Kein Zwang zur Beratung (KG v. 30.1.2019 – 13 UF 161/18)

Kindschaftsrechtliche Verfahren werden häufig nicht nur durch fehlerhafte rechtliche Vorstellungen von Eltern bestimmt, sondern auch durch eine mangelnde Kommunikation bzw. Kommunikationsfähigkeit zwischen ihnen. Nicht selten werden diese Probleme in einem gerichtlichen Verfahren offengelegt und Eltern zeigen sich bereit – vor allem im Interesse des Kindes -, diese Defizite unter fachlicher Hilfe anzugehen, so dass ggf. die Verfahren mit der erklärten Bereitschaft der Eltern zur Inanspruchnahme angebotener Beratungsmöglichkeiten beendet werden können. Gleichwohl bleibt aber ein bestimmter Anteil von Verfahren, in denen die Eltern sukzessive in eine Hochkonflikthaftigkeit geraten sind, die jeder vergleichsweisen Regelung entgegensteht. Mit der Frage, ob in einer solchen Konstellation dann auch durch gerichtliche Entscheidung die Inanspruchnahme einer Beratung verpflichtend auferlegt werden kann, hat sich aktuell das KG befasst.

In dem zugrunde liegenden Sachverhalt hatten die Eltern ursprünglich bezüglich ihrer gemeinsamen Tochter ein Wechselmodell praktiziert. Aufgrund zunehmender dysfunktionaler Elternkommunikation und einer misstrauischen Grundhaltung beider Elternteile wurde dieses Betreuungsmodell beendet und dem Vater auf seinen Antrag das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Tochter übertragen. Bezüglich der Umgangskontakte der Mutter in den Ferien und an den Feiertagen konnte zwischen den Eltern keine Regelung gefunden werden. Das angerufene Familiengericht hat in seinem Beschluss nicht nur eine Umgangsregelung getroffen, sondern auch angeordnet, dass beide Elternteile jeweils an einem Kurs „Kind im Blick“, einem ähnlichen Kurs oder einer Beratung teilnehmen, darauf gerichtet, sie zu lehren, den Kontakt zum anderen Elternteil im Sinne des Kindes zu gestalten, und über die Teilnahme dem Gericht einen schriftlichen Nachweis vorlegen.

Auf die Beschwerde des Vaters gegen die Anordnung zur Inanspruchnahme der Beratung hat das KG die Anordnung ersatzlos aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass für die angeordnete Verpflichtung zu einer Kursteilnahme keine gesetzliche Grundlage bestehe. Werde durch gerichtliche Entscheidung eine Anordnung getroffen, die der Umsetzung der Loyalitätsverpflichtung gem. § 1684 Abs. 2 BGB dienen soll, so könne diese Anordnung allein auf § 1684 Abs. 3 Satz 2 BGB gestützt werden. Eine solche Anordnung, die zwingend in das Persönlichkeitsrecht der Eltern eingreife, sei nicht mit Zwangsmitteln durchsetzbar. Auch wenn das bei einer bloßen Beratungsauflage nicht in Rede stehe, dürften die Eltern aber nicht zu einer Therapie verpflichtet werden, selbst wenn dies der Schlüssel zu einer nachhaltigen, im Interesse des Kindes erforderlichen Verhaltensänderung sei. Im konkreten Fall habe nicht nur der Vater durchgängig zum Ausdruck gebracht, dass er eine solche Beratung ablehne, sondern auch das Jugendamt den Besuch des Kurses nicht für ein geeignetes Setting erachtet, um den eskalierten Elternkonflikt zu bearbeiten.

Nach § 18 Abs. 3 Satz 3 BGB haben sowohl Eltern als auch andere Umgangsberechtigte bzw. Personen, in deren Obhut sich eine Kind befindet, einen ausdrücklichen Anspruch auf Beratung und Unterstützung bei der Ausübung des Umgangsrechts. Diese Beratung kann bei einem Träger der Jugendhilfe, d.h. insbesondere bei einem Jugendamt oder einem sonstigen freien Träger in Anspruch genommen werden. Folgend daraus, dass diese Beratung und Unterstützung ausdrücklich als Anspruch auf eine staatliche Leistung ausgestaltet ist, wird in der Rechtsprechung gleichermaßen abgeleitet, dass im Umkehrschluss ein Elternteil dann aber gerade auch nicht gegen seinen Willen zu der Inanspruchnahme einer solchen Beratung verpflichtet werden kann, zumal die Ausgestaltung der Loyalitätsverpflichtung in § 1684 Abs. 2 BGB als Unterlassungspflicht formuliert ist und nicht als Handlungspflicht. Darüber hinausgehend hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung durchgängig klargestellt, dass einem Elternteil zwar aufgegeben werden kann, eine Therapie für ein Kind aufzunehmen bzw. eine bereits begonnene Therapie fortzuführen. Davon abzugrenzen ist allerdings die Therapieverpflichtung des Elternteils selbst. Eine solche ist mangels rechtlicher Grundlage nicht zulässig.

Das KG hat in seiner Entscheidung eine bestehende einheitliche obergerichtliche Rechtsprechung zur Inanspruchnahme von Beratungen fortgeführt, allerdings zutreffend ebenso nachhaltig an die Eltern appelliert, sich zu vergegenwärtigen, dass die Inanspruchnahme der Beratung letztlich vor allem im Interesse des Kindes liegt, d.h. gerade hochkonflikthafte elterliche Beziehungen massiven Einfluss auf die spätere Lebensführung des Kindes haben und zu erheblichen psychischen Belastungen führen können. Dieser Appell des KG kann nur unterstützt werden, da leider Eltern noch zu selten in ihren Auseinandersetzungen erkennen können, dass ihr vermeintlich am Kindeswohl orientiertes Verhalten in der Regel tatsächlich mit dem Kindeswohl nicht in Einklang zu bringen ist.

Auch Auswandern will gelernt sein (OLG Brandenburg v. 6.11.2018 – 13 UF 174/17)

Eine zunehmende gesellschaftliche Mobilität hinterlässt auch in familiengerichtlichen Verfahren ihre Spuren. Nach der Trennung von Eltern kommt es immer häufiger dazu, dass ein Elternteil – sei es aus privaten oder beruflichen Gründen – seinen Wohnort verlegen muss. Insbesondere wenn aus der Ehe oder Beziehung hervorgegangene Kinder im Haushalt dieses Elternteils leben, hat eine örtliche Veränderung nicht nur Auswirkungen auf die Frage, wie künftig Umgangskontakte mit dem jeweils anderen Elternteil sichergestellt werden können. Im schlechtesten Fall kann ein solcher Ortswechsel zum völligen Abbruch persönlicher Kontakte führen. Familiengerichtliche Verfahren, in denen es um die Auswanderung eines Elternteils geht, bedürfen daher einer besonders intensiven Bewertung der Belange aller Beteiligten.

Das OLG Brandenburg hat sich in seinem Beschluss vom 6.11.2018 sowohl mit der Problematik des beabsichtigten Umzugs eines Elternteils samt Kind ins Ausland als auch der in diesen Fällen notwendigen Entscheidung zum Aufenthaltsbestimmungsrecht auseinandergesetzt: Bezüglich des gemeinsamen 2005 geborenen Kindes erstrebten die geschiedenen Eltern wechselseitig die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts, wobei der Vater eine Auswanderung nach Andorra beabsichtigte und die Tochter auf ihren Wunsch dorthin mitnehmen wollte.

Der Senat hat die erstinstanzliche Entscheidung, durch die der Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen wurde, bestätigt. In seiner Entscheidung ging das OLG davon aus, dass eine Fortführung der gemeinsamen Sorge nicht möglich war. Im Rahmen der sodann zu treffenden Entscheidung über den künftigen Aufenthalt des Kindes hat der Senat die Kindeswohlkriterien abgewogen und unter Heranziehung des Kontinuitätsgrundsatzes sich für einen Verbleib des Kindes in seinem bisherigen Umfeld ausgesprochen, da dort die Beziehungen zu den zwischenzeitlich volljährigen Geschwistern ebenso gewährleistet waren, wie die Aufrechterhaltung der engeren Bindung zur Mutter. Eine seitens des Vaters vorgetragene Alkoholabhängigkeit der Mutter konnte im Rahmen einer sachverständigen Bewertung nicht bestätigt werden. Entscheidungsrelevant war zudem jedoch für den Senat die Tatsache, dass bei dem Vater ökonomische Mindeststandards nicht gewährleistet waren, d.h. er weder seinen Unterhaltspflichten nachgekommen noch zur Zahlung aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss in der Lage war. Trotz Hinweises des Senats hatte er sich nicht zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen erklärt. Einen angekündigten Arbeitsvertrag hatte er nicht vorgelegt. Zudem war sein Sachvortrag widersprüchlich, soweit er einerseits vortrug, Eigentümer einer Immobilie in Andorra zu sein, gleichzeitig jedoch einen dort bestehenden Mietvertrag behauptete.

Die Entscheidung des OLG Brandenburg stimmt mit den in der Rechtsprechung des BGH entwickelten Kriterien zur Kindeswohlprüfung im Fall der beabsichtigten Auswanderung eines Elternteils überein. In seiner Grundsatzentscheidung vom 28.04.2010 hat der BGH betont, dass zentraler Maßstab der gerichtlichen Entscheidung das Kindeswohl ist (BGH v. 28.4.2010 – XII ZB 81/09, FamRZ 2010, 1060 = FamRBint 2010, 51). Zwar hat das Gericht auch die sich gegenüberstehenden jeweiligen Elternrechte in seine Entscheidung einzubeziehen, doch richtet sich letztlich die zutreffende Entscheidung allein daran aus, wie sich eine Auswanderung letztlich auf das Kindeswohl auswirkt. Es bedarf einer sorgfältigen Prüfung zu den persönlichen Umständen des Kindes, in die etwa seine Resilienz mit Blick auf die notwendigen Anpassungsprozesse im Fall einer Auswanderung ebenso einzubeziehen sind, wie die Tatsache, dass das Kind durch die Auswanderung möglicherweise einen Elternteil nicht mehr so häufig sieht oder gar für den Fall, dass das Gericht eine Auswanderung des Kindes untersagt, es seine bisherige Hauptbezugsperson verliert. Bei der Bewertung des Kindeswohls hat selbstredend auch der Kindeswille in die Abwägung einzufließen. Zentrales Prüfungskriterium ist in diesem Kontext aber die Frage, ob der Kindeswille im konkreten Fall auch mit dem Kindeswohl vereinbar ist.

 

Homeschooling – nicht zwingend kindeswohlgefährdend (OLG Düsseldorf v. 25.7.2018 – 2 UF 18/17)

Das Thema Schulverweigerung ist vielschichtig zu betrachten. Es umfasst nicht nur die von Kindern ausgehende Verweigerung, für die schlechte Zensuren oder Probleme mit Mitschülern – etwa bei Mobbing – ursächlich sein können. Eine Schulverweigerung kann ebenso von den Erziehungsberechtigten ausgehen, die bewusst die Unterrichtung in staatlichen Schulen ablehnen, da sie mit den dort vermittelten Lerninhalten keine Übereinstimmung herstellen, etwa folgend aus spezifischen religiösen oder weltanschaulichen Vorstellungen.

Das OLG Düsseldorf hat sich in einer Entscheidung aus dem Jahr 2018 mit dieser Thematik auseinandergesetzt und ist – abweichend von dem erstinstanzlichen Beschluss – zu der Bewertung gelangt, dass in dem konkreten Fall die Schulverweigerung keine Kindeswohlgefährdung darstellt, die ein familiengerichtliches Eingreifen erfordern würde.

In dem zugrunde liegenden Sachverhalt war der Mutter eines 2005 geborenen Kindes durch das Amtsgericht aufgegeben worden, ihren Sohn an einer öffentlichen Schule oder anerkannten Ersatzschule anzumelden, ihn einer Beschulung zuzuführen und für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen. Gegen diese Entscheidung legte sie Beschwerde ein, die zur Aufhebung der Ausgangsentscheidung führte.

Zwei seitens des Senats in Auftrag gegebene Gutachten gelangten zu dem Ergebnis, dass der Entwicklungsstand des Kindes in wesentlichen Bereichen als normgerecht einzustufen und in jeder Hinsicht altersgemäß war. Zur gleichen Einschätzung gelangte der Senat nach Anhörung des Kindes sowie der weiteren Beteiligten. Er hob hervor, dass das Kind ein normgerechtes Bindungserleben und -verhalten besaß. In Bezug auf die Mutter wurde eine positive und tragfähige Beziehung bestätigt bzw. hinsichtlich des bestehenden Freundeskreises waren alterskonforme Kontakte festzustellen. In seine Entscheidung bezog der Senat weitergehend ein, dass die Mutter glaubhaft versicherte, dass ihr Sohn einen weitergehenden Schulabschluss durch Ablegung einer sog. Nichtschülerprüfung anstrebe und er auf diese Prüfung durch einen spezifischen Lerndienst vorbereitet werde. Letztlich hatte sie sich bereit erklärt, den Sohn zum nächstmöglichen Zeitpunkt einer schulpsychologischen Testung unterziehen zu lassen und das Jugendamt über deren Ergebnis zu unterrichten.

Folgend aus der Kulturhoheit der Bundesländer wird auf der Grundlage der jeweiligen Landesverfassungen die Schulpflicht in jedem Bundesland einfachgesetzlich geregelt. Einheitlich ist in allen Bundesländern der Besuch einer Grundschule bzw. einer weiterführenden Schule verpflichtend vorgesehen. Lediglich hinsichtlich der Dauer der Vollzeitschulpflicht bestehen zwischen den Bundesländern minimale Differenzen. Die Schulpflicht dient nicht allein der Durchsetzung des staatlichen Erziehungsauftrags, der in diesem Rahmen auch das elterliche Erziehungsrecht begrenzt, so dass bei einer Kindeswohlgefährdung auch Maßnahmen nach § 1666 BGB ergriffen werden können. In ständiger Rechtsprechung hat das Bundesverfassungsgericht betont, dass die allgemeine Schulpflicht in ihrer Zielsetzung darauf ausgerichtet ist, Kindern und Jugendlichen die Grundlagen einer verantwortlichen Staatsbürgerschaft zu vermitteln, d.h. ihnen die Voraussetzungen zu geben, verantwortungsbewusst an demokratischen Prozessen in einer pluralistischen Gesellschaft teilzuhaben und mitzuwirken.

Einer von Eltern in Anspruch genommenen Schulverweigerung wurde daher jeweils eine Absage erteilt, wenn durch diese Verweigerung Kindern nicht nur die Möglichkeit der umfassenden Wissensvermittlung auf der Grundlage eines regelmäßigen Schulbesuchs genommen wurde, sondern auch die Möglichkeit der persönlichen Entwicklung als Teilhaber einer freiheitlich demokratischen Grundordnung. Hierbei hat das Bundesverfassungsgericht in besonderem Maße auch die Integrationsaufgabe öffentlicher Schulen hervorgehoben, um der Entstehung religiös oder weltanschaulich motivierter „Parallelgesellschaften“ entgegenzuwirken, die dadurch entstehen können, dass Kindern und Jugendlichen der Dialog mit Andersdenkenden und -gläubigen verschlossen wird.

Diese Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat der EGMR in einer aktuellen Entscheidung vom 10.1.2019 bestätigt unter Verweis darauf, dass sorgerechtliche Maßnahmen durchaus berechtigt sind, wenn Kinder statt des Besuches einer Schule in einem quasi „symbiotischen Familiensystem“ unterrichtet und hierdurch gleichzeitig sozial isoliert werden (EGMR v. 10.1.2019 – 18925/15).

Nehmen Eltern daher für sich in Anspruch, eine Beschulung ihrer Kinder außerhalb einer öffentlichen oder anerkannten privaten Schule durchzuführen, so kann hieraus nicht per se eine Kindeswohlgefährdung abgeleitet werden. Es bedarf vielmehr einer einzelfallbezogenen Prüfung, in die nicht nur die jeweils vermittelten Lerninhalte einzubeziehen sind, sondern auch genau zu beleuchten ist, ob in irgendeiner Form die freie Persönlichkeitsentwicklung des Kindes eingegrenzt wird.

Nicht allein der Kindeswille zählt (OLG Frankfurt v. 16.10.2018 – 1 UF 74/18)

In kindschaftrechtlichen Verfahren wird allzu gern als vermeintliches „Rundum-Argument“ der angebliche Kindeswille bemüht, d.h. etwa wiederholte Äußerungen des Kindes nach Umgangsende bzw. vor Umgangsbeginn, dass es überhaupt nicht zu dem jeweils anderen Elternteil möchte. Gesteigert wird dies in einzelnen Fällen noch dadurch, dass einzelne Verfahrensbevollmächtigte ganz selbstverständlich davon berichten, dass das Kind ihnen gegenüber selbst solche Äußerungen getätigt habe, da sie es ebenso selbstverständlich empfinden, anlässlich der Rücksprache eines Elternteils nebenbei auch noch eine Kindesanhörung durchzuführen.

In einer aktuellen Entscheidung vom 16.10.2018 hat sich das OLG Frankfurt mit der Beachtlichkeit eines solchen Kindeswillens umfassend auseinandergesetzt (OLG Frankfurt v. 16.10.2018 – 1 UF 74/18). Darüber hinausgehend erfasst diese Entscheidung ein weiteres praxisrelevantes Thema und zwar die Voraussetzungen eines in einem Umgangsverfahren beantragten paritätischen Wechselmodells, wenn in einem früheren sorgerechtlichen Verfahren durch Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf einen Elternteil bereits das Residenzmodell installiert wurde.

In dem zugrunde liegenden Sachverhalt erstrebte der Vater die Änderung eines familiengerichtlichen Beschlusses aus dem Jahr 2014, wonach seiner geschiedenen Ehefrau das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die gemeinsamen Kinder übertragen worden war. Da er hilfsweise die Anordnung eines paritätischen Wechselmodells beantragte, leitete das Gericht von Amts wegen ein Umgangsverfahren ein. In diesem Umgangsverfahren wurde dem Vater ein ausgedehnter Umgang jeweils 14-tägig donnerstags von 17 Uhr bis montags zum Schulbeginn und Telefonzeiten zuerkannt. Seine hiergegen eingelegte Beschwerde wurde mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass ihm lediglich unter 14-tägig noch ein Umgang von dienstags Schulschluss bis mittwochs Schulbeginn zuerkannt wurde.

Bezüglich der erstrebten Änderung des gewöhnlichen Aufenthalts der Kinder im mütterlichen Haushalt hat der Senat darauf verwiesen, dass letztlich die Abänderung der früheren sorgerechtlichen Regelung in Rede stehe, auch wenn die Änderung nun in einem Umgangsverfahren zur Entscheidung gestellt werde durch Beantragung eines paritätischen Wechselmodells. In diesem Fall sei gleichwohl § 1696 Abs. 1 BGB der Abänderungsmaßstab und zwar orientiert an der früheren Sorgerechtsregelung.

Werde die Abänderung sodann allein auf den Kindeswillen gestützt, so könne ein nachdrücklich wiederholter Änderungswunsch eines Kindes grundsätzlich einen zu beachtenden triftigen Abänderungsgrund im Sinn des § 1696 Abs. 1 BGB darstellen. Im konkreten Fall sei dieser Wille aber nicht autonom von den Kindern gebildet worden. Vielmehr sei der Vater nicht in der Lage, seine Bedürfnisse von denen der Kinder zu trennen, so dass sich umgekehrt die Kinder in die Bedürfniswelt des Vaters einfänden und danach reagierten. Durch sein Verhalten versetze er die Kinder in Anspannung, verunsichere sie und bürde ihnen Schuldgefühle auf. Es rechtfertige sich damit auch keine Ausweitung der Umgänge, vielmehr entspreche die derzeit praktizierte Umgangsregelung den Bedürfnissen der Kinder nach Orientierung und Stabilität.

Beide Schwerpunkte der Entscheidung des OLG Frankfurt erfassen besonders praxisrelevante Themenbereiche:

In seiner Grundsatzentscheidung vom 1.2.2017 hat der BGH zwar festgestellt, dass einer familiengerichtlichen Anordnung eines paritätischen Wechselmodells auch gegen den erklärten Willen eines Elternteils die geltende Gesetzeslage nicht entgegensteht (BGH v. 1.2.2017 – XII ZB 601/15, FamRB 2017, 136). Offen gelassen wurde aber die Frage, ob eine gleichanteilige Betreuung auch in einem Sorgerechtsverfahren angeordnet werden könnte, so dass ebenso offen ist, ob und unter welchen Voraussetzungen auch die Abänderung eines Sorgerechtsbeschlusses mit Anordnung eines Residenzmodells inzident in einem Umgangsrechtsverfahren möglich ist, in dem ein paritätisches Wechselmodell angestrebt wird. Zu dieser Frage wird sich der BGH nun in dem zugelassenen und anhängigen Rechtsbeschwerdeverfahren (Az.: XII ZB 512/18) hoffentlich äußern müssen.

Auch die Bedeutung des Kindeswillens im familiengerichtlichen Verfahren ist von wesentlicher Praxisrelevanz. Bei der näheren Präzisierung des Begriffes des Kindeswohls ist der Kindeswille einer der Prüfungsaspekte. Die Äußerung des eigenen Willens des Kindes ist Ausdruck seines Rechts auf Selbstbestimmung, durch die es gleichzeitig auch Bindungen zu einem Elternteil zum Ausdruck bringen kann. Hieraus folgt aber nicht zwingend, dass ein geäußerter Kindeswille letztlich alleinige Entscheidungsrelevanz besitzt. Unbeschadet der Tatsache, dass der Kindeswille mit den weiteren Kriterien der Kindeswohlprüfung, d.h. auch dem Förderungsgrundsatz, der Bindungstoleranz oder auch dem Kontinuitätsgrundsatz, in innerer Beziehung steht, muss sich der subjektiv geäußerte Kindeswille immer auch an dem objektiven Kindeswohl messen lassen. Nur wenn der geäußerte Wille stabil und mit dem Kindeswohl in Einklang zu bringen ist, kann er beachtliches Kriterium für die gerichtliche Entscheidung sein.

 

Verfahrensbeistand macht den Anwalt entbehrlich (BGH v. 27.6.2018 – XII ZB 46/18)

Mit Einführung des FamFG zum 1.9.2009 hat der Gesetzgeber die bis dahin nach § 50 FGG bestehende Möglichkeit der Beiordnung eines Verfahrenspflegers dem Grunde nach aufrechterhalten, allerdings in dem neu geschaffenen § 158 FamFG den Begriff dahin geändert, dass dem minderjährigen Kind nunmehr zur Wahrnehmung seiner Interessen im Verfahren ein Verfahrensbeistand zu bestellen ist. Mit der veränderten Begrifflichkeit wird auch zum Ausdruck gebracht, dass es sich bei dem Beistand gerade nicht um einen gesetzlichen Vertreter des Kindes handelt, sondern sich seine Aufgabe darauf konzentriert, als „Anwalt des Kindes“ dessen Interessen festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen.

Kindschaftsverfahren ist es geradezu immanent, dass die elterlichen Interessen nicht zwingend deckungsgleich mit jenen des Kindes sind. Umso größere Bedeutung kommt daher einem neutralen Verfahrensbeteiligten zu, der dieses Spannungsverhältnis zu Gunsten des Kinds auflöst bzw. ist es ebenso von zentraler Bedeutung, dass die angemessene Interessenvertretung eines Kindes im gerichtlichen Verfahren nicht auf anderem Wege durch einen Elternteil unterlaufen werden kann, indem er einen von seinen Weisungen abhängigen Anwalt mit der Interessenvertretung des Kindes beauftragt.

Die hiermit einhergehende Problemantik hat der BGH in einer aktuellen Entscheidung (BGH v. 27.6.2018 – XII ZB 46/18, FamRB 2018, 394) aufgegriffen: In dem zugrunde liegenden Sachverhalt stritten die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern in verschiedenen gerichtlichen Verfahren zu den Fragen der elterlichen Sorge sowie des Umgangs. Das Familiengericht hatte den Kindern in den jeweiligen Verfahren einen Verfahrensbeistand bestellt. Der Absicht des Vaters, zur Interessenvertretung der Kinder für diese einen eigenen Anwalt zu mandatieren, trat die Mutter entgegen. Seitens des Vaters wurde daher familiengerichtlich die Übertragung eines Teilbereichs der elterlichen Sorge nach § 1628 BGB beantragt, d.h. die Alleinentscheidungsbefugnis zur Beauftragung eines Anwalts. Sein Antragsbegehren blieb in erster und zweiter Instanz erfolglos. Seine Rechtsbeschwerde hat der BGH zurückgewiesen.

Zur Begründung führte der Senat aus, dass die Vertretung des Kindes als sog. Muss-Beteiligten in einem kindschaftsrechtlichen Verfahren prinzipiell den Eltern im Rahmen ihrer unbeschränkten elterlichen Sorge unterliege. Es bedürfe daher regelmäßig nicht der Bestellung eines Ergänzungspflegers. Allerdings seien die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern dem Grunde nach berechtigt, im Namen des Kindes einen Anwalt zu dessen Vertretung im Kindschaftsverfahren zu beauftragen. Könnten die Eltern zu dieser Frage jedoch kein Einvernehmen erzielen, so bedürfe es einer Entscheidung nach § 1628 BGB durch das Familiengericht. Komme das Gericht zu der Überzeugung, dass die Bewahrung des gegenwärtigen Zustands als die bessere Konfliktlösung erscheine, so genüge es, den Antrag zurückzuweisen.

Im Sinn des § 1697a BGB diene es allgemein dem Wohl des Kindes, wenn seine Rechte und Interessen wirksam im Verfahren wahrgenommen würden. Es bedürfe aber dann keiner Beauftragung eines Anwalts, wenn für das Kind bereits ein Verfahrensbeistand bestellt sei, der aufgrund seiner Befugnisse in der Lage sei, die Rechte und Interessen des Kindes geltend zu machen. Dies gelte gerade für auf die Person des Kindes bezogene Verfahren. Nur ausnahmsweise sei die wirksame Vertretung der Kindesinteressen durch den Verfahrensbeistand nicht gewährleistet. Dies gelte etwa dann, wenn in dem jeweiligen Verfahren die nach § 158 Abs. 4 Satz 6 FamFG ausgeschlossene gesetzliche Vertretung des Kindes notwendig werde.

Das Gesetz enthalte auch keinen Vorrang für einen möglicherweise noch zu beauftragenden Anwalt. Nach § 158 Abs. 5 FamFG solle lediglich dann von der Bestellung eines Verfahrensbeistands Abstand genommen werden, wenn die Interessen des Kindes von einem Anwalt oder einem anderen geeigneten Verfahrensbevollmächtigten angemessen vertreten würden. Dies setze aber – abgesehen von der notwendigen Angemessenheit der Vertretung – die bereits erfolgte Beauftragung eines Anwalts voraus. Daraus folge aber noch nicht, dass es im Sinne des Kindeswohls liege, einem Elternteil die Beauftragung eines Anwalts zu ermöglichen, um damit etwa auch die Aufhebung der Bestellung des Verfahrensbeistands zu ermöglichen. Gerade bei Interessenkonflikten zwischen den Eltern – wie sie aus einem Verfahren nach § 1628 BGB deutlich würden – liege es nahe, die Interessen des Kindes ausschließlich durch einen Verfahrensbeistand wahrnehmen zu lassen. Die Übertragung der Entscheidungsbefugnis auf einen Elternteil könne dagegen dazu führen, dass er im Fall der Beauftragung eines Anwalts – ohne Gewinn für das Kindeswohl – seine Interessen zweifach ins Verfahren einbringen könne. Dies laufe einer am Kindeswohl orientierten Wahrnehmung der Kindesinteressen im Verfahren zuwider. Da im konkreten Fall vor dem Hintergrund des elterlichen Konflikts das Kindeswohl durch den bestellten Verfahrensbeistand besser gewährleistet sei, habe es das Ausgangsgericht im Rahmen der nach § 1628 BGB zu treffenden Entscheidung bei dem bestehenden Zustand der elterlichen Sorge belassen können, indem es den Antrag des Vaters zurückgewiesen habe.

Nach § 158 Abs. 1 FamFG hat das Gericht dem minderjährigen Kind grundsätzlich einen Verfahrensbeistand zu bestellen, wenn dies zur Wahrnehmung seiner Interessen in dem Verfahren erforderlich ist. Dies ist immer dann der Fall, wenn zu befürchten ist, dass die Elterninteressen in Konflikt zu den Interessen des Kindes geraten können. In § 158 Abs. 2 FamFG hat der Gesetzgeber enumerativ Regelbeispiele aufgelistet, bei deren Vorliegen in der Regel von der Notwendigkeit der Bestellung eines Verfahrensbeistands auszugehen ist. Dies betrifft u.a. Sachverhaltskonstellationen in denen es um die räumliche Veränderung des Kindes geht, sei es dass es aus der Obhut einer bestimmten Person gebracht oder gerade dort belassen werden soll. Aber auch hochstreitige Kindschaftsverfahren, in denen das Umgangsrecht in seinem grundlegenden Bestand in Rede steht, bzw. generell Verfahren, in denen erhebliche Gegensätze zwischen den Interessen der gesetzlichen Vertreter und dem Kind selbst bestehen, gelten als Regelfall für die Bestellung eines Verfahrensbeistands.

Möchte das Gericht, obgleich ein Regelbeispiel im Sinn des § 158 Abs. 2 FamFG vorliegt, von der Bestellung eines Verfahrensbeistands Abstand nehmen, so muss es diese Entscheidung ausdrücklich begründen. Allerdings eröffnet der Gesetzgeber mit § 158 Abs. 5 FamFG die Möglichkeit von einer Bestellung abzusehen oder eine bereits erfolgte Bestellung aufzuheben, wenn eine angemessene Interessenvertretung des Kindes durch einen Rechtsanwalt oder einen anderen geeigneten Verfahrensbevollmächtigten sichergestellt wird. Zu beachten ist aber, dass in der Gesetzesbegründung bereits hervorgehoben wurde, dass die Ausgestaltung als „Soll-Vorschrift“ dem Gericht gerade auch die Möglichkeit eröffnet, an einer bereits veranlassten Bestellung festzuhalten, insbesondere dann, wenn keine angemessene Vertretung des Kindes zu erwarten ist, weil die Eltern oder ein Elternteil den Anwalt mit der Zielrichtung beauftragt haben, die Interessen des Kindes in einer ihren eigenen Interessen entsprechenden Weise wahrzunehmen.

Die Entscheidung des BGH stellt zwei Problembereiche in den Fokus: Entsprechend den Vorgaben in der Gesetzesbegründung muss das Gericht jeweils prüfen, ob eine angemessene Interessenvertretung des Kindes auch im Fall der Beauftragung eines eigenen Anwalts für das Kind gewährleistet ist. Darüber hinausgehend bedarf es aber auch einer noch intensiveren gerichtlichen Prüfung der Angemessenheit, wenn bereits ein Verfahrensbeistand bestellt wurde und dieser nun durch einen Anwalt „ersetzt“ werden soll, d.h. ein unliebsamer Verfahrensbeistand, gegen den kein Befangenheitsantrag möglich ist, auf diesem Weg aus dem Verfahren gedrängt werden soll.

Praktiziertes Wechselmodell: Kontinuität als Grenze elterlicher Änderungswünsche (zu KG v. 13.9.2018 –- 13 UF 74/18)

Nicht immer sind die Vorstellungen sich trennender Eltern, für das gemeinsame Kind bestmögliche und insbesondere einvernehmliche Regelungen zu finden, auch dauerhaft. Allzu leicht werden angestrebte Ideale durch die alltäglichen Realitäten eingeholt und eine zunächst avisierte und zugesicherte Fortdauer der gemeinsamen Betreuung des Kindes bereut. In dem sich dann eröffnenden Spannungsfeld zwischen den Vorstellungen der Eltern zur künftigen Wahrnehmung der elterlichen Verantwortung und dem Interesse des Kindes an der Beibehaltung einer nicht nur kurzfristig praktizierten Betreuungsform, wird häufig übersehen, dass stets das Kindeswohl zentraler Bewertungsmaßstab ist.

Mit einem entsprechend gelagerten Sachverhalt hat sich aktuell auch das KG befasst:

Die gemeinsam sorgeberechtigte Eltern eines 2015 geborenen Kindes hatten im Oktober 2016 eine gerichtlich gebilligte Vereinbarung schlossen, in der ein bereits seit ihrer Trennung praktiziertes Wechselmodell bestätigt wurde. In einer weiteren Vereinbarung vom April 2017 haben sie sodann Ergänzungen zu den Wochenendregelungen vorgenommen. In Abweichung dieser Vereinbarungen erstrebte die Mutter dann jedoch wieder eine Verlagerung des Lebensmittelpunkts des Kindes in ihrem Haushalt. Das Gericht hat jedoch ein paritätisches Wechselmodell angeordnet. Die gegen diesen Beschluss eingelegte Beschwerde der Mutter blieb ebenso erfolglos wie die Anschlussbeschwerde des Vaters, die er in zeitlicher Folge einlegte und mit der er dann ebenfalls die Verlagerung des Lebensmittelpunkt des Kindes in seinen Haushalt anstrebte.

Das KG hat in seiner Entscheidung hervorgehoben, dass eine familiengerichtlich gebilligte Vereinbarung zur Ausgestaltung des Umgangs beider Eltern mit dem Kind vorliege und die Abänderung dieser Vereinbarung – sei es hin zu einem Wechselmodell oder davon distanzierend – dem engen Maßstab jeder Änderung einer familiengerichtlichen Entscheidung unterliege, d.h. die Änderung aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen angezeigt sein müsse. Dabei habe der Kontinuitätsgrundsatz zentrale Bedeutung. Im konkreten Sachverhalt sei daher zu beachten, dass praktisch seit dem siebten Lebensmonat des Kindes kontinuierlich eine Betreuung im Wechselmodell durchgeführt worden sei und dadurch, nach den Feststellungen der Sachverständigen, das Kind beide Eltern als zuverlässige Bezugs- und Erziehungspersonen erlebt habe. Selbst wenn man den Lebensmittelpunkt des Kindes zu der Mutter verlagere, seien hierdurch nicht zwingend von ihr im Fall der weiteren Umsetzung des Wechselmodells befürchtete Belastungssymptome oder Verlustängste des Kindes ausgeschlossen, da auch in diesem Fall das Kind in regelmäßigen Abständen in den väterlichen Haushalt wechsele. Auch Einschränkungen in der Kommunikation der Eltern stünden dem Wechselmodell nicht entgegen, denn trotz dieser Einschränkungen seien die Eltern gleichwohl in der Lage gewesen, wichtige Entscheidungen für das Kind zu treffen, wobei zudem beide Eltern sich auch gegenüber der Sachverständigen dafür ausgesprochen hätten, sich eine Fortführung des Wechselmodells vorstellen zu können. Für die elterliche Kommunikation sei es letztlich auch unerheblich, ob das Kind überwiegend im Haushalt der Mutter lebe. Entscheidend sei vielmehr die bestehende gemeinsame elterliche Sorge, die eine Einigung der Eltern zu Belangen des Kindes erfordere.

Die Entscheidung des KG steht nicht in Widerspruch zu der Grundsatzentscheidung des BGH v. 1.2.2017 – XII ZB 601/15, FamRB 2017, 136, in der zwar betont wurde, dass ein paritätisches Wechselmodell gerade nicht zu dem Zweck angeordnet werden kann, eine nicht bestehende Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit der Eltern überhaupt erst herzustellen. Davon zu unterscheiden ist aber die Konstellation, dass Elterngespräche zwar von trennungstypischen Belastungen überlagert werden, gleichwohl jedoch die Eltern in der Lage sind, solche Gespräche dem Grunde nach überhaupt zu führen und es ihnen dabei zudem gelingt, wesentliche Frage für die Entwicklung des Kindes – in Umsetzung einer nach wie vor bestehenden gemeinsamen elterlichen Sorge – einer Lösung zuzuführen.

Die Entscheidung des KG führt den Blick allerdings auch auf ein immer wieder auftretendes Problem der Praxis, die Abänderungsvoraussetzungen einer bestehenden familiengerichtlichen Regelung zur elterlichen Sorge oder zum Umgangsrecht. Häufig wird verkannt, dass unter der Existenz einer bestehenden familiengerichtlichen Regelung der besonders enge Abänderungsmaßstab des § 1696 Abs. 1 BGB gilt, d.h. es hierzu triftiger und nachhaltiger am Kindeswohl ausgerichteter Gründe bedarf. Durch diese hohen Abänderungshürden soll für das Kind nicht nur ein verlässlicher Daseinsschwerpunkt gewährleistet werden, sondern eine ebenso gesicherte Erziehungskontinuität, da die Dauerhaftigkeit familiärer Bindungen für eine stabile und sichere psychosoziale Entwicklung des Kindes elementare Bedeutung haben, die allerdings durch eine ständiges Wiederaufrollen abgeschlossener familiengerichtlicher Verfahren in Frage gestellt werden.

Wird ertrotzte Kontinuität auch noch belohnt? (zu OLG Hamm v. 25.5.2018 – II-4 UF 154/17)

Fragen der elterlichen Sorge werden häufig von weltanschaulichen Aspekten überlagert. Eine während intakter Beziehung möglicherweise noch gefundene vermittelnde Lösung, in die nicht nur die Erwägungen des jeweils anderen Elternteils einbezogen, sondern vor allem auch die mit der zu treffenden Entscheidung einhergehenden und unmittelbar das Kind betreffenden Folgen bedacht worden wären, scheidet nach Trennung von vornherein aus. Dass unter dem Gesichtspunkt der Kontinuität einseitig getroffene und für das Kind grundlegende Fragen letztendlich unabänderlich werden können, hat sich in Elternkreisen herumgesprochen. Darüber hinausgehend wird bei der Anmeldung von Kindern in Kindergärten und Schulen auch nicht konsequent von den jeweiligen Einrichtungen der Beachtung sorgerechtlicher Befugnisse Rechnung getragen.

Mit der sich hieraus ergebenden Problemantik hat sich das OLG Hamm in einer Entscheidung vom 25.05.2018 auseinandergesetzt: Zwischen den gemeinsam sorgeberechtigten Elternteilen konnte kein Einvernehmen darüber erzielt werden, welchen Kindergarten das 2014 geborene gemeinsame Kind, das seit der Trennung seiner Eltern im Haushalt der Mutter lebte, künftig besuchen sollte. Die Mutter veranlasste im Sommer 2017 eine Anmeldung des Kindes in einem Waldorfkindergarten, den das Kind seitdem auch besuchte. Nachdem der Vater – folgend aus Bedenken seinerseits gegen das pädagogische Konzept dieses Kindergartens – Einwände erhob, beantragte die Mutter, ihr die Entscheidungsbefugnis zur Auswahl des Kindergartens zu übertragen. Das Ausgangsgericht folgte ihrem Antrag, wobei die Beschwerde des Vaters auch nur hinsichtlich der Kostenregelung der erstinstanzlichen Entscheidung Erfolg hatte.

Das OLG Hamm hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, dass bei der nach § 1628 BGB zu treffenden Entscheidung das Kindeswohl alleiniger Maßstab sei und dem Senat nicht die Entscheidung obliege, ob die Waldorfpädagogik zu billigen sei oder nicht. Die Übertragung der Entscheidungskompetenz zugunsten der Mutter gründe sich darauf, dass sie als tatsächliche Betreuungsperson im Alltag den Kindergartenbesuch unterstützen müsse und die hieraus folgenden Konsequenzen in der praktischen Umsetzung, d.h. weiterer Fahrwege, aber auch den tatsächlichen Auswirkungen der angewandten Pädagogik erlebe. Auch wenn die Mutter im Verfahren zumindest unvollständige Behauptungen aufgestellt habe, um das von ihr gewünschte Verfahrensergebnis zu erzielen, so sei nicht die Bestrafung der Mutter das Verfahrensziel. Entscheidend seien allein der bisherige Zeitablauf und die inzwischen erfolgte Eingewöhnung des Kindes im konkreten Kindergarten, d.h. ein erneuter Wechsel stehe dem Kindeswohl entgegen. Dahinter müsse auch die Tatsache zurücktreten, dass durch den weiteren Besuch dieses Kindergartens umfangreichere Fahrtwege erforderlich würden und auch die bislang praktizierte Umgangsregelung an die Öffnungszeiten angepasst werden müsse.

Im Ergebnis ist die Entscheidung des OLG Hamm nicht zu beanstanden. Sie trägt den gesetzlichen Vorgaben uneingeschränkt Rechnung. Soweit gemeinsam sorgeberechtigte Eltern zu grundlegenden wesentlichen Entscheidungen die das Kind betreffen, kein Einvernehmen erzielen können, sieht § 1628 BGB vor, dass einem Elternteil die alleinige Entscheidungsbefugnis übertragen werden kann. Die zu treffende gerichtliche Entscheidung hat sich dabei allein am Kindeswohl zu orientieren, wobei das Gericht nur die Entscheidungskompetenz zuweisen und keine Entscheidung statt der Eltern zu der konkret in Rede stehenden Streitfrage treffen darf.

Der unbestimmte Rechtsbegriff des Kindeswohls wird in der Rechtsprechung durch verschiedene Kriterien näher präzisiert. Hierzu gehören neben dem Kindeswillen und seinen Bindungen vor allem auch das Förderungsprinzip sowie der Kontinuitätsgrundsatz. Gerade dem Kontinuitätsgrundsatz kommt bei kleinen Kindern hohe Bedeutung zu, auch um einen wiederholten Wechsel von Bezugs- und Betreuungspersonen zu vermeiden. Ebenso soll ein mehrfacher Ortswechsel binnen kurzer Zeit vermieden werden. Um einer sich hieraus möglicherweise ergebenden „ertrotzten Kontinuität“ entgegen zu wirken, hat das BVerfG in seiner Rechtsprechung die Bedeutung einer kurzfristigen gerichtlichen Entscheidung betont.

Zeichnen sich daher möglicherweise eigenmächtige sorgerechtlich relevante Handlungen eines Elternteils ab, die unter dem Aspekt der Kontinuität praktisch irreversibel sind, so sollte unverzüglich gehandelt und ggf. im Eilverfahren eine gerichtliche Entscheidung herbeigeführt werden.

 

Elterninteresse? Nur, wenn es das Recht des Kindes zulässt! (BGH v. 27.2.2018 – VI ZR 86/16)

Fragen der elterlichen Sorge und des Umgangs mit einem Kind werden zunehmend streitig ausgetragen. Nicht mehr allein das familiengerichtliche Verfahren selbst ist Schauplatz der Auseinandersetzung und der konträr vorgetragenen Meinungen. Zunehmend werden auch sonstige Behörden oder gar die Medien in die Auseinandersetzung einbezogen und zum Instrument der eigenen Meinung gemacht. Es finden sich immer wieder und häufiger Ankündigungen von Verfahrensbeteiligten, dass sie eine als ungerecht empfundene Verfahrensführung oder das Ergebnis des Verfahrens selbst an die „Presse“ bringen werden. So tauchen auch immer wieder Beiträge in Fernsehreportagen auf, die vermeintliche Missstände bei Gerichten, Jugendämter oder sonstigen Verfahrensbeteiligten darstellen. Wer regelmäßig mit Kindschaftsverfahren befasst ist, wünscht sich an dieser Stelle, dass auch die Sichtweise der „Angeprangerten“ – dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs“ folgend – ebenso akribisch in diese Beiträge einbezogen worden wäre. Dass gerade die Gerichte oder Jugendämter sich aus gutem Grund nicht in diesen Beiträgen äußern – um in der Regel auch nicht in laufende Verfahren einzugreifen – wird üblicherweise ignoriert. Die Richtigkeit der eigenen Meinung und das Fehlverhalten des anderen Elternteils werden letztlich dann auch noch unter Beweis gestellt durch Fotos oder Filmaufnahmen des Kindes, die ganz selbstverständlich damit auch der Öffentlichkeit zugänglich werden.

Die hiermit einhergehende Problematik hat der BGH in einer aktuellen Entscheidung aufgegriffen: In dem zugrunde liegenden Sachverhalt stand der minderjährige Kläger seit September 2007 unter Amtsvormundschaft des Jugendamts und lebte in einer stationären Jugendhilfeeinrichtung. Bis September 2007 hatte er bei seinen Großeltern gelebt, die auch die Vormundschaft für ihren Enkel innehatten. Als außergerichtlicher Beistand der Großeltern trat ein eingetragener Verein auf, durch den im Jahr 2009 eine Mail an den Amtsvormund versandt wurde, mit der er zu einer Kindeswohlgefährdungsanalyse aufforderte. Im Anhang der Mail fanden sich mehrere Lichtbilder des Kindes, auf denen es mit bloßem Oberkörper zu sehen war und die auch äußere Verletzungen des Kindes zeigten. Kopien dieser Mail versandte der Verein zudem aber auch an den EU-Petitionsausschuss, das Europäische Parlament, das „Secretariat of the CPT“, „Report München“, an die Heimaufsicht Landschaftsverband R, an die Poststelle eines Landgerichts sowie an die Poststelle eines Amtsgerichts. Das Landgericht war zuvor mit einem Verfahren befasst gewesen, in dem zwei Anwälte Unterlassungsansprüche gegen den Verein geltend gemacht hatten, da ohne ihre Zustimmung Schriftsätze veröffentlicht worden waren, die sie in dem Sorgerechtsverfahren als Vertreter des späteren Amtsvormunds gefertigt hatten. In dem Verfahren beim Amtsgericht hatte das Kind gegenüber dem Verein Abmahnkosten zur Erstattung beantragt, folgend aus der Einstellung eines Filmbeitrags auf einer Internetseite, in dem Bilder von ihm gezeigt wurden anlässlich eines Berichts über das Sorgerechtsverfahren.

Zur Entscheidung im Revisionsverfahren standen Unterlassungsansprüche des Kindes gegen den Verein mit Blick auf die versandten Mailkopien, nachdem das Berufungsgericht die vollumfänglich stattgebende Ausgangsentscheidung teilweise abgeändert und lediglich die Versendung der Mail an den EU-Petitionsausschuss, das Europäische Parlament sowie das „Secretariat of the CPT“ gerügt hatte. Der BGH ist weitestgehend der Rechtsauffassung des Klägers gefolgt und hat das Rechtschutzbedürfnis für das Unterlassungsbegehren allein insoweit verneint, als sich der Kläger auch gegen die Versendung der Mail an den Landschaftsverband wandte.

In der Begründung seiner Entscheidung hat der BGH darauf verwiesen, dass grundsätzlich kein Rechtschutzbedürfnis für Unterlassungsansprüche gegen Äußerungen besteht, die in einem Zivilverfahren  zur Rechtsverfolgung oder -verteidigung getätigt werden. Dies soll im Grundsatz auch für Lichtbilder gelten, die zu diesem Zweck eingereicht werden. Aber es ist dem besonderen Stellenwert des Schutzes am eigenen Bild als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bei Fotos Rechnung zu tragen, die dem Schutz der §§ 22, 23 KUG unterfallen. Daher müssen die Bilder einen besonders engen sachlichen Bezug zum Verfahren aufweisen.

Soweit sich der Verein mit seiner Mail an den Landschaftsverband als Behörde der Heimaufsicht wandte, verneinte der BGH das Rechtschutzbedürfnis des Klägers für seinen Unterlassungsanspruch, da sich aus den Fotos der Verdacht der Kindesmisshandlung in dem Heim zu entnehmen lasse. Als aufsichtsführendes Landesjugendamt müsse der Landschaftsverband diesem Verdacht nachgehen.

Nach § 22 KUG dürfen Bilder nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder veröffentlicht werden, wobei die Einwilligung als im Zweifel erteilt gilt, wenn der Betreffende eine Entlohnung dafür erhalten hat, dass er sich abbilden ließ. Von § 823 Abs. 2 BGB wird als „sonstiges Recht“, dessen Verletzung eines Schadensersatzpflicht auslösen kann, das Recht am eigenen Bild als Ausgestaltung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts i.S.d. Art. 2 Abs. 1 GG geschützt. Eine Verletzung des Rechts aus § 22 KUG löst zudem einen Unterlassungsanspruch nach § 1004 BGB aus. Ist das abgebildete Kind noch minderjährig, so entscheidet grundsätzlich der Sorgerechtsinhaber, ob er einer Verbreitung oder Veröffentlichung des Fotos zustimmt. Problematisch wird es, wenn eine gemeinsame Sorgeberechtigung der Eltern besteht und ein Elternteil mit der Veröffentlichung nicht einverstanden ist. In diesem Fall bedarf es gegebenenfalls der Übertragung der Entscheidungsbefugnis auf einen Elternteil nach § 1628 BGB.

Die aktuelle Entscheidung des BGH sollte den Blick für die Problematik schärfen, dass Kinder in Sorge- oder Umgangsrechtsverfahren nicht nur „Anknüpfungspunkt“ für die Austragung von Konflikten erwachsener Beteiligter sind, die allzu häufig leider mit den Belangen des Kindes weder etwas zu tun haben noch effektiv deren Interessen verfolgen. Wenn es in einem Verfahren um das „Wohl des Kindes“ zu gehen hat, dann ist das allein der Maßstab der Verfahrensführung und der Interessenwahrnehmung. Dazu gehört selbstverständlich, dass zu allererst immer zu prüfen ist, welche konkreten Folgen ein prozessuales Handeln für das Kind persönlich hat. Wer Fotos eines Kindes öffentlich zugänglich macht – in der Regel um eigene Interessen zu untermauern – sollte jeweils für sich hinterfragen, ob er in dieser Situation auch ein Foto von sich persönlich so frei zugänglich machen würde.

Wer den Umgang sabotiert, muss mit Folgen rechnen (OLG Hamburg v. 9.5.2018 – UF 75/162)

Die Ausübung von Umgangskontakten ist ein in der Praxis immerwährender Streitpunkt. Auch wenn es klare gerichtliche Regelungen zur Ausgestaltung der Umgangskontakte gibt, bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass der betreuende Elternteil auch bereit ist, diese Reglung tatsächlich umzusetzen bzw. ist nicht jeder Elternteil sich der Tatsache bewusst, dass der Umgang zuvorderst ein Recht des Kindes ist und es daher nicht in seinem persönlichen Belieben steht, ob er den Umgang wahrnehmen möchte oder nicht. Ebenso wie die verlässliche Einhaltung einer Umgangsregelung häufig für einen Elternteil unabdingbare Voraussetzung zur Wahrnehmung einer mit Wochenenddiensten verbundenen Erwerbstätigkeit sein kann, kann umgekehrt die kurzfristige Verweigerung eines vereinbarten Umgangskontakts durchaus eine erhebliche Vermögenseinbuße zu Lasten des Umgangsberechtigten darstellen.

Mit einem entsprechenden Sachverhalt und den hieraus folgenden rechtlichen Konsequenzen für den boykottierenden Elternteil, hat sich aktuell das OLG Hamburg befasst: Im Jahr 2016 wurde der Umgang des Vaters mit dem gemeinsamen Kind der Beteiligten durch Beschluss dahin geregelt, dass er berechtigt war, vom 18.02.2016 10.00 Uhr bis 21.02.2016 14.00 Uhr den Umgang wahrzunehmen. Zu diesem Zeitpunkt war die Mutter mit dem Kind auf Mallorca wohnhaft, so dass der Vater zur Ausgestaltung des Umgangs aus Hamburg anreiste. Ein Umgang konnte aber an dem Wochenende nicht durchgeführt werden, wobei die Mutter vortrug, dass der Vater erst nach 10.00 Uhr angereist sei und durch sein sehr dominantes Auftreten das Kind massiv verunsichert habe, so dass es sich geweigert habe, allein bei dem Vater zu bleiben. Die ihm im Zusammenhang mit der Anreise nach Mallorca entstandenen Aufwendungen hat der Vater als Schadensersatz geltend gemacht.

Das OLG Hamburg hat dem Vater Schadensersatz wegen vergeblicher Aufwendungen in Höhe von rund 906 EUR zuerkannt für Flug, Unterkunft, Mietwagen und Parkhausgebühren und darauf verwiesen, dass das aus § 1684 BGB folgende Recht zum Umgang zwischen den Eltern ein gesetzliches Rechtsverhältnis familienrechtlicher Art eröffne, das durch § 1684 Abs. 2 Satz 1 BGB näher ausgestaltet werde und an dem das Kind als Begünstigter teilhabe. Von diesem Rechtsverhältnis werde auch die im Interesse des Kindes liegende Pflicht umfasst, bei der Gewährung des Umgangs auf die Vermögensbelange des Umgangsberechtigten Bedacht zu nehmen und die Wahrnehmung des Umgangsrechts nicht durch Auferlegung unnötiger Vermögensopfer zu erschweren oder sogar dem Kindeswohl zuwider für die Zukunft zu verleiden. Eine Verletzung dieser Pflicht könne Schadensersatzpflichten auslösen. Dem Elternteil, bei dem das Kind seinen Aufenthalt habe, obliege es, auf das Kind erzieherisch so einzuwirken, dass es den Umgang nicht als belastend empfinde und eine positive Einstellung zur Durchführung des Umgangs gewinne. Er habe den Umgang nicht nur zuzulassen, sondern auch positiv zu fördern. Allein die Tatsache, dass der Vater zu einer späteren Uhrzeit erschienen sei, rechtfertige per se keine Umgangsverweigerung, zumal er unstreitig per Mail mitgeteilt zu haben, dass er zwischen 11.30 Uhr und 12.00 Uhr erscheinen werden, abhängig davon, wie schnell es mit dem Mietwagen gehe. Auch der Verweis auf das angeblich dominante Verhalten greife nicht, da es unwidersprochen an dem Wochenende überhaupt keinen Kontakt zwischen Vater und Kind gegeben habe, so dass das Kind den Vater überhaupt nicht habe dominant erleben können.

Im Zusammenhang mit der Einführung des FamFG war die Beschleunigung des Vollstreckungsverfahrens ein zentrales Anliegen des Gesetzgebers. Um dieses Ziel umzusetzen, wurde nicht nur der Hinweis auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen einen Umgangstitel in das Ausgangsverfahren verlagert, sondern auch sichergestellt, dass die Prüfung der Rechtmäßigkeit der zu vollstreckenden Entscheidung grundsätzlich nicht mehr im Vollstreckungsverfahren wiederholt und von der im Erkenntnisverfahren durchgeführten Kindeswohlprüfung auszugehen ist. Wird eine Umgangsregelung durch einen Elternteil nicht eingehalten, so treffen ihn nur dann keine Ordnungsmittel, wenn er nicht schuldhaft gegen die Regelung verstoßen hat. Es trifft ihn die volle Substantiierungs- und Feststellungslast u.a. dafür, wie er auf das Kind eingewirkt und sein pädagogisches Gewicht genutzt hat, um das Kind zu einem Umgang zu bewegen, d.h. eine etwaige ablehnende Haltung des Kindes zu überwinden.

In der Praxis ist festzustellen, dass die Gerichte bei der Beantragung von Ordnungsmitteln ihre Prüfung verschärft haben und ein blockierender Elternteil durchaus damit rechnen muss, dass sein boykottierendes Verhalten mit Sanktionen verbunden sein kann (zuletzt OLG Bremen v. 24.11.2017 – 4 UF 61/17, FamRB 2018, 97 zur Verletzung einer vergleichsweisen Ferienregelung). An die Stelle nicht beitreibbarer Ordnungsgelder tritt durchaus auch die Anordnung von Ordnungshaft, wobei ggf. auch die Zuerkennung von Schadensersatz verdeutlichen kann, dass die Verhinderung von Umgangskontakten ein massiver Eingriff in Rechte des Kindes und letztlich Ausdruck einer mangelnden Erziehungseignung ist.

Urlaub mit dem Kind? – Aber nur, wenn ich es will! (OLG Frankfurt v. 7.6.2018 –1 UF 50/18)

Dass ein Elternteil mit dem Kind, für das gemeinsame Sorge besteht, verreisen möchte, ist zunächst nichts Außergewöhnliches. Lebt das Kind gewöhnlich im Haushalt dieses Elternteils, so sieht man die geplante Urlaubsreise zunächst als eine Selbstverständlichkeit. Nichts anderes gilt für den Elternteil, bei dem das Kind zu Umgangskontakten ist und der in Ausgestaltung dieser Umgangskontakte natürlich auch mit dem Kind verreisen möchte. An dieser Stelle beginnen aber die juristischen Probleme. Ist der die Reise beabsichtigende Elternteil ausländischer Staatsangehöriger, so taucht in fast gleichbleibender Stetigkeit sofort der Verdacht auf, dass er von der Urlaubsreise nicht zurückkehren, sondern diese vielmehr nutzen wird, um das Kind zu entführen. Entsprechend häufen sich zwischenzeitlich auch die Nachfragen der Grenzschutzbeamten an den Flughäfen, ob denn für ein Kind die gemeinsame oder alleinige Sorge besteht bzw. ob im Fall der gemeinsamen Sorge auch die Zustimmung des anderen Elternteils vorliegt. Nicht selten endet an dieser Stelle bereits die Urlaubsreise. Selbst in jenen Fällen, in denen bei dem verreisenden Elternteil keine familiären Bindungen zu einem ausländischen Staat bestehen, wird zunehmend hinterfragt, ob denn die Reise in ein bestimmtes Land mit einer Gefahr für das Kindeswohl verbunden ist und damit nur angetreten werden darf, wenn von dem anderen Elternteil die Zustimmung erteilt wurde.

Mit einem Sachverhalt, der diese Problematik aufgreift, hat sich aktuell das OLG Frankfurt befasst: In dem zugrunde liegenden Sachverhalt war die im April 2017 nach Deutschland eingereiste Kindesmutter zeitweise ausgereist, um ein Visum zu erhalten. Seit Oktober 2017 war sie dauerhaft mit dem Kind, für das gemeinsame elterliche Sorge bestand, in Deutschland wohnhaft. Anfang 2018 beantragte der Vater im Eilverfahren, der Mutter die Ausreise aus Deutschland zu untersagen, da sie plane nach Usbekistan auszuwandern. Das Ausgangsgericht folgte dem Antrag des Vaters und verhängte zusätzlich eine sog. Grenzsperre.

Auf die Beschwerde der Mutter änderte das OLG Frankfurt die Ausgangsentscheidung ab und stellte fest, dass keine kindesschutzrechtlichen Eilmaßnahmen zu treffen waren. Zur Begründung verwies es darauf, dass der Erlass kindesschutzrechtlicher Maßnahmen die durch konkrete Umstände begründete Besorgnis voraussetze, dass ein Elternteil das Kind nach einer Ausreise aus dem Ausland nicht zurückbringen werde. Der damit einhergehende Eingriff in das Elternrecht sei nicht bereits deshalb gerechtfertigt, weil dieser Elternteil in einem anderen Land lebe oder zu seinem Heimatland enge Beziehungen unterhalte, so dass die allein abstrakte Möglichkeit bestehe, dass er mit dem Kind dauerhaft im Ausland bleibe. Ausreichend sei aber durchaus, dass der Elternteil mit einer Entführung gedroht habe und dies zur Überzeugung des Gerichts konkret vorgetragen und glaubhaft gemacht worden sei. Im konkreten Fall habe eine Rückfrage des Senats bei der Polizei ergeben, dass sich die Mutter aufgrund von elterlichen Streitigkeiten in der Vergangenheit wiederholt an die Polizei gewendet habe. Sie habe auch von der beabsichtigten Reise nach Usbekistan berichtet, aber nicht angekündigt, ausreisen zu wollen. Die Bedenken des Vaters hätten sich allein darauf gegründet, dass die Mutter kein Rückflugticket gebucht habe. Eine telefonische Nachfrage des Senats habe zudem ergeben, dass das Kind in einer Krabbelgruppe angemeldet sei und diese regelmäßig besuche. Letztlich sei zu berücksichtigen, dass selbst wenn sich das allgemeine Risiko einer Entführung verwirkliche, die Rückführung des Kindes nach dem HKÜ durchsetzbar sei.

Kontrovers diskutiert wird die Frage, ob die Reise eines Elternteils mit dem Kind sich nach sorgerechtlichen oder umgangsrechtlichen Kriterien beurteilt, da prinzipiell von der Ausgestaltung des Umgangs Urlaubsreisen – auch ins Ausland – erfasst werden und es hier zunächst nicht zwingend der Zustimmung des jeweils anderen Elternteils bedarf. Diese Einschätzung wird bislang üblicherweise vertreten, soweit Reisen im europäischen Ausland in Rede standen. Bei Reisen zu außereuropäischen Zielen, insbesondere wenn es Fernreisen oder Länder betraf, mit denen üblicherweise Gefahren verbunden wurden, wird die Meinung vertreten, dass derartige Reisen nicht mehr als Alltagsangelegenheiten zu bewerten sind, sondern als Angelegenheit von erheblicher Bedeutung. Ist in einer solchen Situation daher die Zustimmung des jeweils anderen Elternteils zu der konkreten Reise nicht erteilt, so bleibt nur die Möglichkeit, nach § 1628 BGB die Übertragung der spezifischen Entscheidungskompetenz durch gerichtliche Entscheidung herbeizuführen (s. dazu auch Stockmann, Wer bestimmt den Urlaubsort?, FamRB 2017, 315).

Ob in der aktuellen Situation diese Differenzierung zwischen einem „sicheren“ europäischen Ausland und Ländern, mit denen landläufig erhöhte Gefahren verbunden werden, noch gerechtfertigt ist, muss durchaus hinterfragt werden. Vor dem Jahr 2015 wäre es kaum vorstellbar gewesen, dass Reisende selbst nach Frankreich mit Blick auf die angespannte Sicherheitslage seitens des Auswärtigen Amtes zu besonderer Vorsicht aufgerufen worden wären. Um „unangenehme“ Überraschungen unmittelbar vor Reiseantritt zu vermeiden, sollte daher ein Elternteil, der eine Urlaubsreise ins Ausland plant, dies frühzeitig mit dem jeweils anderen Elternteil abstimmen und sich dessen Zustimmung einholen. So bleibt ihm ggf. genügend Zeit, um einer verweigerten Zustimmung durch familiengerichtliche Entscheidung zu begegnen.