Keine Gebühren verschenken: UG-Vergleich im SO-Verfahren verdoppelt auch den Verfahrenswert (OLG Nürnberg v. 16.1.2020 – 11 WF 1243/19)

Das AG Neustadt/Eich hat den Wert eines Verfahrens um das Aufenthaltsbestimmungsrecht nach § 45 Abs. 3 FamFG vom Regelwert 3.000 € auf 4.500 € erhöht, weil es zwei Termine gab, eine Zwischenvereinbarung geschlossen und ein SV-Gutachten eingeholt wurde.

Nach Einholung des Gutachtens trafen die Eltern eine Vereinbarung, die das Beibehalten des gemeinsamen Aufenthaltsbestimmungsrechts und zugleich den Umgang im Umfang eines 9:5-Modells regelte. Das OLG Nürnberg erhöhte den Gegenstandswert des SO-Verfahrens wegen der getroffenen Umgangsregelung um weitere 3.000 € auf 7.500 €. (Die Zwischenvereinbarung wäre, weil eine eA vermeidend, 1.500 € wert gewesen, was aber in den 3.000 € unterging.)

Der Leitsatz des Gerichts lautet: „Wird in einem Verfahren zur elterlichen Sorge auch eine vom Gericht gebilligte Umgangsregelung getroffen, so ist also ein Verfahrenswert aus der Summe der Verfahrensgegenstände Umgang und elterliche Sorge festzusetzen, weil die Billigung eine Sachprüfung, mithin ein Verfahren, voraussetzt und einer Entscheidung zum Umgang gleichsteht (im Anschluss an BGH FamRZ 2019, 1616 Rz. 20).“

Dabei macht das OLG keinen dogmatischen Unterschied, ob es sich um eine übliche Umgangsregelung handele oder ob deren Umfang einem Wechselmodell entspräche, weil es sich bei jeder Umgangsregelung um eine Frage der tatsächlichen Ausübung der elterlichen Sorge handele. Jede Umgangsregelung greife in die Ausübung des Sorgerechts ein, indem das Aufenthaltsbestimmungsrecht und gegebenenfalls das Umgangsbestimmungsrecht des oder der Sorgeberechtigten eingeschränkt werden, ohne aber elterliche Kompetenzen zu entziehen.

Aus den Gründen: „Gemäß § 45 Abs. 1 FamGKG beträgt in den dort genannten Kindschaftssachen der Verfahrenswert 3.000 €. Eine Korrektur gemäß § 45 Abs. 3 FamGKG kommt in Betracht, wenn besondere Umstände, die Festsetzung des Regelwertes als unbillig erscheinen lassen (vgl. hierzu Bundestags-Drucksache 16/6308 S. 306). Solche besonderen Umstände sind insbesondere anzunehmen, wenn das Verfahren besonders umfangreich und schwierig gewesen ist, an eine Reduzierung ist zu denken, wenn die Beteiligten nur über ein geringes Einkommen verfügen und das Verfahren sich einfach gestaltet hat. Der vermehrte Aufwand durch eine Einigung der Beteiligten wird bereits durch die Einigungsgebühr abgegolten. Sie kann deshalb nicht auch noch zur Rechtfertigung eines erhöhten Verfahrenswertes herangezogen werden. Wird in einem Sorgerechtsverfahren auch das Umgangsrecht für längere Zeit geregelt, handelt es sich um mehrere Kindschaftssachen, deren Werte gesondert nach § 45 FamGKG zu ermitteln und dann nach § 33 Abs. 1 Satz 1 FamGKG zu addieren sind.“

(OLG Nürnberg v. 16.1.2020 – 11 WF 1243/19, FamRB 2020, 147)

Hört sich kompliziert an, ist aber einfacher: Dynamische Antragstellung zwecks Aussetzung der VA-Rentenkürzung wegen Unterhalt

Problemstellung: M zahlt Nachscheidungsunterhalt an F, kommt in Rente und könnte sich den Unterhalt nun nicht mehr leisten, weil seine Rente durch den Versorgungsausgleich gekürzt ist – aus dem F ihrerseits noch keinen Nutzen zieht, weil sie jünger und noch nicht Rentnerin ist. In der Ex-Familie entsteht eine Liquiditätslücke. Die Lösung bieten §§ 33, 34 VersAusglG: In (maximal) der Höhe des (geschuldeten) Unterhaltes wird die Rentenkürzung ausgesetzt.  

Es bleibt ein Praktiker-Problem, das der BGH mit Beschl. v. 26.2.2020 – XII ZB 531/19 gelöst hat: Der Sachverhalt ist dynamisch, bei jeder Rentenerhöhung müsste neu gerechnet werden. Die Lösung dafür fand das OLG Frankfurt a.M. als Vorinstanz und titulierte dynamisch: „In Höhe eines sich aus der Multiplikation von 15.6253 Entgeltpunkten der allgemeinen Rentenversicherung und von 1,006 Entgeltpunkten der knappschaftlichen Rentenversicherung mit einem Zugangsfaktor von 1,0, einem Rentenartfaktor von 1,0 für die Entgeltpunkte der allgemeinen Rentenversicherung und von 1,3333 für die knappschaftlichen Entgeltpunkte und dem jeweilige(n aktuellen Rentenwert ergebenden monatlichen Rentenbetrags, höchstens jedoch in Höhe eines monatlichen Rentenbetrags von 1.463 €“ wurde die Rentenkürzung ausgesetzt (OLG Frankfurt v. 17.10.2019 – 4 UF 52/19, FamRB 2020, 95). Ok, sagte der BGH nun, das ist hinreichend bestimmbar. Die genannten Entgeltpunkte können durch Multiplikation mit dem aktuellen, jeweils im Bundesgesetzblatt veröffentlichten aktuellen Rentenwert in einen jeweils aktuellen Rentenkürzungsbetrag umgerechnet werden. Rechnen muss ja dann auch nicht mehr der Jurist, sondern der Rententräger.