Es ist ein bemerkenswertes Schreiben, das der Verband der Automobilindustrie (VDA) an seine Mitglieder am Freitagmorgen verschickt hat. „Gemeinsam zum Erfolg – Grundsätze der Zusammenarbeit zwischen Automobilherstellern und ihren Partnern“, steht über dem Papier des VDA, das dem Handelsblatt vorliegt.
Eigentlich müsste es eine Selbstverständlichkeit sein, dass die Autobauer und ihre Zulieferer keine Feinde sind. Doch das ist es nicht mehr. Selten in der Geschichte ist das Verhältnis zwischen Autobauern und Zulieferern so auseinandergedriftet wie derzeit. Und ein solches Schreiben, in dem der Verband auf die Verhaltensregeln in der Branche aufmerksam macht, hat es seit 20 Jahren nicht mehr gegeben.
Das Problem: Weil Hersteller wie vor allem Mercedes in der Produktion hochpreisige Modelle priorisieren, fehlen Zulieferern die Stückzahlen der Massenmodelle, mit denen sie erst auf ihre Kosten kommen. Außerdem forderten die Autohersteller auch noch Preissenkungen von den Zulieferern, während sie selbst im zweiten Quartal Rekordgewinne mit zweistelligen Umsatzrenditen eingefahren haben, berichtet ein Branchenexperte, der anonym bleiben will. „Das kam bei den Zulieferern nicht gut an.“ Dazu kommt die Inflation, die Transformation der ganzen Branche hin zu Elektrofahrzeugen und schwierige Tarifverhandlungen mit den Beschäftigten.
Der mächtige Branchenverband stößt bei seinen Vermittlungsversuchen allerdings an kartellrechtliche Grenzen. Das liegt an der Mitgliederkonstellation des Verbandes. Während beispielsweise auf europäischer Ebene die Autohersteller und die Zulieferer jeweils in eigenen Verbänden organisiert sind, die Autobauer im Acea, die Zulieferer im Clepa, sitzen die Unternehmen in Deutschland im VDA zusammen. Das erschwert es dem VDA die Interessen auszugleichen, ohne dass ein Verdacht auf Preisabsprachen aufkommt.
Quelle: www.handelsblatt.com v. 24.6.2022
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