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Neu: Rechnungszinsänderung im Versorgungsausgleich

Jörn Hauß  Jörn Hauß
Fachanwalt für Familienrecht

Für die Bewertung betrieblicher Altersversorgungen im Versorgungsausgleich ist der Rechnungszins von maßgebendem Einfluss. Seit langem wird dieser als deutlich zu hoch angesehen, weil seine Anwendung bei der Kapitalisierung von Betriebsrenten zu einer massiven Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes bei der externen Teilung führt. Die Versorgungsausgleichskasse rechnet mit einem Zinssatz von 1,25%, die Betriebe derzeit mit 3,83%. Eine betriebliche Anwartschaft mit einem Ehezeitanteil von 500 € monatlicher Rente für einen 45 Jahre alten Mann hätte unter Anwendung des ‚BilMoG-Zinses‘ (§ 253 HGB) einen Kapitalwert von ca. 43.600 € (ReZins 3,83%, HR + IR, Rententrend 1%, Altersgrenze 67). Dieser Kapitalbetrag begründet in der Versorgungsausgleichskasse eine reine (statische) Altersrente von maximal 260 €.

Das soll nun noch schlimmer werden. Die Rentenberaterin Dagmar Nienhaus (Heiligenhaus) weist darauf hin, dass im ‚Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie‘ die Berechnungsmethode des BilMoG-Zinses verändert wurde. Ab 2016 müssen Pensionsrückstellungen mit dem neuen Rechnungszins bilanziert werden, für das Jahr 2015 besteht Wahlfreiheit.

Die Konsequenzen für den Versorgungsausgleich sind schlimm. Im obigen Beispiel vermindert sich durch Anwendung des neuen Zinssatzes von 4,27% der Kapitalwert auf 38.435 € und damit der Rentenertrag in der Versorgungsausgleichskasse auf maximal 230 €. Ab mit dem Betrag in die gesetzliche Rentenversicherung (DRV)! Dort bekäme man mit 67 Jahren wenigstens 256 € bei einer Dynamik von realistischen 2% und zusätzlich eine Invaliditäts- und Hinterbliebenenabsicherung, die die VA-Kasse nicht gewährt.

Es bleibt zu hoffen, dass sich der BGH der ausgleichsberechtigten Personen erbarmt. Er hat über die Bewertungszinssätze zu entscheiden (XII ZB 615/13; XII ZB 415/14; XII ZB 447/14; XII ZB 468/14) und angekündigt, dies auch in Bälde zu tun. Die BilMoG-Zins-Anhänger argumentieren damit, dieser sei das Ergebnis einer über nunmehr 10 Jahre (statt bisher 7) laufenden Markbeobachtung. Er sinke deswegen langsamer als der reale Rechnungszins, steige aber auch wieder langsamer, wenn die Marktzinsen sich erholten. Der ausgleichsberechtigten Person, die heute geschieden wird, nutzt das nichts. Der BGH wird sich entscheiden müssen, ob er im VA Einzelfallgerechtigkeit oder Durchschnittsgerechtigkeit über einen 30-Jahres-Zeitraum präferiert.

Den heute Geschiedenen muss die obwaltende Halbteilungspraxis, wonach 500 gleich 260 ist, wie das Hexeneinmaleins aus Goethes Faust vorkommen:

Du musst verstehn!
Aus eins mach Zehn,
Und Zwei lass gehn,
Und Drei mach gleich,
So bist du reich.
Verlier die Vier!
Aus Fünf und Sechs,
So sagt die Hex,
Mach Sieben und Acht,
So ist´s vollbracht;
Und neun ist Eins,
Und Zehn ist keins,
Das ist das Hexen-Einmaleins!

Jörn Hauß

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