In Eheverträgen wird häufig der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft (Teilung des während der Ehe erworbenen Vermögens) ausgeschlossen, während der Versorgungsausgleich (Teilung der während der Ehe erworbenen Rentenanwartschaften) unangetastet bleibt. In diesen Fällen ist die erste Frage eines Anwalts an den Mandanten, ob er über Altersvorsorgeanwartschaften mit Kapitalwahlrecht verfügt. Der Anspruch auf Auszahlung eines Kapitalbetrags unterliegt – anders als der Anspruch auf eine Rente – ausschließlich dem Zugewinnausgleich und nicht dem Versorgungsausgleich. Es ist also in diesen Fällen ein Leichtes, diesen Vermögenswert durch bloße Ausübung des Kapitalwahlrechts dem Ausgleich an den anderen Ehegatten vollständig zu entziehen.
Bei dem anderen Ehegatten kommt diese Vorgehensweise verständlicherweise meist nicht gut an. Das gilt umso mehr, wenn der benachteiligte Ehegatte dadurch nicht nur seinen Ausgleichsanspruch verliert, sondern darüber hinaus auch noch selbst im Versorgungsausgleich ausgleichspflichtig wird. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann sich der benachteiligte Ehegatte in diesen Fällen auch tatsächlich erfolgreich gegen die Durchführung des Versorgungsausgleichs zu seinen Lasten in Höhe des Ausgleichswerts wehren, den der andere dem Versorgungsausgleich durch Ausübung des Kapitalwahlrechts entzogen hat, indem er sich auf § 27 VersAusglG (grobe Unbilligkeit der Durchführung des Versorgungsausgleichs) beruft (zuletzt BGH v. 21.9.2016 – XII ZB 264/13, FamRZ 2017, 26 = FamRB 2017, 9).
Nicht erfolgreich wehren kann sich gegen diese Vorgehensweise hingegen bisher ein Ehegatte, der selbst während der Ehe keine oder nur geringfügige Altersvorsorgeanwartschaften erworben hat, etwa weil er oder sie nicht gearbeitet, sondern Kinder betreut hat. Diesem Ehegatten nützt es nichts, sich auf § 27 VersAusglG zu berufen, da ein Versorgungsausgleich zu seinen Lasten mangels eigener Versorgungsanwartschaften ohnehin nicht in Betracht kommt. Die Vertragsfreiheit der Beteiligten auch insoweit zu beschränken, als der Ausschluss des Zugewinnausgleichs bzgl. des Ausgleichsbetrags wegen Treuwidrigkeit aufgehoben oder gar die Ausübung des Kapitalwahlrechts als sittenwidrig und damit nichtig betrachtet wird, hat sich der Bundesgerichtshofs bisher noch nicht getraut. Das mag ja auch grundsätzlich richtig sein, vergleicht man aber diesen mit dem zuerst geschilderten Fall, kann man sich Eindrucks einer gewissen Ungleichbehandlung gleich gelagerter Fälle nicht erwehren.