Optionsverschonung bei Übertragung mehrerer begünstigter Einheiten

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Verwaltungsvermögensquote nach § 13b Abs. 2 ErbStG a.F. und die sog. Optionsverschonung nach § 13a Abs. 8 a.F. ErbStG bei einer einheitlichen Schenkung jeweils isoliert für jede wirtschaftliche Einheit oder einheitlich für alle wirtschaftlichen Einheiten zu ermitteln bzw. anzuwenden sind.

Dem Urteil lag vereinfacht folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin (Kl.) erhielt von Ihrer Mutter zum 31.12.2010 vier Kommanditbeteiligungen i.H.v. je 0,5 % der gesamten Kommanditeinlage übertragen. Die maßgeblichen Werte für die Besteuerung wurden wie folgt festgestellt:

Beteili-gung Wert des Anteils am Betriebsvermögen Gemeiner Wert Verwaltungsver-mögen insg. davon 0,5 % Verwaltungsver-mögensquote
KG 1 3.000.000 15.000.000 75.000 2,50 %
KG 2 750.000 20.000.000 1.000.000 13,33 %
KG 3 5.000.000 6.000.000 30.000 0,60 %
KG 4 35.000 280.000 1.400 4,00 %
Konsolidierte Verwaltungsvermögensquote 7,48 %

Die Kl. machte für alle vier Beteiligungen die Optionsverschonung geltend und trug vor, dass die Verwaltungsvermögensquote für die Beteiligung 2 zwar mit 13,33 % über 10 % läge, die Quote aber konsolidiert mit 7,48 % insgesamt für alle vier Beteiligungen weniger als 10 % beträgt. Hilfsweise begehrte sie die Anwendung der Regelverschonung für die Beteiligung 2.

Der Beklagte gewährte die Optionsverschonung nur für die Beteiligungen 1, 3 und 4 und besteuerte die Beteiligung 2 in voller Höhe, also ohne Abschlag von 85 %.

Das FG hat die Klage abgewiesen. Die Kl. hatte die Auffassung vertreten, dass wenn der Antrag auf Optionsverschonung nach Auffassung der Finanzverwaltung nur einheitlich für alle wirtschaftlichen Einheiten gestellt werden könne (R E 13a.13 ErbStR 2011), konsequenterweise auch die Verwaltungsvermögensquote für alle erworbenen KG-Anteile einheitlich zu ermitteln sei.

Außerdem hatte die Kl. vorgetragen, dass es von der Finanzverwaltung inkonsequent sei, bei Übertragung wirtschaftlicher Einheiten mit bis zu 10 % und mit mehr als 10 % Verwaltungsvermögen für letztere nicht einmal die Regelverschonung zu gewähren (R E 13a.13 Abs. 3 Satz 2 ErbStR), während für den Fall, dass das Verwaltungsvermögen aller übertragenen wirtschaftlichen Einheiten mehr als 10 % beträgt oder sich das nachträgliche Überschreiten der Verwaltungsvermögensgrenze für alle wirtschaftlichen Einheiten herausstellt, insgesamt die Regelverschonung zu gewähren sei (R E 13a.13 Abs. 3 Sätze 3 und 4 ErbStR).

Das FG stützt seine Entscheidung auf den Wortlaut des § 13b Abs. 2 Satz 4 ErbStG a.F., in dem geregelt ist, wie sich die Verwaltungsvermögensquote „des Betriebs“ ermittelt. Wegen der Formulierung „des“ Betriebes und nicht „der“ Betriebe sei die Quote isoliert für jeden Betrieb gesondert zu ermitteln. Diese Auffassung hatte das Gericht bereits in seiner Entscheidung vom 9.12.2013 (FG Münster v. 9.12.2013 – 3 K 3969/11 Erb, EFG 2014, 660 = ErbStB 2014, 91 [Kirschstein]) vertreten.

Trotz der im Schrifttum geäußerten Kritik an dieser Entscheidung hält das Gericht an seiner Auffassung fest. Es begründet seine Auffassung wiederum mit dem Wortlaut des § 13a Abs. 8 a.F., wonach „die“ und nicht etwa „eine“ Steuerbefreiung nach den Absätzen 1 bis 7 mit geänderten Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen gewährt wird. Daraus ergibt sich auch, dass ein „Rückfall“ auf die 85 % Regelverschonung vom Gesetzgeber nicht vorgesehen ist.

Das Gericht begründet seine Auffassung auch damit, dass der Antrag auf Optionsverschonung nur unwiderruflich erklärt werden kann. Wäre ein „Rückfall“ auf die Regelverschonung möglich, sofern die Voraussetzungen für die Optionsverschonung von Beginn an oder während der genannten Fristen nicht erfüllt würden, würde die Unwiderruflichkeit der Erklärung ins Leere laufen. Dieses von Teilen der Literatur als „Optionsfalle“ beschriebene Risiko ist aber nach Auffassung des Gerichts vor dem Hintergrund, dass bereits die Regelverschonung eine mit 85 % weitgehende Steuerbefreiung vorsieht und die Vollverschonung als Ausnahmevorschrift grundsätzlich nur unter engen Voraussetzungen möglich sein soll, hinzunehmen.

Ob diese „Optionsfalle“ entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung auch dann gelten müsse, wenn die 10 %-Grenze bei allen Einheiten überschritten ist, hatte das Gericht nicht zu entscheiden.

Fazit:

Der Antrag auf Optionsverschonung nach § 13a Abs. 8 ErbStG in der am 31.12.2010 geltenden Fassung (ErbStG a.F.) kann bei Übertragung mehrerer begünstigter Einheiten nur einheitlich ausgeübt werden. Wird sowohl Produktivvermögen mit bis zu 10 % Verwaltungsvermögen als auch solches mit mehr als 10 % und bis zu 50 % Verwaltungsvermögen übertragen und wird von der Anwendung der Vollverschonung Gebrauch gemacht, so kommt für letztere Einheiten weder die Vollverschonung noch die Regelverschonung in Betracht.

Das Gericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Zwar betrifft der Fall auslaufendes Recht. Aufgrund der teilweise langfristigen Bewertungs- und Einspruchsverfahren ist es allerdings nicht ausgeschlossen, dass die §§ 13a und 13b ErbStG a.F. weiterhin auf eine Vielzahl von Fällen Anwendung findet. Außerdem hält die Finanzverwaltung auch nach Inkrafttreten des neuen Erbschaftsteuerrechts ab dem 1.7.2016 an ihrer Auffassung zur Geltung der „Optionsfalle“ fest, vgl. R E 13a.21 Abs. 4 Satz 2 ErbStR.

FG Münster v. 10.9.2020 – 3 K 2317/19 Erb (Rev. II R 25/20), ErbStB 2020, 345

 

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