Kein Ordnungsmittel ohne ausdrückliches Handlungsgebot (BGH v. 21.2.2024 – XII ZB 401/23)

In Rechtsprechung und Literatur wurde bislang die Frage, ob Ordnungsmittel auch dann gegen einen Umgangsberechtigten angeordnet werden können, wenn seine Umgangszeiten zwar positiv gerichtlich geregelt sind,  er allerdings auch außerhalb dieser geregelten Zeiten Kontakt zu dem Kind aufnimmt.

Vertreten wurde hierzu etwa die Auffassung, dass die positive Umgangsregelung gleichzeitig als Verbot zu verstehen sein soll, sich außerhalb dieser Zeiten jeglichen Kontakts zu enthalten (z.B. KG v. 13.2.2015 – 13 WF 203/14, FamRZ 2015, 940 = FamRB 2015, 130 [Clausius]). Eine weitere Meinung knüpfte primär an Art und Umfang des hergestellten Kontakts an, so dass Kontakte von lediglich kurzer Dauer nur von untergeordneter Bedeutung seien, die kein Ordnungsmittel rechtfertigten (OLG Frankfurt v. 31.10.2016 – 2 WF 302/16, FamRZ 2017, 744).

In einer Grundsatzentscheidung vom 21.2.2024 hat der BGH (XII ZB 401/23, FamRB 2024, 231 [Clausius]) diese Frage nun abschließend geklärt und sich der weitergehend vertretenen Auffassung angeschlossen, dass eine Umgangsregelung, die eine bestimmte Umgangszeit positiv zuweist, nicht gleichzeitig ein hinreichend bestimmtes und damit ordnungsmittelfähiges Kontaktverbot für die übrige Zeit darstellt.

Seine Entscheidung hat der BGH mit dem Hinweis begründet, dass eine vollstreckungsfähige Umgangsregelung eine nach Art, Ort und Zeit erschöpfende, hinreichend bestimmte und konkrete Regelung des Umgangsrechts sowie nach § 89 Abs. 2 FamFG einen hierauf bezogenen Hinweis auf die möglichen Folgen der Zuwiderhandlung erfordert.

Der Begriff des Umgangs ist nach Darlegung des BGH umfassend zu verstehen, d.h. das Gesetz differenziert in § 1684 BGB nicht zwischen verschiedenen Umgangsformen, so dass auch nur flüchtige, fernmündliche, schriftliche oder nonverbale Kontakt erfasst werden. Legt eine Regelung daher Umgangszeiten ohne nähere qualitative Eingrenzung fest, so ist diese nicht hinreichend bestimmt, um dem berechtigten Elternteil in der für die Vollstreckung gebotenen Deutlichkeit vor Augen zu führen, welches Verhalten von ihm außerhalb der zugewiesenen Umgangszeiten erwartet wird. Eine solche Regelung kann nicht ohne weiteres als ein an den Berechtigten gerichtetes Verbot verstanden werden, sich jeglicher Kontaktaufnahme, sei es in Form von Briefen, Telefonaten oder auch eines nur nonverbalen Kontakts bei zufälligen Begegnungen außerhalb der Umgangszeiten zu enthalten.

Will ein Elternteil Kontakte außerhalb der geregelten Zeiten ausschließen, so wird er nach der Entscheidung des BGH auf die Möglichkeit verwiesen, eine konkrete Verhaltensgebote oder -verbote enthaltende Umgangsregelung nach § 1684 Abs. 3 BGB, einen spezifischen Umgangsausschluss nach § 1684 Abs. 4 BGGB oder ein Kontaktverbot nach § 1666 Abs. 3 Nr. 4 BGB zu erwirken. Dabei muss sich das Unterlassungsgebot, sich außerhalb der zum Umgang zugewiesenen Zeiten der Kontaktaufnahme zu enthalten, stets ausdrücklich und eindeutig aus der Umgangsregelung ergeben und von dem nach § 89 Abs. 2 FamFG zu erteilenden Hinweis umfasst sein, um Grundlage zur Anordnung eines Ordnungsmittels zu sein.

Die Entscheidung des BGH und die sich hieraus für die Praxis ergebende Klarstellung ist ausdrücklich zu begrüßen. Stehen Umgangsregelungen nunmehr in einem gerichtlichen Verfahren zur Entscheidung und möchte ein Elternteil sicherstellen, dass außerhalb der positiv zugewiesenen Zeiten gerade keine weiteren Kontakte stattfinden, so wird er sich in seiner Antragserwiderung aber nun nicht nur zu den konkret seitens des anderen Elternteils gewünschten Umgangszeiten erklären müssen, sondern konkret auch zu den Gründen, die einem Kontakt außerhalb dieser Zeiten entgegenstehen und hier unter besonderer Beachtung, der jeweiligen gesetzlichen Eingriffsschwellen, d.h. dass im Fall des § 1684 Abs. 4 S. 1 BGB die Einschränkung zum Wohl des Kindes erforderlich ist bzw. andernfalls das Kindeswohl gefährdet wäre (§ 1684 Abs. 4 S. 2 BGB).

Ausschluss des persönlichen Kontakts – Auskunft als Alternative? (Bdb. OLG v. 15.11.2023 – 13 UF 62/23)

Durch das zum 13.7.2013 in Kraft getretene Gesetz zur Stärkung der Rechte des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters wurde den leiblichen Vätern, die ein ernsthaftes Interesse an dem Kind zeigen, ein Recht auf Umgang eingeräumt, soweit dieser dem Kindeswohl dient. Ebenso wurde ihnen bei berechtigtem Interesse ein Recht auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes eröffnet, soweit diese Auskunft dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.

Während der Auskunftsanspruch der leiblichen Väter seit seinem Inkrafttreten gleichrangige Bedeutung neben dem persönlichen Umgang hatte, hat er im Kreis der rechtlichen Väter nach wie vor ein Schattendasein. Der Fokus liegt – durchaus berechtigt – auf dem persönlichen Umgang mit dem Kind. Im Zug einer steigenden Tendenz hochstreitiger kindschaftsrechtlicher Auseinandersetzungen, in die gewollt oder ungewollt auch die Kinder involviert werden, steigt allerdings auch die Quote der seitens der Kinder erklärten Umgangsverweigerung. Für den nicht betreuenden Elternteil ergibt sich damit aber auch die Frage, ob ggf. die Umsetzung zumindest eines Auskunftsanspruchs eine Alternative zum persönlichen Umgang darstellen kann.

Das Brandenburgische OLG hat sich in einer Entscheidung vom 15.11.2023 mit dieser besonderen Problematik auseinandergesetzt:

In dem zugrundeliegenden Sachverhalt hatte die minderjährige Tochter mit ihrer zwischenzeitlich volljährigen Schwester zunächst nach der Trennung ihrer Eltern im Haushalt ihres Vaters gelebt, war im Zug weiterer gerichtlicher Auseinandersetzungen der Eltern aber zusammen mit ihrer Schwester in den Haushalt der Mutter gewechselt, wobei auf ausdrücklichen Wunsch der noch minderjährigen Tochter der Umgang mit dem Vater bis zum Eintritt der Volljährigkeit ausgeschlossen wurde. Dem seitens des Vaters gerichtlich geltend gemachten Auskunftsanspruch ist das Ausgangsgericht im Wesentlichen gefolgt.

Auf die hiergegen eingelegte Beschwerde der Mutter sowie der Verfahrensbeiständin hat das Brandenburgische OLG jedoch die Ausgangsentscheidung teilweise aufgehoben und weitergehende Anträge des Vaters abgewiesen. In seiner Begründung hat der Senat darauf verwiesen, dass dem Vater grundsätzlich der geltend gemachte Auskunftsanspruch zusteht, da er weder personensorgeberechtigt ist, noch Umgang mit seiner Tochter hat. Anhaltspunkte dafür, dass die begehrte Auskunftserteilung missbräuchlich sein könnte, hat der Senat verneint.

Eine Einschränkung der Auskunft hat er jedoch bejaht vor dem Hintergrund des ausdrücklich erklärten Willens der Tochter, da ihr unter Berücksichtigung ihres Alters und Entwicklungsstands zuzugestehen war, über Informationen zu höchstpersönlichen Angelegenheiten selbst zu bestimmen. Dem Auskunftsrecht des Vaters auf Informationen zu stationären Krankenhausaufenthalten und deren Grund, über den Schulbesuch sowie die Information über die Aufnahme einer Berufsausbildung stand das Recht der informationellen Selbstbestimmung der Tochter entgegen. Nach dem persönlichen Eindruck des Senats war die Jugendliche in der Lage altersgemäß ihren Willen zu bilden und sich prägnant ausdrücken. Ihr ausdrücklich erklärter Wunsch, dass der Vater kein Foto von ihr oder Informationen über ihre schulischen Leistungen, ihren Ausbildungsweg sowie umfassende Auskünfte zu etwaigen Krankenhausaufenthalten erhalte sollte, war daher zu berücksichtigen. Belastbare Anhaltspunkte dafür, dass Interessen der Mutter bei diesen Äußerungen im Vordergrund standen, ergaben sich nicht, wobei der Senat zudem darauf verweist, dass auch ein manipulierter Wille nicht ohne weiteres unbeachtlich ist, wenn er Ausdruck echter und damit schützenswerter Bindungen ist.

Auskunftsansprüche als Alternative zum persönlichen Umgang stehen damit nicht nur unter dem Vorbehalt des berechtigten Interesses des Auskunftsbegehrenden und der Abwägung eines möglichen Widerspruchs zum Kindeswohl. Der Anspruchsinhalt muss sich zudem am Alter des unmittelbar betroffenen Kindes orientieren, so dass einem sich der Volljährigkeit nähernden Jugendlichen letztlich die Entscheidungsfreiheit verbleiben muss, in welchem Umfang er mit der Weitergabe von Informationen einverstanden ist, die seine höchstpersönliche Privat- und Intimsphäre betreffen.

Kein Umgang ohne Nadelstiche (OLG Koblenz v. 19.4.2023 – 13 WF 78/23)

Der Praxis sind die immer wieder gleichgelagerten Beschwerdeanrufe – in der Regel am Wochenbeginn, d.h. zum Ende eines Umgangswochenendes – hinlänglich bekannt. Zwar stand das Kind pünktlich zur Abholung bereit, doch beinhaltete die mitgegebene Tasche eine Bekleidung, die entweder von der Größe unpassend, den Witterungsverhältnissen nicht angemessen oder im schlimmsten Fall nur unzureichend gereinigt war. Umgekehrt wurde bei der Rückverbringung des Kindes die mitgegebene Bekleidung nur teilweise zurückgegeben und die Herausgabe der Krankenversicherungskarte komplett vergessen.

Dass diese elterlichen Verhaltensweisen die unterschiedlichsten Zielsetzungen – keineswegs jedoch die der Sicherstellung des Kindeswohls – verfolgen, ist leicht durchschaubar, allerdings umso unverständlicher, als sie gegen eine gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung verstößt.

In Rechtsprechung und Literatur bestand durchgängig Einvernehmen darüber, dass einem Kind anlässlich der Wahrnehmung von Umgangskontakten die zu deren ordnungsgemäßer Durchführung ebenso erforderliche Bekleidung wie etwa notwendige persönliche Sachen oder Dokumente mitzugeben waren. Uneinheitlich war lediglich die rechtliche Grundlage, auf die diese Verpflichtung gestützt werden konnte. Diesen Meinungsstreit hat der BGH mit seiner Entscheidung vom 27.3.2019 (BGH v. 27.3.2019 – XII ZB 345/18, FamRB 2019, 259) beendet und in analoger Anwendung des sich auf das Kind richtenden Herausgabeanspruchs gem. § 1632 Abs. 1 BGB sowie der Wohlverhaltenspflicht gem. § 1684 Abs. 2 BGB den Anspruch des Obhutselternteils als auch des umgangsberechtigten Elternteils auf Herausgabe der persönlichen Gegenstände, der Bekleidung sowie der Urkunden formuliert, die das Kind während seines Aufenthalts bei dem die Herausgabe begehrenden Elternteil voraussichtlich benötigt, d.h., auf die es angewiesen ist.

Das OLG Koblenz hat in einem aktuellen Beschluss diese grundlegenden Vorgaben aufgegriffen. In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt hatte der Antragsteller gerichtlich die anteilige Verteilung digitalisierter Kita-Ordner mit Fotos der gemeinsamen Kinder geltend gemacht, um Kopien für den jeweils anderen Elternteil anzufertigen und diesem zur Verfügung zu stellen. Erst im Verlauf des Verfahrens stellte die Antragsgegnerin einen USB-Stick mit den digitalisierten Ordnern zur Verfügung, so dass der Antragsteller seinen Antrag zurücknahm. Das Familiengericht legte ihm allerdings die Kosten des Verfahrens auf. Der Antragsteller legte Kostenbeschwerde ein und beantragte die vollständige Kostenlast der Antragsgegnerin.

Der Senat legte unter Abänderung der Ausgangsentscheidung die Gerichtskosten den Eltern je zur Hälfte auf. Außergerichtliche Kosten wurden nicht erstattet.

In seiner Begründung verwies der Senat darauf, dass sich die zu treffende Kostenentscheidung an Billigkeitsgesichtspunkten zu orientieren hat und dabei die bisherigen Erfolgsaussichten der jeweiligen Anträge lediglich summarisch zu prüfen sind. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass sowohl der personensorgeberechtigte Elternteil als auch der umgangsberechtigte Elternteil jeweils in die Lage versetzt werden sollen, die gemeinsame Zeit mit dem Kind ungestört und kindeswohldienlich zu verbringen. Dazu müssen ihnen all jene persönlichen Gegenstände, Kleidungsstücke und Urkunden herausgegeben werden, die das Kind während seines Aufenthalts bei dem die Herausgabe begehrenden Elternteil voraussichtlich benötigt und auf die der jeweils berechtigte Elternteil für die Ausübung der Personensorge oder des Umgangsrechts tatsächlich angewiesen ist. Dem Umgangsberechtigten bleibt es zur eigenen Verantwortung überlassen, wie er den Umgang gestaltet, solange damit keine Kindeswohlgefährdung einhergeht. Daher kann er grundsätzlich die Herausgabe aller Sachen des Kindes für die Dauer des Umgangs verlangen, die das Kind für die von ihm gewünschte Umgangsgestaltung benötigt. Soweit daher für den Umgangskontakt die Sichtung von Fotos beabsichtigt ist, kann dies die Herausgabe der entsprechenden digitalisierten Foto-Ordner umfassen.

Unabhängig von einer vermeidbar gewesenen Kostenbelastung durch das gerichtliche Verfahren hat die Antragstellerin mit ihrer Verweigerungshaltung im Ergebnis lediglich erreicht, dass ein weiteres Verfahren initiiert wurde und das Kind eine weitere Auseinandersetzung seiner Eltern um einen eigentlich nichtigen Anlass erleben musste.

Selbst wenn finanzielle Belastungen nicht zu überzeugen vermögen, sollte es für jeden Elternteil eine Selbstverständlichkeit darstellen, dass angemessene Kleidung, das Lieblingskuscheltier beim Einschlafen und die Krankenversicherungskarte bei einem akuten Krankheitsfall für das Kindeswohl essentiell sind.

Die kleinen „Fallstricke“ der Umgangsregelung (OLG Frankfurt v. 5.6.2023 –6 WF 68/23)

Dass mit einer familiengerichtlichen Regelung oder einem gerichtlich gebilligten Vergleich zur Umgangsregelung nicht zwingend Befriedung im Verhältnis der Beteiligten eintritt, ist hinlänglich bekannt. Durchaus kann sich in Einzelfällen aber auch der Eindruck ergeben, dass geradezu Lücken in der Regelung gesucht werden, um ein neues Streitfeld zu eröffnen. Die Vollstreckbarkeit von Umgangsregelungen bietet dabei immer einen willkommenen Anlass. Das OLG Frankfurt hat sich in einer aktuellen Entscheidung erneut mit einer solchen Problematik auseinandersetzen müssen.

In dem zugrundeliegenden Sachverhalt war der Umgang des Vaters mit den Kindern durch Beschluss geregelt, so dass er sie u.a. in den ungeraden Wochen von Freitag nach Schulende bis Sonntag um 17.00 Uhr und in den Weihnachtsferien in geraden Kalenderjahren nach dem letzten Schultag um 10.00 Uhr bis zum folgenden 25.12. um 11.00 Uhr zu sich nehmen konnte. Am 4.11.2022, 22.11.2022, 18.1.2023, 19.1.2023, 25.1.2023 und vom 26.1.2023 bis 28.1.2023 nahm der Vater den Sohn nach der Schule mit zu sich bzw. ging das Kind eigenmächtig zum Vater. Vom 26.1.2023 bis 28.1.2023 verbrachte der Sohn auch die Nächte beim Vater. Mit der Tochter holte der Vater vom 16.12.2022 bis 18.12.2022 einen ausgefallenen Wochenendkontakt nach und brachte sie um 17.30 Uhr zur Mutter zurück. Die Verspätung teilte er per SMS mit und begründete sie damit, dass das Kind noch habe essen müssen. Nach dem Weihnachtsumgang, der nur mit der Tochter stattfand, brachte der Vater sie am 25.12. um 14.30 Uhr zurück und verwies auf eine Autopanne. Auf den Antrag der Mutter verhängte das Ausgangsgericht gegen den Vater Ordnungshaft von je einem Tag für die Verstöße gegen die Umgangsregelung in der Zeit vom 4.11.2022 bis 25.1.2023 sowie von weiteren 5 Tagen für einen Verstoß am 26.1.2023. Auf die sofortige Beschwerde des Vaters hat der Senat die Entscheidung abgeändert und wegen der Zuwiderhandlung gegen die Umgangsregelung am 18.12.2022 und am 25.12.2022 ein Ordnungsgeld in Höhe von 500 € festgesetzt. Im Übrigen wurde der Antrag der Mutter zurückgewiesen.

In der Begründung hat der Senat darauf verwiesen, dass die bestehende Umgangsregelung für den Vater kein ausdrückliches Gebot beinhaltet, sich außerhalb der festgelegten Zeiten jeglichen Umgangs mit den Kindern zu enthalten. Soweit der Vater jedoch am 18.12.2022 die Tochter mit einer Verspätung von 30 Minuten und am 25.12.2022 mit eine Verspätung von mehr als 3 Stunden zurückbrachte, wurde er mit seinen vorgetragenen Entschuldigungen nicht gehört, d.h., der Senat hat insoweit ein Ordnungsmittel verhängt, wobei er darauf verwies, dass Auswahl und Bemessung der Höhe des Ordnungsmittels im Ermessen des Gerichts steht, wobei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gilt, so dass die Anordnung von Ordnungsgeld der Anordnung von Ordnungshalt grundsätzlich vorgeht, insbesondere, wenn es sich um die erste Anordnung eines Ordnungsmittels handelt und sich die Vollstreckung noch nicht als wirkungslos hat erweisen können.

Die Entscheidung des OLG Frankfurt lenkt den Blick auf eine uneinheitliche obergerichtliche Rechtsprechung zu dieser Problematik.

Die Verhängung von Ordnungsmittel erfordert grundsätzlich einen schuldhaften Verstoß gegen eine gerichtliche Entscheidung bzw. einen gerichtlich gebilligten Vergleich. Darlegungs- und beweisbelastet für die Zuwiderhandlung ist der Antragsteller des Ordnungsmittelverfahrens. Das Gericht wird daher zu bewerten haben, ob ein Verstoß gegen die bestehende Regelung vorliegt, so dass sich in diesem Kontext regelmäßig die Frage ergibt, ob die Umgangsregelung ausreichend bestimmt und damit überhaupt vollstreckungsfähig ist.

Das KG hat in einer Entscheidung des Jahres 2015 (KG v. 13.2.2015 – 13 WF 203/14, FamRB 2015, 130) die Auffassung vertreten, dass eine positive Umgangsregelung gleichzeitig das konkludente Gebot an den Umgangsberechtigten enthalte, sich außerhalb der festgelegten Umgangszeiten jeden Kontakts zu dem Kind zu enthalten. Demgegenüber geht die wohl herrschende Meinung in der Rechtsprechung davon aus, dass eine Verhängung von Ordnungsmitteln wegen Umgangskontakten außerhalb der festgelegten Umgangszeit voraussetzt, dass sich die Untersagung einer solchen Kontaktaufnahme eindeutig aus dem Tenor der Umgangsregelung ergibt (Pfälz. OLG v. 19.10.2021 – 6 WF 202/21, FamRB 2022, 490; Bdb. OLG v. 14.2.2023 – 9 WF 2/23, juris; OLG Frankfurt v. 13.9.2017 – 5 WF 63/16, FamRB 2018, 143).

Gleich zu welcher der jeweiligen Auffassungen man tendiert, folgt aus dieser Meinungsdiskussion für den Praktiker die Notwendigkeit, bei der Protokollierung von Umgangsvergleichen, aber auch der Formulierung einer Anregung zur gerichtlichen Umgangsregelung, dem geltenden Konkretheitsgebot besondere Beachtung zu schenken und möglichen „Spitzfindigkeiten“ entgegen zu wirken, da diese vor allem für die jeweils betroffenen Kinder weitere Belastungen bedeuten können.

Kein Verlust sorgerechtlicher Kompetenzen allein aufgrund religiöser Zugehörigkeit (KG v. 5.9.2022 – 16 UF 64/22)

Der Umsetzung medizinischer Maßnahmen für ein Kind können, aus der Religionszugehörigkeit eines oder beider Elternteile folgend, Hindernisse entgegenstehen, etwa die Verweigerung auch medizinisch indizierter Bluttransfusionen. Gehört ein Elternteil jedoch der jeweils verweigernden Religionsgemeinschaft nicht an, so kann sich die Frage ergeben, ob das Kindeswohl die Übertragung der elterlichen Sorge – zumindest in Teilbereichen – auf diesen Elternteil erfordert, um im Notfall ein unverzügliches Handeln zu gewährleisten. Mit einem entsprechenden Sachverhalt hat sich das KG befasst.

In dem zugrundeliegenden Sachverhalt beantragte der Vater des 2009 geborenen Kindes die Übertragung der alleinigen Entscheidungsbefugnis zur Vornahme einer Bluttransfusion bzw. zu Operationen, für die eine Bluttransfusion erforderlich sein könnte unter Verweis auf die Zugehörigkeit der Mutter zu den Zeugen Jehovas und deren Ablehnung entsprechender Behandlungen. Gegen die Entscheidung des Ausgangsgerichts, durch die dem Vater antragsgemäß die Entscheidungsbefugnis übertragen wurde, legte die Mutter Beschwerde ein. Der Senat hat die Ausgangsentscheidung abgeändert und den Antrag des Vaters zurückgewiesen.

Zur Begründung hat er ausgeführt, dass der Antrag nicht auf § 1628 Satz 1 BGB gestützt werden könne, da es sich bei der beantragten Entscheidung nicht um eine einzelne Angelegenheit oder bestimmte Angelegenheit der elterlichen Sorge handele. Auch die Übertragung dieses Teilbereichs der elterlichen Sorge nach § 1671 BGB sei nicht gerechtfertigt, da es ansonsten der Mutter verwehrt werde, bei schwerwiegenden Erkrankungen des Kindes, in eigener Verantwortung, unter Berücksichtigung des Kindeswillens und im gegenseitigen Einvernehmen mit dem Vater, zum Wohl des Kindes die beste medizinische Behandlung auszuwählen. Allein aus ihrer derzeit ablehnenden Haltung könne nicht geschlossen werden, dass sie sich, sollte ein Rückgriff auf von ihr akzeptierte alternative Behandlungsmethoden nicht möglich oder nicht hinreichend erfolgversprechend sein, auf Kosten der Gesundheit oder das Leben ihres Kindes gleichwohl gegen eine Transfusion entschieden werde. Im Notfall würden sich die behandelnden Ärzte zudem am mutmaßlichen Willen des Patienten bzw. seiner Eltern orientieren. Sei dieser Wille nicht zweifelsfrei zu ermitteln, so werde vermutet, dass eine erforderliche Transfusion im wohlverstandenen Interesse des Patienten liege. Selbst soweit im Notfall nur die Mutter als allein vertretungsberechtigte Person vorhanden wäre und die Transfusion verweigere, bedürfe es vorab einer gerichtlichen Entscheidung gem. § 1666 BGB, da eine missbräuchliche Ausübung der elterlichen Sorge im Raum stehe. Verbleibe keine Zeit für die gerichtliche Entscheidung, so liege ein Notfall vor, in dem der Arzt verpflichtet sei, das Leben und die Gesundheit des Kindes durch medizinisch notwendige Maßnahmen zu schützen.

In seiner Entscheidung richtet das KG den Blick auf die für die Praxis bedeutsame Differenzierung zwischen den Anwendungsbereichen des § 1628 BGB sowie des § 1671 BGB. Gerade soweit lediglich nur Teilbereiche der elterlichen Sorge im Streit sind, werden häufig die jeweiligen tatbestandlichen Voraussetzungen nicht ausreichend beachtet.

§ 1628 BGB Norm findet ausschließlich im Zusammenhang mit konkret situativen Entscheidungen Anwendung, d.h., wenn die Eltern zu einer spezifischen Einzelangelegenheit, die für das Kind von wesentlicher Bedeutung ist, kein Einvernehmen erzielen können. Derart „punktuell-sachbezogene Konflikte“ können sich etwa auf den Besuch einer bestimmten Schule oder die Durchführung eines konkreten medizinischen Eingriffs richten. Das Gericht überträgt sodann die Entscheidungskompetenz zu der konkreten Angelegenheit jenem Elternteil, dessen Vorschlag dem Kindeswohl am besten entspricht, ohne dass im Übrigen jedoch in das Recht der elterlichen Sorge eingegriffen wird, d.h., das Gericht ist nicht zu einer eigenen Sachentscheidung befugt.

Davon abzugrenzen ist die auf § 1671 BGB gestützte Übertragung eines Teilbereichs der elterlichen Sorge, d.h. etwa die Entscheidungsbefugnis zu schulischen Angelegenheiten in ihrer Gesamtheit oder der gesamten medizinischen Versorgung des Kindes. Hier intendiert die gerichtliche Entscheidung zwingend einen Eingriff in das Recht der elterlichen Sorge, d.h., auf der Grundlage der nach § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB durchzuführenden doppelten Kindeswohlprüfung weist das Gericht in seiner Entscheidung den beantragten Teilbereich der Sorge einem Elternteil zur Ausübung zu, so dass dieser Elternteil künftig in diesem Teilbereich zu allen Einzelfragen allein entscheidungsbefugt ist.

Ein auf § 1671 BGB gestützter Antrag enthält daher immer als „Minus“ auch einen Antrag nach § 1628 BGB, so dass auch eine Umdeutung möglich ist.

Keine ungetrübte Urlaubsfreude ohne ausreichende Planung (KG v. 22.6.2022 – 16 WF 29/22)

In den vergangenen Monaten haben sich die Beschwerdegerichte wiederholt mit Ordnungsmittelanträgen befassen müssen, die aus zeitlich unzureichenden Reiseplanungen eines Elternteils resultierten. Rückreisen aus dem Urlaub wurden zeitlich so knapp oder sogar zeitlich überlappend kalkuliert, dass zeitlich anschließend geplante Reisen des jeweils anderen Elternteils teilweise nicht mehr (vgl. OLG Hamm v. 24.1.2022 – 13 WF 210/21, FamRB 2022, 224) oder nur mit Zusatzkosten umgesetzt werden konnten. Mit einem solchen Sachverhalt hat sich aktuell auch das KG in seinem Beschluss vom 22.6.2022 auseinandergesetzt.

In dem zugrundeliegenden Sachverhalt war dem Vater für die Herbstferien 2021 ein Umgang in der ersten Ferienwoche zuerkannt worden. Die Übergabe des Kindes sollte am Sonntag den 17.10.2021 um 17.00 Uhr an eine Umgangspflegerin erfolgen. Seine Ferienwoche verbrachte der Vater in Galicien, wo er einen Tag vor dem geplanten Rückflug von dessen Stornierung erfuhr. Auf Initiative der Mutter, die seitens der Umgangspflegerin von der Stornierung informiert wurde, konnten mehrere Alternativflüge mit anderen Gesellschaften ermittelt werden bzw. buchte die Mutter ein mit Zusatzkosten verbundenes Upgrade, das einen Zustieg des Kindes in Madrid anlässlich eines Zwischenstopps des von der Mutter ebenfalls gebuchten Fluges zum Urlaub auf den Kanaren ermöglichte.

Dem seitens der Mutter gestellten Antrag auf Festsetzung eines Ordnungsmittels gegen den Vater wegen Zuwiderhandlung gegen den Umgangsbeschluss wurde erstinstanzlich entsprochen. Die seinerseits eingelegte Beschwerde wurde zurückgewiesen. In der Beschlussbegründung hat das KG darauf verwiesen, dass der Vater seine Pflicht zur zeitgerechten Übergabe des Kindes schuldhaft verletzt habe, da sein Verhalten als fahrlässig zu bewerten sei. Er habe keine ausreichende Vorsorge getroffen, um zu verhindern, dass es nicht zu der ganz fernliegenden Möglichkeit der Versäumung des Rückgabetermins komme. Es sei allgemein bekannt, dass es im Flugverkehr vielfach zu erheblichen Flugverschiebungen und -ausfällen komme. Wer – wie der Vater – eine Gefahrenlage durch zeitlich zu knappe Rückreisetermine schaffe, sei verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zur Schadensvermeidung und Sicherstellung einer rechtzeitigen Übergabe zu treffen.

Die Verhängung von Ordnungsmittel erfordert einen schuldhaften Verstoß gegen eine gerichtliche Entscheidung bzw. einen gerichtlich gebilligten Vergleich. Es bedarf daher einer objektiven Zuwiderhandlung des Pflichtigen, wobei es auf Seiten des Pflichtigen keines Verschuldens bedarf, sondern bloße Fahrlässigkeit genügt. Etwaiges Verschulden des Verfahrensbevollmächtigten ist dem jeweiligen Elternteil zuzurechnen. Die Substantiierungs- und Feststellungslast für das fehlende Vertretenmüssen liegt bei dem pflichtigen Elternteil, d.h. er muss die Umstände, die den Grund für das Scheitern des Umgangskontakts darstellen, im Einzelnen vortragen und ggf. unter Beweis stellen.

Elternteile, die während der Ferien mit dem Kind Flugreisen ins Ausland beabsichtigen, sollten bei ihren Buchungen zur Rückreise stets ausreichende Zeitpuffer einplanen, die – soweit der jeweils andere Elternteil nicht auf Anfrage im Vorfeld sich mit einer auch kurzfristigen Verspätung einverstanden erklärt hat – in jedem Fall die zeitgerechte Rückverbringung des Kindes sicherstellt, insbesondere wenn eine sich anschließende zeitlich gebundene Urlaubsreise des jeweils anderen Elternteils bekannt ist. Zutreffend hat das KG in seinem Beschluss auch ausdrücklich auf den Aspekt des Kindeswohls verwiesen, wenn – wie in dem entschiedenen Sachverhalt – ein 3 ½-jähriges Kind an einem Tag aus Spanien nach Berlin zurückfliegen und keine 24 Stunden später sich erneut in ein Flugzeug setzen muss, um wieder eine Reise nach Spanien anzutreten. Es wäre wünschenswert, wenn der ein oder andere Elternteil bei dem, was er seinem Kind als selbstverständlich abverlangt, gelegentlich hinterfragen würde, ob er sich diese Belastung selbst auferlegen würde.

Keine Auskunft bei kindeswohlabträglichen Motiven (OLG Bamberg v. 14.3.2021 – 2 UF 29/22)

Ein Elternteil, der nicht unmittelbar die Obhut über ein Kind ausübt, kann in seinen Möglichkeiten der Informationserlangung zur Entwicklung des Kindes eingeschränkt sein, etwa folgend aus einer großen räumlichen Distanz, die einer engen Umgangstaktung entgegensteht, aber auch aus einer tatsächlichen Kontakteinschränkung bis hin zum Umgangsausschluss. Gleichwohl soll dieser Elternteil grundsätzlich die Möglichkeit haben, sich durch Auskünfte des Obhutselternteils über die Entwicklung des Kindes zu informieren und somit zumindest indirekt am Leben des Kindes teilzuhaben. Zwingende Voraussetzung dieses Auskunftsanspruchs nach § 1686 BGB bzw. § 1686a BGB ist jedoch, dass der Anspruch dem Kindeswohl nicht widerspricht. Mit einem – vor allem für die unmittelbar betroffenen Kinder – sehr tragischen Sachverhalt hat sich das OLG Bamberg in einer aktuellen Entscheidung befasst.

In dem zugrundeliegenden Sachverhalt war der Antragsteller rechtskräftig zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern – auch zu Lasten seiner damals noch minderjährigen, mittlerweile volljährigen dritten Tochter – sowie wegen der Verbreitung, des Erwerbs und Besitzes kinderpornographischer Schriften verurteilt worden. Ihm war u.a. die strafbewehrte Weisung erteilt worden, zu seinen Töchtern – von denen zwei noch minderjährig waren (geb. 2004 und 2007) – sowie seiner geschiedenen Ehefrau keinen Kontakt aufzunehmen. Ein von ihm geltend gemachter Auskunftsanspruch, gerichtet auf die Vorlage aktueller Bilder sowie der Zeugnisse der letzten fünf Jahre seiner Töchter wurde zurückgewiesen. Die von ihm eingelegte Beschwerde blieb erfolglos.

Es ist nach dem Senat bereits zweifelhaft, ob ein berechtigtes Interesse an einer Auskunftserteilung gegeben ist, da das Auskunftsbegehren in den Hintergrund getreten scheint und der Antragsteller mit seinem Begehren vielmehr die Aufhebung bestehender Kontaktverbote und die Rückkehr zur Familie geltend macht. Das Vorliegen eines berechtigten Interesses zum Erhalt der beantragten Auskünfte konnte letztlich dahinstehen. Zur Begründung der Ablehnung eines Auskunftsanspruchs hat der Senat insb. ausgeführt, dass im Rahmen der durchzuführenden Kindeswohlprüfung der Kindeswille besondere Bedeutung habe. Dies gelte unter dem Aspekt der Selbstbestimmung vor allem bei Jugendlichen. Im konkreten Fall hätten sich beide Töchter gegen die Erteilung von Auskünften ausgesprochen. Beide wünschten nicht, dass der Antragsteller Fotos oder sonstige persönliche Informationen von ihnen erhalte, da sie selbst von dessen Taten, d.h. der Fertigung einer kinderpornographischen Bilddatei, betroffen gewesen seien. Auch könnte der Antragsteller anhand der Angaben in den Schulzeugnissen den Schulort erfahren und dort möglicherweise ein Zusammentreffen herbeiführen. Dieser Wille der Töchter sei anhand der familiären Vorgeschichte verständlich und nachvollziehbar. Um das Auskunftsbegehren zu verneinen bedürfe es keiner Kindeswohlgefährdung. Es sei daher letztlich unerheblich, warum und ggf. unter welchem Einfluss der Antragsteller die abgeurteilten Straftaten begangen habe.

Der Auskunftsanspruch, wie er bereits gem. § 1686 BGB für jeden rechtlichen Elternteil existierte, wurde im Jahr 2013 mit § 1686a BGB auch auf die leiblichen, nicht rechtlichen Väter erweitert. Für beide Anspruchsgrundlagen gilt, dass sie dem Antragsteller die Möglichkeit eröffnen, sich über die Kindesentwicklung in angemessener Form in Kenntnis zu setzen, wobei der die Auskunft Begehrende an den eingeforderten Informationen ein berechtigtes Interesse haben muss. Während für § 1686 BGB unerheblich ist, ob sich der Antragsteller längere Zeit nicht um das Kind gekümmert hat, ist für § 1686a BGB ein gezeigtes ernsthaftes Interesse des Vaters an dem Kind zwingende Voraussetzung des Anspruchs.

Das Kindeswohl steht im Mittelpunkt der tatbestandlichen Prüfung beider Normen. Die erteilte Auskunft darf dem Kindeswohl nicht widersprechen, d.h., es darf keine akute Gefahr dahin gehend bestehen, dass die erteilten Informationen missbräuchlich verwendet werden, so dass die Auskunft auch nur verweigert werden kann, wenn keine milderen Mittel zum Schutz des Kindes zur Verfügung stehen. Mit zunehmendem Alter eines Kindes bedarf es besonderer Berücksichtigung, ob zu höchstpersönlichen Angelegenheiten Auskunft begehrt wird, deren Offenlegung etwa bei einem fast volljährigen Jugendlichen nicht mehr in Betracht kommt bzw. das Kind dann auch selbst entscheiden kann, ob es zu ärztlichen Untersuchungen oder seinem politischen Engagement überhaupt zu Auskünften bereit ist.

Unter Berücksichtigung des Kindeswohls als zentraler Tatbestandsvoraussetzung eines Auskunftsanspruchs lässt die Entscheidung des OLG Bamberg keinerlei kritische Anmerkung zu. Ob dies auch mit Blick auf das Unrechtsbewusstsein bzw. die emphatischen Fähigkeiten des Antragstellers im konkret entschiedenen Sachverhalt so bewertet werden kann, erscheint mehr als fraglich.

Vorsicht bei der Namensänderung (OLG Bamberg v. 13.12.2021 – 7 UF 238/21)

Entsprechend der steigenden Anzahl der Inpflegenahmen von Kindern und den auch längeren Verbleibenszeiten in den Pflegefamilien, werden diese auch immer mehr zur eigentlichen sozialen Familie der Kinder, so dass sich nachvollziehbar der Wunsch eines Pflegekindes zu einer Namensgleichheit mit seiner sozialen Familie ergeben kann. Die im Kontext einer erstrebten Namensänderung zu beachtenden verfahrensrechtlichen Besonderheiten zeigt die aktuelle Entscheidung des OLG Bamberg v. 13.12.2021 – 7 UF 238/21, FamRB 2022, 98 auf.

In dem zugrundeliegenden Sachverhalt erstrebte das seit neun Jahren in einer Pflegefamilie lebende Kind die Änderung seines Nachnamens. Zu seiner sorgeberechtigten Mutter unterhielt es auf eigenen Wunsch bereits seit 2017 keinen Kontakt mehr. Gegen die Entscheidung des Ausgangsgerichts, mit der der Mutter das Recht zur Beantragung einer Namensänderung sowie der damit zusammenhängenden Erklärungen entzogen und eine Ergänzungspflegschaft angeordnet wurde, legte die Mutter Beschwerde ein.

Der Senat hat die Beschwerde zurückgewiesen und darauf verwiesen, dass eine Namensänderung dann erforderlich ist, wenn andernfalls schwerwiegende Nachteile für das Kind zu befürchten sind und die unterbliebenen Änderung zumindest einen so erheblichen Nachteil für das Kind darstellt, dass ein verständiger, sich sorgender Elternteil auf die Erhaltung des Namensbandes nicht bestehen würde. Zu prüfen ist dabei, ob auch eine verwaltungsgerichtliche Namenänderung nicht sicher ausgeschlossen werden kann, wobei nach § 3 Abs. 1 NamÄndG ein wichtiger Grund für die Änderung des Familiennamens eines Pflegekindes in den Namen der Pflegefamilie bestehen kann, wenn die Änderung für das Wohl des Kindes erforderlich ist und überwiegende Interessen an der Beibehaltung des bisherigen Namens nicht entgegenstehen.

Das OLG Bamberg greift in seiner Entscheidung und bei der Bewertung des beim Familiengericht eingereichten Antrags auf Genehmigung eines vom Ergänzungspfleger beabsichtigten Verfahrens auf Namensänderung eine grundlegende Entscheidung des BGH zu dieser Sachverhaltskonstellation auf. In einer Entscheidung vom 8.1.2020 hat der BGH klargestellt, dass im Zuge einer beantragten Genehmigung eines beabsichtigten Namensänderungsantrags es der besonderen Berücksichtigung der Zuständigkeitsverteilung zwischen Familiengericht und Verwaltungsbehörde bzw. Verwaltungsgericht bedarf (BGH v. 8.1.2020 –  XII ZB 478/17, FamRB 2020, 183). Das Familiengericht darf allein über die Genehmigung des Änderungsantrags entscheiden. Die Entscheidung zur Namensänderung als solche obliegt allein den Verwaltungsbehörden bzw. dem Verwaltungsgericht. Hierbei haben die Verwaltungsbehörden unter Abwägung aller privaten und öffentlichen Belange darüber zu befinden, ob ein wichtiger Grund für die Namensänderung vorliegt. Davon ist auszugehen, wenn die Namensänderung dem Wohl des Kindes förderlich ist und keine überwiegenden Interessen an der Beibehaltung des Namens bestehen. Ein etwaiger Widerspruch der leiblichen Eltern ist nach der Rechtsprechung des BVerwG (BVerwG v. v. 24.4.1987 – 7 C 120/86, FamRZ 1987, 807) jedenfalls dann unerheblich wenn sie tatsächlich keine Elternverantwortung wahrnehmen. Eine im familiengerichtlichen Verfahren notwendige Gewichtung der für und gegen die Namensänderung sprechenden Umstände ist im Zweifel der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. dem Verwaltungsgericht zu überlassen. Im familiengerichtlichen Verfahren ist daher inzident zu prüfen, ob in einem etwaigen verwaltungsrechtlichen Verfahren auf der Grundlage des § 3 NamÄndG eine Namensänderung genehmigt würde.

Keine Abänderung kindschaftsrechtlicher Entscheidungen und gebilligter Vergleiche um jeden Preis (OLG Frankfurt v. 30.12.2021 – 6 UF 237/21)

Die Überzeugung Verfahrensbeteiligter davon, dass eine familiengerichtliche Entscheidung dem Kindeswohl entsprechen, aber gerade nicht ihre persönliche Einschätzung zwingender Maßstab dieser Entscheidung sein muss, kann sich gelegentlich als sehr schwierig erweisen. Allzu häufig gerät bei der Einleitung kindschaftsrechtlicher Verfahren der allein maßgebliche Blick auf die Interessen und Belange des Kindes in den Hintergrund. In einem aktuellen Verfahren hat sich das OLG Frankfurt anlässlich eines eingeleiteten Abänderungsverfahrens mit dieser Problematik auseinandergesetzt.

In dem zugrunde liegenden Sachverhalt erstrebte ein langjähriger Bekannter der Kindesmutter, der seit der Geburt deren nun 11-jährigen Kindes bis zum endgültigen Zerwürfnis mit der Mutter – im April 2020 – regelmäßigen Kontakt mit dem Kind unterhielt und sich in der Vaterrolle sah, eine Umgangsregelung. Ein erster Umgangsantrag im Jahr 2020 blieb erfolglos. Im November 2011 begehrte er erneut eine Umgangsregelung, wobei wiederum eine Verfahrenseinleitung durch das Familiengericht abgelehnt wurde. Die dagegen von ihm eingelegte Beschwerde blieb erfolglos.

Zur Begründung hat das OLG Frankfurt im Wesentlichen darauf verwiesen, dass der Beschwerdeführer mit seiner Anregung in beiden Instanzen keine Tatsachen vorgetragen hatte, die aus Gründen des Kindeswohls eine Änderung der früheren ablehnenden gerichtlichen Entscheidung als möglich hätten erscheinen lassen. Darüber hinaus seien auch keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine veränderte Sachlage ersichtlich, aus denen für den Senat weitere Ermittlungen im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes angezeigt seien. Der Beschwerdeführer räume selbst ein, dass sich an der Sachlage nichts geändert habe. Er erstrebe lediglich eine nochmalige Überprüfung der früheren erst- und zweitinstanzlichen Entscheidungen.

Das OLG Frankfurt hat dem Beschwerdeführer vorgehalten, dass angesichts seiner nach wie vor bestehenden massiven Kritik am Erziehungsverhalten der Kindesmutter nicht davon ausgegangen werden könne, dass sich sein Verhältnis zu ihr verbessert habe und er ihren Erziehungsvorrang respektiere. Während die Mutter nach wie vor sorgeberechtigt sei und mit dem Jugendamt zusammenarbeite, halte der Beschwerdeführer nur seine Vorwürfe aufrecht und reflektiere seine Sichtweise in keiner Weise.

Während im Rahmen des § 1684 BGB der Gesetzgeber im Verhältnis zwischen dem Kind und seinen Eltern davon ausgeht, dass der Umgang dem Kindeswohl dient, gilt nach § 1685 BGB für den Umgangsbegehrenden, dass die Kindeswohldienlichkeit des Umgangskontakts zunächst festgestellt werden muss.

Ebenso ist die Kindeswohldienlichkeit aber auch wesentlicher Maßstab der Abänderung einer bestehenden Sorge- oder Umgangsregelung. Gerichtliche Entscheidungen zum Sorge- und Umgangsrecht sowie gerichtlich gebilligte Vergleiche können grundsätzlich nach § 1696 BGB einer Änderung zugeführt werden, wenn dies aus triftigen, das Kindeswohl nachhaltig berührenden Gründen angezeigt ist. Bereits aus dem Wortlaut der Norm folgt dabei, dass nicht jede Änderung Anlass für ein Abänderungsverfahren sein kann; erst recht genügt die bloße Berufung auf eine angeblich falsche Ausgangsentscheidung nicht. Kinder sollen vor fortlaufenden Verfahren geschützt und für sie eine stabile, dauerhafte Lebens- und Sorgesituation gewährleistet werden. Ein geltend gemachter Abänderungsgrund muss so gewichtig sein, dass er etwaige mit der erstrebten Änderung verbundene Nachteile deutlich überwiegt, und zwar unter Einschluss des Kontinuitätsgrundsatzes.

Diesen strengen Anforderungen wird, wie das OLG Frankfurt in seiner Entscheidung zutreffend hervorgehoben hat, sicherlich ein Antragsbegehren nicht gerecht, das deutlich die eigenzentrierten Vorstellungen des Antragstellers erkennen lässt, der zudem nicht einmal den Erziehungsvorrang des anderen Elternteils zu akzeptieren bereit ist.

Wenn Eltern für ihre Kinder nicht nur peinlich sind, sondern gar Traumata auslösen können (Pfälz. OLG v. 30.8.2021 – 2 UFH 2/21)

Jeder, der im Familienrecht tätig ist, hat diese Momente schon erlebt, wenn der Begriff des „Fremdschämens“ für das Benehmen eines Mandanten ganz neue Dimensionen erhält. Als Anwalt oder Anwältin ist man aber in der Lage, sich von einem solchen Verhalten zu distanzieren und ggf. das Mandat zu beenden. In dieser vorteilhaften Situation sind Kinder nicht. Sie müssen nicht nur das unsägliche Benehmen ihrer Eltern aushalten, sondern prägende Situationen (hier: die Einschulung) ertragen, die Gleichaltrige positiv in ihrem weiteren Leben begleiten werden, ihnen jedoch ein Leben lang als beschämend und peinlich in Erinnerung bleiben werden.

In einem Beschluss vom 30.8.2021 hat sich das Pfälzische OLG mit einem entsprechenden Verhalten der Eltern zweier Kinder im Alter von fünf und sechs Jahren auseinandersetzen müssen (Pfälz. OLG v. 30.8.2021 – 2 UHF 2/21). Im Juli 2021 war der Mutter die alleinige Sorge für die Kinder übertragen und dem Vater ein vom Kinderschutzbund zu begleitender wöchentlicher Umgang von jeweils zwei Stunden zuerkannt worden, wobei gegen diese Umgangsregelung seitens des Vaters ein Rechtsmittel, über das bislang noch nicht entschieden ist, eingelegt wurde. Zwischen den Eltern besteht ein außergewöhnlich tiefgreifender Konflikt, der zusätzlich durch den Vorwurf des Vaters befeuert wird, die Mutter habe die Kinder sexuell missbraucht.

Im Wege eines Eilverfahrens begehrte der Vater die Teilnahme an der Einschulungsfeier eines der Kinder, nachdem ihm die Mutter eine solche Teilnahme unter Androhung eines Polizeieinsatzes verboten hatte.

Der Senat hat den Antrag zurückgewiesen, da eine Teilnahme des Vaters an der Einschulungsfreier nicht kindeswohldienlich sei, folgend aus dem Risiko des Austauschs von Feindseligkeiten im Fall des Aufeinandertreffens der Eltern. Eine „Eskalation auf offener Bühne“ mit schlimmstenfalls traumatischen Folgen für das Kind müsse verhindert werden. Der Vater räume selbst ein, dass er in den letzten 18 Monaten keinen Kontakt zu den Kindern hatte und es daher eine Umgangsanbahnung bedürfe. Damit könne aber ein Wiedersehen bei der Einschulungsfeier zu einer Überforderung des Kindes führen.

Durch den Umgang sollen emotionale Bindungen aufrechterhalten und vertieft werden. Für die seelische Entwicklung des Kindes ist es von essentieller Bedeutung, dass es nicht nur den betreuenden Elternteil als Bindungspartner hat, sondern die Beziehung auch zu dem anderen Elternteil so gut als möglich erhalten bleibt. Gerade einmalige Feste, wie die Einschulung, Konfirmation oder Kommunion sind für das Kind besondere Anlässe, die es zudem in besonders starkem Maß mit der Tatsache konfrontieren, dass der frühere Familienverband unwiederbringlich zerbrochen ist. Welchem Leidensdruck Kinder ausgesetzt werden, die bei solchen Anlässen auf die Anwesenheit eines Elternteils verzichten müssen, wird offensichtlich von Eltern nicht realisiert, deren einerseits unkontrolliertes Benehmen Anlass für eine zu befürchtende Eskalation ist bzw. die andererseits schon „vorbeugend“ mit einem Polizeieinsatz drohen. Eltern, die mit ihrem Verhalten gänzlich außer Kontrolle geraten sind, jeglichen Blick für die Belange ihrer Kinder verloren haben und deren Weltbild sich nur noch um ihre eigenen Befindlichkeiten und vermeintlichen Ansprüche dreht, lassen die professionellen Verfahrensbeteiligten zunehmend ratlos zurück in dem Bewusstsein, dass wir vielleicht an der einen oder anderen Stelle noch eine weitere Eskalation vermeiden helfen, jedoch nicht mehr den Kindern bereits längst zugefügten und sie ein Leben lang begleitenden Schaden verhindern oder gar beheben können.