Wenn ein Ehegatte nach Zustellung des Scheidungsantrags in einer Immobilie lebt, die in seinem Alleineigentum steht, wird für die Unterhaltsberechnung sein Einkommen um den objektiven Wohnwert (Kaltmietwert) dieser Immobilie erhöht, weil er keine Miete zahlen muss. Die zur Finanzierung der Immobilie aufgenommenen Darlehen sind nach den bisherigen Unterhaltsleitlinien der Oberlandesgerichte nur mit dem Zinsanteil der Monatsraten von dem unterhaltsrechtlichen Einkommen abziehbar. Der Tilgungsanteil soll hingegen nicht abziehbar sein. Dahinter steht der Gedanke, dass nicht ein Ehegatte auf Kosten des anderen Ehegatten Vermögen aufbauen können soll. Auf den ersten Blick überzeugt dieser Gedanke.
Nach dem Beschluss des BGH v. 18.1.2017 – XII ZB 118/16, FamRZ 2017, 519 = FamRB 2017, 170 – werden die Oberlandesgerichte ihre Richtlinien an diesem Punkt allerdings wohl dennoch überdenken müssen. Zwar betraf die Entscheidung des BGH ausdrücklich nur den Elternunterhalt (in diesem Blog bereits genauer dargestellt und kommentiert am 1.3.2017 von Rechtsanwalt Jörn Hauß), sie enthält in Rz. 33 jedoch einen Gedanken, der offensichtlich ebenso für den Ehegattenunterhalt gilt:
Es fehlt an einer Vermögensbildung auf Kosten des Unterhaltsberechtigten, wenn und soweit den Tilgungsanteilen ein einkommenserhöhender Wohnvorteil gegenübersteht. Denn ohne Zins- und Tilgungsleistungen gäbe es den Wohnvorteil in Form einer ersparten Miete nicht.
Das bedeutet: Soweit der eine Ehegatte unterhaltsrechtlich nicht schlechter steht, als wenn der andere zur Miete wohnen würde, können die Darlehensraten einschließlich Tilgungsanteil abgezogen werden.
Dieser Gedanke ist so überzeugend und eindeutig richtig, dass die Oberlandesgerichte kaum darum herum kommen werden, die Leitlinien dahin gehend anzupassen, dass die Darlehensraten einschließlich Tilgungsanteil immer in Höhe des vollen Wohnwerts vom unterhaltsrechtlichen Einkommen abziehbar sind.
Ähnlich äußerte sich auch bereits Dr. Johannes Norpoth, Richter am OLG Hamm, 10. Familiensenat, in der NZFam 2017, 303, 308, in seiner Anmerkung zu dem oben genannten Beschluss des BGH und auch der Vorsitzende Richter am BGH, Hans-Joachim Dose, äußert im Rahmen seiner Dozententätigkeit für Fachanwälte für Familienrecht ausdrücklich, dass es ihn nicht überraschen würde, wenn der BGH zum Ehegattenunterhalt entsprechend entscheiden würde.