Der Coronavirus „SARS-CoV-2“ scheint unser Rechtsempfinden aus der Bahn zu bringen. So tönt es beispielsweise aus Sachsen, es sei kein „guter Stil des Umgangs miteinander“, jetzt zu sagen, das „sei ein Gesetz und das gelte jetzt“. What? Und ein bayerischer Politiker, jetzt „Impfpflicht-Rebell“?, will das nämliche Bundesgesetz, das vor knapp drei Monaten beschlossen wurde, aussetzen. What? Und ein Virologe, also ein Gesetzesexperte, findet das alles „pragmatisch“. Diesen dreien ist offensichtlich gemein, dass sie Gesetze Gesetze sein lassen wollen. Motto: mir san mir!
Umgekehrt „ideenreich“ handeln die, die Gesetze uneingeschränkt ernst nehmen, aber meinen, wer dem Gesetzesbefehl folge, verletze dann doch „Kernrechte“. Keine Narretei! So konnte man in Pressemitteilungen und kann in Aufsätzen lesen, wenn eine aktuelle Corona-Verordnung ungeimpften und nicht genesenen Wohnungseigentümern die Teilnahme an einer Versammlung untersage, stelle dies einen „unzulässigen Eingriff in deren Mitgliedschafts- und Teilhaberechte“ und damit in den „Kernbereich des Eigentums“ dar. Die Folge sei, dass sich Wohnungseigentümer nicht versammeln dürften, gefasste Beschlüsse nichtig seien und Versammlungen abzusagen seien. What? Da bleiben wir lieber auf dem Teppich und lesen zunächst zu anderen „WEG-Terranauten“. Dort wurde bereits über den Kernbereich räsoniert und für die „Kernbereichslehre“, die gegen Beschlüsse, aber auch gegen Vereinbarungen greifen soll, gefordert, zu suchen, bei welchen Weichteilen und welchen Schalen Vereinbarungen einer Inhaltskontrolle standhalten und wo das Unantastbare, also der wahre Kern beginnen soll.
Aber „Kernbereichslehre“ und Gesetze? Da wird man da nicht fündig werden! Die „Kernbereichslehre“ hat keine Funktion gegen Bundes- oder Landesgesetze. Wer Bundes- oder Landesgesetze befolgt, wird selbst die Rechte der Wohnungseigentümer und Wohnungseigentümerinnen nicht verletzen können. So hat es jetzt erstmals auch ein Amtsgericht ausgesprochen, nämlich das in der bayerischen Hauptstadt (AG München v. 6.12.2021 – 1293 C 19127/21 EVWEG). Es heißt dort unter anderem, der Umstand, dass an einer Versammlung nur geimpfte oder genesene Wohnungseigentümer unter der zusätzlichen Voraussetzung eines negativen Testergebnisses hätten teilnehmen können, stelle keinen unzulässigen vorsätzlichen Ausschluss Ungeimpfter und/oder Infizierter dar, sondern sei Folge der Gesetzeslage und der eigenverantwortlich getroffenen Entscheidung derjenigen Wohnungseigentümer, die sich gegen eine Impfung entscheiden haben. Stimmt. Punkt.
Natürlich könnte man das Gesetz, nämlich die Coronaverordnung, auf seine Rechtmäßigkeit prüfen (das hat man im Münchener Amtsgericht nicht getan). Aber wird man fündig werden? These: never ever! Jedenfalls beim BVerfG findet man auf dessen Internetseiten, wer dort eigentlich vorstellig werden darf. Da können Wohnungseigentumsrechtler nur mit den Ohren schlackern. Beispiele? Gern: „Gerichtsfremden Personen ist im Wege der Einlasskontrolle beim Betreten des Bundesverfassungsgerichts der Zugang in das Gerichtsgebäude zu verwehren, wenn diese weder einen Impfnachweis, einen Genesenen-Nachweis, noch einen Testnachweis im Sinne des § 2 Nr. 3, Nr. 5, oder Nr. 7 der COVID-19 Schutzmaßnahmenverordnung vorzeigen können. Testnachweise in Form eines Antigen-Schnelltests dürfen maximal 24 Stunden alt, beim PCR-Test maximal 48 Stunden sein“. Basta! Oder „Der Einlass ist gerichtsfremden Personen auch zu verwehren, wenn sie erkennbare Anzeichen von Symptomen zeigen, welche einen Verdacht auf eine mögliche Infektion begründen (insbesondere Atemwegsbeschwerden oder Grippesymptome, Fieber, Schnupfen, Heiserkeit und Husten).“ Oh Ha! Schnupfen? Heiserkeit?
Anders stellt sich die Rechtslage allerdings dar, wenn die Wohnungseigentümer selbst sich Regeln geben. Hier meine beispielsweise ich, es sei nicht möglich, sich 2G (gar „+“ oder „++“) selbst zu verordnen. Soweit geht das Hausrecht nicht und das erlaubt auch § 19 Abs. 1 WEG nicht. Hier werden Rechte verletzt! Anders ist es aber wohl bei 3G, wenn die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer den Test stellt und man sich gemütlich vor der Teilnahme in Anwesenheit der Verwaltung prüfen kann. Wer das nicht will, bleibt halt fern und nimmt sich einen Vertreter.