Die kleinen „Fallstricke“ der Umgangsregelung (OLG Frankfurt v. 5.6.2023 –6 WF 68/23)

Dass mit einer familiengerichtlichen Regelung oder einem gerichtlich gebilligten Vergleich zur Umgangsregelung nicht zwingend Befriedung im Verhältnis der Beteiligten eintritt, ist hinlänglich bekannt. Durchaus kann sich in Einzelfällen aber auch der Eindruck ergeben, dass geradezu Lücken in der Regelung gesucht werden, um ein neues Streitfeld zu eröffnen. Die Vollstreckbarkeit von Umgangsregelungen bietet dabei immer einen willkommenen Anlass. Das OLG Frankfurt hat sich in einer aktuellen Entscheidung erneut mit einer solchen Problematik auseinandersetzen müssen.

In dem zugrundeliegenden Sachverhalt war der Umgang des Vaters mit den Kindern durch Beschluss geregelt, so dass er sie u.a. in den ungeraden Wochen von Freitag nach Schulende bis Sonntag um 17.00 Uhr und in den Weihnachtsferien in geraden Kalenderjahren nach dem letzten Schultag um 10.00 Uhr bis zum folgenden 25.12. um 11.00 Uhr zu sich nehmen konnte. Am 4.11.2022, 22.11.2022, 18.1.2023, 19.1.2023, 25.1.2023 und vom 26.1.2023 bis 28.1.2023 nahm der Vater den Sohn nach der Schule mit zu sich bzw. ging das Kind eigenmächtig zum Vater. Vom 26.1.2023 bis 28.1.2023 verbrachte der Sohn auch die Nächte beim Vater. Mit der Tochter holte der Vater vom 16.12.2022 bis 18.12.2022 einen ausgefallenen Wochenendkontakt nach und brachte sie um 17.30 Uhr zur Mutter zurück. Die Verspätung teilte er per SMS mit und begründete sie damit, dass das Kind noch habe essen müssen. Nach dem Weihnachtsumgang, der nur mit der Tochter stattfand, brachte der Vater sie am 25.12. um 14.30 Uhr zurück und verwies auf eine Autopanne. Auf den Antrag der Mutter verhängte das Ausgangsgericht gegen den Vater Ordnungshaft von je einem Tag für die Verstöße gegen die Umgangsregelung in der Zeit vom 4.11.2022 bis 25.1.2023 sowie von weiteren 5 Tagen für einen Verstoß am 26.1.2023. Auf die sofortige Beschwerde des Vaters hat der Senat die Entscheidung abgeändert und wegen der Zuwiderhandlung gegen die Umgangsregelung am 18.12.2022 und am 25.12.2022 ein Ordnungsgeld in Höhe von 500 € festgesetzt. Im Übrigen wurde der Antrag der Mutter zurückgewiesen.

In der Begründung hat der Senat darauf verwiesen, dass die bestehende Umgangsregelung für den Vater kein ausdrückliches Gebot beinhaltet, sich außerhalb der festgelegten Zeiten jeglichen Umgangs mit den Kindern zu enthalten. Soweit der Vater jedoch am 18.12.2022 die Tochter mit einer Verspätung von 30 Minuten und am 25.12.2022 mit eine Verspätung von mehr als 3 Stunden zurückbrachte, wurde er mit seinen vorgetragenen Entschuldigungen nicht gehört, d.h., der Senat hat insoweit ein Ordnungsmittel verhängt, wobei er darauf verwies, dass Auswahl und Bemessung der Höhe des Ordnungsmittels im Ermessen des Gerichts steht, wobei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gilt, so dass die Anordnung von Ordnungsgeld der Anordnung von Ordnungshalt grundsätzlich vorgeht, insbesondere, wenn es sich um die erste Anordnung eines Ordnungsmittels handelt und sich die Vollstreckung noch nicht als wirkungslos hat erweisen können.

Die Entscheidung des OLG Frankfurt lenkt den Blick auf eine uneinheitliche obergerichtliche Rechtsprechung zu dieser Problematik.

Die Verhängung von Ordnungsmittel erfordert grundsätzlich einen schuldhaften Verstoß gegen eine gerichtliche Entscheidung bzw. einen gerichtlich gebilligten Vergleich. Darlegungs- und beweisbelastet für die Zuwiderhandlung ist der Antragsteller des Ordnungsmittelverfahrens. Das Gericht wird daher zu bewerten haben, ob ein Verstoß gegen die bestehende Regelung vorliegt, so dass sich in diesem Kontext regelmäßig die Frage ergibt, ob die Umgangsregelung ausreichend bestimmt und damit überhaupt vollstreckungsfähig ist.

Das KG hat in einer Entscheidung des Jahres 2015 (KG v. 13.2.2015 – 13 WF 203/14, FamRB 2015, 130) die Auffassung vertreten, dass eine positive Umgangsregelung gleichzeitig das konkludente Gebot an den Umgangsberechtigten enthalte, sich außerhalb der festgelegten Umgangszeiten jeden Kontakts zu dem Kind zu enthalten. Demgegenüber geht die wohl herrschende Meinung in der Rechtsprechung davon aus, dass eine Verhängung von Ordnungsmitteln wegen Umgangskontakten außerhalb der festgelegten Umgangszeit voraussetzt, dass sich die Untersagung einer solchen Kontaktaufnahme eindeutig aus dem Tenor der Umgangsregelung ergibt (Pfälz. OLG v. 19.10.2021 – 6 WF 202/21, FamRB 2022, 490; Bdb. OLG v. 14.2.2023 – 9 WF 2/23, juris; OLG Frankfurt v. 13.9.2017 – 5 WF 63/16, FamRB 2018, 143).

Gleich zu welcher der jeweiligen Auffassungen man tendiert, folgt aus dieser Meinungsdiskussion für den Praktiker die Notwendigkeit, bei der Protokollierung von Umgangsvergleichen, aber auch der Formulierung einer Anregung zur gerichtlichen Umgangsregelung, dem geltenden Konkretheitsgebot besondere Beachtung zu schenken und möglichen „Spitzfindigkeiten“ entgegen zu wirken, da diese vor allem für die jeweils betroffenen Kinder weitere Belastungen bedeuten können.

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