Bei der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (söp) gingen 2022 30.307 Anträge von Reisenden ein, die um eine außergerichtliche Beilegung einer Streitigkeit zwischen ihnen und einem Verkehrs- bzw. Reiseunternehmen baten – ein massiver Anstieg gegenüber dem Vorjahr, das durch einen markant niedrigen Falleingang charakterisiert war. Das stark volatile Antragsaufkommen der Jahre 2020-2022 ist eine unmittelbare Folge der Corona-Pandemie für den Bereich Verkehr/Reisen.
Für das Jahr 2023 geht die söp davon aus, dass wieder annähernd so viele neue Schlichtungsanträge eingehen könnten wie im „Vor-Corona-Jahr“ 2019 – wobei naturgemäß nicht sicher prognostiziert werden kann, welchen konkreten Einfluss Faktoren wie Inflation, Krieg, potentielle neue Virus-Varianten etc. im Jahresverlauf 2023 auf das faktische Reisegeschehen und damit auf die Entwicklung bei den Schlichtungsanträgen haben werden.
Trotz schwieriger Rahmenbedingungen (u.a. geprägt von komplexen Fallkonstellationen sowie von z.T. noch durch die Pandemie-Folgen belasteten VerbraucherInnen einerseits und unter personellen Engpässen leidenden Unternehmen andererseits) konnte 2022 erneut eine sehr hohe Einigungsquote von über 85 % erreicht werden. Der Zeitraum zwischen Eingang der vollständigen Beschwerdeakte und der Übermittlung des Schlichtungsvorschlags betrug durchschnittlich 67 Tage. Nicht zuletzt durch die Möglichkeit des „sofortigen Anerkenntnisses“ konnten auch 2022 viele Verfahren innerhalb weniger Wochen, oft sogar innerhalb weniger Tage erfolgreich abgeschlossen werden. Insgesamt konnten im Berichtsjahr rund 40 % aller söp-Schlichtungsverfahren als „sofortige Anerkenntnisse“ abgeschlossen werden, im Segment Flug beträgt der Anteil an „sofortigen Anerkenntnissen“ sogar 47 % (2021: 42 %).
Darüber hinaus berichtet die söp auch über unseriöse Geschäftspraktiken kommerzieller Fluggasthelfer, die mitunter sehr aggressiv um die Durchsetzung von Entschädigungen nach der europäischen Fluggastrechte-Verordnung werben, dann jedoch gegen meist hohe Provision nur die einfachen bzw. eindeutigen Fälle bearbeiten. Für komplexe bzw. unsichere Ansprüche stellen sie einen Schlichtungsantrag bei der söp, um von dieser eine kostenlose Rechtseinschätzung zu erhalten. Dadurch sieht sich die söp nach eigenen Worten als „Handlangerin einer Beschwerde-Industrie“ instrumentalisiert. Die söp hat deshalb ihre Verfahrensordnung reagiert und lässt künftig eine Vertretung nur noch im gesetzlichen und „mit dem Wesen der Verbraucherschlichtung zu vereinbarenden Rahmen“ zu.
Quelle: söp Tätigkeitsbericht 2022 (Kurzlink: https://ottosc.hm/4XG18)
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