Abziehbarkeit vergeblicher Rechtsverfolgungskosten als Nachlassverbindlichkeit

Streitig war in beiden Revisionsverfahren die Abzugsfähigkeit von Rechtsverfolgungskosten als Nachlassverbindlichkeit: Im Verfahren II R 29/16 hatte die Klägerin (als Rechtsnachfolgerin des Miterben B) vergeblich einen Prozess gegen ein Museum zur Herausgabe einer Porzellansammlung geführt, die der Erblasser dem Museum geschenkt hatte. Im Nachlass hatte sich außerdem ein Miteigentumsanteil an einem Mietwohngrundstück befunden, den die Miterben verkauft hatten. Die Käufer des Grundstücks leisteten an den bisherigen Mieter i.R. einer Räumungsklage eine Zahlung von 15.000 €. Die Erben erstatteten daraufhin vertragsgemäß den Käufern diesen Betrag zzgl. Rechtsanwaltskosten und eines pauschalen Schadensersatzes wegen verspäteter Räumung der Wohnung. Diese Aufwendungen machten sie anschließend i.R. eines Zivilprozesses vergeblich gegen den Mieter geltend. Die Klägerin begehrte daraufhin als Gesamtrechtsnachfolgerin des zwischenzeitlich verstorbenen Miterben B die Berücksichtigung von Prozesskosten als Nachlassverbindlichkeit nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG. Dabei machte sie rd. 112.000 € für den Prozess zur Herausgabe der Porzellansammlung und rd. 50.0000 € für den Rechtsstreit gegen den Mieter geltend. Zu den Kosten gehörten u.a. Honorare, die der Ehemann der Klägerin für anwaltliche Leistungen von dem zwischenzeitlich verstorbenen Miterben B für die Durchführung mehrerer Verfahren erhalten haben soll. Das FG wies die Klage ab (FG Baden-Württemberg v. 25.3.2015 – 11 K 448/01, ErbStB 2017, 199 [Halaczinsky]).

Im Verfahren II R 6/17 war der Kläger neben seinem Bruder Erbe der im Jahr 2012 verstorbenen Mutter. In den Jahren vor dem Tod hatte der Bruder, der das Vermögen der Mutter verwaltete, Beträge von rd. 345.400 € vom Konto der Erblasserin abgehoben sowie weitere Überweisungen und Abbuchungen i.H.v. rd. 94.000 € veranlasst. Der Kläger erhob nach dem Tod der Mutter Stufenklage gegen seinen Bruder auf Auskunft über die Verwendung der Mittel sowie Rückzahlung an die aus ihm und dem Bruder bestehende Erbengemeinschaft. Diese Klage wurde im Berufungsverfahren abgewiesen. Für den Rechtsstreit waren dem Kläger Prozesskosten i.H.v. rd. 15.000 € entstanden. Nach einem vergeblichen Einspruchsverfahren gab das FG der Klage statt und erkannte die Kosten als Nachlassverbindlichkeiten an (FG Düsseldorf v. 25.1.2017 – 4 K 509/16 Erb, ErbStB 2017, 176 [Günther]).

Der BFH hat die Revision des FA im Verfahren II R 6/17 aus formellen Gründen für begründet erachtet, da die Vorentscheidung dem FA nicht wirksam zugestellt worden war. Im Verfahren II R 29/16 hat der BFH die Revision der Klägerin ebenfalls für begründet erachtet. Beide Verfahren wurden zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an die jeweiligen FG zurückverwiesen.

Nach Auffassung des BFH sind Kosten eines Zivilprozesses, in dem ein Erbe vermeintliche zum Nachlass gehörende Ansprüche des Erblassers geltend gemacht hat, als Nachlassverbindlichkeiten nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG abzugsfähig. Einem Abzug stehe auch § 10 Abs. 6 Satz 1 ErbStG nicht entgegenstehe.

Der Begriff der Nachlassverbindlichkeiten sei grundsätzlich weit auszulegen und umfasse u.a. die Kosten der tatsächlichen und rechtlichen Feststellung des Nachlasses sowie alle Kosten, die aufgewendet werden müssen, um die Erben in den Besitz der ihnen aus der Erbschaft zukommenden Güter zu setzen. Dazu könnten auch Kosten zählen, die dem Erben durch die gerichtliche Geltendmachung von (vermeintlichen) zum Nachlass gehörenden Ansprüchen des Erblassers entstehen. Ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Regelung des Nachlasses liege vor, wenn die Kosten in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Erwerb von Todes wegen und nicht erst durch die spätere Verwaltung des Nachlasses (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3 ErbStG) anfallen. Ein sachlicher Zusammenhang sei gegeben, wenn die Klage dazu diene, das Bestehen von nachlasszugehörigen Ansprüchen des Erblassers zu klären oder die Herausgabe von Nachlassgegenständen durch Dritte zu erwirken. Herrsche Gewissheit über Umfang und Zusammensetzung des Nachlasses und habe der Erbe die Gegenstände in Besitz genommen, so ende der sachliche Zusammenhang mit dem Erwerb.

Dem Abzug der Prozesskosten als Nachlassverbindlichkeit stehe § 10 Abs. 6 Satz 1 ErbStG nicht entgegen. Danach seien Schulden und Lasten nicht abzugsfähig, soweit sie in wirtschaftlichem Zusammenhang mit Vermögensgegenständen stünden, die nicht der Besteuerung nach diesem Gesetz unterlägen. Diese Vorschrift gelte aber nur für vom Erblasser begründete Schulden und Lasten und sei nicht auf Nachlassregelungskosten i.S.d. § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG anwendbar. Nachlassregelungskosten würden Aufwendungen umfassen, die der Erwerber des Nachlasses nach dem Erwerb zur Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses erbracht habe, so dass es sich schon begrifflich nicht um vom Erblasser herrührende Schulden handele. Das gelte selbst dann, wenn Nachlassregelungskosten darauf abzielten, an sich steuerbefreite Vermögensgegenstände zum Nachlass zu ziehen.

Auf der Grundlage dieser Ausführungen hat der BFH im Verfahren II R 29/16 entschieden, dass die Kosten für den Rechtsstreit mit dem Mieter nicht abzugsfähig sind, da es sich nicht um Nachlassregelungskosten, sondern um Kosten der Nachlassverwertung handele. Die Klage habe nicht dazu gedient, das Bestehen eines nachlasszugehörigen Anspruchs auf Herausgabe der Mietwohnung zu klären, so dass kein sachlicher Zusammenhang mit dem Erwerb bestanden habe. Die Kosten für den Prozess bzgl. der Herausgabe der Porzellansammlung seien dagegen grundsätzlich abzugsfähig. Es sei allerdings durch das FG noch zu beurteilen, ob ein enger zeitlicher Zusammenhang der Kosten mit dem Erwerb vorgelegen habe und ob die Kosten der anwaltlichen Vertretung durch den Ehemann der Klägerin tatsächlich entstanden seien.

Die Revision im Verfahren II R 7/16 hat der BFH wegen fehlender wirksamer Zustellung der Vorentscheidung für begründet erachtet und die Sache an das FG zurückverwiesen. Für diesen zweiten Rechtsgang hat der BFH ohne Bindungswirkung auf die Abzugsfähigkeit der Rechtsverfolgungskosten hingewiesen.

Es ist zu begrüßen, dass der BFH auch vergebliche Rechtsverfolgungskosten als Nachlassverbindlichkeit zum Abzug zulässt, selbst dann, wenn sie darauf abzielen, an sich steuerbefreite Vermögensgegenstände zum Nachlass zu ziehen. Ein Abzug scheidet nur dann aus, wenn es zu überhaupt keinem steuerpflichtigen Erwerb i.S.d. § 3 ErbStG gekommen ist.

Zu beachten ist, dass nicht alle Prozesskosten anlässlich eines Erbfalls abzugsfähig sind, wie der BFH im Verfahren II R 29/16 deutlich gemacht hat. So scheidet ein Abzug aus, wenn ein Rechtsstreit nicht dazu dient, das Bestehen eines nachlasszugehörigen Anspruchs zu klären, sondern vielmehr mit der Nachlassverwertung im Zusammenhang steht. Die Kosten der Nachlassverwertung sind, ebenso wie die Kosten der Nachlassverwaltung, vom Abzug ausgeschlossen. Insoweit ist eine genaue Abgrenzung der einzelnen entstandenen Kosten erforderlich.

BFH v. 6.11.2019 – II R 29/16 und BFH v. 6.11.2019 – II R 6/17, ErbStB 2020, 177

Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG erfasst nur eine Wohnung

Das FG Köln hat mit Urteil vom 30.1.2019 entschieden, dass bei der Auslegung des Begriffs „eine Wohnung“ i.S.d. § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG restriktiv von einem streng nummerischen Verständnis des Rechtsbegriffs auszugehen ist. Von der Steuerbefreiung ist nach dem klaren und ausdrücklichen Wortlaut der Vorschrift nur eine einzelne Wohnung erfasst.

Zum Sachverhalt: Der Kläger (Kl.) war Alleinerbe seiner im Jahr 2015 verstorbenen Mutter. Im Nachlass befand sich u.a. ein Mehrfamilienhaus mit einer Gesamtwohnfläche von 490 qm, wovon die Erblasserin bis zu ihrem Tod zwei Wohnungen für sich und ihren Sohn, den Kl., innehatte. Die Wohnung im EG war 115 qm groß und räumlich nicht mit der Wohnung im OG (125 qm) verbunden. Beide Wohnungen waren nur über das gemeinschaftliche Treppenhaus erreichbar, welches auch von den übrigen Mietern des Hauses genutzt wurde. Beide Wohnungen wurden von der Erblasserin und dem Kl. gemeinsam genutzt. In der oberen Wohnung befanden sich die Schlafzimmer der Familienmitglieder (auch des Kl.), ein Badezimmer, die Küche und ein Wohnzimmer. In der Wohnung im EG befanden sich zwei Arbeitszimmer, ein Wohnzimmer, ein Badezimmer und eine Küche. Wenn Gäste zu Besuch kamen, wurden diese ausschließlich in der EG-Wohnung empfangen. Seit Oktober 2010 hielt sich die Erblasserin überwiegend in der Wohnung im OG auf. Nach dem Tod seiner Mutter hielt der Kl. an der räumlichen Aufteilung und Nutzungsweise der beiden Wohnungen unverändert fest.

Das FA setzte gegen den Kl. Erbschaftsteuer fest und berücksichtigte dabei eine Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG nur hinsichtlich der Wohnung im OG i.H.v. 103.066 € (Grundstückswert 404.015 € x 125 qm / 490 qm).

Das FG hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen, da der angefochtene Bescheid rechtmäßig sei und den Kl. nicht in seinen Rechten verletze. Das FA habe zu Recht die Steuerbefreiung für die zweite Wohnung des Kl. im EG des Mehrfamilienhauses versagt.

Bei der Auslegung des Begriffs „eine Wohnung“ i.S.d. § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG sei restriktiv von einem streng nummerischen Verständnis des Rechtsbegriffs auszugehen. Wohnung i.S.d. § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG meine die Zusammenfassung mehrerer Räume, die von anderen Wohnungen baulich getrennt sind und die in ihrer Gesamtheit alle für die Führung eines Haushalts notwendigen Einrichtungen, Ausstattungen und Räumlichkeiten umfassen. Dies treffe sowohl auf die obere Wohnung als auch auf die Wohnung im EG zu, so dass zwei Wohnungen vorlägen. Der Wortlaut von § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG spreche jedoch klar und ausdrücklich nur von einer Steuerfreistellung für „eine Wohnung“, die der Erblasser zu eigenen Wohnzwecken genutzt habe. Auch die Schranke der Steuerbefreiung, dass die „Wohnfläche der Wohnung 200 Quadratmeter“ nicht übersteigen dürfe, zeige eine klare nummerische Bestimmung.

Soweit in Anbetracht des eindeutigen Wortlauts der Vorschrift überhaupt eine Auslegung der Norm möglich sei, werde das gefundene Ergebnis auch von der Entstehungsgeschichte sowie dem Zweck der Norm gedeckt. Die Steuerbefreiungstatbestände des § 13 Abs. 1 Nr. 4b, 4c ErbStG sollen dazu dienen, den gemeinsamen familiären Lebensraum zu schützen und das Familiengebrauchsvermögen krisenfest zumachen. Daraus folge zwingend, dass nur dasjenige Familienvermögen freizustellen sei, welches den unmittelbaren Mittelpunkt des privaten und familiären Lebens, also den Kernbereich, bilde. Dieser eng begrenzte Kernbereich beziehe sich aber auf die Nutzung einer einzigen Wohnung. Nichts anderes ergebe sich auch aus der Gesetzesbegründung. Die Beschränkung der Befreiung auf eine Quadratmeterzahl bei Kindern anstelle eines Betrags solle regional bestehende Unterschiede der Grundstückswerte beseitigen. An der grundsätzlich zahlenmäßigen Begrenzung des Familienheims bestehend aus einem Haus oder einer Wohnung ändere dies aber nichts.

Das Urteil ist rechtskräftig, so dass der BFH zu der Rechtsfrage leider nicht Stellung nehmen wird. Die durch das FG vorgenommene Auslegung ist nicht unumstritten. Die Formulierung in § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG „soweit der Erblasser darin bis zum Erbfall eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat“ kann auch so verstanden werden, dass es sich dabei nur um einen unbestimmten Artikel handelt und auch mehrere Wohnungen in einem Haus begünstigt sein können (in diesem Sinne auch Viskorf in Viskorf/Schuck/Wälzholz, ErbStG/BewG, 5. Aufl. 2017, § 13 ErbStG Rz. 38). Voraussetzung ist aber, dass – wie im Streitfall – beide Wohnungen zusammen genutzt werden und sich dort insg. der Mittelpunkt des familiären Lebens befindet.

Davon zu unterscheiden sind die Fälle einer Zweit- oder Nebenwohnung. Hier liegen zwar ebenfalls zwei selbstgenutzte Wohnungen vor, jedoch befindet sich nur in der Hauptwohnung der Mittelpunkt des familiären Lebens. Für Zweit- oder Nebenwohnungen kann daher keine Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a–4c ErbStG in Anspruch genommen werden (vgl. BFH v. 18.7.2013 – II R 35/11, ErbStB 2013, 368 [Kirschstein]).

Hinweis: Die Steuerbefreiung für das Familienheim ist immer wieder Gegenstand von Diskussionen. Dabei zeichnet sich von Seiten der Finanzverwaltung und der FG-Rspr. zunehmend eine eher restriktive Haltung ab (zu den aktuellen Entwicklungen unter Berücksichtigung des Entwurfs der neuen Erbschaftsteuerrichtlinien 2019 s. Knittel, ErbStB 2019, 74 ff.).

FG Köln v. 30.1.2019 – 7 K 1000/17 (rkr.), ErbStB 2019, 192

 

Vermögen einer unselbständigen Stiftung liechtensteinischen Rechts als Nachlassvermögen des Stifters

Der BFH hat mit Urteil vom 5.12.2018 entscheiden, dass das einer unselbständigen Stiftung liechtensteinischen Rechts übertragene, jedoch weiter dem Stifter zuzurechnende Vermögen beim Tode des Stifters zum Erbanfall gehört, wenn die Herrschaftsbefugnisse des Stifters vererblich sind (BFH v. 5.12.2018 – II R 9/15).

Der Kläger ist aufgrund eines Testaments aus dem Jahr 2005 Alleinerbe der im Jahr 2009 verstorbenen Erblasserin (E). Diese hatte 1999 Vermögen auf eine neu gegründete Stiftung übertragen, die als unbefristete Stiftung i.S.d. Art. 552 ff. des liechtensteinischen Personen- und Gesellschaftsrechts mit Sitz in Vaduz, Liechtenstein, errichtet wurde. Der Zweck der Stiftung war laut Statut die Ausrichtung von Beiträgen zugunsten Angehöriger bestimmter Familien. Der von E bestellte Stiftungsrat konnte in Beistatuten Begünstigte bestimmen und einstimmig die Statuten ändern. Aus einer Bestätigung der Mitglieder des Stiftungsrats ergab sich, dass der Stiftungsrat i.R.d. Mandatsausübung in vollem Umfang an die Weisungen der E gebunden und nicht zu einer selbständigen Ausübung des Mandats berechtigt war. Die Stifterin konnte außerdem jederzeit die Statuten ändern sowie die Stiftung ohne Angabe von Gründen widerrufen. Mit Beistatut vom 16.6.2009 bestimmte der Stiftungsrat die E zur Erstbegünstigten. Nach ihrem Tod waren Beträge für den Kurator und den Tierschutz vorgesehen, Begünstigter des restlichen Vermögens war der Kläger. Das Beistatut war zu Lebzeiten der E widerruflich und nach ihrem Tod unwiderruflich.

Die aus der Stiftung von 1999 bis 2008 erzielten Erträge hatte E bei ihren Einkommensteuererklärungen nicht angegeben. Dies holte der Kl. nach dem Tod von E nach. Er gab Anfang 2010 außerdem eine Erbschaftsteuererklärung ab, worin er auf das Stiftungsvermögen hinwies und die Auffassung vertrat, dass eine von der Stifterin beherrschte abhängige Stiftung vorläge, deren Vermögen der Stifterin zuzurechnen sei. Seine auf den Stiftungsstatuten beruhende Begünstigung führe jedoch nicht zu einem steuerpflichtigen Vorgang gem. § 1 ErbStG.

Das FA hielt das Vermögen der Stiftung dagegen für einen Teil des Nachlasses und setzte Erbschaftsteuer gegen den Kläger fest. Das FG wies die Klage ab. Mit der Revision begehrt der Kläger, dass die Erbschaftsteuer ohne Einbeziehung des in der Stiftung eingelegten Vermögens i.H.v. rund 1,2 Mio. € festgesetzt wird.

Der BFH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen. Das FG habe im Ergebnis zu Recht entschieden, dass das dem Kläger zustehende (restliche) Stiftungsvermögen der Erbschaftsteuer unterliege. Die vom Kläger erworbene Forderung der E gegen die Stiftung auf Auskehrung deren Vermögens sei Teil seines steuerpflichtigen Erwerbs von Todes wegen.

Grundsätzlich sei das Vermögen einer intransparenten, wirksam gegründeten und rechtlich selbständigen Stiftung dem Stifter nicht mehr zuzurechnen. Anders sei es jedoch, wenn nach den getroffenen Vereinbarungen die Stiftung gehindert ist, über das ihr übertragene Vermögen dem Stifter ggü. tatsächlich und frei zu verfügen. Es stehe zwischen den Beteiligten nicht im Streit, dass E sich an dem in die Stiftung eingebrachten Vermögen Herrschaftsbefugnisse so vorbehalten hatte, dass ihr das Vermögen nach den Kriterien des BFH-Urteils v. 28.6.2007 (BFH v. 28.6.2007 – II R 21/05, BStBl. II 2007, 669 = ErbStB 2007, 293 m. Komm. Halaczinsky) zu ihren Lebzeiten weiterhin zuzurechnen war.

Kein Ausschluss der Vererblichkeit: Nach dem Tod des Stifters komme eine Vererbung des Stiftungsmögens nur in Betracht, wenn die Herrschaftsbefugnisse des Stifters ebenfalls vererbt werden können und deshalb auf den Erben übergingen. Andernfalls würden die Herrschaftsbefugnisse mit dem Tod des Stifters ersatzlos erlöschen und damit die Zurechnung des Stiftungsmögens beim Stifter bzw. dessen Erben entfallen. Die Vererblichkeit der Herrschaftsbefugnisse von E sei nicht aufgrund der Stiftungsstatuten ausgeschlossen. Eine Einschränkung der Rechte der Stifterin sei im Statut der Stiftung auch für den Fall des Ablebens nicht vorgesehen. Ebenso sei nicht bestimmt worden, dass diese Rechte nicht vererblich seien und beim Ableben der Stifterin erlöschen. Auch die Regelung, dass die Stifterin die Statuten und Beistatuten jederzeit abändern könne, beinhalte keine personenbezogene Beschränkung dieses Rechts ausschließlich auf die Stifterin.

Ein Ausschluss der Vererblichkeit ergebe sich auch nicht nach liechtensteinischem Recht. Nach Art. 552 § 30 Abs. 1 PGR können zwar Rechte zum Widerruf der Stiftung oder Änderung der Stiftungserklärung nicht vererbt werden, jedoch gelte diese Vorschrift nicht für Stiftungen, die – wie die Stiftung im Streitfall – vor dem 1.4.2009 errichtet wurden. Auch aus dem für Altstiftungen möglicherweise weiterhin anzuwendenden Art. 559 PGR ergebe sich kein Ausschluss der Vererblichkeit der Rechte der Stifterin.

Bereits im Jahr 2007 hatte der BFH entschieden, dass bei einer Stiftung keine Bereicherung nach § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG eintritt, wenn sich der Stifter umfassende Herrschaftsbefugnisse über das Stiftungsvermögen vorbehält (BFH v. 28.6.2007 – II R 21/05, ErbStB 2007, 293 m. Komm. Halaczinsky). Ungeklärt war bisher jedoch die Frage, ob im Zeitpunkt des Todes des Stifters das (formal) auf die Stiftung übertragende Vermögen in den Nachlass des Stifters fällt oder ob in diesem Moment das Trennungsprinzip wieder zum Tragen kommt, weil die Rechte des Stifters nicht auf den oder die Erben übergehen. Insoweit hat der BFH nun klargestellt, dass die Zurechnung des Stiftungsvermögens beim Stifter bzw. dessen Erben entfällt, wenn die Herrschaftsbefugnisse des Stifters nicht vererblich sind.

Da die Vererblichkeit im Streitfall jedoch nicht ausgeschlossen war, waren die Herrschaftsbefugnisse der E auf den Kläger übergegangen und der Anspruch auf Auskehrung des Stiftungsvermögens gehörte zu dem der Erbschaftsteuer unterliegenden Erwerb von Todes wegen. Da das Stiftungsvermögen aufgrund der Gesamtrechtsnachfolge dem Kläger zuzurechnen war, kam es nach Ansicht des BFH nicht darauf an, ob die Stiftung zum Zwecke der Steuerhinterziehung und damit missbräuchlich gegründet wurde (anders noch die Vorinstanz, vgl. FG Münster v. 11.12.2014 – 3 K 764/12 Erb, ErbStB 2015, 161 m. Komm. Halaczinsky).

Hinweis: Nach Auffassung des BFH kommt es entscheidend auf die Vererblichkeit der dem Stifter vorbehaltenen Herrschaftsbefugnisse an, die sich nach liechtensteinischem Recht bestimmt. Ein Ausschluss der Vererblichkeit kann sich nicht nur aus dem Stiftungsstatut ergeben, sondern auch aus Art. 552 § 30 Abs. 1 Satz 2 PGR. Diese Vorschrift, wonach Rechte zum Widerruf der Stiftung oder zur Änderung der Stiftungserklärung nicht abgetreten oder vererbt werden können, findet allerdings keine Anwendung auf Stiftungen, die – wie die Stiftung im Streitfall – vor dem 1.4.2009 errichtet wurden.

BFH v. 5.12.2018 – II R 9/15