Keine Diskussion mehr um den Kinderreisepass? (BGH v. 27.3.2019 – XII ZB 345/18, FamRB 2019, 259)

Wird einem Personensorgeberechtigten widerrechtlich ein Kind vorenthalten, so kann er – gestützt auf § 1632 BGB – die Herausgabe des Kindes gerichtlich geltend machen und ggf. auch nach §§ 88 ff. FamFG vollstrecken. Keine Regelung trifft das Gesetz allerdings zu der Frage, wie es sich mit Gegenständen verhält, die dem persönlichen Gebrauch des Kindes dienen. Hiervon werden nicht nur die persönlichen Dokumente des Kindes erfasst, sondern auch ganz profane Dinge, wie etwa die Bekleidung des Kindes. Bekannt sind jedem Familienrechtler die häufigen Diskussionen darüber, ob und ggf. in welchem Zustand einem Kind anlässlich der Ausübung eines Umgangskontakts Kleidung mitzugeben, aber auch nach Besuchsende zurückzugeben ist.

Bis zum 30.8.2009 galt in diesem Kontext § 50d FGG. Ordnete das Gericht die Herausgabe eines Kindes an, so konnte zugleich durch eine einstweilige Anordnung das Gericht auch die Herausgabe der zum persönlichen Gebrauch des Kindes bestimmten Sachen anordnen. Diese Regelung ist im Zuge des Inkrafttretens des FamFG zum 1.9.2009 ersatzlos entfallen, wobei der Gesetzgeber es verabsäumte, in der Folgezeit eine vergleichbare Regelung zu schaffen. In Rechtsprechung und Literatur wurden daher in der Folgezeit unterschiedliche Meinungen entwickelt, wie dieser Regelungslücke begegnet werden könne. Der BGH hat nunmehr in einer aktuellen Entscheidung (BGH v. 27.3.2019 – XII ZB 345/18, FamRB 2019, 259) Klarheit zu der maßgeblichen Anspruchsgrundlage eines solchen Herausgabebegehrens geschaffen.

In dem zugrunde liegenden Sachverhalt hatten sich die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern durch Vereinbarung darauf verständigt, dass ihr 2016 geborenes Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt bei der Mutter haben sollte. Diese stammte aus Kamerun und hatte in Deutschland Asyl beantragt. Der Reisepass des Kindes befand sich im Besitz des Vaters und wurde von der Mutter zur Herausgabe begehrt. Das erstinstanzliche Gericht folgte ihrem Antrag. Auf die Beschwerde des Vaters wurde die Entscheidung in der zweiten Instanz abgeändert, d.h. der Herausgabeantrag abgelehnt. Auf die Rechtsbeschwerde der Mutter hat der BGH nun diese Entscheidung aufgehoben.

Der BGH ist in seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass die Herausgabe in analoger Anwendung der § 1632 Abs. 1, § 1684 Abs. 2 BGB geltend gemacht werden könne, da eine planwidrige Regelungslücke vorliege. Die Erwägung, den Herausgabeanspruch als materiell-rechtliche Vorschrift auszugestalten, habe der Gesetzgeber anlässlich der Neuregelung des Rechts der elterlichen Sorge im Jahr 1974 nicht weiter verfolgt, sondern sich mit der Regelung des § 50d FGG abgefunden. Dass diese „Rechtsgrundlage“ dann mit Inkrafttreten des FamFG und der ersatzlosen Streichung des § 50d FGG entfallen sei, habe der Gesetzgeber übersehen. Allerdings müsse sowohl der personensorge- als auch umgangsberechtigte Elternteil in die Lage versetz werden, die gemeinsame Zeit mit dem Kind ungestört und kindeswohldienlich verbringen zu können. Hierzu gehöre, dass ihm die persönlichen Gegenstände des Kindes herausgegeben würden, die das Kind voraussichtlich während seines Aufenthalts bei ihm benötige. Hiermit korrespondiere auch die Wohlverhaltenspflicht nach § 1684 Abs. 2 BGB. Von dieser Regelung umfasst werde auch alles andere, was geeignet sei, das Zusammensein mit dem Kind zu erschweren. Allerdings könne das nur soweit gelten, als der jeweils berechtigte Elternteil für die Ausübung der Personensorge oder des Umgangsrechts auch tatsächlich auf bestimmte Urkunden oder Sachen angewiesen sei. Dies könne etwa daraus folgen, dass das Kind, bei gemeinsamer Sorge, seinen Lebensmittelpunkt bei einem Elternteil habe. Dieser Obhutselternteil benötige dann alle für das Kind wichtigen Dokumente. Einem Herausgabeanspruch könne letztlich aber die berechtigte Besorgnis entgegenstehen, dass der die Herausgabe geltend machende Elternteil unter Verwendung etwa des Reisepasses seine elterlichen Befugnisse überschreite, wovon auszugehen sei, wenn eine Entführung ins Ausland drohe.

Der BGH hat durch die Entscheidung vom 27.3.2019 eine langjährige Diskussion zur möglichen Anspruchsgrundlage im Zusammenhang mit Herausgabeansprüchen beendet und mit seinem Beschluss der Praxis Rechtssicherheit eröffnet. Besonderes Augenmerk wird in der Praxis aber darauf zu richten sein, dass ein Herausgabeanspruch nicht uneingeschränkt geltend gemacht werden kann. Hier weist der BGH sehr deutlich darauf hin, dass ein solcher Anspruch immer auch an die Frage gekoppelt ist, ob ein Elternteil insbesondere persönliche Dokumente des Kindes überhaupt benötigt, um sein Elternrecht ausüben zu können. Gerade der Reisepass des Kindes wird daher wohl kaum zu überlassen sein, wenn ein Wochenendkontakt im Inland in Rede steht.

 

Kein Zwang zur Beratung (KG v. 30.1.2019 – 13 UF 161/18)

Kindschaftsrechtliche Verfahren werden häufig nicht nur durch fehlerhafte rechtliche Vorstellungen von Eltern bestimmt, sondern auch durch eine mangelnde Kommunikation bzw. Kommunikationsfähigkeit zwischen ihnen. Nicht selten werden diese Probleme in einem gerichtlichen Verfahren offengelegt und Eltern zeigen sich bereit – vor allem im Interesse des Kindes -, diese Defizite unter fachlicher Hilfe anzugehen, so dass ggf. die Verfahren mit der erklärten Bereitschaft der Eltern zur Inanspruchnahme angebotener Beratungsmöglichkeiten beendet werden können. Gleichwohl bleibt aber ein bestimmter Anteil von Verfahren, in denen die Eltern sukzessive in eine Hochkonflikthaftigkeit geraten sind, die jeder vergleichsweisen Regelung entgegensteht. Mit der Frage, ob in einer solchen Konstellation dann auch durch gerichtliche Entscheidung die Inanspruchnahme einer Beratung verpflichtend auferlegt werden kann, hat sich aktuell das KG befasst.

In dem zugrunde liegenden Sachverhalt hatten die Eltern ursprünglich bezüglich ihrer gemeinsamen Tochter ein Wechselmodell praktiziert. Aufgrund zunehmender dysfunktionaler Elternkommunikation und einer misstrauischen Grundhaltung beider Elternteile wurde dieses Betreuungsmodell beendet und dem Vater auf seinen Antrag das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Tochter übertragen. Bezüglich der Umgangskontakte der Mutter in den Ferien und an den Feiertagen konnte zwischen den Eltern keine Regelung gefunden werden. Das angerufene Familiengericht hat in seinem Beschluss nicht nur eine Umgangsregelung getroffen, sondern auch angeordnet, dass beide Elternteile jeweils an einem Kurs „Kind im Blick“, einem ähnlichen Kurs oder einer Beratung teilnehmen, darauf gerichtet, sie zu lehren, den Kontakt zum anderen Elternteil im Sinne des Kindes zu gestalten, und über die Teilnahme dem Gericht einen schriftlichen Nachweis vorlegen.

Auf die Beschwerde des Vaters gegen die Anordnung zur Inanspruchnahme der Beratung hat das KG die Anordnung ersatzlos aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass für die angeordnete Verpflichtung zu einer Kursteilnahme keine gesetzliche Grundlage bestehe. Werde durch gerichtliche Entscheidung eine Anordnung getroffen, die der Umsetzung der Loyalitätsverpflichtung gem. § 1684 Abs. 2 BGB dienen soll, so könne diese Anordnung allein auf § 1684 Abs. 3 Satz 2 BGB gestützt werden. Eine solche Anordnung, die zwingend in das Persönlichkeitsrecht der Eltern eingreife, sei nicht mit Zwangsmitteln durchsetzbar. Auch wenn das bei einer bloßen Beratungsauflage nicht in Rede stehe, dürften die Eltern aber nicht zu einer Therapie verpflichtet werden, selbst wenn dies der Schlüssel zu einer nachhaltigen, im Interesse des Kindes erforderlichen Verhaltensänderung sei. Im konkreten Fall habe nicht nur der Vater durchgängig zum Ausdruck gebracht, dass er eine solche Beratung ablehne, sondern auch das Jugendamt den Besuch des Kurses nicht für ein geeignetes Setting erachtet, um den eskalierten Elternkonflikt zu bearbeiten.

Nach § 18 Abs. 3 Satz 3 BGB haben sowohl Eltern als auch andere Umgangsberechtigte bzw. Personen, in deren Obhut sich eine Kind befindet, einen ausdrücklichen Anspruch auf Beratung und Unterstützung bei der Ausübung des Umgangsrechts. Diese Beratung kann bei einem Träger der Jugendhilfe, d.h. insbesondere bei einem Jugendamt oder einem sonstigen freien Träger in Anspruch genommen werden. Folgend daraus, dass diese Beratung und Unterstützung ausdrücklich als Anspruch auf eine staatliche Leistung ausgestaltet ist, wird in der Rechtsprechung gleichermaßen abgeleitet, dass im Umkehrschluss ein Elternteil dann aber gerade auch nicht gegen seinen Willen zu der Inanspruchnahme einer solchen Beratung verpflichtet werden kann, zumal die Ausgestaltung der Loyalitätsverpflichtung in § 1684 Abs. 2 BGB als Unterlassungspflicht formuliert ist und nicht als Handlungspflicht. Darüber hinausgehend hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung durchgängig klargestellt, dass einem Elternteil zwar aufgegeben werden kann, eine Therapie für ein Kind aufzunehmen bzw. eine bereits begonnene Therapie fortzuführen. Davon abzugrenzen ist allerdings die Therapieverpflichtung des Elternteils selbst. Eine solche ist mangels rechtlicher Grundlage nicht zulässig.

Das KG hat in seiner Entscheidung eine bestehende einheitliche obergerichtliche Rechtsprechung zur Inanspruchnahme von Beratungen fortgeführt, allerdings zutreffend ebenso nachhaltig an die Eltern appelliert, sich zu vergegenwärtigen, dass die Inanspruchnahme der Beratung letztlich vor allem im Interesse des Kindes liegt, d.h. gerade hochkonflikthafte elterliche Beziehungen massiven Einfluss auf die spätere Lebensführung des Kindes haben und zu erheblichen psychischen Belastungen führen können. Dieser Appell des KG kann nur unterstützt werden, da leider Eltern noch zu selten in ihren Auseinandersetzungen erkennen können, dass ihr vermeintlich am Kindeswohl orientiertes Verhalten in der Regel tatsächlich mit dem Kindeswohl nicht in Einklang zu bringen ist.

Auch Auswandern will gelernt sein (OLG Brandenburg v. 6.11.2018 – 13 UF 174/17)

Eine zunehmende gesellschaftliche Mobilität hinterlässt auch in familiengerichtlichen Verfahren ihre Spuren. Nach der Trennung von Eltern kommt es immer häufiger dazu, dass ein Elternteil – sei es aus privaten oder beruflichen Gründen – seinen Wohnort verlegen muss. Insbesondere wenn aus der Ehe oder Beziehung hervorgegangene Kinder im Haushalt dieses Elternteils leben, hat eine örtliche Veränderung nicht nur Auswirkungen auf die Frage, wie künftig Umgangskontakte mit dem jeweils anderen Elternteil sichergestellt werden können. Im schlechtesten Fall kann ein solcher Ortswechsel zum völligen Abbruch persönlicher Kontakte führen. Familiengerichtliche Verfahren, in denen es um die Auswanderung eines Elternteils geht, bedürfen daher einer besonders intensiven Bewertung der Belange aller Beteiligten.

Das OLG Brandenburg hat sich in seinem Beschluss vom 6.11.2018 sowohl mit der Problematik des beabsichtigten Umzugs eines Elternteils samt Kind ins Ausland als auch der in diesen Fällen notwendigen Entscheidung zum Aufenthaltsbestimmungsrecht auseinandergesetzt: Bezüglich des gemeinsamen 2005 geborenen Kindes erstrebten die geschiedenen Eltern wechselseitig die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts, wobei der Vater eine Auswanderung nach Andorra beabsichtigte und die Tochter auf ihren Wunsch dorthin mitnehmen wollte.

Der Senat hat die erstinstanzliche Entscheidung, durch die der Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen wurde, bestätigt. In seiner Entscheidung ging das OLG davon aus, dass eine Fortführung der gemeinsamen Sorge nicht möglich war. Im Rahmen der sodann zu treffenden Entscheidung über den künftigen Aufenthalt des Kindes hat der Senat die Kindeswohlkriterien abgewogen und unter Heranziehung des Kontinuitätsgrundsatzes sich für einen Verbleib des Kindes in seinem bisherigen Umfeld ausgesprochen, da dort die Beziehungen zu den zwischenzeitlich volljährigen Geschwistern ebenso gewährleistet waren, wie die Aufrechterhaltung der engeren Bindung zur Mutter. Eine seitens des Vaters vorgetragene Alkoholabhängigkeit der Mutter konnte im Rahmen einer sachverständigen Bewertung nicht bestätigt werden. Entscheidungsrelevant war zudem jedoch für den Senat die Tatsache, dass bei dem Vater ökonomische Mindeststandards nicht gewährleistet waren, d.h. er weder seinen Unterhaltspflichten nachgekommen noch zur Zahlung aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss in der Lage war. Trotz Hinweises des Senats hatte er sich nicht zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen erklärt. Einen angekündigten Arbeitsvertrag hatte er nicht vorgelegt. Zudem war sein Sachvortrag widersprüchlich, soweit er einerseits vortrug, Eigentümer einer Immobilie in Andorra zu sein, gleichzeitig jedoch einen dort bestehenden Mietvertrag behauptete.

Die Entscheidung des OLG Brandenburg stimmt mit den in der Rechtsprechung des BGH entwickelten Kriterien zur Kindeswohlprüfung im Fall der beabsichtigten Auswanderung eines Elternteils überein. In seiner Grundsatzentscheidung vom 28.04.2010 hat der BGH betont, dass zentraler Maßstab der gerichtlichen Entscheidung das Kindeswohl ist (BGH v. 28.4.2010 – XII ZB 81/09, FamRZ 2010, 1060 = FamRBint 2010, 51). Zwar hat das Gericht auch die sich gegenüberstehenden jeweiligen Elternrechte in seine Entscheidung einzubeziehen, doch richtet sich letztlich die zutreffende Entscheidung allein daran aus, wie sich eine Auswanderung letztlich auf das Kindeswohl auswirkt. Es bedarf einer sorgfältigen Prüfung zu den persönlichen Umständen des Kindes, in die etwa seine Resilienz mit Blick auf die notwendigen Anpassungsprozesse im Fall einer Auswanderung ebenso einzubeziehen sind, wie die Tatsache, dass das Kind durch die Auswanderung möglicherweise einen Elternteil nicht mehr so häufig sieht oder gar für den Fall, dass das Gericht eine Auswanderung des Kindes untersagt, es seine bisherige Hauptbezugsperson verliert. Bei der Bewertung des Kindeswohls hat selbstredend auch der Kindeswille in die Abwägung einzufließen. Zentrales Prüfungskriterium ist in diesem Kontext aber die Frage, ob der Kindeswille im konkreten Fall auch mit dem Kindeswohl vereinbar ist.

 

Nicht allein der Kindeswille zählt (OLG Frankfurt v. 16.10.2018 – 1 UF 74/18)

In kindschaftrechtlichen Verfahren wird allzu gern als vermeintliches „Rundum-Argument“ der angebliche Kindeswille bemüht, d.h. etwa wiederholte Äußerungen des Kindes nach Umgangsende bzw. vor Umgangsbeginn, dass es überhaupt nicht zu dem jeweils anderen Elternteil möchte. Gesteigert wird dies in einzelnen Fällen noch dadurch, dass einzelne Verfahrensbevollmächtigte ganz selbstverständlich davon berichten, dass das Kind ihnen gegenüber selbst solche Äußerungen getätigt habe, da sie es ebenso selbstverständlich empfinden, anlässlich der Rücksprache eines Elternteils nebenbei auch noch eine Kindesanhörung durchzuführen.

In einer aktuellen Entscheidung vom 16.10.2018 hat sich das OLG Frankfurt mit der Beachtlichkeit eines solchen Kindeswillens umfassend auseinandergesetzt (OLG Frankfurt v. 16.10.2018 – 1 UF 74/18). Darüber hinausgehend erfasst diese Entscheidung ein weiteres praxisrelevantes Thema und zwar die Voraussetzungen eines in einem Umgangsverfahren beantragten paritätischen Wechselmodells, wenn in einem früheren sorgerechtlichen Verfahren durch Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf einen Elternteil bereits das Residenzmodell installiert wurde.

In dem zugrunde liegenden Sachverhalt erstrebte der Vater die Änderung eines familiengerichtlichen Beschlusses aus dem Jahr 2014, wonach seiner geschiedenen Ehefrau das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die gemeinsamen Kinder übertragen worden war. Da er hilfsweise die Anordnung eines paritätischen Wechselmodells beantragte, leitete das Gericht von Amts wegen ein Umgangsverfahren ein. In diesem Umgangsverfahren wurde dem Vater ein ausgedehnter Umgang jeweils 14-tägig donnerstags von 17 Uhr bis montags zum Schulbeginn und Telefonzeiten zuerkannt. Seine hiergegen eingelegte Beschwerde wurde mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass ihm lediglich unter 14-tägig noch ein Umgang von dienstags Schulschluss bis mittwochs Schulbeginn zuerkannt wurde.

Bezüglich der erstrebten Änderung des gewöhnlichen Aufenthalts der Kinder im mütterlichen Haushalt hat der Senat darauf verwiesen, dass letztlich die Abänderung der früheren sorgerechtlichen Regelung in Rede stehe, auch wenn die Änderung nun in einem Umgangsverfahren zur Entscheidung gestellt werde durch Beantragung eines paritätischen Wechselmodells. In diesem Fall sei gleichwohl § 1696 Abs. 1 BGB der Abänderungsmaßstab und zwar orientiert an der früheren Sorgerechtsregelung.

Werde die Abänderung sodann allein auf den Kindeswillen gestützt, so könne ein nachdrücklich wiederholter Änderungswunsch eines Kindes grundsätzlich einen zu beachtenden triftigen Abänderungsgrund im Sinn des § 1696 Abs. 1 BGB darstellen. Im konkreten Fall sei dieser Wille aber nicht autonom von den Kindern gebildet worden. Vielmehr sei der Vater nicht in der Lage, seine Bedürfnisse von denen der Kinder zu trennen, so dass sich umgekehrt die Kinder in die Bedürfniswelt des Vaters einfänden und danach reagierten. Durch sein Verhalten versetze er die Kinder in Anspannung, verunsichere sie und bürde ihnen Schuldgefühle auf. Es rechtfertige sich damit auch keine Ausweitung der Umgänge, vielmehr entspreche die derzeit praktizierte Umgangsregelung den Bedürfnissen der Kinder nach Orientierung und Stabilität.

Beide Schwerpunkte der Entscheidung des OLG Frankfurt erfassen besonders praxisrelevante Themenbereiche:

In seiner Grundsatzentscheidung vom 1.2.2017 hat der BGH zwar festgestellt, dass einer familiengerichtlichen Anordnung eines paritätischen Wechselmodells auch gegen den erklärten Willen eines Elternteils die geltende Gesetzeslage nicht entgegensteht (BGH v. 1.2.2017 – XII ZB 601/15, FamRB 2017, 136). Offen gelassen wurde aber die Frage, ob eine gleichanteilige Betreuung auch in einem Sorgerechtsverfahren angeordnet werden könnte, so dass ebenso offen ist, ob und unter welchen Voraussetzungen auch die Abänderung eines Sorgerechtsbeschlusses mit Anordnung eines Residenzmodells inzident in einem Umgangsrechtsverfahren möglich ist, in dem ein paritätisches Wechselmodell angestrebt wird. Zu dieser Frage wird sich der BGH nun in dem zugelassenen und anhängigen Rechtsbeschwerdeverfahren (Az.: XII ZB 512/18) hoffentlich äußern müssen.

Auch die Bedeutung des Kindeswillens im familiengerichtlichen Verfahren ist von wesentlicher Praxisrelevanz. Bei der näheren Präzisierung des Begriffes des Kindeswohls ist der Kindeswille einer der Prüfungsaspekte. Die Äußerung des eigenen Willens des Kindes ist Ausdruck seines Rechts auf Selbstbestimmung, durch die es gleichzeitig auch Bindungen zu einem Elternteil zum Ausdruck bringen kann. Hieraus folgt aber nicht zwingend, dass ein geäußerter Kindeswille letztlich alleinige Entscheidungsrelevanz besitzt. Unbeschadet der Tatsache, dass der Kindeswille mit den weiteren Kriterien der Kindeswohlprüfung, d.h. auch dem Förderungsgrundsatz, der Bindungstoleranz oder auch dem Kontinuitätsgrundsatz, in innerer Beziehung steht, muss sich der subjektiv geäußerte Kindeswille immer auch an dem objektiven Kindeswohl messen lassen. Nur wenn der geäußerte Wille stabil und mit dem Kindeswohl in Einklang zu bringen ist, kann er beachtliches Kriterium für die gerichtliche Entscheidung sein.

 

Praktiziertes Wechselmodell: Kontinuität als Grenze elterlicher Änderungswünsche (zu KG v. 13.9.2018 –- 13 UF 74/18)

Nicht immer sind die Vorstellungen sich trennender Eltern, für das gemeinsame Kind bestmögliche und insbesondere einvernehmliche Regelungen zu finden, auch dauerhaft. Allzu leicht werden angestrebte Ideale durch die alltäglichen Realitäten eingeholt und eine zunächst avisierte und zugesicherte Fortdauer der gemeinsamen Betreuung des Kindes bereut. In dem sich dann eröffnenden Spannungsfeld zwischen den Vorstellungen der Eltern zur künftigen Wahrnehmung der elterlichen Verantwortung und dem Interesse des Kindes an der Beibehaltung einer nicht nur kurzfristig praktizierten Betreuungsform, wird häufig übersehen, dass stets das Kindeswohl zentraler Bewertungsmaßstab ist.

Mit einem entsprechend gelagerten Sachverhalt hat sich aktuell auch das KG befasst:

Die gemeinsam sorgeberechtigte Eltern eines 2015 geborenen Kindes hatten im Oktober 2016 eine gerichtlich gebilligte Vereinbarung schlossen, in der ein bereits seit ihrer Trennung praktiziertes Wechselmodell bestätigt wurde. In einer weiteren Vereinbarung vom April 2017 haben sie sodann Ergänzungen zu den Wochenendregelungen vorgenommen. In Abweichung dieser Vereinbarungen erstrebte die Mutter dann jedoch wieder eine Verlagerung des Lebensmittelpunkts des Kindes in ihrem Haushalt. Das Gericht hat jedoch ein paritätisches Wechselmodell angeordnet. Die gegen diesen Beschluss eingelegte Beschwerde der Mutter blieb ebenso erfolglos wie die Anschlussbeschwerde des Vaters, die er in zeitlicher Folge einlegte und mit der er dann ebenfalls die Verlagerung des Lebensmittelpunkt des Kindes in seinen Haushalt anstrebte.

Das KG hat in seiner Entscheidung hervorgehoben, dass eine familiengerichtlich gebilligte Vereinbarung zur Ausgestaltung des Umgangs beider Eltern mit dem Kind vorliege und die Abänderung dieser Vereinbarung – sei es hin zu einem Wechselmodell oder davon distanzierend – dem engen Maßstab jeder Änderung einer familiengerichtlichen Entscheidung unterliege, d.h. die Änderung aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen angezeigt sein müsse. Dabei habe der Kontinuitätsgrundsatz zentrale Bedeutung. Im konkreten Sachverhalt sei daher zu beachten, dass praktisch seit dem siebten Lebensmonat des Kindes kontinuierlich eine Betreuung im Wechselmodell durchgeführt worden sei und dadurch, nach den Feststellungen der Sachverständigen, das Kind beide Eltern als zuverlässige Bezugs- und Erziehungspersonen erlebt habe. Selbst wenn man den Lebensmittelpunkt des Kindes zu der Mutter verlagere, seien hierdurch nicht zwingend von ihr im Fall der weiteren Umsetzung des Wechselmodells befürchtete Belastungssymptome oder Verlustängste des Kindes ausgeschlossen, da auch in diesem Fall das Kind in regelmäßigen Abständen in den väterlichen Haushalt wechsele. Auch Einschränkungen in der Kommunikation der Eltern stünden dem Wechselmodell nicht entgegen, denn trotz dieser Einschränkungen seien die Eltern gleichwohl in der Lage gewesen, wichtige Entscheidungen für das Kind zu treffen, wobei zudem beide Eltern sich auch gegenüber der Sachverständigen dafür ausgesprochen hätten, sich eine Fortführung des Wechselmodells vorstellen zu können. Für die elterliche Kommunikation sei es letztlich auch unerheblich, ob das Kind überwiegend im Haushalt der Mutter lebe. Entscheidend sei vielmehr die bestehende gemeinsame elterliche Sorge, die eine Einigung der Eltern zu Belangen des Kindes erfordere.

Die Entscheidung des KG steht nicht in Widerspruch zu der Grundsatzentscheidung des BGH v. 1.2.2017 – XII ZB 601/15, FamRB 2017, 136, in der zwar betont wurde, dass ein paritätisches Wechselmodell gerade nicht zu dem Zweck angeordnet werden kann, eine nicht bestehende Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit der Eltern überhaupt erst herzustellen. Davon zu unterscheiden ist aber die Konstellation, dass Elterngespräche zwar von trennungstypischen Belastungen überlagert werden, gleichwohl jedoch die Eltern in der Lage sind, solche Gespräche dem Grunde nach überhaupt zu führen und es ihnen dabei zudem gelingt, wesentliche Frage für die Entwicklung des Kindes – in Umsetzung einer nach wie vor bestehenden gemeinsamen elterlichen Sorge – einer Lösung zuzuführen.

Die Entscheidung des KG führt den Blick allerdings auch auf ein immer wieder auftretendes Problem der Praxis, die Abänderungsvoraussetzungen einer bestehenden familiengerichtlichen Regelung zur elterlichen Sorge oder zum Umgangsrecht. Häufig wird verkannt, dass unter der Existenz einer bestehenden familiengerichtlichen Regelung der besonders enge Abänderungsmaßstab des § 1696 Abs. 1 BGB gilt, d.h. es hierzu triftiger und nachhaltiger am Kindeswohl ausgerichteter Gründe bedarf. Durch diese hohen Abänderungshürden soll für das Kind nicht nur ein verlässlicher Daseinsschwerpunkt gewährleistet werden, sondern eine ebenso gesicherte Erziehungskontinuität, da die Dauerhaftigkeit familiärer Bindungen für eine stabile und sichere psychosoziale Entwicklung des Kindes elementare Bedeutung haben, die allerdings durch eine ständiges Wiederaufrollen abgeschlossener familiengerichtlicher Verfahren in Frage gestellt werden.

Wird ertrotzte Kontinuität auch noch belohnt? (zu OLG Hamm v. 25.5.2018 – II-4 UF 154/17)

Fragen der elterlichen Sorge werden häufig von weltanschaulichen Aspekten überlagert. Eine während intakter Beziehung möglicherweise noch gefundene vermittelnde Lösung, in die nicht nur die Erwägungen des jeweils anderen Elternteils einbezogen, sondern vor allem auch die mit der zu treffenden Entscheidung einhergehenden und unmittelbar das Kind betreffenden Folgen bedacht worden wären, scheidet nach Trennung von vornherein aus. Dass unter dem Gesichtspunkt der Kontinuität einseitig getroffene und für das Kind grundlegende Fragen letztendlich unabänderlich werden können, hat sich in Elternkreisen herumgesprochen. Darüber hinausgehend wird bei der Anmeldung von Kindern in Kindergärten und Schulen auch nicht konsequent von den jeweiligen Einrichtungen der Beachtung sorgerechtlicher Befugnisse Rechnung getragen.

Mit der sich hieraus ergebenden Problemantik hat sich das OLG Hamm in einer Entscheidung vom 25.05.2018 auseinandergesetzt: Zwischen den gemeinsam sorgeberechtigten Elternteilen konnte kein Einvernehmen darüber erzielt werden, welchen Kindergarten das 2014 geborene gemeinsame Kind, das seit der Trennung seiner Eltern im Haushalt der Mutter lebte, künftig besuchen sollte. Die Mutter veranlasste im Sommer 2017 eine Anmeldung des Kindes in einem Waldorfkindergarten, den das Kind seitdem auch besuchte. Nachdem der Vater – folgend aus Bedenken seinerseits gegen das pädagogische Konzept dieses Kindergartens – Einwände erhob, beantragte die Mutter, ihr die Entscheidungsbefugnis zur Auswahl des Kindergartens zu übertragen. Das Ausgangsgericht folgte ihrem Antrag, wobei die Beschwerde des Vaters auch nur hinsichtlich der Kostenregelung der erstinstanzlichen Entscheidung Erfolg hatte.

Das OLG Hamm hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, dass bei der nach § 1628 BGB zu treffenden Entscheidung das Kindeswohl alleiniger Maßstab sei und dem Senat nicht die Entscheidung obliege, ob die Waldorfpädagogik zu billigen sei oder nicht. Die Übertragung der Entscheidungskompetenz zugunsten der Mutter gründe sich darauf, dass sie als tatsächliche Betreuungsperson im Alltag den Kindergartenbesuch unterstützen müsse und die hieraus folgenden Konsequenzen in der praktischen Umsetzung, d.h. weiterer Fahrwege, aber auch den tatsächlichen Auswirkungen der angewandten Pädagogik erlebe. Auch wenn die Mutter im Verfahren zumindest unvollständige Behauptungen aufgestellt habe, um das von ihr gewünschte Verfahrensergebnis zu erzielen, so sei nicht die Bestrafung der Mutter das Verfahrensziel. Entscheidend seien allein der bisherige Zeitablauf und die inzwischen erfolgte Eingewöhnung des Kindes im konkreten Kindergarten, d.h. ein erneuter Wechsel stehe dem Kindeswohl entgegen. Dahinter müsse auch die Tatsache zurücktreten, dass durch den weiteren Besuch dieses Kindergartens umfangreichere Fahrtwege erforderlich würden und auch die bislang praktizierte Umgangsregelung an die Öffnungszeiten angepasst werden müsse.

Im Ergebnis ist die Entscheidung des OLG Hamm nicht zu beanstanden. Sie trägt den gesetzlichen Vorgaben uneingeschränkt Rechnung. Soweit gemeinsam sorgeberechtigte Eltern zu grundlegenden wesentlichen Entscheidungen die das Kind betreffen, kein Einvernehmen erzielen können, sieht § 1628 BGB vor, dass einem Elternteil die alleinige Entscheidungsbefugnis übertragen werden kann. Die zu treffende gerichtliche Entscheidung hat sich dabei allein am Kindeswohl zu orientieren, wobei das Gericht nur die Entscheidungskompetenz zuweisen und keine Entscheidung statt der Eltern zu der konkret in Rede stehenden Streitfrage treffen darf.

Der unbestimmte Rechtsbegriff des Kindeswohls wird in der Rechtsprechung durch verschiedene Kriterien näher präzisiert. Hierzu gehören neben dem Kindeswillen und seinen Bindungen vor allem auch das Förderungsprinzip sowie der Kontinuitätsgrundsatz. Gerade dem Kontinuitätsgrundsatz kommt bei kleinen Kindern hohe Bedeutung zu, auch um einen wiederholten Wechsel von Bezugs- und Betreuungspersonen zu vermeiden. Ebenso soll ein mehrfacher Ortswechsel binnen kurzer Zeit vermieden werden. Um einer sich hieraus möglicherweise ergebenden „ertrotzten Kontinuität“ entgegen zu wirken, hat das BVerfG in seiner Rechtsprechung die Bedeutung einer kurzfristigen gerichtlichen Entscheidung betont.

Zeichnen sich daher möglicherweise eigenmächtige sorgerechtlich relevante Handlungen eines Elternteils ab, die unter dem Aspekt der Kontinuität praktisch irreversibel sind, so sollte unverzüglich gehandelt und ggf. im Eilverfahren eine gerichtliche Entscheidung herbeigeführt werden.

 

Wer den Umgang sabotiert, muss mit Folgen rechnen (OLG Hamburg v. 9.5.2018 – UF 75/162)

Die Ausübung von Umgangskontakten ist ein in der Praxis immerwährender Streitpunkt. Auch wenn es klare gerichtliche Regelungen zur Ausgestaltung der Umgangskontakte gibt, bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass der betreuende Elternteil auch bereit ist, diese Reglung tatsächlich umzusetzen bzw. ist nicht jeder Elternteil sich der Tatsache bewusst, dass der Umgang zuvorderst ein Recht des Kindes ist und es daher nicht in seinem persönlichen Belieben steht, ob er den Umgang wahrnehmen möchte oder nicht. Ebenso wie die verlässliche Einhaltung einer Umgangsregelung häufig für einen Elternteil unabdingbare Voraussetzung zur Wahrnehmung einer mit Wochenenddiensten verbundenen Erwerbstätigkeit sein kann, kann umgekehrt die kurzfristige Verweigerung eines vereinbarten Umgangskontakts durchaus eine erhebliche Vermögenseinbuße zu Lasten des Umgangsberechtigten darstellen.

Mit einem entsprechenden Sachverhalt und den hieraus folgenden rechtlichen Konsequenzen für den boykottierenden Elternteil, hat sich aktuell das OLG Hamburg befasst: Im Jahr 2016 wurde der Umgang des Vaters mit dem gemeinsamen Kind der Beteiligten durch Beschluss dahin geregelt, dass er berechtigt war, vom 18.02.2016 10.00 Uhr bis 21.02.2016 14.00 Uhr den Umgang wahrzunehmen. Zu diesem Zeitpunkt war die Mutter mit dem Kind auf Mallorca wohnhaft, so dass der Vater zur Ausgestaltung des Umgangs aus Hamburg anreiste. Ein Umgang konnte aber an dem Wochenende nicht durchgeführt werden, wobei die Mutter vortrug, dass der Vater erst nach 10.00 Uhr angereist sei und durch sein sehr dominantes Auftreten das Kind massiv verunsichert habe, so dass es sich geweigert habe, allein bei dem Vater zu bleiben. Die ihm im Zusammenhang mit der Anreise nach Mallorca entstandenen Aufwendungen hat der Vater als Schadensersatz geltend gemacht.

Das OLG Hamburg hat dem Vater Schadensersatz wegen vergeblicher Aufwendungen in Höhe von rund 906 EUR zuerkannt für Flug, Unterkunft, Mietwagen und Parkhausgebühren und darauf verwiesen, dass das aus § 1684 BGB folgende Recht zum Umgang zwischen den Eltern ein gesetzliches Rechtsverhältnis familienrechtlicher Art eröffne, das durch § 1684 Abs. 2 Satz 1 BGB näher ausgestaltet werde und an dem das Kind als Begünstigter teilhabe. Von diesem Rechtsverhältnis werde auch die im Interesse des Kindes liegende Pflicht umfasst, bei der Gewährung des Umgangs auf die Vermögensbelange des Umgangsberechtigten Bedacht zu nehmen und die Wahrnehmung des Umgangsrechts nicht durch Auferlegung unnötiger Vermögensopfer zu erschweren oder sogar dem Kindeswohl zuwider für die Zukunft zu verleiden. Eine Verletzung dieser Pflicht könne Schadensersatzpflichten auslösen. Dem Elternteil, bei dem das Kind seinen Aufenthalt habe, obliege es, auf das Kind erzieherisch so einzuwirken, dass es den Umgang nicht als belastend empfinde und eine positive Einstellung zur Durchführung des Umgangs gewinne. Er habe den Umgang nicht nur zuzulassen, sondern auch positiv zu fördern. Allein die Tatsache, dass der Vater zu einer späteren Uhrzeit erschienen sei, rechtfertige per se keine Umgangsverweigerung, zumal er unstreitig per Mail mitgeteilt zu haben, dass er zwischen 11.30 Uhr und 12.00 Uhr erscheinen werden, abhängig davon, wie schnell es mit dem Mietwagen gehe. Auch der Verweis auf das angeblich dominante Verhalten greife nicht, da es unwidersprochen an dem Wochenende überhaupt keinen Kontakt zwischen Vater und Kind gegeben habe, so dass das Kind den Vater überhaupt nicht habe dominant erleben können.

Im Zusammenhang mit der Einführung des FamFG war die Beschleunigung des Vollstreckungsverfahrens ein zentrales Anliegen des Gesetzgebers. Um dieses Ziel umzusetzen, wurde nicht nur der Hinweis auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen einen Umgangstitel in das Ausgangsverfahren verlagert, sondern auch sichergestellt, dass die Prüfung der Rechtmäßigkeit der zu vollstreckenden Entscheidung grundsätzlich nicht mehr im Vollstreckungsverfahren wiederholt und von der im Erkenntnisverfahren durchgeführten Kindeswohlprüfung auszugehen ist. Wird eine Umgangsregelung durch einen Elternteil nicht eingehalten, so treffen ihn nur dann keine Ordnungsmittel, wenn er nicht schuldhaft gegen die Regelung verstoßen hat. Es trifft ihn die volle Substantiierungs- und Feststellungslast u.a. dafür, wie er auf das Kind eingewirkt und sein pädagogisches Gewicht genutzt hat, um das Kind zu einem Umgang zu bewegen, d.h. eine etwaige ablehnende Haltung des Kindes zu überwinden.

In der Praxis ist festzustellen, dass die Gerichte bei der Beantragung von Ordnungsmitteln ihre Prüfung verschärft haben und ein blockierender Elternteil durchaus damit rechnen muss, dass sein boykottierendes Verhalten mit Sanktionen verbunden sein kann (zuletzt OLG Bremen v. 24.11.2017 – 4 UF 61/17, FamRB 2018, 97 zur Verletzung einer vergleichsweisen Ferienregelung). An die Stelle nicht beitreibbarer Ordnungsgelder tritt durchaus auch die Anordnung von Ordnungshaft, wobei ggf. auch die Zuerkennung von Schadensersatz verdeutlichen kann, dass die Verhinderung von Umgangskontakten ein massiver Eingriff in Rechte des Kindes und letztlich Ausdruck einer mangelnden Erziehungseignung ist.

Urlaub mit dem Kind? – Aber nur, wenn ich es will! (OLG Frankfurt v. 7.6.2018 –1 UF 50/18)

Dass ein Elternteil mit dem Kind, für das gemeinsame Sorge besteht, verreisen möchte, ist zunächst nichts Außergewöhnliches. Lebt das Kind gewöhnlich im Haushalt dieses Elternteils, so sieht man die geplante Urlaubsreise zunächst als eine Selbstverständlichkeit. Nichts anderes gilt für den Elternteil, bei dem das Kind zu Umgangskontakten ist und der in Ausgestaltung dieser Umgangskontakte natürlich auch mit dem Kind verreisen möchte. An dieser Stelle beginnen aber die juristischen Probleme. Ist der die Reise beabsichtigende Elternteil ausländischer Staatsangehöriger, so taucht in fast gleichbleibender Stetigkeit sofort der Verdacht auf, dass er von der Urlaubsreise nicht zurückkehren, sondern diese vielmehr nutzen wird, um das Kind zu entführen. Entsprechend häufen sich zwischenzeitlich auch die Nachfragen der Grenzschutzbeamten an den Flughäfen, ob denn für ein Kind die gemeinsame oder alleinige Sorge besteht bzw. ob im Fall der gemeinsamen Sorge auch die Zustimmung des anderen Elternteils vorliegt. Nicht selten endet an dieser Stelle bereits die Urlaubsreise. Selbst in jenen Fällen, in denen bei dem verreisenden Elternteil keine familiären Bindungen zu einem ausländischen Staat bestehen, wird zunehmend hinterfragt, ob denn die Reise in ein bestimmtes Land mit einer Gefahr für das Kindeswohl verbunden ist und damit nur angetreten werden darf, wenn von dem anderen Elternteil die Zustimmung erteilt wurde.

Mit einem Sachverhalt, der diese Problematik aufgreift, hat sich aktuell das OLG Frankfurt befasst: In dem zugrunde liegenden Sachverhalt war die im April 2017 nach Deutschland eingereiste Kindesmutter zeitweise ausgereist, um ein Visum zu erhalten. Seit Oktober 2017 war sie dauerhaft mit dem Kind, für das gemeinsame elterliche Sorge bestand, in Deutschland wohnhaft. Anfang 2018 beantragte der Vater im Eilverfahren, der Mutter die Ausreise aus Deutschland zu untersagen, da sie plane nach Usbekistan auszuwandern. Das Ausgangsgericht folgte dem Antrag des Vaters und verhängte zusätzlich eine sog. Grenzsperre.

Auf die Beschwerde der Mutter änderte das OLG Frankfurt die Ausgangsentscheidung ab und stellte fest, dass keine kindesschutzrechtlichen Eilmaßnahmen zu treffen waren. Zur Begründung verwies es darauf, dass der Erlass kindesschutzrechtlicher Maßnahmen die durch konkrete Umstände begründete Besorgnis voraussetze, dass ein Elternteil das Kind nach einer Ausreise aus dem Ausland nicht zurückbringen werde. Der damit einhergehende Eingriff in das Elternrecht sei nicht bereits deshalb gerechtfertigt, weil dieser Elternteil in einem anderen Land lebe oder zu seinem Heimatland enge Beziehungen unterhalte, so dass die allein abstrakte Möglichkeit bestehe, dass er mit dem Kind dauerhaft im Ausland bleibe. Ausreichend sei aber durchaus, dass der Elternteil mit einer Entführung gedroht habe und dies zur Überzeugung des Gerichts konkret vorgetragen und glaubhaft gemacht worden sei. Im konkreten Fall habe eine Rückfrage des Senats bei der Polizei ergeben, dass sich die Mutter aufgrund von elterlichen Streitigkeiten in der Vergangenheit wiederholt an die Polizei gewendet habe. Sie habe auch von der beabsichtigten Reise nach Usbekistan berichtet, aber nicht angekündigt, ausreisen zu wollen. Die Bedenken des Vaters hätten sich allein darauf gegründet, dass die Mutter kein Rückflugticket gebucht habe. Eine telefonische Nachfrage des Senats habe zudem ergeben, dass das Kind in einer Krabbelgruppe angemeldet sei und diese regelmäßig besuche. Letztlich sei zu berücksichtigen, dass selbst wenn sich das allgemeine Risiko einer Entführung verwirkliche, die Rückführung des Kindes nach dem HKÜ durchsetzbar sei.

Kontrovers diskutiert wird die Frage, ob die Reise eines Elternteils mit dem Kind sich nach sorgerechtlichen oder umgangsrechtlichen Kriterien beurteilt, da prinzipiell von der Ausgestaltung des Umgangs Urlaubsreisen – auch ins Ausland – erfasst werden und es hier zunächst nicht zwingend der Zustimmung des jeweils anderen Elternteils bedarf. Diese Einschätzung wird bislang üblicherweise vertreten, soweit Reisen im europäischen Ausland in Rede standen. Bei Reisen zu außereuropäischen Zielen, insbesondere wenn es Fernreisen oder Länder betraf, mit denen üblicherweise Gefahren verbunden wurden, wird die Meinung vertreten, dass derartige Reisen nicht mehr als Alltagsangelegenheiten zu bewerten sind, sondern als Angelegenheit von erheblicher Bedeutung. Ist in einer solchen Situation daher die Zustimmung des jeweils anderen Elternteils zu der konkreten Reise nicht erteilt, so bleibt nur die Möglichkeit, nach § 1628 BGB die Übertragung der spezifischen Entscheidungskompetenz durch gerichtliche Entscheidung herbeizuführen (s. dazu auch Stockmann, Wer bestimmt den Urlaubsort?, FamRB 2017, 315).

Ob in der aktuellen Situation diese Differenzierung zwischen einem „sicheren“ europäischen Ausland und Ländern, mit denen landläufig erhöhte Gefahren verbunden werden, noch gerechtfertigt ist, muss durchaus hinterfragt werden. Vor dem Jahr 2015 wäre es kaum vorstellbar gewesen, dass Reisende selbst nach Frankreich mit Blick auf die angespannte Sicherheitslage seitens des Auswärtigen Amtes zu besonderer Vorsicht aufgerufen worden wären. Um „unangenehme“ Überraschungen unmittelbar vor Reiseantritt zu vermeiden, sollte daher ein Elternteil, der eine Urlaubsreise ins Ausland plant, dies frühzeitig mit dem jeweils anderen Elternteil abstimmen und sich dessen Zustimmung einholen. So bleibt ihm ggf. genügend Zeit, um einer verweigerten Zustimmung durch familiengerichtliche Entscheidung zu begegnen.

Die Vereitelung einer Umgangsregelung kann teuer werden (OLG Bremen v. 24.11.2017 – 4 UF 61/17)

Werden Umgangsregelungen – folgend aus familiengerichtlichem Beschluss oder einer familiengerichtlich gebilligten Vereinbarung – unterlaufen, so fällt üblicherweise der Blick zunächst auf die nach §§ 89 ff. FamFG sich eröffnenden Ordnungsmittel. Gelingt der Nachweis eines schuldhaften Verstoßes eines Elternteils gegen eine solche Regelung, so werden Ordnungsgelder festgesetzt. Ob, wann und in welchem Umfang diese dann tatsächlich beigetrieben werden, unterliegt aber nicht mehr dem Einfluss des tatsächlich in seinem Umgangsrecht beeinträchtigten Elternteils. Gerade wenn es um die Vereitelung einer Urlaubsreise geht, verbleiben ihm zunächst nicht nur die vereitelte Urlaubsfreude, sondern auch die nutzlos aufgewendeten Reisekosten.

Sowohl das KG Berlin (KG Berlin v. 6.4.2017 – 19 UF 87/16, FamRZ 2018, 270) als auch das OLG Bremen haben sich im Jahr 2017 mit der Frage einer Schadensersatzpflicht des die Umgangsvereinbarung verletzenden Elternteils auseinandergesetzt und sie zugunsten des beeinträchtigten Elternteils bejaht.

In der Entscheidung des OLG Bremen hatten die Eltern in einer gerichtlichen Umgangsvereinbarung einen Ferienkontakt der Mutter mit den Kindern in der ersten Hälfte der Sommerferien in der Türkei vorgesehen. Die Übergabe der Kinder für die nächsten – ebenfalls in der Türkei vorgesehenen – drei Ferienwochen sollte sodann an den Vater erfolgen. Zwar wurden dem Vater dann auch die Kinder herausgegeben, nicht jedoch deren Reisepässe. Um eine Rückkehr nach Deutschland sicherzustellen, musste der Vater daher zunächst in der Türkei einen Anwalt mit der Durchsetzung der Passherausgabe beauftragen bzw. dann auch in Deutschland ein Eilverfahren anhängig machen.

Das OLG Bremen hat den seitens des Vaters geltend gemachten Schadensersatzanspruch gem. § 280 BGB, folgend aus den ihm entstandenen Kosten und Gebühren seiner anwaltlichen Vertretung, aber auch Übersetzungskosten, bestätigt, da das Umgangsrecht nach § 1684 BGB ein Rechtsverhältnis familienrechtlicher Art begründe, einhergehend mit der Pflicht, auf die Vermögensbelange des Umgangsberechtigten Rücksicht zu nehmen. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass das Umgangsrecht ein absolutes Recht i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB sei, das auch gegen den Mitinhaber der elterlichen Sorge wirke. Im konkreten Fall habe der Mutter bewusst sein müssen, dass es für die Rückreise nach Deutschland zwingend der Reisepässe bedurfte. Sie habe sich auch nicht auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen können, um eine von ihr behauptete Kostenbeteiligung des Vaters an den von ihr erworbenen Flugtickets umzusetzen. Ein solches Anliegen hätte von ihr im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens geltend gemacht werden müssen, in dem die Umgangsvereinbarung getroffen wurde.

In § 1684 Abs. 1 BGB wird der Umgang zwischen dem nicht betreuenden Elternteil und dem minderjährigen Kind gesetzgeberisch ausdrücklich als Recht des Kindes ausgestaltet, d.h. der Elternteil ist nicht nur zum Umgang berechtigt, sondern vielmehr verpflichtet. Ein betreuender Elternteil, der die Umsetzung von Umgangskontakten verhindert, verletzt daher die ihm auferlegte Erziehungspflicht aus Art. 6 Abs. 2 GG.

Daneben steht der die Umgangsregelung beeinträchtigende Elternteil zudem in der Pflicht, die durch die Vereitelung entstandenen Mehrkosten zu tragen. Da die Umgangskosten grundsätzlich dem zum Umgang berechtigten Elternteil obliegen, ohne dass er sie unterhaltsrechtlich in Ansatz bringen könnte, wird er auch vor den Folgen fehlgehender Dispositionen geschützt. Nutzlos zur Wahrnehmung des Umgangs aufgewendete Kosten können daher zum Ersatz geltend gemacht werden. Im Fall einer nicht wahrgenommenen Urlaubsreise werden davon aber nicht die eigenen Hotel- und Flugkosten des umgangsberechtigten Elternteils umfasst, sondern nur jene des nicht an der Reise teilnehmenden Kindes.

Ergeben sich in der Praxisberatung Anzeichen dafür, dass ein Elternteil einer Umgangsregelung im Zusammenhang mit einer Urlaubsreise ablehnend gegenübersteht, sollte zwingend auf eine mögliche Schadensersatzpflicht hingewiesen werden, die neben der Verhängung von Ordnungsmitteln unmittelbar gegenüber dem anderen Elternteil droht, wenn aus unberechtigten Gründen die Teilnahme des Kindes an einer geplanten Urlaubsreise verhindert wird. Davon unabhängig sollte auch nicht aus dem Blick verloren werden, dass sich ein Elternteil langfristig selbst schadet, wenn er dem heranwachsenden Kind die Urlaubsteilnahme unmöglich macht.

Umgang, auch wenn Oma gar nicht so lieb ist ? (BGH v. 12.7.2017 – XII ZB 350/16)

Nicht nur in den Fällen gescheiteter Beziehungen geraten Kinder häufig in den Strudel der elterlichen Auseinandersetzung. Auch im Verhältnis belasteter Beziehungen zwischen Eltern und Großeltern sind sie nicht selten „zwischen den Fronten“.

Mit einem entsprechenden Sachverhalt hat sich der BGH in einer aktuellen Entscheidung auseinander gesetzt. Die 2006 und 2008 geborenen Kinder hatten bis etwa 2009 zu ihren Großeltern regelmäßigen Kontakt, der dann bis zum Jahr 2011 unterbrochen war. Die Wiederaufnahme der Kontakte erfolgte vor dem Hintergrund einer zwischen Eltern und Großeltern getroffenen Vereinbarung, wonach den Eltern – als Gegenleistung für die Einräumung der Kontakte – ein zinsloses Darlehen gewährt wurde. Nachdem die Großeltern sich im Sommer 2014 schriftlich an das Jugendamt wandten und dort Bedenken zur Erziehungseignung der Eltern erhoben, wurden die Umgangskontakte von den Eltern abgebrochen. Ein Umgangsrechtsantrag der Großeltern blieb in allen Instanzen ohne Erfolg. Auch der BGH gründete seine ablehnende Entscheidung darauf, dass vorliegend der Umgang der Kinder mit den Großeltern nicht dem Kindeswohl diene, da aus den erheblichen Zerwürfnissen zwischen Eltern und Großeltern keine positive Vermutung für die Kindeswohldienlichkeit der Kontakte hergeleitet werden könne. Zudem seien die Großeltern ersichtlich auch nicht bereit, den Erziehungsvorrang der Eltern zu respektieren, sondern stellten deren Erziehungskompetenz dadurch in Frage, dass sie sie der seelischen Misshandlung der Kinder in einem Schreiben an das Jugendamt bezichtigten.

In der Begründung des Entwurfs des KindRG vom 13.6.1996 verwies der Gesetzgeber erstmals darauf, dass in nicht seltenen Fällen Kinder überwiegend nicht von ihren Eltern, sondern von anderen Personen, insbesondere auch ihren Großeltern, betreut würden und sich hieraus folgend auch besondere Bindungen zwischen den Kindern und der Betreuungsperson entwickelten, deren plötzlicher Wegfall für das Kind schädlich sein könne (BT-Drucks. 13/4899, 47). Da bis zu diesem Zeitpunkt für Betreuungspersonen aber kein eigenständiges Umgangsrecht im Gesetz verankert war, sondern lediglich über eine zu vermeidende Kindeswohlgefährdung Umgangskontakte realisiert werden konnten, wurde im Zuge des 1998 in Kraft getretenen KindRG mit § 1685 Abs. 1 BGB Großeltern und Geschwistern des Kindes ein eigenständiges Umgangsrecht eröffnet.

In Abgrenzung zu den in § 1685 Abs. 2 BGB begünstigten Personen (sonstige enge Bezugspersonen des Kindes) müssen Großeltern und Geschwister, wenn sie ein Umgangsrecht geltend machen wollen, keine zu dem Kind bestehende sozial-familiäre Beziehung nachweisen können. Das Umgangsrecht von Großeltern und Geschwister beruht allein auf dem engen Verwandtschaftsgrad, d.h. auf der hieraus folgenden Annahme, dass sich Großeltern und Enkel regelmäßig nahestehen, zumindest jedoch der Aufbau einer persönlichen Beziehung zwischen beiden grundsätzlich im Interesse des Kindes steht. Vom Schutz des § 1685 Abs. 1 BGB umfasst sind allerdings auch nur die gesetzlichen Großeltern.

Das Umgangsrecht zwischen Großeltern und Enkel steht unter der grundlegenden Voraussetzung, dass es dem Kindeswohl dient. Hierzu führt § 1626 Abs. 3 BGB näher aus, dass zum Wohl des Kindes in der Regel der Umgang nicht nur mit beiden Elternteilen gehört, sondern gleiches auch für den Umgang mit anderen Personen gilt, zu denen das Kind Bindungen besitzt, wenn deren Aufrechterhaltung für seine Entwicklung förderlich ist. Konkret bedeutet dies, dass entweder bereits bestehende Bindungen erhalten werden sollen – wenn dies der Kindesentwicklung förderlich ist – oder aber es sollen erst Bindungen hergestellt werden, so dass in diesem Fall deren Kindeswohldienlichkeit geprüft werden muss, wobei die umgangsbegehrenden Großeltern hierfür die Feststellungslast trifft.

Eine zu verneinende Kindeswohldienlichkeit haben die bislang veröffentlichten ober- und nun auch höchstrichterliche Entscheidungen dann angenommen, wenn die Umgangskontakte zwischen Enkel und Großeltern letztlich zu Loyalitätskonflikten der Kinder führten, sofern sie in bestehende massive Streitigkeiten auf Erwachsenenebene involviert wurden, oder aber dann, wenn Großeltern nicht bereit waren, den verfassungsrechtlich verankerten Erziehungsvorrang der Eltern zu respektieren, sei es indem sie während der Umgänge die Erziehung der Eltern konterkarierten oder sogar im äußersten Fall wie hier durch Information des Jugendamts auf einen – aus ihrer Sicht – inakzeptablen Erziehungsstil der Eltern verwiesen.

In der Praxisberatung sollte immer mit dem notwendigen Augenmaß und dem Blick auf die Besonderheiten des Einzelfalls das Umgangsrecht zwischen Enkel und Großeltern thematisiert werden. Nicht jede Unstimmigkeit zwischen Eltern und Großeltern muss zwingend einen Umgangskontakt der Großeltern aushebeln. Es bedarf jeweils der Prüfung, ob die Erwachsenen willens und in der Lage sind, ihre persönlichen Befindlichkeiten zurückzustellen und im Interesse, aber auch Recht des Kindes auf Kontakt mit allen Familienangehörigen, sich in der Regel ohnehin überflüssiger Kommentare und Äußerungen zu enthalten, um dem Kind einen unbelasteten Kontakt zu ermöglichen.