Neues Wohnungseigentumsrecht ab 1.12.2020

In seiner Plenumssitzung vom 9.10.2020  hat der Bundesrat das Gesetz zur Förderung der Elektromobilität und zur Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes und zur Änderung von kosten- und grundbuchrechtlichen Vorschriften, das WEMoG, durchgewunken; inzwischen ist das neue Wohnungseigentumsrecht verkündet worden (BGBl. I v. 22.10.2020, S. 2187 ff.) und wird damit für Millionen von Eigentümergemeinschaften ab dem 1.12.2020 Richtschnur des Zusammenlebens sein.

Angesichts der Komplexität der Neuregelungen (eine Lesefassung des neuen Gesetzestextes finden Sie hier zum kostenlosen Download) und der wirtschaftlichen Bedeutung des Themas ist die Vorlaufzeit bis zum Inkrafttreten ausgesprochen kurz bemessen, denn:

Das neue Wohnungseigentumsgesetz ist kein Reförmchen, es ist eine Totalreform, die in zentralen Punkten kaum einen Stein auf dem anderen lässt.

  • Die Rollen der rechtsfähigen Gemeinschaft und des Verwalters wandeln sich fundamental (vgl. hierzu den Beitrag von Elzer in diesem Blog).
  • Baumaßnahmen am Gemeinschaftseigentum sind durch Individualansprüche u. a. auf Barrierefreiheit und E-Mobilität in weitaus größerem Maße zulässig als bisher.
  • Das gerichtliche Verfahren, insbesondere für Anfechtungsklagen, verändert sich grundlegend.

Wer auf einen reibungslosen Einstieg in das neue Recht angewiesen ist, dem sei der brandaktuelle Titel der beiden Autoren Arnold Lehmann-Richter und Felix Wobst ans Herz gelegt. Die Autoren haben intensiv an der Entstehung des neuen Rechts mitgearbeitet und geben aus erster Hand die für die künftige WEG-Praxis wichtigen Hilfestellungen. Das bei einem Preis von 49,80 € mit 550 Seiten ausgesprochen gehaltvolle Buch (das Inhaltsverzeichnis kann hier kostenlos heruntergeladen werden) ist soeben im Verlag Otto Schmidt erschienen und steht damit gerade noch rechtzeitig vor Inkrafttreten des neuen Rechts zur Verfügung. Das Werk ist natürlich bequem Online zu beziehen: Versandkostenfrei hier bestellen

Mietverhältnisse in Zeiten Coronas

Weitere Infos zum Thema Mietrecht und Corona finden MietRB-Abonnenten in ihrer Datenbank „Beratermodul Miet- und WEG-Recht“ unter diesem Link

Der pandemischen Ausbreitung von COVID-19 kann – jedenfalls bis zur Verfügbarkeit eines Impfstoffes oder wirkungsvoller Medikation der Erkrankung – die Gesellschaft letzten Endes nur Konzepte sozialer Distanzierung entgegensetzen. Ziel hierbei ist eine zeitliche Streckung der Infektionsausbreitung, um das Gesundheitssystem handlungsfähig zu erhalten, Mittel sind vor allem (lokale) Ausgangssperren sowie Ansammlungs- und Kontaktverbote. Diese Konzepte sind alternativlos, führen aber zwangsläufig zu massiven ökonomischen Verwerfungen und in der Folge zu extremen Einkommensverlusten bei den durch die Maßnahmen direkt oder indirekt Betroffenen.

Von Seiten der Politik wird einerseits versucht, dem durch ein historisch einmaliges Paket an Unterstützungsleistungen für mehr oder weniger alle Sparten der Wirtschaft entgegenzuwirken. Andererseits ist erkannt worden, das schon sehr bald existenziell wichtige Dauerschuldverhältnisse von Auflösung bedroht sein werden, weil, bedingt durch solche Einkommensverluste, eine der Parteien ihren Verpflichtungen nicht mehr nachkommen kann.

Um zu verhindern, dass durch solche Vertragsimplosionen irreversible Folgen eintreten, hat der Bundesrat am 27.3.2020 das ihm am 26.3. vom Bundestag zugeleitete Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz-und Strafverfahrensrecht passieren lassen. Das Gesetz ist im Anschluss daran am gleichen Tag im BGBl. verkündet worden.

Betroffen hierdurch sind auch Mietverhältnisse, die bekanntlich aus wichtigem Grund bereits dann außerordentlich fristlos gekündigt werden können, wenn der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht (§ 543 Absatz 1, Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 BGB).

Diese Möglichkeiten zur außerordentlichen Kündigung werden durch das Gesetz für solche Mietschulden ausgesetzt, die aus dem Zeitraum vom 1.4.2020 bis 30.6.2020 datieren und für die der Mieter einen ursächlichen Zusammenhang mit der Corona-Pandemie glaubhaft macht.

Über die außerordentliche Kündigung hinaus betreffen die Folgen von COVID-19 aber eine Vielzahl weiterer Punkte, die geeignet sind, das Mietverhältnis empfindlich zu stören und zu denen das Gesetz nichts sagt:

  • Kommen Mietminderungen wegen eines Mangels der Mietsache in Betracht, wenn z.B. ein gewerblicher Vermieter das Mietobjekt schließt oder seine Öffnungszeiten beschränkt?
  • Hat der Mieter womöglich ein Kündigungsrecht, wenn die Mietsache z.B. nicht mehr zugäglich ist?
  • Muss der Vermieter die technischen Voraussetzungen zur Einrichtung von Home-Office dulden oder gar ermöglichen?
  • Kommen Mietanpassungen nach § 313 BGB in Betracht?
  • Wann stehen dem Mieter Schadenersatzansprüche zu?
  • Welche Mitwirkungspflichten treffen die Vertragsparteien, um Coronaschäden so gering wie möglich zu halten?

Wer als Mietrechtler für die Beratung seiner Mandanten jetzt sichere Anworten auf diese Fragen benötigt, findet sie im brandaktuellen Beitrag von Lützenkirchen: Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Mietverhältnisse.

Der Aufsatz wird im Aprilheft des MietRB erscheinen, steht Abonnenten wegen des dringenden Informationsbedarfs aber schon jetzt zum kostenlosen Abruf aus der Datenbank „Beratermodul Miet- und WEG-Recht“ unter diesem Link zur Verfügung.

Für Nichtabonnenten ist der Beitrag im Rahmen eines kostenlosen, vierwöchigen Datenbanktests ebenfalls unter diesem Link möglich.

Tipp: Wer als Miet- oder Wohnungseigentumsrechtler derzeit ins Homeoffice verbannt ist, sollte einen Test des Beratermoduls Miet- und WEG-Recht in jedem Fall in Betracht ziehen. Mit dieser Datenbank steht Ihnen für vier Wochen kostenlos alles zur Verfügung, was Sie für Ihre Arbeit benötigen:

Rechtsanwalt Dr. Klaus Lützenkirchen im Interview zum Mietrechtsanpassungsgesetz

 

Die Schnelllebigkeit des Mietrechts stellt Fachautoren und Verlage vor das Problem, mit überraschender Rechtsprechung und gesetzgeberische Reformen so umzugehen, dass dem Rechtsanwender rechtzeitig die für seine Tagesarbeit notwendigen Informationen zur Verfügung stehen. Zu diesem Thema am Beispiel des Mietrechtsanpassungsgesetzes ein Interview mit Rechtsanwalt Dr. Klaus Lützenkirchen[1]:

Donnerbauer: Lieber Herr Dr. Lützenkirchen, Sie stehen mit Ihren mietrechtlichen Publikationen, insbesondere Ihrem Anwalts-Handbuch Mietrecht und einem großen einschlägigen Kommentar für Expertise im Mietrecht. Wie schätzen Sie das ein, ist das Mietrechtsanpassungsgesetz 2019 eine ernstzunehmende Novelle? Zum Mietrechtsnovellierungsgesetz 2015, vulgo „Mietpreisbremse“, gab es ja große Bedenken aus der Fachwelt, die allerdings kaum Eingang in das Gesetzgebungsverfahren gefunden haben.

Lützenkirchen: Nun ja, die Reform 2015 war ganz stark auf die Frage der zulässigen Miethöhe bei der Neuvermietung fokussiert. Und trotz dieses scheinbar überschaubaren Umfangs haben sich in der täglichen Praxis dann an vielen Stellen große Probleme bei der Anwendung des neuen Rechts ergeben, die der Gesetzgeber vorab nicht bedacht hatte und die zum Teil immer noch nicht abschließend geklärt sind. Mit dem Mietrechtsanpassungsgesetz 2019 hat der Gesetzgeber die „Mietpreisbremse“ durch die Auskunftspflicht des Vermieters zwar möglicherweise effektiver gemacht. Die zusätzliche Regeln, die sich thematisch mit der Modernisierung beschäftigen, spielen aber in die „Mietpreisbremse“ hinein und werfen viele Fragen auf, zu denen die Begründung des Gesetzes keine Antwort bietet. Gleichzeitig wurde noch eine neue Ordnungswidrigkeit eingeführt. Bei einer drohenden Geldbuße bis zu 100.000 € würde ich das durchaus als ernstzunehmend bezeichnen. Da die Neuregelungen ab dem 1.1.2019 geltendes Recht sind, besteht tatsächlich aktuell ein enormer Informationsbedarf bei Anwälten, Gerichten und in der Wohnungswirtschaft.

Donnerbauer: Wie gehen Sie als Fachautor mit dieser besonderen Situation um?

Lützenkirchen: Der klassische Weg zur schnellen Erstinformation ist sicherlich nach wie vor der (Fach-)Zeitschriftenaufsatz. Die einschlägigen Periodika wie MietRB, Das Grundeigentum, WuM, ZMR oder NZM sind in der Lage, einigermaßen zeitnah über eine solche Reform zu informieren. Durch den in Zeitschriften naturgemäß stark begrenzten Platz ist es aber häufig schwierig, dort Probleme vertieft darzustellen und konkrete Hinweise zum Umgang mit neuen Entwicklungen zu geben. Und meist stecken die kritischen Umsetzungsfragen ja gerade im Detail. Das kann man natürlich in Seminaren darstellen, für den Nutzer ist dieser Weg aber naturgemäß zeitlich sehr aufwändig.

MietR_BM

Donnerbauer: Stellt sich dieses Problem nicht ganz allgemein bei Printmedien?

Lützenkirchen: Ja, in der Tat. Das Recht ist ja nicht statisch, sondern wird vor allem durch die Gerichte immer schneller fortgeschrieben. Und der BGH hat schon immer mit einzelnen Entscheidungen, z.B. zum Thema Schönheitsreparaturen, für ähnliche Disruptionen gesorgt, wie das sonst eigentlich nur der Gesetzgeber mit einer mehr oder weniger gehaltvollen Reform schafft. Gedruckte Kommentare oder Handbücher mit ihren jahrelangen Auflagenfrequenzen kommen da kaum noch hinterher. Gerade deshalb ist für mich als Autor, aber auch für den Nutzer, das Medium „Online-Datenbank“ eine überaus sinnvolle Alternative oder zumindest eine gute Ergänzung zu klassischen Darstellungsformen. Tatsächlich wird der Mietrechtskommentar, den ich mit den Kollegen Dickersbach und Abramenko verantworte, in seiner Datenbankversion auch schon seit 2017 mit kurzen Online-Ergänzungen bei Rechtsprechungsänderungen aktualisiert. Und das Anwalts-Handbuch Mietrecht bietet Online schon seit einigen Wochen ein brandneues Kapitel zum Mietrechtsanpassungsgesetz 2019 an, wenn man so will, just in time.

Donnerbauer: Würden Sie sagen, das Print stirbt aus?

Lützenkirchen: Ich glaube, dass Print und Datenbanken noch längere Zeit koexistieren werden, vor allem, soweit es Kommentare und Handbücher betrifft. Ich halte mich durchaus für datenbankaffin, es gibt aber Werke, die ich unbedingt auch als Print im Büro stehen haben möchte. Ich merke aber auch, dass jüngere Kollegen zunehmend fast ausschließlich mit Datenbanken arbeiten, das hat einerseits sicherlich etwas mit dem Schlagwort „digital natives“ zu tun, ist also partiell eine Generationenfrage. Auf der anderen Seite bieten die elektronischen Varianten aber tatsächlich massive Vorteile bei Aktualität, Verlinkung und, ehrlich gesagt, auch beim Preis. Mit einem kleinen, feinen Datenbankmodul zum Miet- und WEG-Recht hat man zum Bruchteil des Printpreises eine überaus solide Bibliothek im Rücken. Nur die Haptik fehlt halt, und, wer es braucht, die dekorative Funktion.

Donnerbauer: Lieber Herr Dr. Lützenkirchen, ich danke Ihnen für das aufschlussreiche Gespräch!

[1] Dr. Klaus Lützenkirchen ist Fachautor und Herausgeber diverser mietrechtlicher Werke, u.a. des Anwalts-Handbuch Mietrecht und des Kommentars zum Mietrecht bei Otto Schmidt, und spezialisierter Anwalt in Köln. Das Interview wurde geführt von R. Donnerbauer, Leiter des mietrechtlichen Lektorates im Verlag Dr. Otto Schmidt.

 

Gefällehecke 1

Mit Urt. v. 2. 6 2017 – V ZR 230/16 hat der fünfte Zivilsenat des BGH einmal mehr verdeutlichen können, was so alles den Weg bis nach Karlsruhe schafft.

Es ging um eine sehr, sehr hohe Thuja-Hecke. Ohne jeden Zweifel war sie ein Mehrfaches höher als die zwei Meter, die Art. 47 BayAGBGB einer grenznahen bayerischen Hecke zugesteht.

Der Beklagte hielt den damit eigentlich gegebenen Rückschnittsanspruch für verjährt (nach Art. 52 BayAGBGB wäre Verjährung fünf Jahren seit Enstehen und Kenntnisnahme eingetreten). Deshalb war entscheidend, wann genau die Hecke die magische Zwei-Meter-Marke überschritten hatte.

Neben den üblichen vegetabilen Unwägbarkeiten, von denen jeder Landwirt ein Lied singen kann, hatte die zu entscheidende Konstellation eine Besonderheit: Die Hecke stand nämlich nicht auf ebener Fläche, sondern an der Unterkante einer Geländestufe von ca. einem Meter Höhe, die zwischen den beachbarten Grundstücken verlief und deren Oberkante zur klägerischen Seite wies.

Anders gesagt: Der Kläger hätte von der Hecke sowieso erst ab einer vom Boden gemessenen Höhe von ca. einem Meter erstmalig irgend etwas sehen können. Die Zeit, die die Hecke für das Wachstum um diesen Extrameter gebraucht haben musste, zog der Senat bei der Bestimmung der Verjährungsfrist ab und kam zum folgerichtigen Ergebnis, der Rückschnittsanspruch sei nicht verjährt:

Die zulässige Höhe der Pflanzen ist grundsätzlich von der Stelle aus zu messen, an der diese aus dem Boden austreten. Das gilt aber nicht, wenn die Pflanzen auf einem Grundstück stehen, das tiefer als das Nachbargrundstück liegt. In diesem Fall ist eine Beeinträchtigung des höher gelegenen Grundstücks erst möglich, wenn die Pflanzen dessen Höhenniveau erreichen. Die zulässige Pflanzenwuchshöhe ist deshalb nicht von der Austrittstelle der Pflanzen, sondern von dem Bodenniveau des höher gelegenen Grundstücks aus zu bestimmen.

So erhellend das Urteil auch ist, bleiben doch noch wichtige Fragen offen:

Wie sähe es zum Beispiel bei einem langsam wachsenden Maschendrahtzaun aus? Und wie ist das Messverfahren, wenn es nicht um Stufen, sondern um schräge Lagen geht? Ist von der Außenkante der Hecke zu messen? Oder von der Innenkante? Oder in der Mitte?

Immerhin gibt das Urteil einige Sicherheit, jedenfalls für den Fall der entschiedenen, aus Klägersicht steilstufig abfallenden Geländeformation. Mit den Brisanzen der umgekehrten Lage musste sich der Senat nicht auseinandersetzen und führt dazu nur lakonisch aus:

Nicht Gegenstand der Entscheidung war die Frage, wie die Messung im umgekehrten Fall zu erfolgen hat, also bei einer Grenzbepflanzung des höher gelegenen Nachbargrundstücks.

Es bleibt also abzuwarten, welche weiteren Erkenntnisse uns Gefällehecke 2, Gefällehecke 3 usw. noch bringen werden.