Im Streitfall (BFH v. 8.5.2019 – II R 18/16) hatte der Kläger in 2006 einen Reiterhof ersteigert. Seine Mutter schenkte ihm zum Erwerb dieses Betriebs einen Geldbetrag von 205.000 €. Das FA setzte die Schenkungsteuer daraufhin auf 0 € fest, wobei es davon ausging, dass der Erwerb nach § 13a ErbStG begünstigt sei. Vier Jahre später schenkte die Mutter ihrem Sohn ein Grundstück. Für diesen Erwerb setzte das FA Schenkungsteuer fest und berücksichtigte die Vorschenkung aus 2006 in voller Höhe – also ohne die Privilegierung nach § 13a ErbStG – als steuerpflichtigen Erwerb.
Der BFH hat die Entscheidung der Vorinstanz (FG Hessen v. 22.03.2016 – 1 K 2014/14, EFG 2016, 1277; ErbStB 2016, 304 (Kirschstein) bestätigt und die Revision des Klägers zurückgewiesen.
Der BFH stellt zunächst die Wirkungsweise des § 14 ErbStG dar. Danach trifft die Vorschrift nur eine besondere Anordnung über die Berechnung der Steuer, die für den jeweils letzten Erwerb innerhalb des Zehn-Jahres-Zeitraums festzusetzen ist. Die einzelnen Erwerbe innerhalb des Zeitraums bleiben in ihrer Besteuerung selbständig. Lediglich zum Zwecke der Steuerberechnung werden dem letzten Erwerb die einzubeziehenden Vorerwerbe mit den materiell-rechtlich zutreffenden Werten hinzugerechnet. Deshalb können bzw. müssen wegen des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG) Fehler in der Steuerberechnung eines Vorerwerbs i.R.d. Ermittlung der Steuer eines späteren Erwerbs korrigiert werden. Die tatsächlich gezahlte (höhere) Steuer kann erst i.R.d. § 14 Abs. 1 Satz 3 ErbStG eine Rolle spielen. Der Vorerwerb war somit in die Berechnung der Steuer für den Nacherwerb in zutreffender Höhe, also ohne Berücksichtigung der Betriebsvermögensvergünstigung, einzubeziehen.
Hinsichtlich der Höhe der Einbeziehung lehnt der BFH eine Vergünstigung der Geldschenkung nach § 13a ErbStG als mittelbare Betriebsvermögensschenkung ab. Er führt ausdrücklich aus (Rz. 16 d. Gründe), dass die Zuwendung von Geld zum Erwerb eines Betriebs nicht begünstigt ist. Er stützt seine Auffassung insbesondere auf die Ausführungen des BVerfG zum Erbschaftsteuerbeschluss v. 22.6.1995 (BVerfG v. 22.6.1995 – 2 BvR 552/91, BStBl. II 1995, 671, unter C. I. 2. b), bb)), wonach besondere steuerliche Begünstigungen einer ausdrücklichen Rechtfertigung benötigen. Die Steuervergünstigung von Betriebsvermögen hat ihre Rechtfertigung darin, dass ein Betrieb „weitergeführt“, „aufrechterhalten“ und „fortgeführt“ wird. Daraus folgt, dass Zweck der Begünstigungsvorschrift ist, einen bestehenden Betrieb des Erblassers oder Schenkers und dessen Arbeitsplätze zu erhalten und nicht allgemein die Gründung oder den Erwerb von Betrieben durch den Erwerber mit finanziellen Mitteln des Schenkers zu begünstigen.
Die Entscheidung liegt auf der Linie der Finanzverwaltung. Diese lehnt eine begünstigte mittelbare Schenkung zum Erwerb von Produktivvermögen eines Dritten ebenfalls ab (A 13b.2 Abs. 2 Satz 2 ErbStR 2011 bzw. RE 13b.2 Abs. 2 Satz 2 ErbStR-E 2019). Anders sieht es die Finanzverwaltung, wenn der Beschenkte einen Geldbetrag erhält, um sich am Produktivvermögen des Schenkers zu beteiligen (A 13b.2 Abs. 2 Satz 1 ErbStR 2011 bzw. RE 13b.2 Abs. 2 Satz 1 ErbStR-E 2019). Vor dem Hintergrund des Besprechungsurteils erscheint es fraglich, ob diese für den Steuerpflichtigen günstige Verwaltungsauffassung noch zu halten ist. In jedem Fall sollte in der Beratungspraxis die unmittelbare Übertragung von Produktivvermögen einer mittelbaren Schenkung auch zum Erwerb vom Schenker vorgezogen werden.
Das Urteil ist auch verfahrensrechtlich interessant. Der BFH verneint zu Recht eine Bindungswirkung i.S.d. § 171 Abs. 10 AO des für den Vorerwerb ergangenen Bescheids für den späteren Erwerb, denn die Bindung muss durch das Gesetz ausdrücklich angeordnet sein (vgl. i.E. Tipke/Kruse, § 171 AO Rz. 90 m.w.N.). Daran fehlt es i.R.d. Zusammenrechnung mehrerer Erwerbe nach § 14 ErbStG.
BFH v. 8.5.2019 – II R 18/16, ErbStB 2019, 250