Erbschaftsteuerliche Bewertung einer Stiftung & Co. KG

Die Kläger (Kl.) sind die Komplementärin sowie die Kommanditisten einer Stiftung & Co. KG, deren Gegenstand die Verwaltung eigenen und fremden Vermögens ist. Die alleinige Komplementärin ist eine Familienstiftung. Mit dem Tod des Erblassers gingen dessen Kommanditanteile durch Sondererbfolge auf die klagenden Kommanditisten über. Die Komplementärin gab bei dem für die Erbschaftsteuer zuständigen FA eine Feststellungserklärung nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG ab. Das FA forderte anschließend bei dem beklagten Feststellungs-FA auf den Todeszeitpunkt des Erblassers eine gesonderte Feststellung für den Wert des Anteils am Betriebsvermögen nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG einschl. der Angaben zu §§ 13a, 13b ErbStG an. Die Komplementärin kam der Aufforderung des Feststellungs-FA, eine Erklärung gem. § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BewG einzureichen mit der Begründung nicht nach, dass dafür die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 2 EStG nicht vorlägen.

Das Feststellungs-FA nahm gleichwohl eine Feststellung nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BewG vor und teilte dem Erbschaftsteuer-FA mit, es sei kein begünstigungsfähiger Anteil an einem Betriebsvermögen übergegangen. Der Einspruch gegen den Feststellungsbescheid blieb erfolglos. Das FG hat die Klage abgewiesen (FG Münster v. 27.2.2020 – 3 K 3593/16 F, EFG 2020, 831 = ErbStB 2020, 188 [Günther]).

Der BFH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen. § 12 ErbStG sehe für die Bewertung bestimmter zum Erwerb gehörender Vermögensgegenstände gesonderte Feststellungen vor. Über deren Erfordernis dem Grunde nach entscheide das Erbschaftsteuer-FA, über die Qualifikation des Feststellungsgegenstands nach den Kategorien des § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 4 BewG das Feststellungs-FA. Die Feststellung nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BewG sei materiell-rechtlich zutreffend, da die die Stiftung & Co. KG insb. keine gewerblich geprägte Personengesellschaft darstelle, die eine Feststellung nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG gerechtfertigt hätte. Das FA sei nicht daran gebunden gewesen, dass das Erbschaftsteuer-FA eine Wertfeststellung nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG angefordert habe, sondern hatte selbst zu entscheiden, ob die Wertfeststellung nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 4 BewG vorzunehmen ist.

Maßgeblichkeit des Wertfeststellungsbescheids: Ob ein Vermögenswert Betriebsvermögen i.S.v. § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG darstellt oder ob es sich vielmehr um einen Anteil am Wert von anderen Vermögensgegenständen i.S.v. § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BewG handelt, ist Tatbestandsvoraussetzung und damit Feststellungsgrundlage des Wertfeststellungsbescheids nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 4 BewG. Diese Feststellungsgrundlage bildet nach § 181 Abs. 1 Satz 1 AO i.V.m. § 157 Abs. 2 AO einen mit Rechtsbehelfen nicht selbständig anfechtbaren Teil des Wertfeststellungsbescheids, soweit sie ihrerseits nicht gesondert festgestellt wird. Sie ist als Rechtmäßigkeitsvoraussetzung im jeweiligen Rechtsbehelfsverfahren sowie im Klageverfahren gegen den jeweiligen Wertfeststellungsbescheid vollständig zu prüfen (§ 367 Abs. 2 Satz 1 AO und § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

Steuerrechtliche Beurteilung der Stiftung & Co. KG: Für eine vermögensverwaltende Stiftung & Co. KG, bei der ausschließlich eine Stiftung persönlich haftende Gesellschafterin ist, ist ein Wert nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BewG festzustellen. § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG ist nicht anwendbar. Die vermögensverwaltende Stiftung & Co. KG ist keine gewerblich geprägte Personengesellschaft i.S.v. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. Der Kapitalgesellschaftsbegriff des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG kann nicht durch normspezifische Auslegung auf Stiftungen erweitert werden. Für eine analoge Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG oder des § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG i.V.m. §§ 95, 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BewG fehlt es nicht nur an einer gesetzlichen Lücke, sondern auch an einer Vergleichbarkeit der Sachverhalte.

Der der Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt lässt vermuten, dass die Erbfolge von Todes wegen zu Lebzeiten des Erblassers keiner vorherigen intensiven fachkundigen Analyse der erbschaftsteuerlichen Konsequenzen der Gesellschaftsstruktur unterzogen worden ist. Aus den Entscheidungsgründen geht hervor, dass sich die Beteiligten auf die unzutreffende Einordnung der Stiftung & Co. KG anlässlich der Festsetzung für die laufende Ertragsbesteuerung berufen haben. Soweit die Gesellschaft bisher seitens der Finanzverwaltung ertragsteuerrechtlich als Personengesellschaft i.S.v. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG behandelt worden sein sollte, erzeugt dies jedoch keine Bindung für die Besteuerung zu Erbschaftsteuerzwecken.

Dabei hätte es durchaus Möglichkeiten zu Lebzeiten des Erblassers gegeben, bei der Stiftung & Co. KG steuerlich begünstigtes Betriebsvermögen für erbschaftsteuerliche bzw. schenkungsteuerliche Zwecke zu schaffen. Dazu gehören neben der Ausübung eigener gewerblicher Tätigkeiten der Stiftung & Co. KG insb. aber auch deren Infizierung durch eine gewerbliche Beteiligung. Im Bereich der Vermögensverwaltung bietet sich dafür ein geschlossener Fonds (z.B. gewerblicher Private Equity-Fonds) an.

BFH v. 27.4.2022 – II R 9/20, ErbStB 2022, 253

Abzug eines vor dem Tod des Erblassers fällig gewordenen Zugewinnausgleichsanspruchs als Nachlassverbindlichkeit

Die Klägerin (Kl.) und der Erblasser waren zu beider Lebzeiten zunächst im gesetzlichen Güterstand verheiratet. Im Jahr 2012 vereinbarten sie eine Gütertrennung einschl. einer in diesem Zusammenhang durch den Erblasser an die Kl. zu leistenden Zugewinnausgleichszahlung. In einem zeitgleich errichteten gemeinschaftlichen Testament setzten sich beide gegenseitig zu alleinigen Vorerben ein. Der Zugewinnausgleichsanspruch sollte der Kl. für den Erbfall einen Anspruch auf Liquidität verschaffen, über den sie unabhängig von ihrer Stellung als Vorerbin alleine verfügen können sollte. Nach dem Tod des Erblassers im Jahr 2020 machte die Kl. in ihrer Erbschaftsteuererklärung die Zugewinnausgleichszahlung i.H.d. vereinbarten Nennbetrages als abzuziehende Verbindlichkeit geltend.

Das beklagte FA hielt diese Verbindlichkeit aus der Beendigung des Zugewinns als Nachlassverbindlichkeit nicht für abzugsfähig. Der Vertrag über die Beendigung des Zugewinns sei bereits im Jahr 2012 geschlossen worden. Bis zum Tod des Erblassers seien darauf keine Zahlungen erfolgt, so dass der Erblasser nicht mehr mit einer Inanspruchnahme seitens der Kl. habe rechnen müssen. Im Ergebnis sei der Erblasser mit der Forderung nicht wirtschaftlich belastet gewesen. Dagegen erhob die Kl. Klage beim FG.

Das FG hat der Klage der Kl. stattgegeben und entschieden, dass ein vor dem Tod des Erblassers fällig gewordener Zugewinnausgleichsanspruch als Nachlassverbindlichkeit abgezogen werden kann, sofern im Einzelfall die Voraussetzungen für eine wirtschaftliche Belastung i.S.d. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG gegeben sind.

Der Abzug von Nachlassverbindlichkeiten i.R.d. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG setze als teleologisch begründetes Korrektiv voraus, dass sie im Todeszeitpunkt eine wirtschaftliche Belastung dargestellt haben. Zu diesem Zeitpunkt sei im Fall des Erblassers die wirtschaftliche Belastung durch den Zugewinnausgleichsanspruch als gegeben anzusehen. Bei objektiver Würdigung der Verhältnisse war damit zu rechnen, dass die Kl. diesen Anspruch geltend machen werde. Der Anspruch sollte die Kl. beim Tod des Ehemannes absichern und sei daher nicht zu dessen Lebzeiten geltend gemacht worden. Zudem sei der Anspruch im Todeszeitpunkt zivilrechtlich auch noch nicht verjährt gewesen, da die Verjährung bis zum Zeitpunkt des Erbfalls gehemmt sei. Auch habe es an einem durch die berechtigte Ehefrau gesetzten Vertrauenstatbestand gefehlt, aufgrund dessen der Erblasser davon hätte ausgehen dürfen, dass die Kl. den Zugewinnausgleichsanspruch nicht mehr geltend machen würde, so dass auch eine zivilrechtliche Verwirkung gem. § 242 BGB ausscheide.

Zugewinnausgleichsanspruch und wirtschaftliche Belastung: Der Abzug von Nachlassverbindlichkeiten setzt nach st. Rspr. des BFH voraus, dass sie im Todeszeitpunkt eine wirtschaftliche Belastung dargestellt haben. Daran fehlt es, wenn bei objektiver Würdigung der Verhältnisse in diesem Zeitpunkt nicht damit gerechnet werden konnte, dass der Gläubiger seine Forderung geltend machen werde. Das Merkmal der wirtschaftlichen Belastung ist ein teleologisch begründetes Korrektiv. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG verlangt seinem Wortlaut nach nicht ausdrücklich danach. Bei objektiver Würdigung der Verhältnisse muss zum Zeitpunkt des Todes des Ehepartners damit zu rechnen sein, dass dieser Anspruch geltend gemacht wird.

Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Eine wirtschaftliche Belastung liegt insb. dann vor, wenn damit dem Erben unter Liquiditätsaspekten finanzielle Mittel für die Zeit nach dem Erbfall zur Verfügung gestellt werden sollen. Alleine aus dem Umstand, dass der berechtigte Erbe zu Lebzeiten sich hinsichtlich der Geltendmachung von einzelnen Teilforderungen nicht an die vereinbarten Fälligkeitstermine gehalten hat, folgt jedenfalls nicht der Ausschluss der Annahme der wirtschaftlichen Belastung. Es besteht kein Erfordernis dahingehend, dass der Gläubiger des Zugewinnausgleichsanspruchs die Leistung bei einer zeitlich hinausgeschobenen Fälligkeit unmittelbar bei Eintritt der Fälligkeit verlangt.

Die Verjährung des Zugewinnausgleichsanspruchs ist gem. § 207 Abs. 1 Satz 1 BGB von Anfang an gehemmt, solange die Ehe besteht, d.h. bis zum Tod des Ehepartners (vgl. § 1482 BGB). Dementsprechend beginnt die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB gem. § 187 Abs. 1 BGB an dem auf den Todestag folgenden Tag, und endete drei Jahre später nach § 188 Abs. 2 BGB.

Der durch das FG Münster behandelte Sachverhalt zeigt, dass der gesetzliche Zugewinnausgleichsanspruch bei Beendigung der ehelichen Zugewinngemeinschaft zu Lebzeiten ein interessantes Gestaltungsmodell für die steuerliche Beratungspraxis ist. Grund dafür ist neben der steuerfreien Zuwendung des Ausgleichsanspruchs an den Ehepartner die in Abhängigkeit vom Einzelfall zusätzlich bestehende Möglichkeit diesen Anspruch als Belastung des Nachlasses zum erbschaftsteuerlichen Abzug zu bringen.

Die Entscheidung des FG verdeutlicht die Notwendigkeit in der Gestaltung darauf zu achten, dass sich die Verbindlichkeit aus Sicht des Erblassers tatsächlich auch als eine wirtschaftliche Belastung für dessen Nachlass darstellen muss. Es dürfte nicht überraschen, wenn die Finanzverwaltung i.R. eines Jahressteuergesetzes dafür sorgen sollte, diese Gestaltungsmöglichkeit zukünftig auszuschließen.

FG Münster v. 24.2.2021 – 3 K 1298/21 Erb (rkr.), ErbStB 2022, 167