Herzlichen Glückwunsch! 

Das WEMoG ist am 1. Dezember 2020 in Kraft getreten. Für eine Bilanz, ob es sich nach zwei Jahren bewährt hat, ist es viel zu früh. Man kann aber immerhin erste Bereiche nennen, die gewisse Klärungen erfahren haben bzw. Stellen aufzeigen, wo es im Gebälk noch „knackt“.

An dieser Stelle sollen vier Punkte genannt werden:

  • Erstens die Vertretung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in einem Prozess mit einem Wohnungseigentümer, wenn es keinen Verwalter gibt. Hier gibt es sowohl für die Passiv- (BGH v. 8.7.2022 – V ZR 202/21), als auch für die Aktivklage (BGH v. 16.9.2022 – V ZR 180/21) mittlerweile Rechtsklarheit: Hat die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer keinen Verwalter, so wird sie bei einer gegen einzelne Wohnungseigentümer gerichteten Klage durch die übrigen Wohnungseigentümer gemeinschaftlich vertreten. Verbleibt nur ein Wohnungseigentümer, der keinem Vertretungsverbot unterliegt, vertritt er die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer allein. Umgekehrt – ein Wohnungseigentümer klagt – ist es nicht anders. Dieser Weg ist kein Alleinheilmittel und lässt Probleme offen (die kupierte Gesamtvertretung wird häufig nicht funktionieren!). Er ist aber wohl besser als die „Krücke“ eines Prozesspflegers.
  • Zweitens die Frage, wie ernst in einem Prozess die Trennung zwischen dem Können (§ 9b Absatz 1 Satz 1 WEG) und dem Dürfen (§ 27 WEG) des Verwalters zu nehmen ist, wenn der Verwalter einem Wohnungseigentümer gegenübertritt. Zunächst wirkte es so, als sei Karlsruhe nur das Können wichtig. Jetzt heißt es hingegen vorsichtiger (BGH v. 16.9.2022 – V ZR 180/21 Rz. 15): „Ob – und ggf. unter welchen Voraussetzungen – evident bestehende Beschränkungen im Innenverhältnis der Vertretungsmacht im Prozess entgegenstehen können oder sogar ein Missbrauch der Vertretungsmacht anzunehmen sein kann, bedürfte allerdings noch abschließender Klärung“. Anders soll es aber beim Hausgeldinkasso und bei Klagen gemäß § 1004 Absatz 1 BGB wegen einer Beeinträchtigung des gemeinschaftlichen Eigentums sein (BGH v. 16.9.2022 – V ZR 180/21 Rz. 14).
  • Drittens der Fragenkreis, wann nur die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegen eine Störung etwas unternehmen kann. Wir erinnern uns: Bis zum 30. November 2020 durfte jeder Wohnungseigentümer gegen sämtliche Störungen vorgehen. Auf die Frage, ob es um eine Störung des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums ging, kam es grundsätzlich nicht an. Seit dem 1. Dezember 2020 ist es hingegen von Gesetzes wegen an der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, gegen Störungen des gemeinschaftlichen Eigentums vorzugehen. Daher ist einerseits zu fragen, ob beispielsweise Lärm oder Gerüche überhaupt das gemeinschaftliche Eigentum beeinträchtigen. Und andererseits ist zu fragen, was gilt, wenn eine Störung auch das Sondereigentum betrifft. Hier gab es bereits bislang eine Vielzahl von BGH-Entscheidungen, die sich mühten, Klarheit zu schaffen (siehe nur BGH v. 28.1.2022 – V ZR 106/21; BGH v. 28.1.2022 – V ZR 86/21; BGH v. 11.6.2021 – V ZR 41/19; näher u.a. Elzer, MDR-R 2022, 149 ff.). Hier läuft es ggf. darauf hinaus, dass zu prüfen ist, ob das Sondereigentum unmittelbar und direkt gestört wird (vgl. BGH v. 28.1.2022 – V ZR 86/21 Rz. 12 und Rz. 15) oder nur mittelbar und indirekt.
  • Viertens der Bereich „Kompetenzschutz“. Hier geht es um die Frage, ob ein Wohnungseigentümer etwas gegen ein rechtswidriges Tun eines Organs der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer unternehmen kann. Kann er z.B. gegen einen Verwalter klagen, der in der Wohnungseigentumsanlage zu Unrecht Maßnahmen ergreift. Die Landgerichte in Frankfurt am Main und München haben die Frage verneint (LG Frankfurt a.M. v. 24.2.2022 – 2-13 T 85/21 und LG München I v. 16.2.2022 – 36 T 1514/22). Ich denke, in Ausnahmefällen muss die Antwort aber„Ja“ lauten. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann nicht darauf zurückgeworfen werden, nach § 9b Absatz 2 WEG zu handeln. Hier ist im Übrigen ungeklärt, ob der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats sich prozessual entgegenhalten müsste, er dürfe ja gar nicht handeln (ein Parallelproblem zur zweiten Frage).

Diese wenigen Bereiche zeigen, dass das WEMoG nicht alle Probleme, die wir hatten, weggewischt hat – und natürlich neue schuf. Es bleibt also keinesfalls langweilig!

 

Zwei = Sieben, wer weiß das wohl?

Nach der bis zum 30. November 2021 geltenden Fassung des § 5 Abs. 2 der HeizkostenV war in bestimmten Fällen, z.B. bei unterschiedlicher Ausstattung mit Erfassungsgeräten, eine Vorerfassung der Heizkosten einzurichten, und zwar durch die Bildung von Nutzergruppen. Mit der am 1. Dezember 2021 in Kraft getretenen novellierte HeizkostenV erfolgte neben der Neueinführung der §§ 6a, 6b und weiteren Änderungen insbesondere eine Erweiterung sowie Neugliederung des § 5 HeizkostenV: Eingefügt wurden die umfangreichen Absätze 2 bis 6; der bisherige Absatz 2 wurde zu Abs. 7 (BGBl. I 2021, 4964, dort zu Art. 1 Nr. 1c).

Kein Problem! Meint man.

Wer jedoch in den § 6 Abs  2 HeizkostenV blickt, wundert sich. Dort steht (Internetrecherche vom 4.11.2022) betreffend Nutzergruppen nach wie vor die Bezugnahme auf den „§ 5 Absatz 2“ der HeizkostenV. Die Änderung des § 5 HeizkostenV wurde schlichtweg vergessen.

Kann schließlich vorkommen. Bei einem Gesetz von 14 Paragraphen verliert man bekanntlich rasch den Überblick; zumal ja nur drei Minister das Werk unterschrieben haben (lesenswert: BGBl. a.a.O, 4967).

Angesichts der neuerdings lawinenartig ergangenen Gesetze war wohl im letzten Jahr keine Zeit für eine kleine Korrektur.

Also hatte Bismarck vielleicht doch recht (mit dem ihm zugeschriebenen) Bonmot:

Die Leute schlafen besser, wenn sie nicht wissen, wie Gesetze und Würste gemacht werden.“

banana republic?

Der Coronavirus „SARS-CoV-2“ scheint unser Rechtsempfinden aus der Bahn zu bringen. So tönt es beispielsweise aus Sachsen, es sei kein „guter Stil des Umgangs miteinander“, jetzt zu sagen, das „sei ein Gesetz und das gelte jetzt“. What? Und ein bayerischer Politiker, jetzt „Impfpflicht-Rebell“?, will das nämliche Bundesgesetz, das vor knapp drei Monaten beschlossen wurde, aussetzen. What? Und ein Virologe, also ein Gesetzesexperte,  findet das alles „pragmatisch“. Diesen dreien ist offensichtlich gemein, dass sie Gesetze Gesetze sein lassen wollen. Motto: mir san mir!

Umgekehrt „ideenreich“ handeln die, die Gesetze uneingeschränkt ernst nehmen, aber meinen, wer dem Gesetzesbefehl folge, verletze dann doch „Kernrechte“. Keine Narretei! So konnte man in Pressemitteilungen und kann in Aufsätzen lesen, wenn eine aktuelle Corona-Verordnung ungeimpften und nicht genesenen Wohnungseigentümern die Teilnahme an einer Versammlung untersage, stelle dies einen „unzulässigen Eingriff in deren Mitgliedschafts- und Teilhaberechte“ und damit in den „Kernbereich des Eigentums“ dar. Die Folge sei, dass sich Wohnungseigentümer nicht versammeln dürften, gefasste Beschlüsse nichtig seien und Versammlungen abzusagen seien. What? Da bleiben wir lieber auf dem Teppich und lesen zunächst zu anderen „WEG-Terranauten“. Dort wurde bereits über den Kernbereich räsoniert  und für die „Kernbereichslehre“, die gegen Beschlüsse, aber auch gegen Vereinbarungen greifen soll, gefordert, zu suchen, bei welchen Weichteilen und welchen Schalen Vereinbarungen einer Inhaltskontrolle standhalten und wo das Unantastbare, also der wahre Kern beginnen soll.

Aber „Kernbereichslehre“ und Gesetze? Da wird man da nicht fündig werden! Die „Kernbereichslehre“ hat keine Funktion gegen Bundes- oder Landesgesetze. Wer Bundes- oder Landesgesetze befolgt, wird selbst die Rechte der Wohnungseigentümer und Wohnungseigentümerinnen nicht verletzen können. So hat es jetzt erstmals auch ein Amtsgericht ausgesprochen, nämlich das in der bayerischen Hauptstadt  (AG München v. 6.12.2021 – 1293 C 19127/21 EVWEG). Es heißt dort unter anderem, der Umstand, dass an einer Versammlung nur geimpfte oder genesene Wohnungseigentümer unter der zusätzlichen Voraussetzung eines negativen Testergebnisses hätten teilnehmen können, stelle keinen unzulässigen vorsätzlichen Ausschluss Ungeimpfter und/oder Infizierter dar, sondern sei Folge der Gesetzeslage und der eigenverantwortlich getroffenen Entscheidung derjenigen Wohnungseigentümer, die sich gegen eine Impfung entscheiden haben. Stimmt. Punkt.

Natürlich könnte man das Gesetz, nämlich die Coronaverordnung, auf seine Rechtmäßigkeit prüfen (das hat man im Münchener Amtsgericht nicht getan). Aber wird man fündig werden? These: never ever! Jedenfalls beim BVerfG findet man auf dessen Internetseiten, wer dort eigentlich vorstellig werden darf. Da können Wohnungseigentumsrechtler nur mit den Ohren schlackern. Beispiele? Gern: „Gerichtsfremden Personen ist im Wege der Einlasskontrolle beim Betreten des Bundesverfassungsgerichts der Zugang in das Gerichtsgebäude zu verwehren, wenn diese weder einen Impfnachweis, einen Genesenen-Nachweis, noch einen Testnachweis im Sinne des § 2 Nr. 3, Nr. 5, oder Nr. 7 der COVID-19 Schutzmaßnahmenverordnung vorzeigen können. Testnachweise in Form eines Antigen-Schnelltests dürfen maximal 24 Stunden alt, beim PCR-Test maximal 48 Stunden sein“. Basta! Oder „Der Einlass ist gerichtsfremden Personen auch zu verwehren, wenn sie erkennbare Anzeichen von Symptomen zeigen, welche einen Verdacht auf eine mögliche Infektion begründen (insbesondere Atemwegsbeschwerden oder Grippesymptome, Fieber, Schnupfen, Heiserkeit und Husten).“ Oh Ha! Schnupfen? Heiserkeit?

Anders stellt sich die Rechtslage allerdings dar, wenn die Wohnungseigentümer selbst sich Regeln geben. Hier meine beispielsweise ich, es sei nicht möglich, sich 2G (gar „+“ oder „++“) selbst zu verordnen. Soweit geht das Hausrecht nicht und das erlaubt auch § 19 Abs. 1 WEG nicht. Hier werden Rechte verletzt! Anders ist es aber wohl bei 3G, wenn die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer den Test stellt und man sich gemütlich vor der Teilnahme in Anwesenheit der Verwaltung prüfen kann. Wer das nicht will, bleibt halt fern und nimmt sich einen Vertreter.

Gesetzesänderung: Coronabedingte Einschränkungen von Mieträumen als Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB)

Am 18.12.2020 hat der Bundestag der geplanten Gesetzesänderung zu § 313 BGB und dem damit verbundenen Eingriff in das Gewerberaummiet- und Pachtrecht zugestimmt. Bei staatlich angeordneten Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie wird nunmehr gesetzlich (widerlegbar) vermutet, dass die Geschäftsgrundlage des Miet-/Pachtvertrages massiv beeinträchtigt ist. Die Rechtsfolgenseite des § 313 BGB soll hingegen unberührt bleiben in der Konsequenz, dass eine Vertragsanpassung nur in angemessenem Umfang begehrt werden kann. Die Änderung von § 313 BGB wird flankiert mit der Statuierung eines Vorrang- und Beschleunigungsgebots in der Zivilprozessordnung. So sollen Streitigkeiten um Vertragsanpassungen schnell gerichtlich geklärt werden. Diese stark umstrittenen Gesetzesänderungen sind Gegenstand dieses Beitrags.

I. Ausgangslage: Covid-19-Abmilderungsgesetz und uneinheitliche Rechtsprechung

Das am 25.03.2020 in Kraft getretene Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivilprozess, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht (BGBl. 2020, I, Nr. 14, S. 569, 572 zu Art. 240 EGBGB) regelt nicht (ausdrücklich) den Fall, ob etwaige Einwendungen des Mieters gegen die Mietzahlungspflicht (Mangel, vorübergehende Unmöglichkeit oder eine Störung der Geschäftsgrundlage) ausgeschlossen sind. Diese Frage ist nach der derzeitigen Rechtsprechung sehr streitig (Mietzahlungsansprüche bejahend: LG Frankfurt/M v. 07.08.2020 – 2-05 O 160/20, GE 2020, 1252; LG Heidelberg v. 30.07.2020 – 5 O 66/20, MietRB 2020, 301 (Mettler); LG Zweibrücken v. 11.09.2020 – HK O 17/20, BB 2020, 2450; LG Oldenburg v. 26.10.2020 – 8 O 1268/20, MietRB 2020, 361 (Burbulla). Mietzahlungsan-sprüche verneinend: LG München I v. 05.10.2020 – 34 O 6013/20, MietRB 2021, 8 (Burbulla); LG München I v. 22.09.2020 – 3 O 4495/20, MietRB 2021, 13 (Hoffmann); LG Mönchengladbach v. 05.11.2020 – 12 O 154/20, BeckRS 2020, 30731). Diese Unsicherheiten hat der Gesetzgeber aufgegriffen und hält deshalb eine Regelung für erforderlich, die klarstellt, dass § 313 BGB (Störung der Geschäftsgrundlage) grundsätzlich bei angeordneten öffentlich-rechtlichen Beschränkungen zur Bekämpfung der Folgen der Covid-19-Pandemie Anwendung findet, um „damit an die Verhandlungsbereitschaft der Vertragsparteien zu appellieren“ (BT-Drucks. 19/25322, S. 14 f.) Allgemeine und mietrechtliche Gewährleistungs- und Gestal-tungsrechte sollen – nach wie vor – vorrangig gegenüber § 313 BGB sein, und für Fälle, in denen eine gerichtliche Entscheidung erforderlich ist, wird eine begleitende verfahrensrechtliche Regelung zur Beschleunigung der gerichtlichen Verfahren getroffen, damit schneller Rechtssicherheit erreicht werden kann (BT-Drucks. 19/25322, S. 15 f.).

II. Neuregelungen in Art. 240 § 7 EGBGB

Diese Neuregelungen sollen durch eine Änderung des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch erreicht werden.

1. Statuierung einer tatsächlichen Vermutung in Art. 240 § 7 EGBGB

So soll Art. 240 § 7 EGBGB zum einen klarstellen, dass die Regelungen zur Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) in der besonderen Situation der Covid-19-Pandemie grundsätzlich anwendbar sind; zum anderen wird unter bestimmten Voraussetzungen eine tatsächliche Vermutung dafür geschaffen, dass sich bei staatlich angeordneten Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie ein Umstand im Sinne von § 313 Abs. 1 BGB, der zur Grundlage des Miet- oder Pachtvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat (BT-Drucks. 19/25322, S. 19 f.).

2. Erhebliche Einschränkungen und Aufhebung der Verwendbarkeit der Miet-/Pachträume

Nach Auffassung des Gesetzgebers muss die Verwendbarkeit der Miet-/Pachträume aufgehoben oder jedenfalls erheblich eingeschränkt sein, wobei ausdrücklich als typisches Beispiel die vollständige Aufhebung infolge einer Schließungsverfügung genannt ist (BT-Drucks. 19/25322, S. 20 f.). Die Vermutung ist widerleglich, z.B. in Fällen, in denen der Mietvertrag zu einem Zeitpunkt geschlossen wurde, in dem eine pandemieartige Ausbreitung des Coronavi-rus SARS-Covid 2 in der breiten Öffentlichkeit bereits absehbar war. Dann ist regelmäßig davon auszugehen, dass ein solcher Mietvertrag in Kenntnis einer möglicherweise bevorstehenden tiefgreifenden Veränderung des Wirtschaftslebens geschlossen wurde.

3. Normatives Merkmal der Risikoverteilung

Das sog. normative Merkmal von § 313 Abs. 1 BGB, dass also dem einen Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann, wird – ausweislich der Gesetzesbegründung – von der Vermutungsregelung nicht erfasst. Allerdings sei davon auszugehen, dass ohne entsprechende vertragliche Regelungen Belastungen infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie regelmäßig Fehler der Sphäre des Mieters noch des Vermieters zuzuordnen sind. Weiter heißt es in der Gesetzesbegründung:

„Im Rahmen der Zumutbarkeit wird hier von Bedeutung sein, wie stark sich die staatlichen Beschränkungen auf den Betrieb des Mieters auswirken. Ein Indiz für eine starke Beeinträchtigung kann in erheblich zurückgegangenen Umsätzen z. B. im Vergleich zum Vorjahreszeitraum liegen. Zu berücksichtigen sein wird auch, ob der Mieter öffentliche oder Zuschüsse erhalten hat, mit denen er die Umsatzausfälle infolge staatlicher Beschränkungen jedenfalls teilweise kompensieren kann, und ob er Aufwendungen erspart hat, weil er etwa Kurzarbeit angemeldet hat oder der Wareneinkauf weggefallen ist. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls. § 313 BGB gewährt keine Überkompensation.“

III. Zivilprozessuales Vorrang-Beschleunigungsgebot

Parallel mit den materiell-rechtlichen Änderungen (§ 313 BGB) ist eine Änderung der Zivilprozessordnung mit der Einführung eines Vorrang- und Beschleunigungsgebots verbunden. So wird mit Art. 1 betreffend das Gesetz zur Änderung der Zivilprozessordnung für Verfahren über die Anpassung der Miete oder Pacht wegen staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie im Interesse der Gewerbetreibenden ein Vorrang- und Beschleunigungsgebot statuiert. Dieses Gebot gilt nicht nur für Verfahren, in denen der Mieter eine Anpassung der Miete nach § 313 BGB einklagt, sondern findet auch Anwendung, wenn der Mieter die Anpassung der Miete als Einrede gegen die Zahlungsklage des Vermieters erhebt oder andere Anspruchsgrundlagen, wie etwa die Mietänderung für die Anpassung der Miete im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie herangezogen werden. Auf diese Weise soll erreicht werden, dass Streitigkeiten um Mietanpassungen vor Gericht schnell geklärt werden. So beinhaltet das Gebot insbesondere eine vorrangige Terminierung und enge Fristsetzung (BT-Drucks. 19/25322, S. 15.).

IV. Kritik und Bewertung

Die gesetzlichen Neuregelungen sind stark umstritten und wurden vor allem von Immobilienverbänden stark kritisiert. Das Hauptargument ist, dass sich an der bisherigen rechtlichen Praxis im Ergebnis wenig ändern wird, umgekehrt allerdings mit einer stärkeren Einbeziehung der Gerichte zu rechnen ist (Burbulla in: ESV-Interview vom 16.12.2020 unter https://esv.info/aktuell/dr-rainer-burbulla-auch-der-derzeit-geltende-313-bgb-ermoeglicht-durchaus-sachgerechte-loesungen/id/111755/meldung.html).

1. Nach wie vor: Einzelfallprüfung

Die Kritik ist berechtigt. Denn durch die „kosmetische Rechtsänderung“ (BFW-Präsident Andreas Ibel) steht in der Tat zu befürchten, dass nicht wenige (Einzelhandels-)Mieter in ihrer allgemeinen Rechtsauffassung bestärkt und vermehrt Vertragsanpassungen gerichtlich durchsetzen werden (Burbulla in: ESV-Interview vom 16.12.2020 unter https://esv.info/aktuell/dr-rainer-burbulla-auch-der-derzeit-geltende-313-bgb-ermoeglicht-durchaus-sachgerechte-loesungen/id/111755/meldung.html). Da sich auch nach den Neuregelungen jedoch auf der Rechtsfolgenseite her nicht viel ändert – und dies ausdrücklich auch nach den Vorgaben in der Gesetzesbegründung – bleibt es bei der erforderlichen Einzelfallprüfung, bei der auch Umsatzzuwächse von Mietern infolge des Online-Handels, staatlichen Überbrückungshilfen, Rücklagen etc. zu berücksichtigen sind.

2. Bewertung des normativen Merkmals der Risikoverteilung

Interessant wird in diesem Zusammenhang nunmehr die Frage sein, wie die gesetzliche und vertragliche Risikoverteilung von den Gerichten bewertet wird, die für die Zumutbarkeit für das Festhalten am unveränderten Vertrag entscheidend ist. Zwar soll dieses sog. normative Merkmal des § 313 Abs. 1 BGB von der Vermutungsregelung nicht erfasst werden (BT-Drucks. 19/25322, S. 21 und vorstehend unter II. 3.), allerdings soll nunmehr davon auszugehen sein, dass ohne entsprechende vertragliche Regelungen Belastungen infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie regelmäßig weder der Sphäre des Mieters noch des Vermieters zuzuordnen sind. Im Ergebnis geht der Gesetzgeber damit – entgegen der bisherigen Rechtsprechung – von einer „neutralen vertraglichen Risikoverteilung“ aus. Wenngleich der erklärte Wille des Gesetzgebers nicht bindend ist, so könnte dieser Umstand für eine teleologische Auslegung dahingehend sprechen, dass die vertragliche Risikoverteilung zumindest bei der Bewertung der Zumutbarkeit nicht überwiegt oder gar zurücktritt. Anknüpfungspunkt für eine solche Auslegung besteht im Gesetzestext darin, dass „schwerwiegende“ Folgen vermutet werden.

V. Fazit

Die gesetzlichen Neuregelungen mögen „gut gemeint“ sein. Zwingend erforderlich sind sie nicht, da auch auf der Grundlage des bisherigen § 313 Abs. 1 BGB zielführende Ergebnisse zu erreichen waren und diesen und diese auch von den Gerichten erreicht wurden (Burbulla in: ESV-Interview vom 16.12.2020 unter https://esv.info/aktuell/dr-rainer-burbulla-auch-der-derzeit-geltende-313-bgb-ermoeglicht-durchaus-sachgerechte-loesungen/id/111755/meldung.html). Es bleibt abzuwarten, ob die Gerichte bei der bisherigen restriktiven Linie verbleiben oder aber die Intention des Gesetzgebers stärker berücksichtigen und eher Mietanpassungen (im Einzelfall) annehmen. Entscheidend wird hierbei sein, wie die Gerichte nunmehr das normative Tatbestandsmerkmal der gesetzlichen und vertraglichen Risikoverteilung bewerten.

Umweltmängel ohne Ende

Bekanntlich muss ein Gericht den Mietvertrag auslegen, wenn die Parteien die zur Ermittlung eines Mangels notwendige Sollbeschaffenheit weder ausdrücklich noch konkludent festgelegt haben. Für einen Umweltmangel hat der BGH in der Bolzplatzentscheidung vom 29.4.2015 – VIII ZR 197/14 insoweit die ergänzende Vertragsauslegung eingeführt und dabei festgestellt, der Vermieter würde die Verantwortung gegenüber dem Mieter für Veränderungen in der Umwelt nur dann tragen, wenn ihm in der konkreten Situation Beseitigungs- oder Entschädigungsansprüche zustehen.

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Diese Entscheidung hat eine kontroverse Diskussion ausgelöst. Neben den Vertretern, die eine Beschränkung der Entscheidung auf Bolzplätze annahmen (LG Berlin v. 12.7.2018 – 67 S 105/18) oder jedenfalls die Beweislast für Beseitigungs- und Entschädigungsansprüche beim Vermieter sahen (LG München I v. 14.1.2016 – 31 S 20691/14), gab es Stimmen, die in der Entscheidung eine generelle Aussage für alle Umweltmängel erkannten (LG Berlin v. 09.02.2016 – 63 S 177/15) und damit auch für den in der Praxis häufigsten Fall eines Umweltmangels, nämlich den Baulärm. Diese Meinung hat der BGH durch seine Entscheidung vom 29.04.2020 – VIII ZR 31/18 bestätigt, wenngleich er die Beweislast für die Beseitigungs- und Entschädigungsansprüche nach der Risikosphären-Theorie dem Vermieter auferlegte.
Wer sich nun gefreut hatte, dass endlich wieder ein Problem durch den BGH geklärt war und insofern für die Beratungspraxis Sicherheit gegeben war, hatte sich getäuscht.
Das Kammergericht hat überzeugend dargelegt, dass eine ergänzende Vertragsauslegung nur zulässig ist, wenn über eine Auslegung des Vertrages kein Ergebnis ermittelt werden kann (KG v. 17.9.2020 – 8 U 1006/20). Eine Auslegung soll aber nicht nur möglich sein, sondern auch ein anderes Ergebnis, als es der BGH gefunden hat, hervorbringen. Durch Rückgriff auf § 558 Abs. 2 BGB kommt der 8. Senat des Kammergerichts nämlich zu dem Ergebnis, dass die Höhe der Miete wesentlich durch die Lage der Mieteinheit geprägt wird und damit Gegenstand des vertragsgemäßen Zustandes ist. Die Qualität der Lage wird auch durch die Umwelteinflüsse, der die Mieteinheit ausgesetzt ist, bestimmt. Umso mehr muss eine Veränderung im Umfeld der Mieteinheit, die mit zusätzlichen Lärmemissionen verbunden ist, sich auf die Höhe der Miete auswirken, also einen Mangel der Mietsache begründen.
Neben diesen eher dogmatischen Ansätzen kann eine einfache Frage die Richtung weisen: auch der VIII. Senat des BGH hat Lärm bereits als Mangel anerkannt (u.a. BGH v. 6.10.2004 – VIII ZR 355/03). Im Unterschied zum Baulärm, über den der BGH am 29.4.2020 entschieden hat, stammte dieser Lärm zwar aus dem Gebäude selbst. Warum der Mieter aber für die Annahme einer Minderung danach unterscheiden muss, ob der Lärm aus dem Gebäude stammt oder von außen auf ihn eingewirkt, ist nicht nachvollziehbar.
Auch wenn wir stets zu bedenken haben, dass bei der Beratung eine Abweichung von der Rechtsprechung des BGH einen Regress begründen kann (BGH v. 25.10.2006 – VIII ZR 102/06), sollte dem Mieter geraten werden, anstatt zu mindern, lieber die Zahlung unter Vorbehalt zu leisten und den Minderungsbetrag zurückzufordern.

Gewerberaummiete: Mietzahlungspflichten in Corona-Zeiten – Erste Gerichtsentscheidungen und gerichtliche Tendenzen

Während der corona-bedingten behördlichen Schließungsanordnungen von Einzelhandelsgeschäften in den Monaten März bis April 2020 haben viele Einzelhandelsmieter ihre Mietzahlungen eingestellt und die Zahlungen (teilweise) erst wieder mit den Ladenöffnungen aufgenommen. Für die betroffenen Monate sind vielfach Einigungen zwischen Vermietern und Mietern zustande gekommen, die von (teilweisen) Mietreduzierungen, Vereinbarungen von reinen Umsatzmieten bis hin zu Stundungsvereinbarungen reichen. Nicht selten haben Vermieter aber auch den Klageweg beschritten und die Zahlungsrückstände gerichtlich geltend gemacht. Nunmehr liegen mit dem Urteil des Landgerichts Zweibrücken (Az.: HK O 18/20) und des Landgerichts Heidelberg (Az.: 5 O 66/20) erste gerichtliche Entscheidungen vor und es zeichnet sich – auch in anderen Klageverfahren – in der (erstinstanzlichen) Rechtsprechung folgende Tendenz ab:

 I. Kein Mangel des Mietgegenstandes (§ 536 Abs. 1 BGB) wegen der Corona-bedingten Geschäftsschließungen

Minderungsrechte des Mieters (§ 536 Abs. 1 BGB) wegen der Corona-bedingten Geschäftsschließungen wurden bislang in der Rechtsprechung durchweg verneint. Denn die Geschäftsschließungen, die auf den behördlichen Beschränkungen und gesetzgeberischen Maßnahmen beruhten, stehen nicht unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand und der Lage des Mietobjekts im Zusammenhang. Wörtlich heißt es insoweit im Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 30.07.2020 (Az.: 5 O 66/20):

„Die hoheitlichen Maßnahmen dienen im vorliegenden Fall dem Schutz der Bevölkerung vor allgemeinen gesundheitlichen Gefahren. Sie knüpfen nicht unmittelbar an die konkrete Beschaffenheit der Mietsache an, sondern allein an den Betrieb des jeweiligen Mieters. Die Maßnahmen stellen dabei nicht auf die konkreten baulichen Gegebenheiten ab, sondern allgemein auf die Nutzungsart sowie den Umstand, dass in den betroffenen Flächen Publikumsverkehr stattfindet und dies Infektionen begünstigt. Daran ändert auch nichts, dass die streitgegenständlichen Gewerberäume im vorliegenden Fall zur Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts mit sämtlichen Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs vermietet wurden und sich aus der Kurzbaubeschreibung ergibt, dass es sich um ein kik-Ladenlokal handeln sollte. Denn die Mietsache ist zu diesem Zweck weiterhin in gleicher Weise geeignet, wie vor dem hoheitlichen Einschreiten. Untersagt ist lediglich dessen Betrieb und zwar losgelöst von Fragen der Beschaffenheit oder Lage der Mietsache. Dieser Umstand fällt jedoch in den Risikobereich des Mieters.“

II. Kein Entfallen der Mietzahlungspflicht wegen Unmöglichkeit (§ 326 Abs. 1 BGB)

Auch ein Entfallen der Mietzahlungspflicht wegen Unmöglichkeit (§ 326 Abs. 1 BGB) wird mit dem Argument verneint, dass der Vermieter seiner Leistungspflicht (Zurverfügungstellung der Mieträume) auch dann nachgekommen ist, wenn der Mieter die Räumlichkeiten faktisch wegen der behördlichen Schließungsanordnungen nicht als Verkaufsflächen nutzen konnte. Hierzu äußert sich das Landgericht Heidelberg wie folgt:

„Der Vermieter muss dem Mieter nur eine Gebrauchsmöglichkeit verschaffen. Immer wenn der Mieter die Sache nicht gebrauchen kann, weil sie selbst nicht nutzungstauglich ist, geht der Vermieter nach § 326 Abs. 2 oder § 536 BGB seines Anspruchs auf die Miete verlustig. Betrifft die Störung dagegen die Nutzungstätigkeit des Mieters, bleibt dieser zur Mietzahlung verpflichtet. Dies gilt nicht nur, wenn ihn der Umstand ganz individuell an der Nutzung der Sache hindert, sondern auch, wenn ein beliebiger anderer Mieter von der Sache nicht den vertragsgemäßen Gebrauch machen könnte. Dies lässt die Verpflichtung zur Mietzahlung nicht entfallen, solange es nicht an der Sache selbst liegt, dass sie nicht bestimmungsgemäß verwendet werden kann.“

 III. Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB)

 Verbleiben dem Mieter daher allein mögliche Vertragsanspruchssprüche wegen Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB).

1. Allgemeines/Voraussetzungen

Gemäß § 313 Abs. 1 BGB kann eine Vertragsanpassung verlangt werden, wenn sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten und einem (Vertrags-)Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Kommt eine Anpassung des Vertrags nicht in Betracht oder ist sie einem Teil nicht zumutbar, so kann bei Dauerschuldverhältnissen der benachteiligte Teil den Vertrag kündigen (§ 313 Abs. 3 Satz 2 BGB).

2. Schwerwiegende Störung

Gebrauchshindernisse, die nicht aus der Sphäre des Mieters stammen, können die Geschäftsgrundlage des Mietvertrages schwerwiegend stören (Gerlach/Manzke, ZMR 2020, 551, 555; Jauernig/Teichmann, BGB, 17. Aufl. 2018, § 537, Rn. 2). Anerkannt ist das beispielsweise dann, wenn Eingriffe „von hoher Hand“, insbesondere Änderungen der Rechtslage, die Zwecke hinfällig werden lassen, die eine Partei mit dem Vertrag verfolgt (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 79. Aufl. 2020, § 313 Rz. 34). Die Geschäftsgrundlage ergibt sich regelmäßig aus dem vereinbarten Mietzweck. Aus diesem ergibt sich, dass der Mieter die angemieteten Räume für den angegebenen Geschäftsbetrieb nutzen will. Letzteres ist ihm aber durch die behördlichen Schließungsanordnungen nicht möglich gewesen. Auch hierzu hat sich das Landgericht Heidelberg ausdrücklich geäußert und ist folgender Auffassung:

„Zwar ist nicht im Hinblick auf die Nutzbarkeit der Mietsache von der Geschäftsgrundlage auszugehen, da diese maßgeblicher Vertragsinhalt ist, sondern vielmehr die Vorstellung der Parteien, dass keine zumindest bundesweit – tatsächlich aber weltweite – Pandemie auftritt, aufgrund derer flächendeckend Gewerbebetriebe geschlossen werden müssen. Diese ist auch schwerwiegend gestört, da die Nutzbarkeit der Mietsache – jedenfalls vorübergehend – vollständig entfallen ist. Es handelt sich damit um eine zu berücksichtigende Zweckstörung, die eine Fallgruppe des § 313 BGB darstellt. Die Leistung des Vermieters ist für den Mieter aufgrund der Unmöglichkeit, das Gewerbe in dem hierfür angemieteten Objekt betreiben, sinnlos geworden.“

3. Zumutbarkeit unter Berücksichtigung der vertraglichen Risikoverteilung

Weitere Voraussetzung für eine Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage ist aber, dass die Störung der Geschäftsgrundlage durch das Betriebsverbot das Festhalten am unveränderten Vertrag unter Berücksichtigung der vertraglichen Risikoverteilung (für den Mieter) unzumutbar macht.

 

a) Vereinbarung einer Umsatzmiete (Landgericht Heidelberg, Az.: 5 O 66/12)

Mit dem Landgericht Heidelberg führt allein die Vereinbarung einer Mindestmiete mit zusätzlicher Umsatzmiete ab einem gewissen Umsatz nicht zur Unzumutbarkeit. Vielmehr lässt sich aus einer solchen Vereinbarung lediglich der Wille zu einer Beteiligung ab einem bestimmten Umsatz ablesen, also bei einem besonderen Erfolg der Mieterin. Gerade die Vereinbarung einer Mindestmiete zeigt jedoch, dass der Vermieter an einem gänzlichen Misserfolg nicht partizipieren wollte, wobei den Parteien hierbei die Möglichkeit schwankender Umsätze sichtlich bewusst war.

 

b) Reine Umsatzrückgänge des Mieters

Vielfach werden für die Unzumutbarkeit des Fortbestandes der Mietzahlungspflicht Umsatzrückgänge (in den betroffenen Monaten) angeführt. „Reine“ Umsatzrückgänge für die betroffenen Monate genügen nach der Rechtsprechung allerdings grundsätzlich nicht. Erforderlich sei vielmehr, dass es zu einer existenzbedrohenden Situation des Mieters kommt, für die der Mieter darlegungs- und beweisbelastet ist. Zudem sind in diesem Zusammenhang vom Mieter anderweitig empfangene Leistungen (z.B. Kurzarbeitergeld, staatliche Förderprogramme, Rücklagen und sonstige Vorteile) gegenüberzustellen. Auch hierzu hat sich das Landgericht Heidelberg ausdrücklich geäußert:

„Zwar mag ein filialbezogener netto Umsatzrückgang von 45,42 % bzw. 39,2 % bzw. 39,24 % im März bzw. April 2020 bzw. ein betriebsbezogener netto Umsatzverlust von 5-7 Millionen Euro pro Tag – der jedoch nicht näher dargelegt ist – zunächst erheblich erscheinen. Allerdings wurden diesem netto Umsatzrückgang weder die ersparten Mitarbeiterkosten durch die Inanspruchnahme von Kurzarbeit, noch etwaige Rücklagen gegenübergestellt.“

IV. Ausblick

Nach den bisherigen Tendenzen in der Rechtsprechung scheidet eine Minderung der Miete (§ 536 Abs. 1 BGB) wegen einer Corona-bedingten Schließungsanordnung aus, da es an einem Mangel des Mietgegenstandes fehlt.

Allenfalls kommen Vertragsanpassungsansprüche unter den Voraussetzungen des § 313 BGB (Störung der Geschäftsgrundlage) in Betracht. Im Schrifttum und zum Teil auch in der gerichtlichen Praxis wird insoweit davon ausgegangen, dass die Miete grundsätzlich zu halbieren ist (vgl. Gerlach/Manzke, ZMR März 2020, 551, 556), wobei aber auch zu berücksichtigen ist, ob und in welcher Höhe der Mieter staatliche oder sonstige finanzielle Hilfen erhalten hat oder noch erhalten wird. Nach derzeitiger gerichtlicher Praxis werden Vertragsanpassungsansprüche lediglich dann als gegeben angesehen, wenn der Mieter trotz sonstiger „Beihilfen“ durch die Corona-bedingten Ladenschließungen in eine existenzbedrohende Situation geraten ist.

Ob sich diese Tendenz in der Rechtsprechung festigen wird, bleibt abzuwarten. Jedenfalls sind Vermieter und Mieter gut beraten, sich außergerichtlich zu einigen. Denn zumeist erfolgt auch in Klageverfahren eine vergleichsweise Einigung zwischen den Parteien. Diese ist dann nur teurer, weil sie die Einigung über die Gerichts- und Anwaltskosten mit umfasst.

Verwaltung von Wohnungseigentum in Zeiten der „Corona“-Pandemie

I. Einführung

Zentraler Ort für Entscheidungen der Wohnungseigentümer ist die Eigentümerversammlung, die in der Regel in der ersten Jahreshälfte anberaumt wird. Die Einberufung von Eigentümerversammlung ist derzeit allerdings selbst in sehr kleinen Eigentümergemeinschaften aufgrund ordnungsbehördlicher Ansammlungsverbote nicht mehr zulässig. „Virtuelle“ Eigentümerversammlungen, die technisch als Video- oder Telefonkonferenz durchgeführt werden können, sind im WEG nicht vorgesehen. Als Alternative bleibt die schriftliche Beschlussfassung gemäß § 23 Abs. 3 WEG, die aber Allstimmigkeit voraussetzt. Eine Eigentümerversammlung, bei der allein der Verwalter als Versammlungsleiter und zugleich als bevollmächtigter Vertreter von so vielen Wohnungseigentümern anwesend ist, so dass die Hälfte der Miteigentumsanteile, berechnet nach der im Grundbuch eingetragenen Größe dieser Anteile vertreten ist (§ 25 Abs. 3 WEG), erscheint vor dem Hintergrund der unentziehbaren Mitwirkungsrechte der einzelnen Wohnungseigentümer regelmäßig nicht als empfehlenswert, wo Wohnungseigentümer an der Versammlung teilnehmen möchten, aber aufgrund der öffentlich-rechtlichen Verbote nicht teilnehmen dürfen; dafür spricht auch, dass eine Durchführung von Versammlungen ohne physische Präsenz anders als bei Genossenschaften im Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie nicht vorgesehen worden ist.

II. Überblick über die Rechtslage

Nach derzeit geltendem Recht, das gleichsam nebenbei gerade in der Krise grundlegend geändert werden soll (vgl. den Regierungsentwurf vom 23.03.2020 für ein Gesetz zur Förderung der Elektromobilität und zur Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes und zur Änderung von kosten- und grundbuchrechtlichen Vorschriften (Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz – WEMoG); abrufbar unter: https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/DE/WEMoG.html), muss der Verwalter seine in § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 WEG in Verbindung mit § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG geregelte Notkompetenz nutzbar machen, wo vorrangige Regelungen in der Gemeinschaftsordnung oder im Verwaltervertrag fehlen, will er die Verwaltung der Wohnungseigentumsanlage vorläufig ohne Eigentümerbeschluss weiterführen.
Weil die bestehenden Regelungen nicht ausreichend sein können und sich in einer Krise vergleichbaren Ausmaßes noch nicht bewähren mussten, sieht das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pan-demie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 25.03.2020 (BT-DrS 19/18110) in Art. 2 als § 6 des Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie – gemäß Art. 6 Abs. 2 bis zum 31.12.2021 geltend – vor:

§ 6 Wohnungseigentümergemeinschaften
(1) Der zuletzt bestellte Verwalter im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes bleibt bis zu seiner Abberufung oder bis zur Bestellung eines neuen Verwalters im Amt.
(2) Der zuletzt von den Wohnungseigentümern beschlossene Wirtschaftsplan gilt bis zum Beschluss eines neuen Wirtschaftsplans fort.

III. Einzelfragen

Was bedeutet das rechtlich für die Praxis der WEG-Verwaltung?

1. Verwaltungsverhältnis

Der Verwalter bleibt grundsätzlich bis 31.12.2021 im Amt, auch wenn sein Bestellungszeitraum vor dem 31.12.2021 enden würde. Das gilt jedenfalls solange, bis er – regelmäßig durch Eigentümerbeschluss – abberufen oder ein neuer Verwalter bestellt wird. Damit bleiben Wohnungseigentümergemeinschaften auch dann handlungsfähig, wenn ein neuer Verwalter vorübergehend nicht bestellt werden kann. Aus diesem Grund ist auch die damit einhergehende Durchbrechung der Obergrenzen für die Bestellungszeiträume des § 26 Abs. 1 S. 2 WEG vertretbar.
Eine gesetzliche Regelung zur Verlängerung des Verwaltervertrags fehlt. Eine ergänzende Vertragsauslegung wird für den Einzelfall anhand der bisherigen Regelungen klären müssen, was die Parteien redlicherweise vereinbart hätten, wenn sie den Fall einer Verlängerung des Bestellungszeitraums bedacht hätten. Im Einzelfall mag danach der Vertrag zu den bisherigen Konditionen weiterlaufen, wenn das Honorar für den (langen) Bestellungszeitraum fest vereinbart war; wo eine alljährliche Honorarerhöhung vorgesehen war, kann diese im Einzelfall fortgeschrieben werden.
Der Verwalter seinerseits kann sein Amt nur unter den Voraussetzungen der §§ 675, 671 Abs. 2 BGB niederlegen, also wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft „für die Besorgung des Geschäfts anderweit Fürsorge treffen kann, es sei denn, dass ein wichtiger Grund für die unzeitige Kündigung vorliegt“. „Anderweitige Fürsorge“ durch Bestellung eines neuen Verwalters durch Eigentümerbeschluss wird praktisch kaum möglich sein, solange Eigentümerversammlungen aufgrund ordnungsbehördlicher Anordnungen nicht durchgeführt werden dürfen. Allerdings erscheint es nicht mehr undenkbar, dass gleichwohl ein wichtiger Grund für die unzeitige Kündigung vorliegt, etwa weil dem Verwalter aufgrund eigener schwerer Erkrankung bzw. der seiner Mitarbeiter die Erfüllung seiner Aufgabe nicht mehr möglich ist. Wenn der Verwalter eine natürliche Person ist, kann allerdings der Fall des § 673 S. 2 Halbsatz 2 BGB eintreten, dass bei Tod des Verwalters dessen Erbe die Besorgung des übertragenen Geschäfts fortzusetzen hat, bis der Auftraggeber anderweit Fürsorge treffen kann, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden wäre.
Wenn beim Verwalter niemand mehr in der Lage ist, die Verwaltung zu führen, etwa weil alle Mitarbeiter (z.B. nach dem gemeinsamen Besuch einer Karnevalssitzung) in Quarantäne sind, bleiben die Wohnungseigentümer auf ihr Notverwaltungsrecht gemäß § 21 Abs. 2 WEG verwiesen. Die Wohnungseigentümer dürfen erwarten, dass der gewerbliche Verwalter dem Ausfall aller seiner Mitarbeiter durch eine geeignete Betriebsorganisation (Home-Office, Zwei-Schicht-Betrieb) entgegenwirkt.

2. Instandhaltung

Die laufenden Instandhaltungsmaßnahmen darf der Verwalter gemäß § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 WEG veranlassen. Auch dringende Instandsetzungsmaßnahmen kann der Verwalter gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 3 WEG veranlassen, insbesondere die Umsetzung behördlicher Anordnungen, etwa die Sperrung von Spielplätzen oder anderen Flächen. Im öffentlichen Recht wird der Verwalter unter dem Gesichtspunkt der effizienten Gefahrenabwehr immer noch als verantwortlicher Zustandsstörer angesehen (vgl. dazu Dötsch, Die Ordnungsverfügung gegen den Wohnungseigentumsverwalter, NZM 2020, 121).
In diesen Fällen ist der Verwalter auch zur Vertretung der Wohnungseigentümergemeinschaft berechtigt gemäß § 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 WEG). Daneben ist der Verwalter gemäß § 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 WEG berechtigt, Maßnahmen zu treffen, die zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines sonstigen Rechtsnachteils erforderlich sind.
Einer Beteiligung der Wohnungseigentümer durch den Verwalter bedarf es nicht. Eine Information der Wohnungseigentümer wird regelmäßig sinnvoll sein. Der Verwaltungsbeirat und seine Mitglieder haben keinerlei Notkompetenzen.

3. Wirtschaftspläne

Wirtschaftspläne bleiben bis 31.12.2021 wirksam, auch wo eine Fortgeltungsklausel nicht beschlossen worden ist. Damit bleiben die Wohnungseigentümer zur Zahlung der Hausgelder in bisheriger Höhe verpflichtet. Zugleich ist die Gefahr gebannt, dass die Finanzierung einer Wohnungseigentümergemeinschaft nicht mehr sichergestellt ist, wenn die Fortgeltung des Wirtschaftsplans nicht beschlossen worden ist. An der Pflicht zur Abrechnung gesondert für jedes Wirtschaftsjahr ändert sich nichts, auch wenn im Jahr 2020 keine Beschlussfassung über die Abrechnung mehr erfolgen könnte.
Eine Aussetzung oder Stunden von Hausgeldern sehen weder das WEG noch die aktuellen Maßnahmegesetze vor. Das für Mieter vorgesehene Moratorium des Art. 240 § 1 EGBGB in der Fassung des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 25.03.2020 (BT-DrS 19/18110) gilt für das Verhältnis von Wohnungseigentümer zur Wohnungseigentümergemeinschaft nicht; auch die Beschränkung der Kündigung von Miet- und Pachtverhältnissen des Art. 240 § 2 EGBGB gilt in diesem Verhältnis nicht, sondern trifft den Wohnungseigentümer / Teileigentümer im Verhältnis zu seinem Mieter / Pächter. Soweit der vermietende Wohnungs- bzw. Teileigentümer aufgrund von Miet- bzw. Pachtausfällen seine Finanzierung nicht aufbringen kann, mag er als Verbraucher im Einzelfall durch die Regelungen zum Darlehensrecht gemäß Art. 240 § 3 EGBGB geschützt sein.

4. Infektionsfälle

Bei Infektionsfällen in einer Wohnungseigentumsanlage ist der Verwalter gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchstabe c) DSGVO zur Erfüllung der sich aus § 16 Abs. 2 S. 2 und 3 Infektionsschutzgesetz ergebenden Pflichten berechtigt und verpflichtet, den Beauftragten der zuständigen Behörde und des Gesundheitsamtes das Grundstück, Räume, Anlagen, Einrichtungen sowie sonstige Gegenstände zugänglich zu machen und Auskünfte zu erteilen. Dass die Reinigungsfachkräfte zur gründlichen Reinigung von Treppengeländern usw. angehalten werden sollten, bedarf keiner Erwähnung. – Die öffentliche Nennung von Erkrankten käme zum Schutz der lebenswichtigen Interessen einer anderen natürlichen Person gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. d) DSGVO in Betracht, doch wird der Verwalter von einer Erkrankung kaum Kenntnis erhalten.

5. Informationsverhalten

Die allgemeine Information aller Wohnungseigentümer durch Aushänge, Brief oder E-Mail (bei verdecktem E-Mail-Verteiler [„bcc“]) ist unproblematisch zulässig. Die Vorgaben des Datenschutzes sind im Übrigen nicht gelockert.

IV. Ausblick

Die vorstehende Übersicht zeigt, dass die Zahlungsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft aufgrund der fortbestehenden Beitragspflicht ihrer Mitglieder gesichert ist. Auch ihre Handlungsfähigkeit ist regelmäßig in ausreichendem Maße durch die Kompetenz des Verwalters für die laufende Instandhaltung und die dringende Instandsetzung gemäß § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 WEG gegeben. Bei einem der Situation angemessenen Verständnis der Regelung bedarf es deshalb einer umfassenden Ermächtigung des Verwalters gemäß § 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 WEG nicht, selbst wenn diese im Einzelfall noch erfolgen könnte.

Mietverhältnisse in Zeiten Coronas

Weitere Infos zum Thema Mietrecht und Corona finden MietRB-Abonnenten in ihrer Datenbank „Beratermodul Miet- und WEG-Recht“ unter diesem Link

Der pandemischen Ausbreitung von COVID-19 kann – jedenfalls bis zur Verfügbarkeit eines Impfstoffes oder wirkungsvoller Medikation der Erkrankung – die Gesellschaft letzten Endes nur Konzepte sozialer Distanzierung entgegensetzen. Ziel hierbei ist eine zeitliche Streckung der Infektionsausbreitung, um das Gesundheitssystem handlungsfähig zu erhalten, Mittel sind vor allem (lokale) Ausgangssperren sowie Ansammlungs- und Kontaktverbote. Diese Konzepte sind alternativlos, führen aber zwangsläufig zu massiven ökonomischen Verwerfungen und in der Folge zu extremen Einkommensverlusten bei den durch die Maßnahmen direkt oder indirekt Betroffenen.

Von Seiten der Politik wird einerseits versucht, dem durch ein historisch einmaliges Paket an Unterstützungsleistungen für mehr oder weniger alle Sparten der Wirtschaft entgegenzuwirken. Andererseits ist erkannt worden, das schon sehr bald existenziell wichtige Dauerschuldverhältnisse von Auflösung bedroht sein werden, weil, bedingt durch solche Einkommensverluste, eine der Parteien ihren Verpflichtungen nicht mehr nachkommen kann.

Um zu verhindern, dass durch solche Vertragsimplosionen irreversible Folgen eintreten, hat der Bundesrat am 27.3.2020 das ihm am 26.3. vom Bundestag zugeleitete Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz-und Strafverfahrensrecht passieren lassen. Das Gesetz ist im Anschluss daran am gleichen Tag im BGBl. verkündet worden.

Betroffen hierdurch sind auch Mietverhältnisse, die bekanntlich aus wichtigem Grund bereits dann außerordentlich fristlos gekündigt werden können, wenn der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht (§ 543 Absatz 1, Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 BGB).

Diese Möglichkeiten zur außerordentlichen Kündigung werden durch das Gesetz für solche Mietschulden ausgesetzt, die aus dem Zeitraum vom 1.4.2020 bis 30.6.2020 datieren und für die der Mieter einen ursächlichen Zusammenhang mit der Corona-Pandemie glaubhaft macht.

Über die außerordentliche Kündigung hinaus betreffen die Folgen von COVID-19 aber eine Vielzahl weiterer Punkte, die geeignet sind, das Mietverhältnis empfindlich zu stören und zu denen das Gesetz nichts sagt:

  • Kommen Mietminderungen wegen eines Mangels der Mietsache in Betracht, wenn z.B. ein gewerblicher Vermieter das Mietobjekt schließt oder seine Öffnungszeiten beschränkt?
  • Hat der Mieter womöglich ein Kündigungsrecht, wenn die Mietsache z.B. nicht mehr zugäglich ist?
  • Muss der Vermieter die technischen Voraussetzungen zur Einrichtung von Home-Office dulden oder gar ermöglichen?
  • Kommen Mietanpassungen nach § 313 BGB in Betracht?
  • Wann stehen dem Mieter Schadenersatzansprüche zu?
  • Welche Mitwirkungspflichten treffen die Vertragsparteien, um Coronaschäden so gering wie möglich zu halten?

Wer als Mietrechtler für die Beratung seiner Mandanten jetzt sichere Anworten auf diese Fragen benötigt, findet sie im brandaktuellen Beitrag von Lützenkirchen: Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Mietverhältnisse.

Der Aufsatz wird im Aprilheft des MietRB erscheinen, steht Abonnenten wegen des dringenden Informationsbedarfs aber schon jetzt zum kostenlosen Abruf aus der Datenbank „Beratermodul Miet- und WEG-Recht“ unter diesem Link zur Verfügung.

Für Nichtabonnenten ist der Beitrag im Rahmen eines kostenlosen, vierwöchigen Datenbanktests ebenfalls unter diesem Link möglich.

Tipp: Wer als Miet- oder Wohnungseigentumsrechtler derzeit ins Homeoffice verbannt ist, sollte einen Test des Beratermoduls Miet- und WEG-Recht in jedem Fall in Betracht ziehen. Mit dieser Datenbank steht Ihnen für vier Wochen kostenlos alles zur Verfügung, was Sie für Ihre Arbeit benötigen:

WEG-Reform: Die Vorschläge, Leitlinien und Empfehlungen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe

I. Überblick

Seit dem 27. August 2019, also seit vorgestern, liegt der Abschlussbericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Reform des Wohnungseigentumsgesetzes vor. Den Abschlussbericht findet man hier. Er umfasst insgesamt 121 Seiten. Nicht nur dies zeugt davon, dass man sehr große Sorgfalt und Ernsthaftigkeit hat walten lassen, das WEG nach Schwachstellen zu durchleuchten, diese auszumachen und aufzuzeigen, wie es besser wäre.

Der Bericht gliedert sich in insgesamt 17 Teile. Diese Gliederung erschwert allerdings das Verständnis. Vorschläge zu bestimmten Themen finden sich jedenfalls nicht an einer Stelle. Am Ende der Teile finden sich in der Regel grundsätzlich Vorschläge, nämlich etwas zu ändern – oder es nicht zu ändern. Vor diesen stehen die Erwägungen, die man angestellt, die Ideen, die man gutgeheißen oder verworfen hat. Das ist sehr gut.

Nur die Vorschläge, also die Essenz des Berichts, sollen und können im Folgenden kurz angesprochen werden. Dabei ist daran zu erinnern, dass die Idee, das Gesetz wirklich vollständig neu aufzusetzen, es also auch neu zu gliedern und es dabei „modern“ zu machen, ebenso abgelehnt wurde wie der Vorschlag, an einer Diskussion alle am Gesetz Interessierten in einem längeren Prozess zu beteiligen.

Christine Lambrecht, Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz, erklärte zum Bericht in einer Pressemitteilung, die Bundesregierung werde „bauliche Maßnahmen zur Förderung der Elektromobilität erleichtern“ und „Um die Handlungsfähigkeit von Eigentümerversammlungen zu verbessern, wollen wir die Anforderungen an ihre Beschlussfähigkeit senken und die Möglichkeiten der Digitalisierung für die Teilnahme nutzen.“ Da der Bericht sehr viel mehr bietet, mag jeder für sich entscheiden, ob die Ankündigung des BMJV, auf Grundlage des Abschlussberichts werde bis Ende des Jahres ein Gesetzentwurf erarbeitet werden, so zu lesen ist, dass man sich vor allem zwei Themen zuwenden wird. Der Bayerische Staatsminister der Justiz, Georg Eisenreich, erklärte im Übrigen, „sinnvolle Sanierungen und die Erweiterung von Wohnraum“ sollten „künftig leichter möglich sein“. Und: „Das WEG-Recht darf auch die Trendwende bei der privaten Elektromobilität nicht behindern“. Etwas pikant ist insoweit, dass die Länder Bayern und Baden-Württemberg bereits vor wenigen Wochen den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des Wohnungseigentumsgesetzes zur Förderung der Elektromobilität (BR-Drs. 347/19) in den Bundesrat eingebracht hatten. Der dortige Vorschlag „dockt“ an das Bestehende an. Da der Abschlussbericht indes viele Ideen entwickelt, § 22 WEG zu ändern, wäre es, meinte man, die Änderungen sollen kommen, wohl besser gewesen, man hätte gewartet. Gegebenenfalls geht es aber eben auch nur um Symbolik.

II. Allgemeines

Der Bericht zeigt auf, dass man den Begriff des „werdenden Wohnungseigentümers“ regeln könnte, schlägt das aber nicht vor. Angesichts der parallel tagenden Arbeitsgruppe Bauvertragsrecht (siehe dazu im Internet den Bericht), der dieses Ergebnis wichtig war, ein eher mageres Ergebnis.

Wenig überzeugend ist ferner der Vorschlag, auf besondere Regeln für Sondernutzungsrechte zu verzichten. Richtig ist es hingegen, in keiner Beziehung besondere Vorschriften für Mehrhausanlagen oder andere Wohnungseigentumsanlagen, etwa Doppel- oder Reihenhäuser, zu schaffen.

Aufgenommen wird die Idee, dass vereinbarungsändernde Beschlüsse der Eintragung im Grundbuch bedürfen sollen, um gegenüber Rechtsnachfolgern zu wirken. Das ist natürlich richtig, wenn auch über ein Jahrzehnt zu spät.

Der Vorschlag, die Informationsrechte der Wohnungseigentümer als Minderheitenrechte zu kodifizieren, ist unnötig. Probleme sind hier nicht bekannt. Die Möglichkeit der Veräußerungszustimmung nach § 12 WEG beizubehalten, ist ebenso richtig, wie letztlich unerwähnenswert. Der Vorschlag, dass schriftliche Beschlüsse in Textform gefasst werden können, ist hervorragend. Wir brauchen die Abstimmungs-App.

III. Sachenrecht

In 2018 war angeregt worden, die Vorschriften, wie Wohnungseigentum begründet wird (§§ 2 bis 4 und §§ 7 bis 9 WEG), zu überprüfen. Der Bericht erteilt dem eine Absage. Die Arbeitsgruppe sehe keine Alternative zu einer wertungsabhängigen Abgrenzung. Das ist aus Sicht der Wohnungseigentümer mehr als bedauerlich. Auch das so wichtige Zentralgrundbuch (siehe etwa v. Oefele/Schneider, DNotZ 2004, 741 und Schneider, ZMR 2005, 15), wird verworfen.

Der Vorschlag, die Sondereigentumsfähigkeit grundsätzlich auf Freiflächen zu erweitern, ist zu begrüßen. Auch zu begrüßen ist, dass nicht vergessen wird, für die Freiflächen die Raumeigenschaft zu fingieren. Nicht ganz deutlich ist, warum eine Fiktion für Gartenflächen oder Terrassen nicht für nötig erachtet wird. Denn es geht nicht darum, mit derartigen Freiflächen zu handeln. Hier wird § 6 WEG übersehen: Man kann mit Sondereigentum nicht handeln. Es geht um die Kosten, die Instandhaltungslast, das Eigentum an Pflanzen und Terrassenbelägen und Verkehrssicherung. Hier sollte man also nochmals ran.

Der Vorschlag, dass die Aufhebung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer unter bestimmten Voraussetzungen verlangt oder beschlossen werden kann, ist strikt abzulehnen. Man setzt unnötig die Axt am Wohnungseigentum als werthaltiges Eigentum an. § 11 WEG darf nicht angegriffen werden. Hier muss es erstmals und laut meiner Ansicht nach heißen: Nein! Nein! Nein!

IV. Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

Der Bericht schlägt vor, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer im Falle der Teilung nach § 8 WEG bereits mit Anlegung der Wohnungsgrundbücher als Ein-Mann-Gemeinschaft entstehen soll. Dem kann man zustimmen. Dann muss man allerdings regeln, was im frühen Zeitraum möglich ist (dazu Lieder, DNotZ 2018, 177). Die dazu gemachte Empfehlung, die Anfechtungsfrist für Ein-Mann-Beschlüsse zu hemmen, ist zu kurz gegriffen. Besser wäre freilich, von diesem Modell die Hände zu lassen. Eine Gemeinschaft kann es erst geben, wenn ihr mehrere Personen angehören. Es sollte daher so bleiben, wie es jetzt schon ist.

Der Vorschlag, die Vorschrift zur Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (§ 10 Absatz 6 Satz 3 WEG) „redaktionell“ zu überarbeiten, ist so leider noch eine „Nullnummer“. Was soll denn wie geregelt werden? Und muss die Regelung nicht „stehen“, bevor man an die Verwalterrechte herangeht (dazu hier unter VIII.)?

Was einen aber „grausen“ lässt, ist der Vorschlag, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zur Trägerin der gesamten Verwaltung werden soll, die durch ihre Organe handelt (Versammlung der Wohnungseigentümer als Willensbildungsorgan; Verwalter als Vertretungsorgan). Er ist meiner Ansicht nach der falsche Weg zu einer Vergesellschaftung des WEG. Hier propft man dem Miteigentum eine unnötige, undogmatische und verfehlte Gesellschaftsform auf. Hier sollte es also heißen: Nein! Nein! Nein!

V. Verwaltung

Die Idee, in § 18 WEG zwar das schleppende Zahlungsverhalten, nicht aber den Zahlungsausfall zu sanktionieren, ist nicht zu folgen. Im Übrigen: Nichts!? Halt! Denn der Vorschlag, die Bildung anderer Rückstellungen als die Instandhaltungsrückstellung (warum spricht man von „Instandhaltungsrücklage“?) ausdrücklich zu gestatten, ist natürlich richtig, wenn auch eher Symbolpolitik.

VI. Baumaßnahmen

Für Baumaßnahmen finden sich Thesen als Leitlinien, an denen sich eine Reform des Rechts der baulichen Maßnahmen orientieren soll. Hier wird sehr viel geschrieben, aber letztlich noch nichts entschieden. Also erst ein Anfang. Es bleibt abzuwarten, was wirklich kommt – zumal es die erwähnte Bundesratsinitiative gibt. Nur so viel: Der kleine Teil „bauliche Veränderungen des Sondereigentums“ lässt einen angesichts von § 5 Abs. 1 WEG rätseln.

VII. Versammlung

Hier wird viel berichtet, was erwogen, aber dann doch verworfen wurde. Es wird aber neben der Textform für Einberufungsverlangen positiv vorgeschlagen, dass die Einberufungsfrist auf vier Wochen verlängert werden soll. Das dürfte kein Problem sein. Der Vorschlag, das Beschlussfähigkeitsquorum aufzuheben, ist hingegen ein „Hammer“. Man möchte sagen: „Ade Verbraucherrechte“? Also auch hier eher „Nein“, wenn auch manche Gemeinschaftsordnungen hier schon die Latte tief hängen (sollte man das nicht verbieten?). Ferner wird vorgeschlagen, eine Beschlusskompetenz zu schaffen, um die Online-Teilnahme an Präsenzversammlungen zu ermöglichen. Das ist zweifellos eine große technische Herausforderung und schwer praktisch umzusetzen, aber der vom StS Billen bereits im Herbst 2018 angekündigte Schritt. Er ist grundsätzlich richtig. Ein „Anlehnen“ an § 118 Abs. 1 Satz 2 AktG – wie vorgeschlagen – reicht keinesfalls!

VIII. Verwalter

Dem Vorschlag, dass der Verwalter in eigener Verantwortung über Maßnahmen entscheiden können soll, bei denen die Einberufung einer Versammlung „nicht erforderlich oder nicht geboten“ erscheint, und dem Vorschlag, dass der Verwalter grundsätzlich unbeschränkte Vertretungsmacht haben soll, sollte eher nicht gefolgt werden. Er ist zum einen der Weg zur Vergesellschaftung des WEG und zur Entmachtung der Wohnungseigentümer. Die Wohnungseigentümer sind aber keine Gesellschafter. Wollen sie das, können sie eine Wohnungseigentumsanlage als GmbH gründen oder ihre Entmachtung vereinbaren. Zum anderen wäre der Weg nur gangbar, wenn wir qualifizierte Verwalter hätten und das gesetzlich gesichert wäre. Wenn es im Bericht heißt, die Forderung nach Einführung eines Sachkundenachweises sowie die Erweiterung des nach § 34c der Gewerbeordnung und nach § 15 MaBV verlangten Versicherungsschutzes auf Sachschäden zu unterstützen, reicht das nicht. Der Weg muss wenigstens ein paralleler sein. Der Vorschlag, dass Wohnungseigentümer die Befugnisse des Verwalters durch Mehrheitsbeschluss erweitern und beschränken können, ist im Übrigen bereits Gesetz (§ 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 WEG); oder soll an § 27 Abs. 4 WEG gedreht werden? Richtig ist hingegen, dass der Verwalter Hausgeldforderungen in eigener Verantwortung auch gerichtlich geltend machen können soll. Aber auch hier ist zu sehen, dass erhebliche Kompetenzen auf den Verwalter übertragen werden. Auch diese Übertragung geht nur, wenn die Person des Verwalters qualifiziert ist und bleibt. Die Idee zu regeln, was für Rechtsgeschäfte, die der Verwalter aufgrund eines später für unwirksam erklärten Beschlusses vorgenommen hat, gesetzlich geregelt werden soll, ist richtig.

IX. Abrechnung

Der Gedanke, dass der Gegenstand des Beschlusses über die Abrechnung die Abrechnungsspitze ist, ist nach richtiger Ansicht nichts Neues. Der Vorschlag, dass diese Idee kodifiziert wird, kann aber kaum schaden und ist sehr nützlich. Der Vorschlag, dass die Gesamtabrechnung und die Einzelabrechnungen und die Darstellung der Instandhaltungsrückstellung Bestandteile der Abrechnung sein sollen, ergibt sich zwanglos bereits jetzt aus § 28 Abs. 1 WEG. Dieses zu regeln ist aber auch nicht schädlich. Anders ist es mit der Darstellung des Vermögens. Will man das, wie vorgeschlagen, muss man auch sagen, was darzustellen ist. Vorschlag: alles!

X. Verwaltungsbeirat

Der Vorschlag, dass die Anzahl der Verwaltungsbeiräte sowie die Person des Vorsitzenden und dessen Stellvertreters durch Beschluss bestimmt werden sollen, ist nicht kühn, nicht nötig, aber kein Irrweg. Ebenso liegt es beim Vorschlag, die Amtszeit des Verwaltungsbeirats auf vier Jahre mit der Möglichkeit der Wiederbestellung festzulegen. Die Idee, dass 31a BGB entsprechend gelten soll, ist zu begrüßen.

XI. Verfahrensrecht

Der Gedanke, § 49 Abs. 2 WEG zu streichen, ist nochmals zu prüfen. Der Sache nach änderte sich nichts (die Haftung kommt aus § 280 BGB), es wird nur alles zäher und länger. Oder? Auch der Vorschlag, § 48 Abs. 3 WEG zu streichen, ist eher fraglich. Zu „Beschlusskassationsklagen“ (?) finden sich „Leitlinien“. Eine Stellungnahme muss daher wieder einem Vorschlag vorbehalten bleiben. Die Empfehlung, dass die Zuständigkeit nach § 43 WEG auch für Streitigkeiten aus dem sachenrechtlichen Grundverhältnis begründet werden soll, ist bereits jetzt in Kommentierungen als geltendes Recht zu lesen, etwa im Bärmann bei Roth.

XII. Mietrecht

Die Eingebung, ein gesetzliches Duldungsrecht der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer einzuführen, das sich an die mietrechtlichen Duldungsnormen anlehnt, mag richtig sein. Der Vorschlag, § 556 Abs. 1 BGB zu ändern, ist hingegen zu bekämpfen und aus sehr vielen Gründen ein Weg in die falsche Richtung. Die dem Wohnungseigentümer erteilte Abrechnung ist als Betriebskostenabrechnung völlig ungeeignet, ein Sonderrecht daher völlig entbehrlich und eine Verkürzung der Mieterrechte. Meine Bitte: Hände weg von §§ 556, 556a BGB!

XIII. Fazit

Es haben sich Fachleute zum WEG ausgetauscht. Dies zeigen gerade die vielen Punkte, die erörtert werden mit dem Schluss, eben nichts zu ändern. Es ist also ein sehr guter Aufschlag gemacht. Einige Vorschläge (Hände weg von § 11 WEG! Keine „GWEG“! Keinen Verwalter als Übervater! Keine Beschneidung von Mieterrechten!) sollten meiner Ansicht nach eher nicht weiterverfolgt werden. Die Zurückhaltung bei § 22 WEG und den §§ 43 ff. WEG ist verständlich, aber bedauerlich. Vieles vom Rest mag kommen, wird das Leben der Wohnungseigentümer aber kaum positiv oder negativ beeinflussen. Dazu hätte es eines modernen, neuen Gesetzes bedurft. Das aber war nicht das Ziel. Bedauerlich ist, dass schon Ende des Jahres der Gesetzentwurf kommen soll. Will man den wirklich guten Bericht nicht erst einmal wirken lassen und einen Diskurs abwarten?

3 Cent? Da gab’s gar nichts – das VG Neustadt schafft Remedur

Ein Bürger aus Stadt Neustadt/W führte 2012 einen Prozess gegen die Stadt. Ende 2017 erging gegen die Stadt ein Kostenfestsetzungsbeschluss, wonach an den Bürger 2,90 Euro zu zahlen seien. Die Stadt überwies sogar 2,91 Euro, aber irrtümlich auf ein falsches Konto. Diesem Fehler wurde alsdann seitens der Stadt im April 2018 durch korrekte Überweisung abgeholfen.
Nun aber setzte dieser Bürger die Rechtsmaschine in Gang. Nach seiner  präzisen Berechnung ergab sich eine noch offene Restforderung von 0,03 Euro wegen angefallener Zinsen. Diese machte er alsdann per Vollstreckungsantrag geltend.

Das VG (Beschluss vom 26.4.2018 – N 200/18.NW) hat den Antrag jedoch mangels Rechtsschutzinteresse abgelehnt. Denn nach Treu und Glauben dürfe die Justiz nicht für unnütze oder unlautere Zwecke in Anspruch genommen werden.
Das Gericht: Bei 0,03 Euro gehe es diesem Bürger ersichtlich nicht um wirtschaftliche Interessen, sondern um das Prinzip des „Rechthabens“.

Eine vernünftige Entscheidung, sicher.

Aber, die Dinge wiederholen sich. Gab es doch schon vor ca. 35 Jahren einen ähnlichen Fall.

Dort hatte das AG Celle (01.07.1983 – 13 C 200/83, in: DWW 1990, 241) eine noch geringere Summe, nämlich vier Pfennige = 2 Cent sogar ausgeurteilt. Und zwar einschließlich Zinsen. Offen ließ der Amtsrichter in Celle aber, wie die Zinsen auf 4 Pfennige auszukehren seien. Etwa im Sinne der (früher nach § 150 StGB strafbaren) Münzverringerung durch Abkratzen von ein paar Metallspänen von den Pfennigmünzen?