Probleme beim Veräußerungsgewinn und Ausflug in die AO

Unser Mandant ist seit vielen Jahren an einer ärztlichen Gemeinschaftspraxis beteiligt. Im Jahre 2006 erhielt diese aus drei Ärzten bestehende Praxis von der Kassenärztlichen Vereinigung begünstigte Nachzahlungen i.S.v. § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG für mehrere Jahre, für die wir im Gewinnfeststellungsbescheid die Fünftelregelung nach § 34 Abs. 1 EStG beantragt haben. Der Feststellungsbescheid erging erklärungsgemäß.

In den Einkommensteuererklärungen der Beteiligten setzten wir demgemäß die festgestellten Nachzahlungen als durch die Fünftelregelung begünstigte Einkünfte ein. Bei zwei der Gesellschafter wurde diese Vergünstigung antragsgemäß gewährt, während bei einem Beteiligten fälschlicherweise – aber zugunsten des Mandanten – der ermäßigte Steuersatz für Veräußerungsgewinne nach § 34 Abs. 3 EStG gewährt wurde. Der Steuervorteil aus dem zu Unrecht gewährten ermäßigten Steuersatz gegenüber der Fünftelregelung betrug für unseren Mandanten etwa 8.000 €. Einen Einspruch zulasten des Mandanten hatten wir nicht eingelegt. Der Bescheid wurde bestandskräftig.

Im Jahre 2016 schied der betreffende Gesellschafter aus der Gemeinschaftspraxis aus. Wir machten den ermäßigten Steuersatz für den Veräußerungsgewinn geltend, den das Finanzamt unter Hinweis auf den bereits in 2006 in Anspruch genommenen ermäßigten Steuersatz ablehnte. Die Steuerauswirkung beträgt etwa 300.000 € zulasten unseres Mandanten.

Das Finanzamt beruft sich bei seiner Ablehnung auf das Urteil des BFH vom 8.3.1994 – IX R 12/90. In diesem Urteil hatte der BFH die erneute Gewährung der Vergünstigung des selbstgenutzten Wohneigentums nach § 7b EStG abgelehnt, auch wenn sie vom Finanzamt zu Unrecht gewährt worden war. Nach meiner Einschätzung geht der Hinweis seitens des Finanzamts erstens fehl, weil die Vorschrift des § 7b EStG sowohl im Jahre 2006 als auch im Jahre 2016 nicht mehr galt und zweitens, weil der Steuerpflichtige in den 7b-Fällen tatsächlich zwei selbstgenutzte Immobilien erworben hatte. In unserem Fall lag aber in 2006 ein Fall der Fünftelregelung und im Jahr 2016 ein Fall des ermäßigten Steuersatzes vor, also zwei verschiedene Sachverhalte mit zwei unterschiedlichen Vergünstigungsvorschriften.

Darüber hinaus beruft sich das Finanzamt auf die Rechtsprechung des BFH vom 21.7.2009 – X R 2/09, in dem der Steuerpflichtige in einem Jahr einen Veräußerungsgewinn erzielt hatte, für den er zwar den ermäßigten Steuersatz nicht beantragt, aber vom Finanzamt zu Unrecht erhalten hatte und nunmehr für eine weitere Veräußerung die Vergünstigung des § 34 Abs. 3 EStG erneut in Anspruch nehmen wollte. In unserem Fall liegen aber nicht zwei Veräußerungsgewinne, sondern eine Zusammenballung von Einkünften und ein Veräußerungsgewinn vor.

Darüber hinaus beruft sich das Finanzamt auf den Beschluss des BFH vom 1.12.2015 – X B 111/15. Dieser Beschluss kann m.E. schon deshalb nicht anwendbar sein, weil er chronologisch nach Ergehen des Bescheides für 2006 erlassen wurde. Es hätte für den Berater schon hellseherische Kräfte erfordert, in 2006 zu erkennen, das der BFH eine Beschwer nach § 350 AO sieht, wenn sich der Steuerpflichtige nicht gegen eine ihm zu Unrecht gewährte Vergünstigung wehrt. Im Übrigen kommt der BFH in diesem Urteil zu dem Ergebnis, dass dem Steuerpflichtigen die Vergünstigung über die Billigkeitsregelung des § 163 AO zu gewähren sei, wenn der damals gewährte Steuervorteil zu dem nunmehr versagten Steuernachteil gering ist. In unserem Fall beträgt der in 2006 zu Unrecht gewährte Steuervorteil etwa 2,67 % des in 2016 nicht gewährten Steuervorteils und ist m.E. als gering anzusehen, so dass die Vergünstigung des ermäßigten Steuersatzes erneut gewährt werden müsste.

Im Übrigen bestand m.E. in 2006 keine Verpflichtung, das Finanzamt auf die zu Unrecht gewährte Vergünstigung hinzuweisen.

Das Finanzamt lässt sich durch alle diese Argumente allerdings nicht beeindrucken. Nicht einmal dadurch, dass wir bereits angekündigt haben, für den Fall des Unterliegens im finanzgerichtlichen Verfahren den entstandenen Schaden im Rahmen eines Amtshaftungsanspruches geltend zu machen.

Natürlich gibt es noch einige weitere Aspekte, die in diesem Fall vortragen werden. Es geht um Fragen der materiellen Bestandskraft, des Ermessens, der echten Rückwirkung etc. Die Schriftsätze umfassen insgesamt etwa 20 Seiten. Das würde den Rahmen des Blogs wohl sprengen.

Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen – Ausreichende Ertragsfähigkeit des übergebenen Vermögens

Im Fall des FG Niedersachsen (v. 27.9.2017 – 3 K 318/15) war im zweiten Rechtszug der Abzug von Altenteilsleistungen als Sonderausgaben streitig. Der vom Steuerpflichtigen übernommene landwirtschaftliche Betrieb hatte im Jahr der Vermögensübergabe (2006) und in den beiden Vorjahren auch bei Hinzurechnung der Abschreibungen und des Nutzungswerts der Wohnung des Vermögensübergebers durchgehend Verluste erwirtschaftet, so dass die Vermutung widerlegt war, die Beteiligten könnten im Zeitpunkt der Übertragung angenommen haben, der Betrieb werde auf Dauer ausreichende Gewinne erwirtschaften, um die wiederkehrenden Leistungen abzudecken. Nachdem in den beiden auf die Hofübergabe folgenden Jahren keine wesentliche Besserung der Ertragslage erfolgte, gab der Steuerpflichtig im WJ 2009/2010 die bis dahin betriebene Schweinmast auf und verpachtete die Ackerflächen.

Das FG-Urteil im ersten Rechtszug wurde vom BFH aufgehoben und das FG zu weiteren Sachverhaltsermittlungen dahingehend verpflichtet, ob die Vertragsparteien im Zeitpunkt der Vermögensübergabe davon ausgehen konnten, der Ertrag des übergebenen Vermögens werde – trotz der Verluste im Jahr der Vermögensübergabe und den Vorjahren – ausreichen, die vereinbarten Versorgungsleistungen (Bar- und Sachleistungen) zu decken (BFH v. 8.7.2015 – X R 47/14, ErbStB 2016, 46).

Das FG hat der Klage auch im zweiten Rechtszug stattgegeben. Zwar konnte der Steuerpflichtige die Erwirtschaftung ausreichender Nettoerträge in einer die vereinbarten Versorgungsleistungen deckenden Höhe aus dem übernommenen Vermögen nicht auf die Annahme stützen, dass sich die Ertragssituation des Betriebs durch in der Zukunft steigende Absatzpreise für Mastschweine oder durch wegfallende Lohnaufwendungen verbessern werde.

Die Erwartung dauerhaft ausreichender Vermögenserträge ergab sich aber aus der Möglichkeit, die Ertragsfähigkeit des Hofs durch die Aufgabe der Schweinemast und die Verpachtung der Ackerflächen zu verbessern und den Zinsaufwand durch eine Verbesserung der Refinanzierungsstruktur zu verringern.

Der Umstand, dass sich der Steuerpflichtige erst zu einer Verpachtung entschlossen hat, nachdem seine Erwartung auf einen Anstieg der Schweinepreise enttäuscht worden war, steht nicht in Widerspruch zu der Annahme, dass er diese Möglichkeit bereits im Zeitpunkt der Betriebsübernahme erkannt und bei der Beurteilung der Ertragsfähigkeit des übernommenen Betriebs in Betracht gezogen hat.

In dieser Beurteilung liegt kein Widerspruch zum zurückverweisenden BFH-Urteil (BFH v. 8.7.2015 – X R 47/14, ErbStB 2016, 46). Denn zu den Umständen, von denen laut BFH im Einzelfall abhängt, ob die vorhandene Substanz im Einzelfall einen Schluss auf die Ertragsfähigkeit des Betriebs zulassen könne, gehört auch die Höhe der aus der Verpachtung der betrieblichen Flächen erzielbaren Pachterlöse.

Konsequenz: Die Besprechungsentscheidung hat auch Auswirkungen auf Veranlagungszeiträume ab 2015 (s. § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG ). Wegen der gegen sie eingelegten Revision ist sie allerdings vorläufig nicht rechtskräftig. Die Entscheidung des BFH bleibt abzuwarten. Berufen Sie sich in vergleichbaren Fällen auf die Besprechungsentscheidung und beantragen Sie das Ruhen des Verfahrens sowie Aussetzung der Vollziehung.

FG Niedersachsen v. 27.9.2017 – 3 K 318/15, Rev. eingelegt, Az. d. BFH: X R 40/17, ErbStB 2018, 196

Begünstigtes Vermögen bei Wohnungsvermietungsgesellschaften

Mit Urteil v. 24.10.2017 – II R 44/15, ErbStB 2018, 103 m. Komm. Herbst, hat der BFH entschieden, dass Wohnungen, die eine Wohnungsvermietungsgesellschaft an Dritte überlässt, nur zum begünstigten Vermögen im Sinne des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 lit. d ErbStG a.F gehören, wenn die Gesellschaft neben der Vermietung im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes Zusatzleistungen erbringt, die das bei langfristigen Vermietungen übliche Maß überschreiten. Der BFH begründet dies damit, dass die Vermietungstätigkeit nach ertragsteuerlichen Grundsätzen die Grenze der privaten Vermögensverwaltung überschreiten und als originär gewerblich im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 ESG zu qualifizieren sein müsse. Hierfür reiche die bloße Verwaltung und Bewirtschaftung von Wohnungen ebenso nicht aus wie es auf die Anzahl der vermieteten Wohnungen nicht ankomme.

Diese Entscheidung, die amtlich veröffentlicht wird, wendet die Finanzverwaltung über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht an und hat die Finanzämter angewiesen, an der bisherigen typisierenden Betrachtungsweise in R E 13b.13 Abs. 3 ErbStR 2011 weiterhin festzuhalten.

Gleichlautende Ländererlasse v. 23.4.2018, z.B. Ministerium der Finanzen NRW v. 23.4.2018 – S 3812b – 1 – V A 6

 

Mittelbare Grundstücksschenkung

Das FG München hat entschieden, dass eine mittelbare Grundstücksschenkung, bei der der Schenker die Kosten sowohl des Erwerbs des bebauten Grundstücks als auch des anschließenden Um- oder Neubaus trägt, erst mit Abschluss der Baumaßnahmen vollständig vollzogen ist.

Das FG München hatte über folgenden Sachverhalt zu entscheiden: Die Klägerin und ihr Ehemann erwarben mit Kaufvertrag vom 23.12.2011 für 5,7 Mio. € ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück. Sie beabsichtigten, das Haus umfangreich zu sanieren und auf dem Grundstück einen zusätzlichen Neubau zu errichten. Nach Abschluss der Baumaßnahmen sollte das Grundstück von den Eheleuten mit ihren beiden Kindern sowie den Eltern der Klägerin zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden. Nachdem in dem Gebäude eine Asbestbelastung festgestellt wurde, entschieden sich Eheleute, das Gebäude abzureißen und planten einen kompletten Neubau. Dieser verzögerte sich aus nicht von den Klägern zu vertretenden Gründen, so dass Fertigstellung und Einzug erst in 2015 erfolgen konnten.

Die finanziellen Mittel für den Grundstückskauf und die Baumaßnahmen stammten alleine vom Ehemann und aus von ihm aufgenommenen Krediten. In ihrer Schenkungsteuererklärung erklärte die Klägerin die Schenkung eines hälftigen Miteigentumsanteils an dem bebauten Grundstück i.H.v. 2,85 Mio. € und beantragte die Steuerbefreiung für ein Familienheim nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG.

Das FA lehnte die Gewährung der Steuerbefreiung mit der Begründung ab, das die Voraussetzungen einer Selbstnutzung der Immobilie als Familienheim zum Zeitpunkt der Steuerentstehung am 23.12.2011 nicht vorlägen.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren hat das FG der Klage stattgegeben. Es kommt zu dem Ergebnis, dass der Bescheid aufzuheben war, weil die Steuer nicht mit Abschluss des notariellen Kaufvertrages am 23.12.2011, sondern erst mit Fertigstellung des Neubaus in 2015 entstanden sei. Erst in diesem Zeitpunkt stehen die gesamten Baukosten und damit die Höhe des Erwerbs fest. Über die Frage, ob die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG vorliegen, hatte das Gericht deshalb nicht zu entscheiden.

Das FG stellt die unterschiedlichen Zeitpunkte für die Steuerentstehung bei einer mittelbaren Grundstücksschenkung anhand der BFH-Rspr. dar:

  • Erwerb eines Grundstücks: Erklärung Auflassung und Eintragungsbewilligung;
  • Neubau oder Umbau: Zeitpunkt der Fertigstellung der Baumaßnahme;
  • Saniertes und renoviertes Gebäude: Zeitpunkt des Abschlusses der Sanierungs- und Renovierungsarbeiten.

Diese Grundsätze entsprechen auch der Auffassung der Finanzverwaltung in R E 9.1 Abs. 2 ErbStR.

Der Wechsel von der Renovierungsabsicht zur Absicht, ein Gebäude abzureißen und ein neues Gebäude zu errichten, ändere nichts daran, dass die Steuer erst mit Abschluss der Baumaßnahmen entsteht. Der relativ lange Zeitraum von etwa vier Jahren vom Erwerb des Grundstücks bis zur Fertigstellung lässt nach Auffassung des Gerichts die Grundsätze einer mittelbaren Grundstücksschenkung über einen Neubau nicht entfallen, sofern die Beteiligten die Absicht, das erworbene Grundstück mit einem Neubau zu versehen nicht zwischenzeitlich aufgeben.

Der spätere Entstehungszeitpunkt der Steuer hat für den Steuerpflichtigen Vor- und Nachteile:

  • Nachteilhaft ist, dass nicht der niedrigere Grundstückswert im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages, sondern der höhere Wert des Neubaus als Bemessungsgrundlage anzusetzen ist. Sollten die Voraussetzungen für ein Familienheim vorliegen, spielt dieser Nachteil wegen der voll umfänglichen Steuerbefreiung jedoch keine Rolle.
  • Vorteilhaftig wirkt sich der spätere Entstehungszeitpunkt der Steuer auf die Zehn-Jahres-Frist für Vorschenkungen aus, wodurch der persönliche Freibetrag möglicherweise ganz oder teilweise wieder auflebt.

FG München v. 21.2.2018 – 4 K 1464/15, NZB eingelegt, Az. d. BFH: II B 27/18

Vergleichswertverfahren: Ableitung von Vergleichspreisen des Gutachterausschusses

Das FG Niedersachsen hat mit Urteil vom 7.12.2017 entschieden, dass das FA nicht befugt ist, die ihm vom Gutachterausschuss für Grundstückswerte für einen Stichtag mitgeteilten Vergleichspreise für einen anderen Stichtag zu verwerten. Das gilt auch, wenn die Abweichung nur einen Tag beträgt.

Im Streitfall erhielt die Klägerin mit notariellem Übergabevertrag vom 26.2.2009 von ihrer Tochter unentgeltlich einen halben Miteigentumsanteil an einer Eigentumswohnung (ETW) i.R. einer Erbauseinandersetzung. Der Senat hatte mit Urteil vom 11.4.2014 – 1 K 107/11, EFG 2014, 1364 = ErbStB 2014, 182 m. Komm. Heinrichshofen, den Bescheid und die Einspruchsentscheidung mit der Begründung aufgehoben, das FA habe die Vorgaben der §§ 182, 183 BewG nicht beachtet, die im Streitfall grundsätzlich die Anwendung des Vergleichswertverfahrens vorsehen. Die Vorgehensweise des FA, den Wert anhand des auf der Website der Gutachterausschüsse für Grundstückswerte angebotenen Immobilienpreiskalkulators zu ermitteln, habe keine gesetzliche Grundlage.

Das FA bat daraufhin den zuständigen Gutachterausschuss für Grundstückswerte (GAA), die Preise von Vergleichsgrundstücken für das näher beschriebene Grundstück auf den Bewertungsstichtag 27.2.2009 mitzuteilen. Der GAA entschied am 10.12.2014, es seien für den Wertermittlungs- und Qualitätsstichtag 27.2.2009 13 Vergleichspreise zwischen 179.000 € und 247.000 € vorhanden und teilte dies dem FA mit. Das FA stellte mit Bescheid vom 17.2.2015 den Grundstückswert entspr. R B 183 Abs. 2 Satz 5 ErbStH 2012 mit dem Durchschnittswert der Vergleichspreise i.H.v. 214.692 € fest, wovon 107.346 € auf die Klägerin übertragen worden seien. Die Feststellung erfolgte auf den Besteuerungszeitpunkt 26.2.2009.

Die Klage ist begründet: Der streitige Bescheid entspreche nicht den Anforderungen des § 183 Abs. 1 BewG. Nach § 182 Abs. 2 Nr. 1 BewG sei Wohnungseigentum grundsätzlich im Vergleichswertverfahren zu bewerten. Das FA hat diese Vorgaben nicht beachtet. Es hat den GAA nicht gebeten, Vergleichspreise oder -faktoren auf den 26.2.2009, den Bewertungsstichtag des Feststellungsbescheids, mitzuteilen. Aufgrund der unterbliebenen Anfrage hat der GAA auch nicht erklärt, auf diesen Stichtag existierten keine Vergleichspreise oder ‑faktoren. Das FA hat zwar den GAA um die Mitteilung von Vergleichspreisen gebeten, allerdings auf den Stichtag 27.2.2009.

Zutreffender Bewertungsstichtag?: Bei dem 26.2.2009 dürfte es sich zwar um den materiell-rechtlich zutreffenden Bewertungsstichtag handeln, wie sich aus dem Senatsurteil vom 11.4.2014 ergibt. Der Zeitpunkt der Steuerentstehung gehört auch nicht zu den Besteuerungsgrundlagen, über die in den Bescheiden zur gesonderten Feststellung der Grundbesitzwerte verbindlich zu entscheiden ist. Gleichwohl handelt es sich bei der Angabe des Zeitpunkts, auf den die Bewertung vorgenommen worden ist, um ein zwingendes materielles Erfordernis, der den Grundstückswertbescheid in materiell-rechtlicher Hinsicht kennzeichnet und individualisiert (vgl. BFH v. 27.1.2006 – II B 6/05, BFH/NV 2006, 908). Grundbesitzwerte werden unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse und der Wertverhältnisse „zum Bewertungsstichtag“ festgestellt (§ 157 Abs. 1 Satz 1 BewG).

Es war nicht entscheidungserheblich, dass sich der vom GAA zugrunde gelegte Stichtag und der Stichtag laut Bescheid nur um einen Tag unterscheiden. Auf die Wahrscheinlichkeit, dass eine Anfrage beim GAA auf den 26.2.2009 zu anderen als den auf den 27.2.2009 mitgeteilten Ergebnissen führen wird, kommt es nach Auffassung des FG nicht an. Mit der in § 183 Abs. 1 und 2 BewG vorgenommenen Zuständigkeitsverteilung wäre es unvereinbar, wenn Finanzbehörde oder FA entscheiden dürften, vom GAA auf einen bestimmten Stichtag mitgeteilte Vergleichspreise oder ‑faktoren seien auch auf einen anderen Stichtag maßgeblich. Der Gesetzgeber habe die Ermittlung von Vergleichspreisen und -faktoren explizit den Gutachterausschüssen aufgegeben, da diesen aufgrund ihrer besonderen Sach- und Fachkenntnis und ihrer größeren Ortsnähe sowie der in hohem Maße von Beurteilungs- und Ermessenserwägungen abhängigen Wertfindung eine vorgreifliche Kompetenz bei der Feststellung von Vergleichspreisen und -faktoren zukommt. Eine fachliche Überprüfung durch – mit geringerer Sachkunde ausgestattete – Gerichte würde dem widersprechen.

Mit diesem Rechtsgedanken habe der BFH auch entschieden, dass die von den Gutachterausschüssen nach § 145 Abs. 3 Satz 2 BewG ermittelten und den FA mitgeteilten Bodenrichtwerte für die Beteiligten im Steuerrechtsverhältnis verbindlich und einer gerichtlichen Überprüfung regelmäßig nicht zugänglich sind (vgl. BFH v. 11.5.2005 – II R 21/02, BFHE 210, 48 = BStBl. II 2005, 686; BFH v. 26.4.2006 – II R 58/04, BStBl. II 2006, 793 = ErbStB 2006, 248 m. Komm. Halaczinsky, und BFH v. 16.12.2009 – II R 15/09, BFH/NV 2010, 1085; FG Niedersachsen v. 17.9.2015 – 1 K 147/12, EFG 2016, 185 = ErbStB 2016, 76 m. Komm. Günther – zu Vergleichspreisen).

Die zugelassene Revision wurde nicht eingelegt.

FG Niedersachsen v. 7.12.2017 – 1 K 219/15, ErbStB 2018, 138

Besteuerung vorheriger Erwerbe gemäß dem ErbStG 2009 nach dem 30.6.2016

Das Finanzgericht Hamburg hat mit Entscheidung vom 28.4.2017 – 3 K 293/16 – entschieden, dass Erwerbe vor dem 30.6.2016 nach diesem Datum gemäß dem ErbStG 2009 besteuert werden. Für diese Erwerbe komme es weder auf eine isolierende Auslegung der Weitergeltungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts noch auf eine Rückwirkung des ErbStG 2016 an.

Streitig war die Rechtmäßigkeit des sich auf einen Erbfall in 2013 beziehenden Erbschaftsteuerbescheids vom 19.7.2016, also nach Ablauf der Weitergeltungsordnung aus dem ErbStG-Urteil des BVerfG vom 17.12.2014 (1 BvL 21/12, BStBl. II 20015 50, s.a. M. Söffing/Thonemann-Micker, ErbStB 2015, 40; Königer/Mühlhaus, ErbStB 2015, 71; Guerra/Mühlhaus, ErbStB 2016, 230).

Dem Urteil lag vereinfacht folgende Chronologie zugrunde:

  • 2013 Erbfall mit zwei Immobilien
  • 8/2014 Erlass Grundbesitzwertbescheide (GBW), Anfechtung mit Einspruch
  • 17.12.2014 BVerfG-Urteil zum ErbStG mit Weitergeltungsanordnung bis 30.6.2016
  • 28.7.2015 Erlass des streitgegenständlichen Erbschaftsteuerbescheids, Anfechtung mit Einspruch
  • 1/2016 Änderung der GBW-Bescheide auf Grund Einspruchs
  • 30.6.2016 Ablauf Weitergeltungsanordnung BVerfG
  • 19.7.2016 Änderung Erbschaftsteuerbescheid nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO wegen geänderter GBW-Bescheide
  • 4.11.2016 Inkrafttreten des ErbStG 2016
  • 10.11.2016 ablehnende Einspruchsentscheidung
  • 13.12.2016 Klageerhebung

In seiner Klagebegründung macht der Kläger im Wesentlichen geltend, dass die Frist der Weitergeltungsanordnung bei Erlass des Änderungsbescheides am 19.7.2016 überschritten war. Würde das toleriert werden, könnte ein verfassungswidriges Gesetz zeitlich unbegrenzt fortgelten. Die Weitergeltungsanordnung selber sei verfassungswidrig, weil ein Haushaltsnotstand wegen des geringen Steueraufkommens der ErbSt im Verhältnis zum Gesamtsteueraufkommen ausgeschlossen sei. Im Übrigen hatte der Fiskus ausreichend Zeit, sich auf die Verfassungswidrigkeit des ErbStG einzustellen. Darüber hinaus sei der Grundrechtsschutz des Bürgers höher zu bewerten als die Haushaltsinteressen des Staates.

Der Kläger rügt darüber hinaus die Verfassungswidrigkeit des § 31 BVerfGG, weil mit dieser einfachgesetzlichen Vorschrift der Grundsatz der Gewaltenteilung des Art. 20 Abs. 3 GG ausgehebelt würde.

Außerdem seien sowohl das ErbStG 2009 als auch das ErbStG 2016 weiterhin verfassungswidrig, weil Grundbesitz gegenüber Betriebsvermögen immer noch benachteiligt sei, obwohl beide Vermögensarten einer gleich hohen Sozialbindung unterlägen.

Das ErbStG 2016 sei darüber hinaus verfassungswidrig, weil es erstens eine unzulässige Rückwirkung auf den 1.7.2016 enthalte, zweitens die Verschonungsneuregelungen für das Betriebsvermögen undurchführbar kompliziert seien und sie dadurch einen unverhältnismäßigen Steuervollzug auslösen würden und drittens der Kapitalisierungsfaktor von 13,75 für die Bewertung von Betriebsvermögen willkürlich sei.

Das Finanzgericht hat die Klage abgewiesen. Es begründet seine Entscheidung damit, dass die Weitergeltungsanordnung nur so verstanden werden kann, dass auf alle innerhalb der Frist verwirklichten Erwerbsvorgange abzustellen ist und nicht auf deren endgültige Steuerfestsetzung.

An die Weitergeltungsanordnung im ErbStG-Urteil des Bundesverfassungsgerichts sieht sich das Finanzgericht nach § 31 BVerfGG gebunden. Es erkennt auch keine Möglichkeit einer Richtervorlage der vom Bundesverfassungsgericht selbst getroffenen Weitergeltungsanordnung an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG, weil die Weitergeltungsanordnung lediglich gesetzesähnlich sei und somit nicht der Normenkontrolle von Gesetzen unterläge.

Das Finanzgericht ist außerdem der Auffassung, dass die Voraussetzungen für eine erneute Vorlage des ErbStG 2009 an das Bundesverfassungsgericht nicht vorliegen, weil es dafür zu wesentlichen tatsächlichen oder rechtlichen Veränderungen seit dem Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts – also dem 17.12.2014 – gekommen sein müsste.

Einen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot des ErbStG 2016 verneint das Finanzgericht im Streitfall, weil der Erbfall vor Ablauf der Weitergeltungsanordnung eingetreten ist. Mangels Rückwirkung kommt eine Vorlage des ErbStG 2016 an das Bundesverfassungsgericht ebenfalls nicht in Betracht.

Die Entscheidung ist zu einem Sachverhalt ergangen, in dem der Erstbescheid (vom 27.7.2015) innerhalb der Weitergeltungsanordnung ergangen ist. Nach Ablauf dieser Frist ist nur ein Änderungsbescheid ergangen. Wie ein Sachverhalt zu entscheiden wäre, in dem ein Erstbescheid zwischen dem 1.7. und dem 3.11.2016 (Inkrafttreten des ErbStG 2016) erlassen wird, hatte das Gericht nicht zu entscheiden. Es ist zu erwarten, dass derartige Fälle ebenfalls vor die Gerichte getragen werden. Sollte in Ihrer Praxis ein solcher Fall vorliegen, finden Sie in diesem Urteil im Klägervortrag über mehr als zwei Seiten Hinweise auf eine Klagebegründung.

Der Kläger hat inzwischen Nichtzulassungsbeschwerde erhoben. Diese ist beim BFH unter dem Az.: II B 108/17 anhängig. Es bleibt somit abzuwarten, ob sich der BFH zur Frage der Anwendbarkeit des ErbStG 2009 äußern wird.

Saldierung eines positiven Kapitalkontos mit negativen Kapitalkonten anderer Kommanditisten

Bei der Feststellung des gemeinen Werts eines Anteils am Betriebsvermögen einer Kommanditgesellschaft für Zwecke der Erbschaftsteuer darf nach § 97 Abs. 1a Nr. 1 lit. a BewG ein positives Kapitalkonto des Erblassers nach Ansicht des FG Düsseldorf (FG Düsseldorf, Urt. v. 20.10.2017 – 4 K 3022/16 F, ErbStB 2018, 7) nicht mit den negativen Kapitalkonten anderer Kommanditisten saldiert werden.

Im Urteilsfall war der Erblasser Kommanditist einer GmbH & Co. KG (H KG). Weitere Kommanditisten waren O und R. Persönlich haftende Gesellschafterin der H KG war die H GmbH. Der Erblasser verstarb am 7.5.2014. Die Klägerin ist die Schwester des Erblassers, die den Erblasser allein beerbt. Am Todestag wies das für den Erblasser bei der H KG geführte Kapitalkonto einen positiven Wert auf. Die für die Kommanditisten O und R bei der H KG geführten Kapitalkonten wiesen negative Werte auf.

Die Klägerin gab beim beklagten Finanzamt eine Feststellungserklärung ab, mit der sie den Wert des Anteils des Erblassers an der H KG mit einem negativen Wert angab. Hierzu gelangte sie, indem sie das positive Kapitalkonto des Erblassers mit den negativen Kapitalkonten der anderen Kommanditisten zusammenrechnete. Die H KG sei zum Todestag des Erblassers überschuldet gewesen. Der Anteil des Erblassers an der Gesellschaft sei deshalb mit 0 € anzusetzen. Die H KG habe ihr Handelsgeschäft aufgegeben und die Liquidation eingeleitet. Wertzuwächse seien nicht mehr zu erwarten gewesen. Eine Rückzahlung der Einlage des Erblassers sei aus diesem Grunde ausgeschlossen gewesen. Ein fremder Dritter hätte für den Anteil des Erblassers nur einen Betrag gezahlt, der dem saldierten Wert der Kapitalkonten sämtlicher Kommanditisten entsprochen hätte. Dem folgte das Finanzamt nicht und hatte für die Klägerin einen positiven Wert des KG-Anteils festgestellt.

Das FG Düsseldorf hält die Klage für unbegründet. Das beklagte Finanzamt habe den Wert des Anteils des Erblassers an der H KG zu Recht mit einem positiven Wert festgestellt.

Nach § 97 Abs. 1a Nr. 1 lit. a BewG sei der gemeine Wert eines Anteils am Betriebsvermögen einer in § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BewG genannten Personengesellschaft dergestalt zu ermitteln und aufzuteilen, dass die Kapitalkonten aus der Gesamthandsbilanz dem jeweiligen Gesellschafter vorweg zuzurechnen seien. Nach dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung („dem jeweiligen Gesellschafter vorweg zuzurechnen“) sei es nicht zulässig, ein positives Kapitalkonto des Gesellschafters, dessen An-teil zu bewerten ist, mit den negativen Kapitalkonten anderer Kommanditisten zu saldieren. Insbesondere sei hiernach eine Bereinigung des dem betreffenden Gesellschafter zuzurechnenden positiven Kapitalkontos mit etwaigen negativen Kapitalkonten anderer Gesellschafter nicht vorgesehen (vgl. in diesem Sinne auch Wälzholz in Viskorf/Knobel/Schuck/Wälzholz, BewG, 4. Aufl., § 97 Rz. 36 Beispiel 5 sowie – nichttragend – FG Köln, Urt. v. 5.2.2009 – 9 K 3686/07, EFG 2009, 1523).

Konsequenzen für die Praxis: Im Rahmen von § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG ist nur der Anteil des Erblassers zu bewerten, der Gegenstand des Erwerbs ist (Wälzholz in Viskorf/Knobel/Schuck/Wälzholz, BewG, § 97 Rz. 27). Maßgebend ist hierbei nur der Wert des Anteils des Erblassers am Bewertungsstichtag (§ 12 Abs. 5 ErbStG). Es kommt mithin nicht darauf an, wie sich die Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft nach dem Bewertungsstichtag (§§ 9 Abs. 1 Nr. 1, 11, 12 Abs. 5 ErbStG) auseinandersetzen (§§ 155 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB). Gemäß § 155 Abs. 1 HGB sind nämlich erst nach der Berichtigung der Schulden etwaige aktive und passive Liquidationsanteile unter den Kommanditisten einer Kommanditgesellschaft auszugleichen (vgl. Habersack in Staub, HGB, 5. Aufl., § 155 Rz. 13).

Gegen die Entscheidung wurde Revision eingelegt (Az. beim BFH: II R 43/17).

Sonderausgabenabzug einer Versorgungsrente bei fortbestehender Geschäftsführerstellung des Vermögensübergebers

Der BFH hatte die Frage zu entscheiden, ob Versorgungsrenten nur dann als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 lit. c EStG i.d.F. des Veranlagungszeitraums 2013 abziehbar sind, wenn der Übergeber nach der Übertragung der Anteile an einer GmbH nicht mehr Geschäftsführer der Gesellschaft ist.

Mit notariellem Vertrag vom 17.12.2012 hatte der Vater des Klägers und Revisionsklägers (V), der bis dahin alleiniger Gesellschafter einer GmbH war, seinen Geschäftsanteil an dieser im Wege der vorweggenommenen Erbfolge dem Kläger übertragen.

Der Kläger wurde zum alleinvertretungsberechtigten und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiten weiteren Geschäftsführer der GmbH bestellt. Nach den vertraglichen Regelungen blieb V weiterhin Geschäftsführer der GmbH. Seine Abberufung ohne eigene Zustimmung berechtigte V nach den Regelungen des Übergabevertrags zum Widerruf der Anteilsübertragung.

Der Kläger verpflichtete sich zur Zahlung einer indexgebundenen Versorgungsrente an die Eltern ab dem 1.1.2013 bis zum Tode des Längstlebenden. In ihrer Einkommensteuer-Erklärung 2013 machten die Kläger die Zahlungen an die Eltern des Klägers als Versorgungsleistungen i.R. der Sonderausgaben geltend. Das FA lehnte deren Berücksichtigung ab. Versorgungsleistungen in Zusammenhang mit der Übertragung eines GmbH-Anteils seien nur abziehbar, wenn der Übergeber die Geschäftsführertätigkeit vollständig und ausnahmslos eingestellt habe. Diese Voraussetzung liege im Streitfall nicht vor.

Das FG Münster wies die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage ab (FG Münster v. 31.8.2016 – 12 K 3245/15 E, EFG 2016, 1943). Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung materiellen Rechts. Das FG habe sich bei der Auslegung von § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 lit. c EStG der Auffassung der Finanzverwaltung angeschlossen, wonach der Vermögensübergeber seine Tätigkeit als Geschäftsführer vollständig aufgeben müsse (vgl. BMF v. 11.3.2010 – IV C 3 S 2221/09/10004, BStBl. I 2010, 227).

Nach Auffassung des BFH (Urteil des BFH v. 20.3.2017 – X R 35/16) ist die Revision unbegründet und war daher nach § 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen. Zu Recht habe das FG den Klägern den Sonderausgabenabzug der an die Eltern gezahlten Versorgungsrente als Versorgungsleistungen verwehrt. Im Streitfall habe V zwar seinen 100 % Anteil an der GmbH auf den Kläger übertragen. Auch sei V vor der Vermögensübertragung Geschäftsführer der GmbH gewesen und der Kläger sei danach deren alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer geworden. V sei jedoch nach den Regelungen des Überlassungsvertrags weiterhin Geschäftsführer geblieben. Zudem berechtige ihn seine Abberufung als Geschäftsführer zum Widerruf der Anteilsübertragung. Deshalb lägen die Voraussetzungen für einen Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 lit. c EStG nicht vor.

Auch Sinn und Zweck der Vorschrift gebieten nach Auffassung des BFH eine wortlaut-getreue Auslegung. Nur wenn der Vermögensübergeber nach der Übertragung von GmbH-Anteilen nicht mehr Geschäftsführer der Gesellschaft ist, gibt er die einem Einzelunternehmer oder einem Mitunternehmer an einer Personengesellschaft vergleichbare „gewerbliche“ Tätigkeit auf. Wäre – wie die Kläger meinen – die Übertragung von GmbH-Anteilen auch dann nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 lit. c EStG begünstigt, wenn der Übergeber weiterhin Geschäftsführer der Gesellschaft bliebe, würde das Rechtsinstitut der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen gegen den ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers insoweit nicht auf seinen Kernbereich zurückgeführt.

Die dem Streitfall zu Grunde liegende Regelung in § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 lit. c EStG i.d.F. des Veranlagungszeitraums 2013 ist im aktuellen Recht inhaltsgleich in § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 lit. c EStG angesiedelt.

Keine Berücksichtigung von Finanzierungskosten als Nachlassverbindlichkeiten i.R. eines Rückerwerbs von der Erblasserin

Das FG Mecklenburg-Vorpommern (v. 26.4.2017 – 3 K 233/14) hat entschieden, dass Schulden, die der Erbe vor dem Erbanfall aufgenommen hatte, um die Anschaffungskosten des Erblassers für Gegenstände (hier: Grundstücke) zu finanzieren, die dem Erben dann mit dem Nachlass zugefallen sind, nicht bereicherungsmindernd berücksichtigt werden können.

Die Kl. ist Alleinerbin nach A, ihrer Mutter. Zur Erbmasse gehörten u.a. drei Eigentumswohnungen. Die Erblasserin hatte die Wohnungen mit Vertrag vom 10.12.1993 erworben. Für den Erwerb der Wohnungen stellte die Kl. ihrer Mutter 90.000 DM/Wohnung zur Verfügung. Die Kl. finanzierte die Beträge über Darlehen. Die verbleibenden Kaufpreise zahlte die Erblasserin aus dem von ihrem Ehemann ererbten Vermögen. Schuldrechtliche Vereinbarungen zwischen der Kl. und der A über die Rückzahlung des Geldvermögens oder einer Beteiligung an den Zinszahlungen gab es nicht. Das FA erließ einen Erbschaftsteuerbescheid, mit dem es die Erbschaftsteuer (auch unter Berücksichtigung von Vorerwerben) auf 19.932 € festsetzte.

Mit ihrem Einspruch begehrt die Kl., die Berücksichtigung der Darlehensverbindlichkeiten i.H.v. insg. 136.464 € als Nachverbindlichkeiten. Sie habe ihre Mutter A im Falle eines zeitlich früheren Todes finanziell absichern wollen. Das FA hat den Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Die ggü. der Bank bestehende Darlehensverbindlichkeit gründe nicht auf einem Schuldverhältnis zwischen der A und der Bank und rühre auch nicht anderweitig von der Erblasserin her, so dass die Voraussetzungen des § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG nicht vorliegen würden. Auch die Voraussetzungen des § 10 Abs. 3 ErbStG würden nicht vorliegen, denn Ansprüche zwischen der Kl. und A hätten nicht bestanden.

Hiergegen macht die Kl. geltend, dass ihr aufgrund der Schuldentragung ein Anspruch gegen A nach § 812 BGB zugestanden habe. Dieser Bereicherungsanspruch sei nach § 10 Abs. 3 ErbStG als Nachlassverbindlichkeit zu berücksichtigen.

Das FG entschied, dass die Aufwendungen der Kl. nicht als Nachlassverbindlichkeiten zu berücksichtigen sind. Nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG seien vom Erblasser herrührende Schulden als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig. Die Kl. habe keine Schulden oder Verpflichtungen übernommen, die von der Erblasserin „herrühren“. Die Erblasserin sei weder ggü. der Bank Verpflichtungen aus einem Darlehensvertrag eingegangen, noch habe sie sich ggü. der Kl. verpflichtet, dieser die aufgewendeten Zinsen und Tilgungsbeiträge zu erstatten. Die Kl. habe selbst vorgetragen, dass eine solche Erstattung nie geplant war, weil die Erblasserin auf Kosten der Kl. abgesichert werden sollte.

Im Ergebnis habe die Kl. der Erblasserin die Wohnungen mittelbar geschenkt, was der Beklagte zu Recht zur Grundlage des weiteren Besteuerungsverfahrens gemacht haben dürfte. Der Rechtsgrund der Schenkung schließt aber einen Anspruch der Kl. wegen ungerechtfertigter Bereicherung nach §§ 812 ff. BGB aus.

Der Rückfall der Schenkung an die Kl. ist auch nicht nach § 13 Abs. 10 ErbStG steuerfrei, denn durch diese Regelung soll nur der Rückfall i.R. eines fehlgeschlagenen Generationenüberganges privilegiert sein. Nach dieser Vorschrift bleiben Vermögensgegenstände steuerfrei, die Eltern oder Voreltern ihren Abkömmlingen durch Schenkung zugewandt hatten und an diese Personen von Todes wegen zurückfallen. Eine wörtliche Anwendung dieser Vorschrift scheidet im Streitfall aus. Der Senat sah auch keinen Anlass für eine wortlautübergreifende Interpretation des Gesetzes, insb. lägen die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung auf den Streitfall nicht vor, denn es fehle an einer planwidrigen Regelungslücke.

In diesem Zusammenhang kann auf ein Urteil des BFH (BFH v. 1.7.2008 – II R 38/07, BStBl. II 2008, 876 = ErbStB 2008, 323 m. Komm. Halaczinsky) hingewiesen werden, in dem es um Baumaßnahmen in Erwartung der Erbschaft ging. Hier kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass sich die erbschaftsteuerliche Bereicherung eines Nacherben hinsichtlich eines nachlasszugehörigen Grundstücks um den Betrag mindert, um den die von ihm in Erwartung der Nacherbfolge durchgeführten Baumaßnahmen den Grundbesitzwert erhöht haben, wobei die einschlägige Wertminderung durch das Festsetzungs-FA erfolgen soll. Diese Rspr. soll nach Auffassung des FG Hessen (FG Hessen v. 18.5.2009 – 1 K 1366/07) auch für sonstige Erwerbe von Todes wegen gelten.

Diese Rechtsprechung ist jedoch auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, denn sie betrifft nicht die Minderung der erbschaftsteuerlichen Bereicherung um die Summe der für die aufgewendeten Baumaßnahmen aufgewendeten Beträge, sondern vielmehr um die Beträge, um welche die Grundbesitzwerte im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer ohne die Durchführung der in Rede stehenden Baumaßnahmen niedriger gewesen wären (hypothetische Grundbesitzwerte – vgl. Dötsch, Anm. zu BFH v. 1.7.2008, jurisPR-SteuerR 40/2008 Anm. 4). Da die von der Klägerin vor dem Erbanfall aufgenommenen Kredite und aufgewendeten Zinsen nicht zu einer Wertveränderung der Grundstücke geführt haben, können sie nicht bereicherungsmindernd berücksichtigt werden. Gegen die Entscheidung wurde Revision eingelegt (Az. des BFH: II R 27/17).

Druckfrisch …

… liegt der neue Kommentar zum reformierten Erbschaftsteuerrecht, herausgegeben von Dr. Christian von Oertzen (Flick Gocke Schaumburg) und Prof. Dr. Matthias Loose (BFH), auf meinem Schreibtisch, was Anlass dieses kleinen Beitrags ist.

Neben der Kommentierung des neuen ErbStG sind die einschlägigen Vorschriften des BewG und die Doppelbesteuerungsabkommen zur Erbschaftsteuer gleichfalls kommentiert. Das gefällt, weil dadurch ein rasches Nachschlagen ermöglicht wird.

Die einzelnen Kommentierungen folgen im Aufbau einem bestimmten Schema: Vorangestellt sind Grundaussagen der Vorschrift, daran schließen die jeweiligen Kommentierungen in der Reihenfolge der Gesetzesgliederung, also nach Absätzen etc., an. Diese Systematik in einem Werk von über 1.500 Seiten durchzuhalten, ist eine Herausforderung, der man sich hier erfolgreich gestellt hat. Dem Systematik liebenden Leser wird dies sehr wohltuend auffallen.

Hervorzuheben ist m.E. auch, dass Einzel- und Detailfragen in ihrer Essenz dargestellt sind. Will sagen, keine ausufernden Sachverhalts- und Rechtsprechungsschilderungen verstellen dem Leser den Blick auf das Wichtige. In der oft von Zeitdruck geprägten Praxis ein Vorteil. Dennoch sind die Kommentierungen, wo dies erforderlich ist, von Tiefgang und dogmatischer Herleitung geprägt. Natürlich ermöglichen die ausgewählten Rechtsprechungs- und Literaturnachweise ein wissenschaftliches Arbeiten.

Zum besseren Verständnis problematischer Fälle sind Beispiele aufgenommen worden, die eingängig die jeweilige Problematik verdeutlichen und Lösungen eröffnen. Hier und da kann man in Gestaltungs- und Praxishinweise fündig werden.

Dem Vorwort ist zu entnehmen, dass der Schwerpunkt des Kommentars u.a. auf dem Unternehmens-Erbschaftsteuerrecht liegt. Dies überrascht nicht, da sich die Reform auf die Neuregelung der Steuerbegünstigung von Betriebsvermögen beschränkt hat und hier die größten Schwierigkeiten in der Praxis in Verständnis und Handhabung liegen. Hierzu gehört auch die Darstellung internationaler Bezüge, wo diese Relevanz erlangen. Das ist zu begrüßen, nicht nur hinsichtlich des naheliegenden Unternehmenssteuerrechts, sondern tut auch Not im „privat“-erbschaftsteuerlichen Bereich, der gleichermaßen immer häufiger Auslandsbezug aufweist.

Zu erwähnen ist noch, dass Einsatz und Gestaltung mittels Stiftungen als weiterer Schwerpunkt des Werks benannt ist.

Erstes Fazit: Die werbliche Aussage: „Mit besonderer Klarheit“ trifft es auf den Punkt – erfreulich. Das Werk kommt mit Rechtsstand 1.1.2017 zur rechten Zeit. Dass die Ländererlasse der Finanzverwaltung, die allseits gespannt erwartet werden, hier noch nicht berücksichtigt werden konnten, liegt auf der Hand. Hier ist sicher mit einer baldigen Aktualisierung zu rechnen. Derweil lohnt es wirklich, sich mit den Neuregelungen und dem Werk vertraut zu machen.

Die Autoren:

Herausgegeben von RA/FAStR Dr. Christian von Oertzen, RiBFH Prof. Dr. Matthias Loose. Bearbeitet von RA/StB Dr. Johannes Baßler, VorsRiFG Klaus Deimel, RA/FAStR Prof. Dr. Manzur Esskandari, RiBFH Dr. Horst-Dieter Fumi, Dipl.-Finw. (FH)/StAR Mathias Grootens, RA/StB Dr. Jochen Kotzenberg, LL.M, RiBFH Prof. Dr. Matthias Loose, Dipl.-Finw./RR Wilfried Mannek, RA/FAStR Dr. Christian von Oertzen, RA/FAErbR/StB Dr. Manfred Reich, RAin/StBin Dr. Tanja Schienke-Ohletz, RA/FAStR/StB/Dipl.-Finw. Nico Schley, RA/StB/Dipl.-Finw. Dr. Jörg Stalleiken, RA/StB Dr. Thomas Stein.