Andi Scheuer ist seit einem Jahr nicht mehr Verkehrsminister – doch für seine verkorkste Pkw-Maut muss sein Ministerium weiterhin zahlen. Im Verkehrsetat ist allein die Summe für den Rechtsstreit mit den privaten Firmen auf 26,4 Millionen Euro angestiegen. Das geht aus der Antwort auf eine Anfrage des Linken-Bundestagsabgeordneten Victor Perli hervor, die der Berliner Zeitung vorliegt.
Demnach belaufen sich die Kosten für das Schiedsverfahren um den Vertrag zur Pkw-Maut auf mittlerweile 15,48 Millionen Euro, die hauptsächlich für Anwälte und Sachverständige ausgegeben wurden. Ein weiteres Schiedsverfahren zu einem anderen Mautvertrag schlägt mit 8,88 Millionen Euro zu Buche. Die Verfahren vor Verwaltungsgerichten haben das Ministerium bisher zwei Millionen Euro gekostet. Es ging dabei vor allem um Verfahren nach dem Informationsfreiheitsgesetz, in denen es um die Herausgabe von Akten in Zusammenhang mit der Pkw-Maut geht.
Die Schiedsverfahren wurden eröffnet, kurz nachdem der Europäische Gerichtshof der Pkw-Maut den endgültigen Todesstoß versetzt hatte. Im Urteil vom Juni 2019 hieß es, dass die Pläne gegen EU-Recht verstoßen, vor allem, weil nur ausländische Autofahrer abkassiert werden sollten. Den Deutschen sollte die zuvor gezahlte Maut über die Autoversicherung zurückgegeben werden.
Dass der EuGH zu diesem Schluss kommen würde, war nicht allzu überraschend. Dennoch hatte der damalige CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer bereits zwei Verträge mit den privaten Firmen Kapsch und Eventim abgeschlossen, in denen es um die Erhebung und die automatische Kontrolle der Maut ging.
Noch am Tag des Urteils kündigte das Verkehrsministerium beide Verträge – wegen angeblicher „Schlechtleistung“ und aus „ordnungspolitischen Gründen“, wie es hieß. Allerdings enthielten die Verträge keine Ausstiegsklausel für den Fall eines negativen EuGH-Urteils. Und so begann ein Rechtsstreit, der sich noch weitere Jahre hinziehen kann – mit weiterlaufenden Kosten für die Anwälte.
Schon einmal hat es in Deutschland in Zusammenhang mit Mautgebühren ein Schiedsgerichtsverfahren gegeben. Hier war das Bundesverkehrsministerium der Kläger gegen die damals noch privat betriebene Firma TollCollect. Nach sage und schreibe 14 Jahren endete das Verfahren mit einem Vergleich: Das Ministerium verzichtete auf einen Großteil seiner Forderungen. Das war im Jahr 2018.
Der Untersuchungsausschuss hat in seiner letzten Sitzung erneut den CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer befragt. Er findet, er habe alles richtig gemacht. Bei den derzeitigen Schiedsverfahren ist allerdings das Ministerium in der Defensive. Die Firma Kapsch/Eventim fordert Schadensersatz in Höhe von 560 Millionen Euro. Es sieht dabei gar nicht so schlecht für sie aus: In einem ersten Zwischenbescheid vom März 2022 hat das Schiedsgericht einen sogenannten Teilschiedsspruch erlassen. Danach hat die Firma einen grundsätzlichen Anspruch gegenüber dem Bund. Über die Höhe des Anspruchs gibt es noch keinen Schiedsspruch.
Quelle: www.berliner-zeitung.de v. 19.11.2022
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