Der Praxis sind die immer wieder gleichgelagerten Beschwerdeanrufe – in der Regel am Wochenbeginn, d.h. zum Ende eines Umgangswochenendes – hinlänglich bekannt. Zwar stand das Kind pünktlich zur Abholung bereit, doch beinhaltete die mitgegebene Tasche eine Bekleidung, die entweder von der Größe unpassend, den Witterungsverhältnissen nicht angemessen oder im schlimmsten Fall nur unzureichend gereinigt war. Umgekehrt wurde bei der Rückverbringung des Kindes die mitgegebene Bekleidung nur teilweise zurückgegeben und die Herausgabe der Krankenversicherungskarte komplett vergessen.
Dass diese elterlichen Verhaltensweisen die unterschiedlichsten Zielsetzungen – keineswegs jedoch die der Sicherstellung des Kindeswohls – verfolgen, ist leicht durchschaubar, allerdings umso unverständlicher, als sie gegen eine gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung verstößt.
In Rechtsprechung und Literatur bestand durchgängig Einvernehmen darüber, dass einem Kind anlässlich der Wahrnehmung von Umgangskontakten die zu deren ordnungsgemäßer Durchführung ebenso erforderliche Bekleidung wie etwa notwendige persönliche Sachen oder Dokumente mitzugeben waren. Uneinheitlich war lediglich die rechtliche Grundlage, auf die diese Verpflichtung gestützt werden konnte. Diesen Meinungsstreit hat der BGH mit seiner Entscheidung vom 27.3.2019 (BGH v. 27.3.2019 – XII ZB 345/18, FamRB 2019, 259) beendet und in analoger Anwendung des sich auf das Kind richtenden Herausgabeanspruchs gem. § 1632 Abs. 1 BGB sowie der Wohlverhaltenspflicht gem. § 1684 Abs. 2 BGB den Anspruch des Obhutselternteils als auch des umgangsberechtigten Elternteils auf Herausgabe der persönlichen Gegenstände, der Bekleidung sowie der Urkunden formuliert, die das Kind während seines Aufenthalts bei dem die Herausgabe begehrenden Elternteil voraussichtlich benötigt, d.h., auf die es angewiesen ist.
Das OLG Koblenz hat in einem aktuellen Beschluss diese grundlegenden Vorgaben aufgegriffen. In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt hatte der Antragsteller gerichtlich die anteilige Verteilung digitalisierter Kita-Ordner mit Fotos der gemeinsamen Kinder geltend gemacht, um Kopien für den jeweils anderen Elternteil anzufertigen und diesem zur Verfügung zu stellen. Erst im Verlauf des Verfahrens stellte die Antragsgegnerin einen USB-Stick mit den digitalisierten Ordnern zur Verfügung, so dass der Antragsteller seinen Antrag zurücknahm. Das Familiengericht legte ihm allerdings die Kosten des Verfahrens auf. Der Antragsteller legte Kostenbeschwerde ein und beantragte die vollständige Kostenlast der Antragsgegnerin.
Der Senat legte unter Abänderung der Ausgangsentscheidung die Gerichtskosten den Eltern je zur Hälfte auf. Außergerichtliche Kosten wurden nicht erstattet.
In seiner Begründung verwies der Senat darauf, dass sich die zu treffende Kostenentscheidung an Billigkeitsgesichtspunkten zu orientieren hat und dabei die bisherigen Erfolgsaussichten der jeweiligen Anträge lediglich summarisch zu prüfen sind. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass sowohl der personensorgeberechtigte Elternteil als auch der umgangsberechtigte Elternteil jeweils in die Lage versetzt werden sollen, die gemeinsame Zeit mit dem Kind ungestört und kindeswohldienlich zu verbringen. Dazu müssen ihnen all jene persönlichen Gegenstände, Kleidungsstücke und Urkunden herausgegeben werden, die das Kind während seines Aufenthalts bei dem die Herausgabe begehrenden Elternteil voraussichtlich benötigt und auf die der jeweils berechtigte Elternteil für die Ausübung der Personensorge oder des Umgangsrechts tatsächlich angewiesen ist. Dem Umgangsberechtigten bleibt es zur eigenen Verantwortung überlassen, wie er den Umgang gestaltet, solange damit keine Kindeswohlgefährdung einhergeht. Daher kann er grundsätzlich die Herausgabe aller Sachen des Kindes für die Dauer des Umgangs verlangen, die das Kind für die von ihm gewünschte Umgangsgestaltung benötigt. Soweit daher für den Umgangskontakt die Sichtung von Fotos beabsichtigt ist, kann dies die Herausgabe der entsprechenden digitalisierten Foto-Ordner umfassen.
Unabhängig von einer vermeidbar gewesenen Kostenbelastung durch das gerichtliche Verfahren hat die Antragstellerin mit ihrer Verweigerungshaltung im Ergebnis lediglich erreicht, dass ein weiteres Verfahren initiiert wurde und das Kind eine weitere Auseinandersetzung seiner Eltern um einen eigentlich nichtigen Anlass erleben musste.
Selbst wenn finanzielle Belastungen nicht zu überzeugen vermögen, sollte es für jeden Elternteil eine Selbstverständlichkeit darstellen, dass angemessene Kleidung, das Lieblingskuscheltier beim Einschlafen und die Krankenversicherungskarte bei einem akuten Krankheitsfall für das Kindeswohl essentiell sind.