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FamRB-Blog

Keine ungetrübte Urlaubsfreude ohne ausreichende Planung (KG v. 22.6.2022 – 16 WF 29/22)

Monika Clausius  Monika Clausius
Fachanwältin für Familienrecht

In den vergangenen Monaten haben sich die Beschwerdegerichte wiederholt mit Ordnungsmittelanträgen befassen müssen, die aus zeitlich unzureichenden Reiseplanungen eines Elternteils resultierten. Rückreisen aus dem Urlaub wurden zeitlich so knapp oder sogar zeitlich überlappend kalkuliert, dass zeitlich anschließend geplante Reisen des jeweils anderen Elternteils teilweise nicht mehr (vgl. OLG Hamm v. 24.1.2022 – 13 WF 210/21, FamRB 2022, 224) oder nur mit Zusatzkosten umgesetzt werden konnten. Mit einem solchen Sachverhalt hat sich aktuell auch das KG in seinem Beschluss vom 22.6.2022 auseinandergesetzt.

In dem zugrundeliegenden Sachverhalt war dem Vater für die Herbstferien 2021 ein Umgang in der ersten Ferienwoche zuerkannt worden. Die Übergabe des Kindes sollte am Sonntag den 17.10.2021 um 17.00 Uhr an eine Umgangspflegerin erfolgen. Seine Ferienwoche verbrachte der Vater in Galicien, wo er einen Tag vor dem geplanten Rückflug von dessen Stornierung erfuhr. Auf Initiative der Mutter, die seitens der Umgangspflegerin von der Stornierung informiert wurde, konnten mehrere Alternativflüge mit anderen Gesellschaften ermittelt werden bzw. buchte die Mutter ein mit Zusatzkosten verbundenes Upgrade, das einen Zustieg des Kindes in Madrid anlässlich eines Zwischenstopps des von der Mutter ebenfalls gebuchten Fluges zum Urlaub auf den Kanaren ermöglichte.

Dem seitens der Mutter gestellten Antrag auf Festsetzung eines Ordnungsmittels gegen den Vater wegen Zuwiderhandlung gegen den Umgangsbeschluss wurde erstinstanzlich entsprochen. Die seinerseits eingelegte Beschwerde wurde zurückgewiesen. In der Beschlussbegründung hat das KG darauf verwiesen, dass der Vater seine Pflicht zur zeitgerechten Übergabe des Kindes schuldhaft verletzt habe, da sein Verhalten als fahrlässig zu bewerten sei. Er habe keine ausreichende Vorsorge getroffen, um zu verhindern, dass es nicht zu der ganz fernliegenden Möglichkeit der Versäumung des Rückgabetermins komme. Es sei allgemein bekannt, dass es im Flugverkehr vielfach zu erheblichen Flugverschiebungen und -ausfällen komme. Wer – wie der Vater – eine Gefahrenlage durch zeitlich zu knappe Rückreisetermine schaffe, sei verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zur Schadensvermeidung und Sicherstellung einer rechtzeitigen Übergabe zu treffen.

Die Verhängung von Ordnungsmittel erfordert einen schuldhaften Verstoß gegen eine gerichtliche Entscheidung bzw. einen gerichtlich gebilligten Vergleich. Es bedarf daher einer objektiven Zuwiderhandlung des Pflichtigen, wobei es auf Seiten des Pflichtigen keines Verschuldens bedarf, sondern bloße Fahrlässigkeit genügt. Etwaiges Verschulden des Verfahrensbevollmächtigten ist dem jeweiligen Elternteil zuzurechnen. Die Substantiierungs- und Feststellungslast für das fehlende Vertretenmüssen liegt bei dem pflichtigen Elternteil, d.h. er muss die Umstände, die den Grund für das Scheitern des Umgangskontakts darstellen, im Einzelnen vortragen und ggf. unter Beweis stellen.

Elternteile, die während der Ferien mit dem Kind Flugreisen ins Ausland beabsichtigen, sollten bei ihren Buchungen zur Rückreise stets ausreichende Zeitpuffer einplanen, die – soweit der jeweils andere Elternteil nicht auf Anfrage im Vorfeld sich mit einer auch kurzfristigen Verspätung einverstanden erklärt hat – in jedem Fall die zeitgerechte Rückverbringung des Kindes sicherstellt, insbesondere wenn eine sich anschließende zeitlich gebundene Urlaubsreise des jeweils anderen Elternteils bekannt ist. Zutreffend hat das KG in seinem Beschluss auch ausdrücklich auf den Aspekt des Kindeswohls verwiesen, wenn – wie in dem entschiedenen Sachverhalt – ein 3 ½-jähriges Kind an einem Tag aus Spanien nach Berlin zurückfliegen und keine 24 Stunden später sich erneut in ein Flugzeug setzen muss, um wieder eine Reise nach Spanien anzutreten. Es wäre wünschenswert, wenn der ein oder andere Elternteil bei dem, was er seinem Kind als selbstverständlich abverlangt, gelegentlich hinterfragen würde, ob er sich diese Belastung selbst auferlegen würde.

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