Gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwerts gegenüber mehreren Miterben

Genügt es im Fall, in dem eine Erbengemeinschaft Grundbesitz erbt, den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwerts an die „Erbengem. E – z.Hd. Frau …“ zu adressieren? Inhaltlich erging der Bescheid „für: Erbengem. E“ und enthielt den Zusatz:

„Der Bescheid ergeht an Sie für und gegen alle Feststellungsbeteiligten“. Die Zurechnung des Grundbesitzwerts erfolgte neu an „Erbengem. E“.

Da sich aus dem Bescheid weder im Adressfeld noch aus den Betreffzeilen noch aus dem weiteren Inhalt des Bescheids oder seiner Anlage entnehmen ließ, welche Personen die Erbengemeinschaft nach E beteiligt sind, ist der Bescheid nach der vorliegenden Entscheidung des BFH (BFH v. 26.6.2019 – II R 58/15) rechtswidrig/nichtig. Bei mehreren Miterben muss einem Bescheid klar und eindeutig entnommen werden können, gegen welche Beteiligten der Erbengemeinschaft sich die Feststellungen richten (§ 154 Abs. 3 Satz 2 BewG).

Die Entscheidung hat zum einen für die Finanzämter Bedeutung. Bei Erlass eines Feststellungsbescheides i.S.v. § 151 BewG ggü. Erbengemeinschaften ist es zwingend erforderlich, alle Beteiligten namentlich aufzuführen (entspr. Verwaltungsanweisung liegen schon länger vor). Zu beachten ist weiterhin, dass eine spätere vollständige Aufzählung in der Einspruchsentscheidung, die den gesetzlichen Anforderungen genügt, keine Heilung der mangelnden Bezeichnung der Inhaltsadressaten (der Nichtigkeit) ermöglicht. Heilung ist nur durch (rechtzeitige) Neubescheidung möglich.

Für betroffene Steuerpflichtige und deren Berater hat die Entscheidung zur Folge, dass entspr. fehlerhafte Feststellungsbescheide der Erbschaftbesteuerung nicht zugrunde gelegt werden dürfen. Eine Neubescheidung ist nur innerhalb der Feststellungsfrist möglich. Ein nichtiger Bescheid wahrt die Verjährungsfrist nicht; ein evtl. eingelegter Einspruch führt nicht zur Ablaufhemmung.

Insbesondere in nicht alltäglichen Situationen kommen häufiger verfahrensrechtliche Fehler der Finanzämter vor. Insofern sollte insb. bei komplizierten materiellen Rechtstreitigkeiten vorab auch die verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit geprüft werden. Im Streitfall ging es in der Sache um die materielle Rechtsfrage, ob das Grundstück (Restbauernhof) noch dem LuF-Vermögen oder dem Grundvermögen zuzuordnen ist. Im Endeffekt blieb dies unentschieden, weil die Feststellung (als Grundvermögen) nichtig und eine Neubescheidung verfristet war.

Grundsätzlich kann das Finanzamt innerhalb der betreffenden Verjährungsfrist einen „richtigen“ Bescheid erlassen. Gemäß § 153 Abs. 5 BewG i.V.m. § 181 Abs. 1 Satz 1 AO beginnt die vierjährige Feststellungsfrist (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO) u.a. dann, wenn eine Steuer-/Feststellungserklärung einzureichen ist, mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Erklärung eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist. Nach § 153 Abs. 5 BewG i.V.m. § 181 Abs. 5 Satz 1 AO kann eine gesonderte Feststellung (Neubescheidung) auch nach Ablauf der für sie geltenden Feststellungsfrist insoweit erfolgen, als die gesonderte Feststellung für eine Steuerfestsetzung, hier für die Erbschaftsteuerfestsetzung, von Bedeutung ist, für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen ist; hierbei bleibt § 171 Abs. 10 AO außer Betracht.

Unabdingbare Voraussetzung dafür ist aber, dass das Finanzamt bei Erlass eines Feststellungsbescheids nach Ablauf der Feststellungsfrist in dem Bescheid darauf ausdrücklich hinweist, dass die getroffenen Feststellungen nur noch für solche Steuerfestsetzungen Bedeutung haben sollen, für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen ist (§ 153 Abs. 5 BewG i.V.m. § 181 Abs. 5 Satz 2 AO). Dieser Hinweis lag im Streitfall nicht vor, so dass die Neubescheidung nicht „gelungen“ war.

BFH v. 26.6.2019 – II R 58/15, ErbStB 2019, 281

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