Erbauseinandersetzung bei zivilrechtlicher Nachlassspaltung

Der BFH hat entschieden, dass wenn bei einer zivilrechtlichen Nachlassspaltung unter Einbeziehung aller personengleichen Erbengemeinschaften alle Nachlassgegenstände in einem einheitlichen Vorgang unter allen Beteiligten vollständig verteilt werden, auch für die ertragsteuerliche Beurteilung, ob insgesamt eine neutrale Realteilung oder ob teilweise Anschaffungs- und Veräußerungsvorgänge anzunehmen sind, auf diesen einheitlichen Vorgang und auf den gesamten Nachlass abzustellen ist. Damit hat der BFH der Revision des FA stattgegeben, die Sache aber zur erneuten Entscheidung an da FA zurückverwiesen. das FG hat noch festzustellen, wie sich die Miterben im Zuge der Auflösung der beiden Erbengemeinschaften auseinandergesetzt haben.

Zum Sachverhalt: Der Kläger ist zusammen mit seiner Mutter und seinen drei Schwestern (A, B und C) Erbe nach seinem im Mai 1990 verstorbenen Vater V. Zum Nachlass gehörten drei Grundstücke (X, Y und Z) und ein auf dem Gebiet der ehemaligen DDR Mehrfamilienhausgrundstück (Grundstück W). Erben des V sind laut Erbschein die Mutter des Klägers zu 1/2 und der Kläger und seine drei Schwestern zu je 1/8. Hinsichtlich des Grundstücks W wurde der Erblasser von der Mutter des Klägers zu 1/4 und von dem Kläger und seinen drei Schwestern zu je 3/16 beerbt. Die Mutter des Klägers hatte an den vier Grundstücken das Nießbrauchsrecht. Sie nahm für die Modernisierung des Gebäudes auf dem Grundstück W vier Darlehen und machte die Modernisierungskosten bei ihren Vermietungseinkünften als Werbungskosten geltend. Mit Vertrag vom 6. 10. 2008 setzte sich die Erbengemeinschaft auseinander. Der Kläger erhielt u.a. das Grundstück W zu Alleineigentum. Im Gegenzug übernahm er zwei der vier Darlehensverträge seiner Mutter sofort und verpflichtete sich, seine Mutter von den Darlehenszahlungen der beiden anderen Darlehensverträge freizustellen und zur Übernahme dieser Verträge zu einem späteren Zeitpunkt. Der Kläger erhielt außerdem das lastenfreie Grundstück X als Alleineigentümer gegen eine Abfindungszahlung von 20.000 € an seine Schwester C. Die Kosten der Auseinandersetzungsvereinbarung und ihrer Durchführung trug der Kläger. Er machte im Streitjahr 2012 die AfA für das bebaute Grundstück W als Werbungskosten geltend, was das FA ablehnte, da die zivilrechtlich eingetretene Nachlassspaltung ertragsteuerlich unerheblich sei. Das FG gab der dagegen erhobenen Klage überwiegend statt und gewährte die AfA zum größten Teil.

Keine Anschaffung bei Erbauseinandersetzung durch Realteilung: Nach § 7 Abs. 4 EStG bemisst sich die AfA nach den Anschaffungskosten i.S.d. § 255 Abs. 1 HGB, also den Aufwendungen zum Erwerb und Inbetriebsetzung eines Vermögensgegenstandes zuzüglich den Nebenkosten und nachträglichen Anschaffungskosten. Bei der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft können Aufwendungen eines Miterben Anschaffungskosten sein, z.B. wenn er die Erbanteile anderer Miterben erwirbt. Verteilen die Miterben dagegen das Gemeinschaftsvermögen zur Beendigung der Gemeinschaft unter sich, liegt in der Erfüllung des erbrechtlichen Auseinandersetzungsanspruchs kein Anschaffungs- und Veräußerungsgeschäft. Bei einer derartigen Realteilung des Nachlasses hat der übernehmende Miterbe entsprechend § 11d Abs. 1 Satz 1 EStDV die von der Erbengemeinschaft anzusetzenden Anschaffungs- oder Herstellungskosten fortzusetzen. Unerheblich ist die Zusammensetzung des entsprechend seiner Erbquote zugeteilten Nachlassvermögens. Die wertmäßige Angleichung kann auch durch Übernahme der Verbindlichkeiten der Erbengemeinschaft durch einen Erben erfolgen. Auch soweit dabei sein rechnerischer Anteil an den Verbindlichkeiten überschritten wird, führt dies noch nicht zu Anschaffungskosten. Anschaffungskosten liegen nur vor, wenn der Wert des Erlangten den Wert seines Erbanteils übersteigt und der so begünstigte Erbe deshalb an einen oder mehrere Miterben Ausgleichszahlungen leisten muss.

Die Feststellung, ob es sich bei der Erbauseinandersetzung insgesamt um eine steuerneutrale Realteilung oder teilweise um Anschaffungs- und Veräußerungsvorgänge handelt und in Bezug auf welche Nachlassgegenstände dies der Fall ist, ist vom FG zu treffen. Im Streitfall kann die Entscheidung des FG keinen Bestand haben. Zwar ist im Streitfall zivilrechtlich eine Nachlassspaltung eingetreten, da sich hinsichtlich des Grundstücks W die Erbfolge noch das ZGB-DDR maßgebend ist, so dass insoweit eine andere Erbfolge ergibt als für die anderen drei in den „alten“ Bundesländern belegen Grundstücke. Neben der Erbengemeinschaft, zu welcher die drei Grundstücke X, Y und Z gehörten, bestand damit eine personengleiche weitere Erbengemeinschaft, die das Gesamteigentum an dem Grundstück W innehatte.

Die Nachlassspaltung ist jedoch nicht ohne Weiteres auch der ertragsteuerlichen Beurteilung der Erbauseinandersetzung zugrunde zu legen. Eine solche Bindung an das Zivilrecht besteht nicht, da die Miterben diese Nachlassspaltung bei ihrer Auseinandersetzung nicht beachten müssen.

Das Urteil hat Bedeutung für die Fälle, in denen sich der Nachlass aus Vermögensteilen zusammensetzt, für die zivilrechtlich jeweils unterschiedlich Erbfolgen gelten, weil sie z.B. in verschiedenen Ländern belegen sind. Werden beide Vermögensteile einheitlich ohne Beachtung der zivilrechtlichen Spaltung unter den Miterben verteilt, ohne dass ein Miterbe Ausgleichszahlungen zu leisten hat, liegt insgesamt eine steuerneutrale Aufteilung vor, so dass keine Anschaffungs- oder Veräußerungsvorgänge gegeben sind. Folgen die Miterben dagegen der zivilrechtlichen Spaltung der Nachlassmasse, ist jede gesondert darauf zu untersuchen, ob die Auseinandersetzung mit oder ohne Ausgleichszahlung erfolgt.

BFH v. 10.10.2018 – IX R 1/17

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