Neuer § 241a SGB VI – Hamburg ergreift die Initiative

Über den Bundesrat will Hamburg eine Schwachstelle des Versorgungsausgleichs beseitigen (BR-Drucks. 402/23). Wird im Versorgungsausgleich zugunsten von Landes- oder Kommunalbeamtinnen oder -beamten eine Versorgung in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet, kann daraus für die ausgleichsberechtigte Person i.d.R. erst mit Erreichen der Regelaltersgrenze (§ 235 SGB VI) eine Versorgung bezogen werden. Bei „besonderen Altersgrenzen“, die in der Beamtenversorgung für Vollzugs-, Polizei-, Feuerwehrbeamtinnen und -beamte, für Berufssoldatinnen und -soldaten gelten, wird das dann ein Problem, wenn der Versorgungsbezieher mit einer besonderen (früheren) Altersgrenze im Versorgungsausgleich höhere Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung erwirbt, als er aus der eigenen Beamtenversorgung abgibt. § 35 VersAusglG ermöglicht nämlich nur die Aussetzung der Kürzung der Beamtenversorgung bis zum Leistungseintritt der dem Versorgungsbezieher im Versorgungsausgleich übertragenen Versorgung. Praktisch führt das dazu, dass für viele Beamtinnen und Beamte ab Erreichen der „besonderen“ Altersgrenze bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze und damit dem Einsetzen der Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung eine nicht unerhebliche Einkommenslücke besteht. Auch § 14a BeamtVG beseitigt diesen Missstand nicht. Danach kann der Ruhegehaltssatz nämlich vorübergehend nur bis maximal 66,97 % bis zum Eintritt der Leistung aus der gRV erhöht werden.

Dieses – vorwiegend bei weiblichen Versorgungsbeziehern mit hohem Teilzeitfaktor bestehende – Problem soll nun gelöst werden, indem mit § 241a SGB VI eine „vorübergehende Rente wegen der in einem Versorgungsausgleich begründeten oder übertragenen Anwartschaften“ eingeführt werden soll. Danach sollen Bezieher einer Beamtenversorgung mit einer besonderen Altersgrenze die im Versorgungsausgleich in der gesetzlichen Rentenversicherung übertragenen oder begründeten Anrechte auch bereits vor Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung aus diesen Anrechten eine Versorgung beziehen können.

Es wäre sicher hilfreich, die Länderjustizministerien und das BMJ würden zur Stützung dieser Initiative Beispiele aus der Praxis erfahren. Der Reformeifer könnte so gestützt werden.

Hört sich kompliziert an, ist aber einfacher: Dynamische Antragstellung zwecks Aussetzung der VA-Rentenkürzung wegen Unterhalt

Problemstellung: M zahlt Nachscheidungsunterhalt an F, kommt in Rente und könnte sich den Unterhalt nun nicht mehr leisten, weil seine Rente durch den Versorgungsausgleich gekürzt ist – aus dem F ihrerseits noch keinen Nutzen zieht, weil sie jünger und noch nicht Rentnerin ist. In der Ex-Familie entsteht eine Liquiditätslücke. Die Lösung bieten §§ 33, 34 VersAusglG: In (maximal) der Höhe des (geschuldeten) Unterhaltes wird die Rentenkürzung ausgesetzt.  

Es bleibt ein Praktiker-Problem, das der BGH mit Beschl. v. 26.2.2020 – XII ZB 531/19 gelöst hat: Der Sachverhalt ist dynamisch, bei jeder Rentenerhöhung müsste neu gerechnet werden. Die Lösung dafür fand das OLG Frankfurt a.M. als Vorinstanz und titulierte dynamisch: „In Höhe eines sich aus der Multiplikation von 15.6253 Entgeltpunkten der allgemeinen Rentenversicherung und von 1,006 Entgeltpunkten der knappschaftlichen Rentenversicherung mit einem Zugangsfaktor von 1,0, einem Rentenartfaktor von 1,0 für die Entgeltpunkte der allgemeinen Rentenversicherung und von 1,3333 für die knappschaftlichen Entgeltpunkte und dem jeweilige(n aktuellen Rentenwert ergebenden monatlichen Rentenbetrags, höchstens jedoch in Höhe eines monatlichen Rentenbetrags von 1.463 €“ wurde die Rentenkürzung ausgesetzt (OLG Frankfurt v. 17.10.2019 – 4 UF 52/19, FamRB 2020, 95). Ok, sagte der BGH nun, das ist hinreichend bestimmbar. Die genannten Entgeltpunkte können durch Multiplikation mit dem aktuellen, jeweils im Bundesgesetzblatt veröffentlichten aktuellen Rentenwert in einen jeweils aktuellen Rentenkürzungsbetrag umgerechnet werden. Rechnen muss ja dann auch nicht mehr der Jurist, sondern der Rententräger.