der Steuerpflichtige ist der Ansicht, dass die Einbringung eines Mitunternehmeranteils in eine rechtsfähige Stiftung (sonstige juristische Person des privaten Rechts) keine Nachversteuerung gemäß § 34a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 EStG begründe. Erfasst würden lediglich Einbringungen in Kapitalgesellschaften und Genossenschaften. Eine analoge Anwendung der Vorschrift sei ausgeschlossen.

Das FG hat der Klage stattgegeben, weil die Voraussetzungen für eine Nachversteuerung nach § 34a Abs. 6 Satz 1 EStG weder vom Gesetzeswortlaut her vorliegen noch die dort aufgeführten Tatbestände analog angewandt werden können.

Nach Maßgabe des Gesetzeswortlauts ist eine gegenüber dem Steuerpflichtigen wirkende Nachversteuerung des nachversteuerungspflichtigen Betrags ausgeschlossen. Denn die Voraussetzungen von § 34a Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 EStG lagen im Streitfall ersichtlich nicht vor.

Die unentgeltliche Übertragung eines Betriebs oder Mitunternehmeranteils auf eine sonstige juristische Person des privaten Rechts, z.B. auf eine rechtsfähige Stiftung, ebenso wie die unentgeltliche Übertragung von Betriebsvermögen auf eine Kapitalgesellschaft könnte allenfalls im Wege einer Analogie zu § 34a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 EStG zur Nachversteuerung des nachversteuerungspflichtigen Betrags beim Übertragenden führen.

Das FG sieht in diesem Zusammenhang jedoch keine lückenhafte gesetzliche Regelung, die eine analoge Anwendung rechtfertigen würde. Zwar führt auch die unentgeltliche Übertragung eines Betriebs/Mitunternehmeranteils auf eine juristische Person – wie in den Fällen der Einbringung und des Formwechsels (§§ 20, 25 UmwStG) – zu einem Wechsel des Besteuerungssystems, weil der die Thesaurierungsbegünstigung in Anspruch genommene Steuerpflichtige den Betrieb/Mitunternehmeranteil nicht mehr hält. Dies rechtfertigt nach Auffassung des FG allerdings nicht die Annahme der Planwidrigkeit einer (vermeintlichen) Regelungslücke. Denn die in § 34a Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 EStG geregelten Tatbestände weisen die Gemeinsamkeit auf, dass der Veräußernde bzw. Einbringende hierfür eine Gegenleistung (Kaufpreis bzw. Gewährung von Gesellschaftsrechten) bzw. – in den Fällen des Formwechsels – neue Gesellschaftsanteile erhält. Er behält somit zumindest seinen vermögensmäßigen status quo.

Anders verhält es sich dagegen bei unentgeltlichen Vermögensübertragungen auf Körperschaften, insbesondere auf Stiftungen. Der Übertragende begibt sich seines Vermögens endgültig, ohne eine Gegenleistung hierfür zu erhalten. Gerade deshalb hält es das FG für nicht ausgeschlossen, dass es sogar rechtspolitisch gewollt war, die Fälle der unentgeltlichen Übertragung von Personenunternehmen oder Anteilen hieran auf eine juristische Person nicht der Nachversteuerung nach § 34a Abs. 6 EStG zuzuführen.

Im Streitfall hatte der Steuerpflichtige durch die Anteilsübertragung auf die Beteiligungsträgerstiftung seinen Mitunternehmeranteil an der GmbH & Co. KG nicht i.S.v. § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG veräußert, so dass der Tatbestand des § 34a Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 AO nicht gegeben war. Es fehlte an der hierfür erforderlichen Entgeltlichkeit. Der Steuerpflichtige hatte sich durch die Übertragung seiner Gesellschaftsbeteiligung dieser begeben, ohne eine Gegenleistung zu erhalten. Ebenso wenig hatte er seinen Mitunternehmeranteil aufgegeben (§ 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 EStG). Unstreitig löste die Anteilsübertragung auf die Beteiligungsträgerstiftung auch keine Nachversteuerung nach § 34a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 EStG aus.

Hinsichtlich einer möglichen analogen Anwendung gehen Finanzverwaltung und Teile des Schrifttums für den Fall des unentgeltlichen – im Erbwege erfolgten – Übergangs eines Einzelunternehmens auf eine gemeinnützige GmbH von einer Nachversteuerungspflicht in analoger Anwendung des § 34a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 EStG aus. Zur Begründung verweisen sie auf den Umstand, dass infolge des Wechsels im Besteuerungssystem von der Einkommen- zur Körperschaftsteuer der nachversteuerungspflichtige Betrag vollständig aufgelöst werden müsse, da § 34a EStG eine Tarifvorschrift des Einkommensteuergesetzes sei, die über § 8 Abs. 1 KStG keine Berücksichtigung bei Kapitalgesellschaften finden könne

Gegen eine analoge Geltung der Nachversteuerungsregelung in § 34a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 EStG wird eingewandt, dass aufgrund der im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens vorgenommenen „Nachjustierung“ im Tatbestand des § 34a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 EStG (Ausweitung auf die Einbringung in Genossenschaften und den Formwechsel in eine Kapitalgesellschaft/Genossenschaft) keine planwidrige Regelungslücke vorliege. Ebenso soll es im Hinblick auf die Unentgeltlichkeit der „Einbringung“ eines Personenunternehmens in eine Stiftung an einer für die Analogie erforderliche Vergleichbarkeit der Interessenlage zwischen geregeltem und nicht geregeltem Tatbestand fehlen. Nach dieser Auffassung geht der nachversteuerungspflichtige Betrag zum Zeitpunkt der unentgeltlichen Vermögensübertragung auf eine Körperschaft ersatzlos unter.

Das FG folgt im Ergebnis der letztgenannten Auffassung. Insbesondere teilt es die im Schrifttum benannten Zweifel am „Übertrag“ auf juristische Personen nicht. Eine Nachversteuerungspflicht stünde insbesondere bei unentgeltlichen Übertragungen auf Stiftungen zudem im Widerspruch zum gesetzgeberischen Willen, demzufolge neben dem Ziel eines rechtsformneutralen Besteuerungsergebnisses von Unternehmen durch die Tarifanreize des § 34a EStG auch die Eigenkapitalbasis nachhaltig gestärkt werden sollte (vgl. BT-Drucks. 16/4841, 62). Gerade durch die Übertragung der Kommanditbeteiligung auf eine Stiftung, deren Vermögen infolge fehlender Mitgliedschaften und der in der Satzung festgehaltenen Substanzerhaltungspflichten kaum verkehrsfähig ist, würde deutlich mehr als bei Einbringungen nach § 20 UmwStG und Formwechseln nach § 25 UmwStG gewährleistet, dass die seinerzeit thesaurierten Gewinne im Unternehmen verbleiben. Die dem Steuerpflichtigen als Rechtsvorgänger gewährte Steuerprivilegierung würde in diesem Fall zu Recht dauerhaft perpetuiert.

Das FG hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Denn es bedarf einer – bislang fehlenden – höchstrichterlichen Entscheidung, ob die unentgeltliche Übertragung von Mitunternehmeranteilen, aus deren Gewinnzuweisungen durch den Gesellschafter die Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a EStG in Anspruch genommen wurde, auf juristische Personen eine Nachversteuerung nach § 34a Abs. 4 i.V.m. Abs. 6 Satz 1 EStG (analog) auslöst. Die Revision wurde zwischenzeitlich eingelegt und ist unter dem Az. IV R 5/17 anhängig.

FG Münster v. 27.1.2017 – 4 K 56/16 F

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