Was mein ist, ist noch lange nicht dein (OLG Celle v. 30.8.2017 – 21 UF 89/17)

Die elterliche Sorge ist eine Thematik, die zahlreiche Facetten aufweist, wobei sich öffentlichkeitswirksame Diskussionen häufig nur mit der Frage der Personensorge für ein Kind befassen. Die den Sorgerechtsinhabern gleichermaßen obliegende Vermögenssorge wird allzu gerne übersehen oder auf die Frage der Eröffnung eines Sparkontos für ein Kind reduziert. Dabei ergeben sich gerade in diesem Kontext für Eltern ungeahnte Handlungs- und Unterlassungspflichten, deren – oftmals nicht einmal bedachte – Verletzung zu erheblichen Haftungsrisiken und möglicherweise sogar strafrechtlicher Verantwortlichkeit führen können.

Mit einem Sachverhalt, der die Handlungspflichten eines Elternteils und die Folgen von deren Verletzung eindrucksvoll vor Augen führt, hat sich das OLG Celle im Herbst 2017 befasst:

Anfang 2005 überwies der Großvater des damals noch minderjährigen Kindes an dessen Vater einen Betrag von 60.000 €. In einer etwa zeitgleichen schriftlichen Erklärung zwischen Vater und Großvater wurde festgehalten, dass dieser Betrag aus der Veräußerung eines Grundstücks des Großvaters stammte, der eigentlich der bereits verstorbenen Mutter des Kindes zur Abfindung als weichender Erbin hätte zustehen, statt dessen jedoch nun deren Tochter zukommen sollte. Gleich hohe Beträge erhielten jeweils auch die noch beiden lebenden Kinder des Großvaters. Nach Eintritt ihrer Volljährigkeit begehrte die Tochter unter anderem diesen Betrag von ihrem Vater zur Herauszahlung, der diesem Begehren mit der Argumentation entgegentrat, dass – unbeschadet der schriftlichen Erklärung – sein zwischenzeitlich verstorbener Schwiegervater ihm persönlich das Kapital zugewandt habe. Er habe ausdrücklich nicht die Anlage des Geldes in einem Sparbuch für das Kind gewünscht, sondern dessen sinnvolle Verwendung in dem von der Familie bewohnten Haus.

Das OLG Celle hat den Vater – ebenso wie die Ausgangsinstanz – zur Auszahlung des Kapitals an die Tochter verpflichtet und darauf verwiesen, dass die seitens des Vaters vorgetragenen Vorstellungen des Großvaters zur Kapitalverwendung unerheblich seien. Dieser habe mit der Überweisung des Geldes seine Verfügungsgewalt hierüber endgültig aufgegeben. Entscheidend sei daher allein, dass dem Vater die Pflicht oblag, das für die Tochter zur Verwahrung erhaltene Geld ordnungsgemäß und gewinnbringend zu verwalten. Daraus folgend sei es ihm gerade auch verboten gewesen, das Geld für persönliche Zwecke zu gebrauchen. In entsprechender Konsequenz sei er daher seiner nun volljährigen Tochter gegenüber auch schadensersatzpflichtig in Höhe des vereinnahmten Kapitals, wobei der Schadensersatzanspruch nicht nur aus § 1664 BGB, sondern auch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB, d.h. unerlaubter Handlung, folge.

Gemäß § 1626 Abs. 1 BGB umfasst die elterliche Sorge neben der Personensorge auch die Vermögenssorge. Von der Vermögenssorge erfasst werden alle rechtlichen und tatsächlichen Maßnahmen, die geeignet und erforderlich sind, das Vermögen des Kindes zu erhalten, zu verwerten und zu vermehren. Ebenso wie die Personensorge hat sich auch die Vermögenssorge am Kindeswohl zu orientieren, wobei sich die den Sorgerechtsinhaber treffenden Verpflichtungen aus §§ 1639 ff. BGB ergeben. Die Anlage des kindlichen Vermögens muss den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung folgen, wobei es den Eltern strikt untersagt ist, das Vermögen ihres Kindes für persönliche Zwecke zu verwenden, da es sich um eine fremdnützige Verwaltung handelt, die auf die Bewahrung des Vermögens zum Nutzen des Kindes abzielt. Erhält das Kind Vermögenswerte aus Schenkungen oder letztwilligen Verfügungen, so sind hiermit ggf. einhergehende Bindungen oder Anordnungen zu beachten, wobei hinsichtlich Kapitalbeträgen, die von Todes wegen erworben werden, ohnehin ein Vermögensverzeichnis zu erstellen und bei Gericht einzureichen ist. Nachteilige, riskante oder besonders wichtige Rechtsgeschäfte benötigen zudem einer gesonderten gerichtlichen Genehmigung.

Erzielt das Kind aus seiner Erwerbstätigkeit oder seinem Vermögen Einkünfte, so folgt aus § 1649 BGB eine strikte Reihenfolge zur Verwendung dieser Einkünfte. Zunächst sind die Kosten der ordnungsgemäßen Vermögensverwaltung auszugleichen. Sodann ist der Barunterhalt des Kindes sicherzustellen und allein die noch verbleibenden Einkünfte dürfen angelegt werden. Ausschließlich überschüssige Vermögenseinkünfte dürfen für den Unterhalt der Familie verwendet werden, soweit dies der Billigkeit entspricht.

Fällt dem Sorgerechtsinhaber bei der Vermögenssorge eine Pflichtverletzung zur Last, so ist er gegenüber dem Kind schadensersatzpflichtig. Für die Geltendmachung des Schadensersatzes gilt die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB, wobei gem. § 207 Abs. 1 Nr. 2 BGB die Verjährungsfrist bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres des Kindes gehemmt ist.

In der Praxisberatung sollten Eltern möglichst frühzeitig im Kontext von Fragen des Sorgerechts auch auf ihre Obliegenheiten im Zusammenhang mit der Vermögenssorge hingewiesen werden. Hierbei sollte ihnen verdeutlicht werden, dass etwa auch im Rahmen einer bestehenden gemeinsamen elterlichen Sorge aus § 242 BGB Auskunftspflichten gegenüber dem anderen Elternteil eröffnet sein können, soweit von einem Elternteil eigenmächtig Verfügungen mit Blick auf das Vermögen des Kindes vorgenommen werden (vgl. hierzu OLG Oldenburg v. 29.1.2018 – 4 WF 11/18).

Ungeahnte Folgen eines Sorgerechtsverfahrens (AG Bad Hersfeld v. 27.10.2017 – 63 F 290/17 SO)

Streben Eltern ein Kindschaftsverfahren an, weil sie eine gerichtliche Regelung zu Fragen der elterlichen Sorge oder des Umgangsrechts wünschen, so bedenken sie in der Regel nicht, dass die Gerichte an die gestellten Anträge nicht gebunden sind, sondern für sie der Amtsermittlungsgrundsatz in diesen Verfahren gilt. Dies bedeutet, dass die jeweiligen „Anträge“ der Verfahrensbeteiligten für die Gerichte lediglich eine Anregung darstellen. Die Gerichte müssen letztlich auf der Grundlage der schriftsätzlich erteilten Informationen von Amts wegen nicht nur prüfen, welche Entscheidung im konkreten Einzelfall die am Kindeswohl orientierte beste Regelung darstellt, sondern gegebenenfalls auch erlangte Informationen aufgreifen, um weitergehend zu prüfen, ob der sich hieraus ergebende Lebenssachverhalt auf eine Kindeswohlgefährdung deutet, die die Eltern entweder in dieser Form bislang nicht erkannt haben oder aber zu deren Beseitigung sie entweder nicht in der Lage oder nicht willens sind.

Das AG Bad Hersfeld hat sich in einer aktuellen Entscheidung mit einer solchen Problematik befasst: Im konkreten Fall hatten die Eltern in einem zunächst streitigen Sorgerechtsverfahren letztlich Einvernehmen darüber erzielt, dass bezüglich des gemeinsamen 10-jährigen Sohnes der Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen werden und es im Übrigen bei der gemeinsamen elterlichen Sorge bleiben sollte. Anlässlich seiner Anhörung schilderte das Kind, dass ihm unter anderem zwei Videospiele zur Verfügung stünden („Grand Theft Auto 5“ sowie „Call of Duty“), für die eine Altersfreigabe erst ab 18 Jahren besteht. Das AG hat, entsprechend dem Antrag der Eltern, eine Regelung zum Aufenthaltsbestimmungsrecht getroffen. Darüber hinausgehend hat es die Eltern aber auch verpflichtet, fortwährend sicherzustellen, dass dem Kind keine Spiele zugänglich sind, die das Kindeswohl gefährden, selbst wenn seitens des Kindes geltend gemacht wird, dass es durch diese Maßnahmen zum Außenseiter seiner Gruppe werde. Seine Entscheidung leitet das Gericht aus der Überlegung ab, dass in den seitens des Kindes genannten Spielen die Charaktere kriminelle Handlungen begingen und die Spiele selbst von Gewaltszenen bestimmt würden, etwa einer nicht umgehbaren Folterszene. Werde ein Film oder Spiel mit einer sog. Einstufung „USK ab 18“ versehen, so beruhe dies auf einer sachverständigen Einschätzung, dass diese Medien Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren nicht zugänglich zu machen seien. Die seelische Entwicklung eines 10-jährigen Kindes werde bereits bei bloßer Ansicht und erst recht beim Durchleben der Spielszenen massiv gefährdet. Eltern hätten daher sicherzustellen, dass einem Kind derartige Spiele nicht (mehr) zur Verfügung gestellt würden. Der Einwand eines Elternteils, dass solche Spiele auch von vielen anderen Kindern im Alter des eigenen Kindes gespielt würden, sei rechtlich nicht beachtlich.

Grundsätzlich ist die Pflege und Erziehung eines Kindes nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG originäre Aufgabe der Eltern, wobei zudem aus Art. 8 EMRK die staatliche Achtung des Familienlebens folgt. In dieses verfassungsrechtlich garantierte Elternrecht darf der Staat jedoch eingreifen, wenn Gründe des Kindeswohls dies dringend erfordern. Dieses staatliche Wächteramt wird einfachgesetzlich durch § 1666 BGB konkretisiert. Danach hat das Familiengericht Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung einer Gefahr für das körperliche, geistige oder seelische Wohl eines Kindes erforderlich sind, soweit die Eltern zur Abwendung dieser Gefahr nicht willens oder in der Lage sind. § 1666 Abs. 3 BGB sieht in einer enumerativen Auflistung mögliche Maßnahmen in der Form von Ver- und Geboten vor, die seitens des Gerichts angeordnet werden können, um einer Kindeswohlgefährdung zu begegnen. Dieser Katalog möglicher Auflagen ist nicht abschließend. Der BGH hat in seiner Rechtsprechung (BGH v. 23.11.2016 – XII ZB 149/16, FamRB 2017, 48) vielmehr darauf hingewiesen, dass auch andere zur Gefahrenabwehr geeignete Weisungen in Betracht kommen, die, wenn sie wesentlich in Grundrechte eines Betroffenen eingreifen und nicht durch den Katalog des § 1666 Abs. 3 BGB umfasst sind, aber einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage bedürfen.

In der Praxisberatung sollte umfassend auch über die verfahrensrechtlichen Grundsätze eines Kindschaftsverfahrens informiert werden und zwar nach Möglichkeit nicht erst dann, wenn bereits das Mandat zur gerichtlichen Regelung erteilt wurde. Den Verfahrensbeteiligten sollten die Prinzipien des Amtsermittlungsgrundsatzes vor Augen geführt werden, d.h., es sollte ihn verdeutlicht werden, dass das Gericht auch auf der Grundlage im Lauf des Verfahrens erlangter Informationen letztlich von Amts wegen Ge- und Verbote anordnen kann, die möglicherweise so von ihnen nicht bedacht und wohl auch nicht gewünscht sind. Soweit in dem konkret entschiedenen Sachverhalt des AG Bad Hersfeld sich die Mutter sogar dahin eingelassen hat, dass sie ihrem 10-jährigen Sohn ohne gerichtliche Entscheidung ein erst ab 18 Jahren zugelassenes Videospiel nicht untersagen könne, wäre auch bereits außergerichtlich ein deutlicher Hinweis auf grundlegende Fragen der Erziehungseignung nicht fehl am Platz gewesen.

Wenn die Rechte nicht weiß, was die Linke tut – die Kündigung einer Vollkaskoversicherung als alltägliches Bedarfsdeckungsgeschäft (BGH v. 28.2.2018 – XII ZR 94/17)

Die in § 1357 BGB verankerte sog. Schlüsselgewalt basiert in ihrem Grundsatz unverändert auf dem Rollenbild, wonach die Haushaltsführung einem Ehegatten und die Erwerbstätigkeit dem anderen Ehegatten übertragen ist. Zwar hat § 1357 BGB im Zuge des zum 1.7.1977 in Kraft getretenen EheRG eine Neufassung dahin gehend erhalten, dass es nicht mehr darum geht, die „Ehefrau zu berechtigen, innerhalb ihres häuslichen Wirkungskreises, Geschäfte mit Wirkung für den Mann zu besorgen“, sondern nun jeder Ehegatte berechtigt ist, Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie mit Wirkung auch für den anderen Ehegatten zu besorgen, so dass hieraus beide Ehegatten berechtigt und verpflichtet werden. Vor dem Hintergrund eines gewandelten Rollenverständnisses, das gerade nicht mehr strikt zwischen Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit differenziert, ist die in der juristischen Literatur erhobene Kritik an § 1357 BGB verständlich. Es darf aber auch nicht aus dem Blick verloren werden, dass eine zentrale Aufgabe des § 1357 BGB der Gläubigerschutz ist.

Mit einem Sachverhalt, der einerseits zwar den Gläubigerschutz, andererseits aber auch die für einen Ehegatten nachteiligen Folgen der Schlüsselgewalt aufzeigt, hat sich der BGH in einer aktuellen Entscheidung auseinander gesetzt:

In dem zugrunde liegenden Sachverhalt hatte der Ehemann bezüglich des auf ihn zugelassenen Familienfahrzeugs die bestehende Vollkaskoversicherung mit einem Schreiben gekündigt, das im Briefkopf seine Ehefrau – die Versicherungsnehmerin war – als Verfasserin des Kündigungsschreibens auswies, während das Schreiben selbst von ihm unterzeichnet war. Rund 10 Monate nach der Kündigung wurde das Fahrzeug in einem selbst verschuldeten Unfall beschädigt. Die Ehefrau begehrte von der Versicherung Erstattung der Reparaturkosten und widerrief kurze Zeit später die Kündigung der Vollkaskoversicherung.

Der BGH hat ebenso wie die Vorinstanzen die Klage der Ehefrau gegen die Versicherung zurückgewiesen. In seiner Begründung ist er davon ausgegangen, dass der Abschluss eines Versicherungsvertrags vom Anwendungsbereich des § 1357 BGB gedeckt sein kann, d.h. der Tatrichter jeweils im Einzelfall festzustellen hat, ob der Abschluss des konkreten Vertrags sich als ein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie darstellt, wovon auszugehen ist, wenn das in Rede stehende Geschäft einen Bezug zum angemessenen Lebensbedarf der Familie besitzt. Spiegelbildlich zu der danach grundsätzlich im Rahmen der Schlüsselgewalt bestehenden Befugnis – auch mit Wirkung für den jeweils anderen Ehegatten – einen Versicherungsvertrag abschließen zu können, besteht damit gleichermaßen auch die Befugnis zur Kündigung eines solchen Vertrags mit Wirkung zu Lasten des anderen Ehegatten.

1357 BGB knüpft die Mitverpflichtung des jeweils anderen Ehegatten bezüglich der Rechtswirkungen des von einem Ehegatten eingegangenen Rechtsgeschäfts an drei wesentliche Voraussetzungen:

Zunächst muss es sich bei dem in Rede stehenden Rechtsgeschäft um ein alltägliches Bedarfsdeckungsgeschäft handeln. Hiervon ist grundsätzlich auszugehen, wenn das konkrete Geschäft den Unterhaltsbedarf der Familie berührt. Nicht erfasst werden in der Regel davon Geschäfte, die grundlegend die Lebensbedingungen der Familie ändern, etwa der Erwerb oder die Anmietung einer Immobilie. Ebenso erstreckt sich die Schlüsselgewalt nicht auf Maßnahmen der Vermögensanlage und -verwaltung sowie berufliche Maßnahmen oder persönliche Angelegenheiten eines Ehegatten.

Darüber hinausgehend muss das Geschäft angemessen sein. Es muss sich im Rahmen des üblichen wirtschaftlichen Konsumzuschnitts der Familie bewegen. Hierbei ist auf den nach außen in Erscheinung tretenden Lebenszuschnitt der Familie abzustellen.

Letztlich darf sich aber auch kein expliziter Ausschluss der Schlüsselgewalt ergeben, wobei § 1357 BGB in seinem Wortlaut die insoweit maßgeblichen Ausschlussgründe auflistet. Keine Mitverpflichtung des jeweils anderen Ehegatten tritt danach ein, wenn der handelnde Ehegatte zu erkennen gegeben hat, dass er nicht für seinen Ehepartner handelt. Ebenso kann der Gläubiger für sich keinen Schutz in Anspruch nehmen, wenn ihm gegenüber eine bestehende Verpflichtungsbeschränkung mitgeteilt wurde oder sich eine solche aus einer Eintragung im Güterrechtsregister ergibt. Letztlich endet die Mitverpflichtung des jeweils anderen Ehegatten mit der Trennung.

In der Praxisberatung entfaltet die vom Güterstand unabhängige Norm des § 1357 BGB Bedeutung im Zusammenhang mit ehevertraglichen Regelungen. Sollte von den Ehegatten – nach entsprechender Belehrung – keine Mitverpflichtung, aber auch keine Mitberechtigung durch eingegangene Rechtsgeschäfte gewünscht werden, so sollte auf eine entsprechende Eintragung im Güterrechtsregister verwiesen werden.

Die Vereitelung einer Umgangsregelung kann teuer werden (OLG Bremen v. 24.11.2017 – 4 UF 61/17)

Werden Umgangsregelungen – folgend aus familiengerichtlichem Beschluss oder einer familiengerichtlich gebilligten Vereinbarung – unterlaufen, so fällt üblicherweise der Blick zunächst auf die nach §§ 89 ff. FamFG sich eröffnenden Ordnungsmittel. Gelingt der Nachweis eines schuldhaften Verstoßes eines Elternteils gegen eine solche Regelung, so werden Ordnungsgelder festgesetzt. Ob, wann und in welchem Umfang diese dann tatsächlich beigetrieben werden, unterliegt aber nicht mehr dem Einfluss des tatsächlich in seinem Umgangsrecht beeinträchtigten Elternteils. Gerade wenn es um die Vereitelung einer Urlaubsreise geht, verbleiben ihm zunächst nicht nur die vereitelte Urlaubsfreude, sondern auch die nutzlos aufgewendeten Reisekosten.

Sowohl das KG Berlin (KG Berlin v. 6.4.2017 – 19 UF 87/16, FamRZ 2018, 270) als auch das OLG Bremen haben sich im Jahr 2017 mit der Frage einer Schadensersatzpflicht des die Umgangsvereinbarung verletzenden Elternteils auseinandergesetzt und sie zugunsten des beeinträchtigten Elternteils bejaht.

In der Entscheidung des OLG Bremen hatten die Eltern in einer gerichtlichen Umgangsvereinbarung einen Ferienkontakt der Mutter mit den Kindern in der ersten Hälfte der Sommerferien in der Türkei vorgesehen. Die Übergabe der Kinder für die nächsten – ebenfalls in der Türkei vorgesehenen – drei Ferienwochen sollte sodann an den Vater erfolgen. Zwar wurden dem Vater dann auch die Kinder herausgegeben, nicht jedoch deren Reisepässe. Um eine Rückkehr nach Deutschland sicherzustellen, musste der Vater daher zunächst in der Türkei einen Anwalt mit der Durchsetzung der Passherausgabe beauftragen bzw. dann auch in Deutschland ein Eilverfahren anhängig machen.

Das OLG Bremen hat den seitens des Vaters geltend gemachten Schadensersatzanspruch gem. § 280 BGB, folgend aus den ihm entstandenen Kosten und Gebühren seiner anwaltlichen Vertretung, aber auch Übersetzungskosten, bestätigt, da das Umgangsrecht nach § 1684 BGB ein Rechtsverhältnis familienrechtlicher Art begründe, einhergehend mit der Pflicht, auf die Vermögensbelange des Umgangsberechtigten Rücksicht zu nehmen. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass das Umgangsrecht ein absolutes Recht i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB sei, das auch gegen den Mitinhaber der elterlichen Sorge wirke. Im konkreten Fall habe der Mutter bewusst sein müssen, dass es für die Rückreise nach Deutschland zwingend der Reisepässe bedurfte. Sie habe sich auch nicht auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen können, um eine von ihr behauptete Kostenbeteiligung des Vaters an den von ihr erworbenen Flugtickets umzusetzen. Ein solches Anliegen hätte von ihr im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens geltend gemacht werden müssen, in dem die Umgangsvereinbarung getroffen wurde.

In § 1684 Abs. 1 BGB wird der Umgang zwischen dem nicht betreuenden Elternteil und dem minderjährigen Kind gesetzgeberisch ausdrücklich als Recht des Kindes ausgestaltet, d.h. der Elternteil ist nicht nur zum Umgang berechtigt, sondern vielmehr verpflichtet. Ein betreuender Elternteil, der die Umsetzung von Umgangskontakten verhindert, verletzt daher die ihm auferlegte Erziehungspflicht aus Art. 6 Abs. 2 GG.

Daneben steht der die Umgangsregelung beeinträchtigende Elternteil zudem in der Pflicht, die durch die Vereitelung entstandenen Mehrkosten zu tragen. Da die Umgangskosten grundsätzlich dem zum Umgang berechtigten Elternteil obliegen, ohne dass er sie unterhaltsrechtlich in Ansatz bringen könnte, wird er auch vor den Folgen fehlgehender Dispositionen geschützt. Nutzlos zur Wahrnehmung des Umgangs aufgewendete Kosten können daher zum Ersatz geltend gemacht werden. Im Fall einer nicht wahrgenommenen Urlaubsreise werden davon aber nicht die eigenen Hotel- und Flugkosten des umgangsberechtigten Elternteils umfasst, sondern nur jene des nicht an der Reise teilnehmenden Kindes.

Ergeben sich in der Praxisberatung Anzeichen dafür, dass ein Elternteil einer Umgangsregelung im Zusammenhang mit einer Urlaubsreise ablehnend gegenübersteht, sollte zwingend auf eine mögliche Schadensersatzpflicht hingewiesen werden, die neben der Verhängung von Ordnungsmitteln unmittelbar gegenüber dem anderen Elternteil droht, wenn aus unberechtigten Gründen die Teilnahme des Kindes an einer geplanten Urlaubsreise verhindert wird. Davon unabhängig sollte auch nicht aus dem Blick verloren werden, dass sich ein Elternteil langfristig selbst schadet, wenn er dem heranwachsenden Kind die Urlaubsteilnahme unmöglich macht.

Beachtlichkeit des Kindeswillens bei der Sorgerechtsregelung (BVerfG v. 7.12.2017 – 1 BvR 1914/17)

Der „Kindeswille“ wird in Kindschaftsverfahren sehr häufig in die Argumentation eingeführt. Antragsteller und Antragsgegner der jeweiligen Verfahren sind intensiv bemüht, den seitens des Kindes geäußerten Willen darzulegen, und gehen davon aus, dass dieser selbstverständlich maßgeblich für die familiengerichtliche Entscheidung sein wird.

Mit einem Sachverhalt, in dem durch die jeweiligen Vorinstanzen dem geäußerten Kindeswillen ersichtlich zu wenig Bedeutung beigemessen wurde, hat sich aktuell das BVerfG befasst.

Die Eltern hatten wechselseitig die alleinige Sorge für ihr 2008 geborenes Kind beantragt, das personenstandsrechtlich als Junge registriert worden war, nach seinen Äußerungen aber ein Mädchen sein wollte. Diesen Äußerungen des Kindes stand der Vater ablehnend gegenüber. Während des laufenden Sorgerechtsverfahrens wurde dem Vater – ein Tag vor der Einschulung des Kindes – im Eilverfahren die Entscheidungsbefugnis zu der Frage übertragen, ob das Kind in mädchentypischer Kleidung an Schulveranstaltungen teilnehmen sollte. Im Hauptsachverfahren wurde ihm sodann die alleinige Sorge übertragen. Die Beschwerde der Mutter wurde zurückgewiesen, die sodann gegen diese Entscheidung Verfassungsbeschwerde einlegte und u.a. eine Verletzung ihres Elternrechts aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG rügte.

Das BVerfG hob die Entscheidung der Vorinstanzen auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung zurück. Zur Begründung führt es u.a. aus, dass in die Sorgerechtsentscheidung der Wille des Kindes einzubeziehen sei, soweit er mit dem Kindeswohl vereinbar sei. Dem Kindeswillen komme mit zunehmendem Alter verstärkt Bedeutung zu als Ausdruck des Rechts zur Selbstbestimmung. Der Argumentation des Beschwerdegerichts widerspreche neben der eigenen gerichtlichen Erwartung, dass sich gerade der Vater „gegen den Willen des Kindes durchsetzen“ werde, auch die Feststellung der Sachverständigen, wonach das Kind beim Vater eine Abweisung mit seinen mädchenorientierten Verhaltensintentionen erlebe und insoweit eine Unsicherheit im Bindungsmuster zum Vater zeige, sowie letztlich der Umstand, dass der Vater in einem Eilverfahren beantragt habe, die Mutter zu verpflichten, das Kind „seinem Geschlecht entsprechend zu kleiden und es zu unterlassen, ihn in mädchentypischer Kleidung in die Öffentlichkeit gehen zu lassen.“ In der Entscheidung werde nicht hinterfragt, welche Auswirkungen es kurz- und mittelfristig für das Kind habe, wenn der Vater dem Wunsch des Kindes zum Tragen von Mädchenkleidung nicht entgegenkomme.

Im Rahmen einer nach § 1671 BGB zu treffenden Sorgerechtsregelung hat sich die gerichtliche Entscheidung am Kindewohl zu orientieren. Dieser unbestimmte Rechtsbegriff des Kindeswohls wird in der Rechtsprechung durch verschiedene Kriterien näher präzisiert. Neben dem Kontinuitätsgrundsatz, der Förderungskompetenz oder den Bindungen eines Kindes fließt in die richterliche Bewertung auch der Kindeswille ein, da das Kind selbst Grundrechtsträger ist mit dem Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit. Als Ausdruck des Rechts auf Selbstbestimmung gewinnt dieser Wille mit zunehmendem Alter des Kindes entsprechend stärkere Bedeutung.

Hieraus kann aber nicht geschlossen werden, dass der geäußerte Kindeswille in jedem Fall auch streitentscheidend sein wird. Neben dem Risiko einer Manipulation des Kindes muss auch ein etwaiger Loyalitätskonflikt des Kindes, folgend aus seinen Äußerungen, beachtet werden. Bei der Bewertung des geäußerten Kindeswillens ist daher stets zu prüfen, ob dieser Wille eigengebildet und Ausdruck der Selbstbestimmung ist. Dem Gericht obliegt jeweils die Prüfung der Stabilität des Kindeswillens und dessen Kompatibilität mit dem Kindeswohl. Um diese Prüfung im Interesse des Kindes vornehmen zu können, sieht nicht nur die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung eine Anhörung des Kindes ab vollendeten dritten Lebensjahr vor, sondern gibt das Gesetz dem Gericht auch die Möglichkeit der Bestellung eines Verfahrensbeistands für das Kind sowie weitergehend auch der Einholung eines Sachverständigengutachtens. Die Kindschaftsverfahren werden durch den Grundsatz der Amtsermittlung bestimmt. Es ist damit Aufgabe der Gerichte, von Amts wegen die notwendige Kindeswohlprüfung vorzunehmen und die hiermit einhergehenden juristisch nicht zu bewertenden Fragen einer ggf. sachverständigen Begutachtung zuzuführen. Voraussetzung ist allerdings, dass die zur Kindeswohlprüfung im Einzelfall erforderlichen Fragestellungen auch erkannt werden.

In der Praxisberatung sollte dem Kindeswillen in angemessener Form Rechnung getragen werden. Es ist durchaus verständlich, dass ein Elternteil auf einen ihm gegenüber geäußerten Willen des Kindes Bezug nimmt. Dieser Elternteil sollte allerdings auch darauf hingewiesen werden, in welcher besonderen Lage sich das Kind nach der Trennung seiner Eltern befindet und daher der geäußerte Kindeswille in jedem Fall darauf zu prüfen ist, ob er nicht nur Ausdruck einer Loyalitätsproblematik des Kindes ist. Bleibt der Kindeswille stabil, sollte in der gerichtlichen Auseinandersetzung dann aber darauf geachtet werden, dass er in der gebotenen Form – insbesondere durch Bestellung eines Verfahrensbeistands – in das Verfahren eingebracht und berücksichtigt wird.

Umgang, auch wenn Oma gar nicht so lieb ist ? (BGH v. 12.7.2017 – XII ZB 350/16)

Nicht nur in den Fällen gescheiteter Beziehungen geraten Kinder häufig in den Strudel der elterlichen Auseinandersetzung. Auch im Verhältnis belasteter Beziehungen zwischen Eltern und Großeltern sind sie nicht selten „zwischen den Fronten“.

Mit einem entsprechenden Sachverhalt hat sich der BGH in einer aktuellen Entscheidung auseinander gesetzt. Die 2006 und 2008 geborenen Kinder hatten bis etwa 2009 zu ihren Großeltern regelmäßigen Kontakt, der dann bis zum Jahr 2011 unterbrochen war. Die Wiederaufnahme der Kontakte erfolgte vor dem Hintergrund einer zwischen Eltern und Großeltern getroffenen Vereinbarung, wonach den Eltern – als Gegenleistung für die Einräumung der Kontakte – ein zinsloses Darlehen gewährt wurde. Nachdem die Großeltern sich im Sommer 2014 schriftlich an das Jugendamt wandten und dort Bedenken zur Erziehungseignung der Eltern erhoben, wurden die Umgangskontakte von den Eltern abgebrochen. Ein Umgangsrechtsantrag der Großeltern blieb in allen Instanzen ohne Erfolg. Auch der BGH gründete seine ablehnende Entscheidung darauf, dass vorliegend der Umgang der Kinder mit den Großeltern nicht dem Kindeswohl diene, da aus den erheblichen Zerwürfnissen zwischen Eltern und Großeltern keine positive Vermutung für die Kindeswohldienlichkeit der Kontakte hergeleitet werden könne. Zudem seien die Großeltern ersichtlich auch nicht bereit, den Erziehungsvorrang der Eltern zu respektieren, sondern stellten deren Erziehungskompetenz dadurch in Frage, dass sie sie der seelischen Misshandlung der Kinder in einem Schreiben an das Jugendamt bezichtigten.

In der Begründung des Entwurfs des KindRG vom 13.6.1996 verwies der Gesetzgeber erstmals darauf, dass in nicht seltenen Fällen Kinder überwiegend nicht von ihren Eltern, sondern von anderen Personen, insbesondere auch ihren Großeltern, betreut würden und sich hieraus folgend auch besondere Bindungen zwischen den Kindern und der Betreuungsperson entwickelten, deren plötzlicher Wegfall für das Kind schädlich sein könne (BT-Drucks. 13/4899, 47). Da bis zu diesem Zeitpunkt für Betreuungspersonen aber kein eigenständiges Umgangsrecht im Gesetz verankert war, sondern lediglich über eine zu vermeidende Kindeswohlgefährdung Umgangskontakte realisiert werden konnten, wurde im Zuge des 1998 in Kraft getretenen KindRG mit § 1685 Abs. 1 BGB Großeltern und Geschwistern des Kindes ein eigenständiges Umgangsrecht eröffnet.

In Abgrenzung zu den in § 1685 Abs. 2 BGB begünstigten Personen (sonstige enge Bezugspersonen des Kindes) müssen Großeltern und Geschwister, wenn sie ein Umgangsrecht geltend machen wollen, keine zu dem Kind bestehende sozial-familiäre Beziehung nachweisen können. Das Umgangsrecht von Großeltern und Geschwister beruht allein auf dem engen Verwandtschaftsgrad, d.h. auf der hieraus folgenden Annahme, dass sich Großeltern und Enkel regelmäßig nahestehen, zumindest jedoch der Aufbau einer persönlichen Beziehung zwischen beiden grundsätzlich im Interesse des Kindes steht. Vom Schutz des § 1685 Abs. 1 BGB umfasst sind allerdings auch nur die gesetzlichen Großeltern.

Das Umgangsrecht zwischen Großeltern und Enkel steht unter der grundlegenden Voraussetzung, dass es dem Kindeswohl dient. Hierzu führt § 1626 Abs. 3 BGB näher aus, dass zum Wohl des Kindes in der Regel der Umgang nicht nur mit beiden Elternteilen gehört, sondern gleiches auch für den Umgang mit anderen Personen gilt, zu denen das Kind Bindungen besitzt, wenn deren Aufrechterhaltung für seine Entwicklung förderlich ist. Konkret bedeutet dies, dass entweder bereits bestehende Bindungen erhalten werden sollen – wenn dies der Kindesentwicklung förderlich ist – oder aber es sollen erst Bindungen hergestellt werden, so dass in diesem Fall deren Kindeswohldienlichkeit geprüft werden muss, wobei die umgangsbegehrenden Großeltern hierfür die Feststellungslast trifft.

Eine zu verneinende Kindeswohldienlichkeit haben die bislang veröffentlichten ober- und nun auch höchstrichterliche Entscheidungen dann angenommen, wenn die Umgangskontakte zwischen Enkel und Großeltern letztlich zu Loyalitätskonflikten der Kinder führten, sofern sie in bestehende massive Streitigkeiten auf Erwachsenenebene involviert wurden, oder aber dann, wenn Großeltern nicht bereit waren, den verfassungsrechtlich verankerten Erziehungsvorrang der Eltern zu respektieren, sei es indem sie während der Umgänge die Erziehung der Eltern konterkarierten oder sogar im äußersten Fall wie hier durch Information des Jugendamts auf einen – aus ihrer Sicht – inakzeptablen Erziehungsstil der Eltern verwiesen.

In der Praxisberatung sollte immer mit dem notwendigen Augenmaß und dem Blick auf die Besonderheiten des Einzelfalls das Umgangsrecht zwischen Enkel und Großeltern thematisiert werden. Nicht jede Unstimmigkeit zwischen Eltern und Großeltern muss zwingend einen Umgangskontakt der Großeltern aushebeln. Es bedarf jeweils der Prüfung, ob die Erwachsenen willens und in der Lage sind, ihre persönlichen Befindlichkeiten zurückzustellen und im Interesse, aber auch Recht des Kindes auf Kontakt mit allen Familienangehörigen, sich in der Regel ohnehin überflüssiger Kommentare und Äußerungen zu enthalten, um dem Kind einen unbelasteten Kontakt zu ermöglichen.

Der beste Freund des Menschen nur ein Haushaltsgegenstand? (OLG Nürnberg v. 20.12.2016 – 10 UF 1249/16)

Die Formen des familiären Zusammenlebens haben sich grundlegend verändert. Die noch das letzte Jahrhundert bestimmende klassische Rollenverteilung hat sich ebenso gewandelt, wie auch die tatsächliche Zusammensetzung der Haushalte. Der ehedem „klassischen Familie“, bestehend aus Eltern und Kindern, stehen zunehmend Haushalte von kinderlosen Paaren gegenüber und eine ebenso steigende Zahl von Haustieren, die in diesen Haushalten leben. Unabhängig davon, ob man diese Haustiere als „Kinderersatz“ bewertet, gilt in jedem Fall, dass sie für ihren jeweiligen Halter regelmäßig einen hohen Stellenwert besitzen. Die mit der Trennung der Paare dann einhergehenden Fragen zum künftigen Schicksal des Haustieres haben nicht nur längst auch die Gerichte erreicht, sondern werden häufig mit der gleichen Vehemenz geführt, wie sie für kindschaftsrechtliche Verfahren typisch sind. Neben dem familiengerichtlich erstrebten „Umgang“ mit dem Haustier bedarf es häufig der gerichtlichen Entscheidung zu der vorgelagerten Fragestellung, bei welchem Ehegatten denn künftig das Haustier leben soll.

Mit einer entsprechenden Fragestellung hat sich das OLG Nürnberg auseinandergesetzt (FamRB 2017, 85). Die dort beteiligten Ehegatten hielten bis zu ihrer Trennung insgesamt 6 Hunde, von denen 4 während der Ehe angeschafft worden waren. Alle Tiere blieben nach der Trennung bei der Ehefrau, die gerichtlich die Herausgabe des größeren der beiden vorhandenen Fahrzeuge beantragte unter Verweis darauf, dass sie dieses für den Transport der Tiere benötige. Erst im weiteren Verlauf dieses Verfahrens wurde dann seitens des Ehemannes die „Zuweisung“ von 3 Hunden beantragt, wobei sich die Ehegatten in dem geführten Verfahren dann zwar hinsichtlich der Haushaltsgegenstände im Übrigen vergleichsweise verständigen konnten, nicht jedoch zum Aufenthalt der Tiere. Die Entscheidung des Familiengerichts, wonach der Ehefrau die Tiere insgesamt zugewiesen wurden, hat das OLG Nürnberg bestätigt auf der Grundlage einer umfassenden Billigkeitsabwägung.

Die rechtliche Situation stellt sich so dar, dass grundsätzlich körperliche Gegenstände als Sachen i.S.d. § 90 BGB bewertet werden. Zwar sieht die auf den Grundsätzen des Tierschutzes aufbauende Regelung des § 90a BGB vor, dass Tiere keine Sachen sind, lässt im Ergebnis jedoch offen, welche rechtliche Qualifizierung Tieren de facto zukommt. Sie werden daher in Rechtsprechung und Literatur typischerweise als körperliche Gegenstände eigener Art bewertet, die rechtlich wie Sachen behandelt werden, d.h. die Vorschriften über Sachen finden letztlich entsprechende Anwendung.

Leben Ehegatten voneinander getrennt, so kann für die Dauer des Getrenntlebens eine Verteilung der Haushaltsgegenstände geltend gemacht werden.

Unabhängig von Anschaffungszeit, Motiv der Anschaffung und dem Wert, versteht man unter Haushaltsgegenständen alle Gegenstände, die nach den Vermögens- und Lebensverhältnissen der Familie für das Zusammenleben sowie für die Wohn- und Hauswirtschaft bestimmt sind. Neben den unstreitigen Dingen, wie etwa Wohnungseinrichtung, Geschirr und Wäsche wird in der Praxis häufig die rechtliche Qualifizierung eines Pkw diskutiert, der aber nur ausnahmsweise dann als Haushaltsgegenstand bewertet werden kann, wenn er überwiegend für familiäre Fahrten, Einkäufe, im Zusammenhang mit der Kindesbetreuung oder ähnlichem genutzt wird. Nicht vom Begriff des Haushaltsgegenstands umfasst werden Sachen, die dem persönlichen Gebrauch, individuellen Interessen oder beruflichen Zwecken eines Ehegatten zuzuordnen sind. Auf Haustiere findet § 1361a BGB entsprechende Anwendung.

Bei der für die Dauer des Getrenntlebens vorzunehmenden vorläufigen Nutzungsregelung ist danach zu differenzieren, ob ein Haushaltsgegenstand im Alleineigentum eines Ehegatten steht, d.h. insbesondere von ihm bereits vorehelich erworben wurde, oder aber Miteigentum besteht. Ist das Alleineigentum eines Ehegatten zu bejahen, so kann der Nichteigentümer die Überlassung nur dann verlangen, wenn er die Gegenstände zur Führung eines abgesonderten Haushalts benötigt. Die Überlassung muss dabei der Billigkeit entsprechen, so dass eine Abwägung zwischen der Notwendigkeit der Gebrauchsüberlassung einerseits und den Belangen des Eigentümers andererseits vorzunehmen ist. Besondere Bedeutung haben die Interessen der im Haushalt lebenden Kinder. Gegenüberzustellen ist die Situation bei bestehendem Miteigentum. Dieses wird hinsichtlich der während der Ehe für den gemeinsamen Haushalt angeschafften Gegenstände vermutet, es sei denn der das Alleineigentum behauptende Ehegatte kann den Gegenbeweis führen. Im Miteigentum stehende Gegenstände werden nach den Grundsätzen der Billigkeit verteilt. Neben den Interessen der Kinder ist im Rahmen dieser Abwägung auch zu berücksichtigen, welcher Ehegatten den Gegenstand dringender benötigt bzw. ihn – auch aus wirtschaftlichen Erwägungen folgend – leichter entbehren kann.

Soweit sich die Billigkeitsabwägung auf Haustiere erstreckt, darf nicht unberücksichtigt bleiben, welches Interesse ein Ehegatte – auch aus dem Inhalt seiner gerichtlichen Schriftsätze folgend – an dem jeweiligen Tier bislang zum Ausdruck gebracht hat. Zudem sind tierschutzrechtliche Aspekte beachtlich, etwa die Tatsache, dass ein Hund ein Rudeltier ist – ein Gesichtspunkt, der bei der Entscheidung des OLG Nürnberg eine Rolle spielte.

In der Praxisberatung sollte zwingend verdeutlicht werden, dass auf Haustiere kindschaftsrechtliche Erwägungen keine Anwendung finden. Ebenso darf aber auch nicht aus dem Blick verloren werden, dass Haustiere für zahlreiche – vor allem ältere – Menschen einen hohen emotionalen Stellenwert haben. Ob einer der Beteiligten sein Begehren tatsächlich an einem echten Interesse für das Tier ausrichtet, sollte daher sowohl mit Blick auf das Tier selbst als auch den jeweils anderen Ehegatten sorgfältig geprüft werden.

Religion versus Erziehungseignung? (OLG Hamm v. 12.5.2017 – 4 UF 94/16)

In einer Zeit, in der Mord und sonstige menschenverachtende Gewalttaten mit einer angeblichen religiösen Motivation und Legitimation begangen werden, ist es zugegebenermaßen nicht immer einfach, sich mit der gebotenen Vehemenz von den üblichen Stammtischrednern und den von ihnen geschürten Ängsten zu distanzieren, wonach alles Fremde für die in ihrem Weltbild negativen Veränderungen verantwortlich sein soll. Menschen, die selbst nicht im Ansatz irgendeinen Bezug zu jener Religion besitzen, die sie mit leeren Worthülsen einer längst vergangen Zeit angeblich vor Gefahren schützen wollen, die von anderen Religionen drohen sollen, nähren den Boden, auf dem Misstrauen und Intoleranz wächst, die geeignet sein können, eine Gesellschaft zu spalten und Grundwerte zu zerstören, die Generationen hart erarbeitet haben.

Religion als Wertequelle einer Gesellschaft kann unterschiedliche Darstellungsformen haben. Ebenso wie sie ggf. dem absolut privaten Bereich vorbehalten bleiben kann, kann es dem Einzelnen ein Bedürfnis sein, die Zugehörigkeit zu einer Religion auch äußerlich zu dokumentieren, etwa durch Einhaltung einer strengen Kleidungsordnung. In einer Gesellschaft, für die die Glaubensfreiheit nach Art. 4 GG gilt, darf dieses äußerliche „Anderssein“ nicht dazu führen, dass auch in rechtlichen Wertungen mit unterschiedlichen Maßstäben gemessen wird.

Das OLG Hamm hat sich in einer aktuellen Entscheidung mit einer Frage dieses Kontextes auseinandergesetzt. In dem zugrunde liegenden Sachverhalt stritten die Eltern um die Sorge für ihre 2006 geborene Tochter, bezüglich derer sie ursprünglich die gemeinsame Sorge vereinbart hatten. Die Mutter war 2011 zum Islam konvertiert und ist auch nach islamischem Recht mit ihrem jetzigen Partner verheiratet. Sie vertritt eine strenge Linie des Islam und trägt eine Vollverschleierung. Der Vater war in Nigeria aufgewachsen und 2004 nach Deutschland gekommen. Während nach dem Sachvortrag der Mutter die frühere Beziehung von Gewalttätigkeiten bestimmt wurde, trat der Vater dieser Darstellung entgegen. Zuletzt gerichtlich vereinbarte Umgänge des Vaters mit dem Kind fanden nicht statt, da die Mutter sie mit unterschiedlichen Gründen absagte. Dem Antrag der Mutter auf Übertragung der alleinigen Sorge trat der Vater mit einem eigenen Antrag entgegen. Die erstinstanzliche Entscheidung, wonach der Mutter die Alleinsorge übertragen wurde, hat die Beschwerdeinstanz bestätigt unter Verweis darauf, dass religiös bedingt zwischen den Eltern keine zu vereinbarenden Wert- und Erziehungsvorstellungen bestünden und damit die für die gemeinsame Sorge notwendige Kommunikationsbasis nicht existiere. Bestätigt hat der Senat auch die Sorgerechtsübertragung gerade auf die Mutter des Kindes, da zu ihren Gunsten wesentliche Kriterien der vorzunehmenden Kindeswohlprüfung sprachen. Zwar sah der Senat die streng islamische Erziehung des Kindes als eher ungünstig, wobei insbesondere aus dem Vorleben der Vollverschleierung Nachteile abgeleitet wurden. Allerdings hat der Senat ebenso festgestellt, dass das im Übrigen normal entwickelte Kind einen positiven Bezug zur Schule besaß und selbst eine hohe berufliche Ausbildung anstrebte. Neben einer den kindlichen Bedürfnissen entsprechenden Freizeitgestaltung wurde auch eine ausreichende soziale Integration festgestellt, wobei das Kind darauf verwies, dass das Tragen eines Kopftuchs in der Schule kein Problem sei, da dies auch von einigen anderen Mitschülerinnen so gehandhabt werde. Der Mutter wurde zudem ein liebevolles und zugewandtes Erziehungsverhalten bestätigt.

Die rechtliche Situation stellt sich so dar, dass einem Elternteil – bei bereits bestehender gemeinsamer Sorge – nach § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB die Alleinsorge für ein Kind zu übertragen ist, wenn im Rahmen der sog. großen Kindeswohlprüfung auf erster Stufe festgestellt wird, dass die Aufhebung der bestehenden gemeinsamen Sorge dem Kindeswohl am besten entspricht und sodann auf der zweiten Stufe festgestellt wird, dass gerade die Übertragung der Alleinsorge auf den antragstellenden Elternteil die dem Kindeswohl am besten entsprechende Regelung darstellt.

Die Aufhebung der gemeinsamen Sorge ist dann geboten, wenn zwischen den Eltern die erforderliche Kooperationsfähigkeit und Kooperationswilligkeit als Grundlage der gemeinsamen Ausübung der elterlichen Sorge nicht besteht, d.h. sie im Interesse des Kindes nicht in der Lage sind Differenzen zurückzustellen und den jeweils anderen Elternteil als gleichwertigen Bindungspartner des Kindes zu akzeptieren. Eine dem Kindeswohl dienende Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge setzt dabei zwingend voraus, dass die Eltern dem Wohl des Kindes dienende Entscheidungen gemeinsam treffen können.

Soweit darüber hinaus aber auch die Übertragung der Alleinsorge gerade auf den antragstellenden Elternteil die dem Kindeswohl am besten entsprechende Regelung darstellen muss, ist der unbestimmte Rechtsbegriff des Kindeswohls durch bestimmte Kriterien näher zu präzisieren. Hierzu gehört etwa die Erziehungseignung eines Elternteils, wobei dessen Religionszugehörigkeit ggf. dieser Eignung entgegenstehen kann, wenn eine repressive Religionslehre in der Umsetzung eines beeinträchtigenden Erziehungsstils negativen Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung eines Kindes nimmt. Neben der Erziehungseignung sind aber auch die Bindung des Kindes zu seinen Eltern oder Geschwistern zu bewerten sowie der ggf. seitens des Kindes ausdrücklich geäußerte und autonom gebildete Wille. Neben dem Kontinuitätsgrundsatz, d.h. der Bewertung, welcher Elternteil auch weiterhin eine gleichmäßige Erziehung und Betreuung des Kindes gewährleisten wird, ist letztlich das Förderungsprinzip zu bewerten, d.h. die pädagogische Kompetenz eines Elternteils, dem Kind auf seinem weiteren Lebensweg die notwendige Sicherheit und Orientierung zu geben. Dies sah das Gericht vorliegend bei der Mutter als gegeben an.

In der Praxisberatung muss bei jeder zu treffenden Sorgerechtsregelung das Kindeswohl im Mittelpunkt der durchzuführenden Prüfung stehen. Selbst soweit ein Elternteil sich für eine strenge religiöse Ausrichtung des eigenen Lebens entschieden hat, führt dies ebenso wenig dazu, dass das Kind diese zwingend auch für sein Leben übernehmen muss, noch dass daraus per se eine mangelnde Erziehungseignung eines Elternteils abzuleiten wäre. Die Sicherung der Persönlichkeitsentwicklung des Kindes und seiner sozialen Integration sind allein die Prüfungsmaßstäbe.

Schutzimpfung – eine Maßnahme zum Wohl des Kindes ? (BGH v. 3.5.2017 – XII ZB 157/16)

Die Frage, ob Kleinkinder bestimmten Schutzimpfungen zugeführt werden sollen, ist nicht nur im Kreis betreuender Eltern ein hochemotional diskutiertes Thema und nicht unerheblich davon überlagert, welchen grundsätzlichen Wertvorstellungen sie insbesondere zu medizinischen Fragen folgen. In dieser Diskussion wird nicht selten übersehen, dass allein die Information durch Internetforen nicht zwingend die erforderliche Basis bieten kann, um nach heutigem Forschungsstand hochkomplexe medizinische Sachverhalte abschließend würdigen und werten zu können. Die Entscheidung für oder gegen eine Impfung ist zudem aber auch nicht nur eine Einzelentscheidung mit Blick auf das unmittelbar betroffene eigene Kind, sondern kann nicht überschaubare Folgen für Teile der Gesellschaft haben. Zu erinnern ist etwa an eine epidemische Verbreitung von Masern in Berlin im Jahr 2014, die mit Schulschließungen verbunden war, bzw. ein Schulverbot für nicht geimpfte Kinder in Marburg im Jahr 2015. Dass im Zusammenhang mit diesen Erkrankungen dann auch Todesfälle zu beklagen waren und aktuell wieder zu beklagen sind, zeigt die besondere Brisanz dieser Thematik und der hieraus folgenden Fragen, ob ein Kind Schutzimpfungen zugeführt werden soll bzw. wer letztlich hierüber entscheidet, wenn sich gemeinsam sorgeberechtigte Eltern zu dieser Frage nicht einigen können.

Mit dieser Problematik hat sich der BGH in einer aktuellen Entscheidung auseinander gesetzt. Die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern konnten zu der Frage von Schutzimpfungen ihrer Tochter kein Einvernehmen herstellen. Während der Vaters altersentsprechende Schutzimpfungen entsprechend den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission am Robert-Koch-Institut (STIKO) befürwortete, lehnte die Mutter diese ab, da nach ihrer Einschätzung das Risiko von Impfschäden das Infektionsrisiko überwog. Nur bei ärztlich mit Sicherheit ausgeschlossenen Schäden befürwortete sie anlassunabhängige Impfungen. Dem Vater wurde das Entscheidungsrecht über die Impfdurchführung erstinstanzlich übertragen. Die Beschwerdeinstanz hat diese Entscheidung bestätigt, aber die Entscheidungsbefugnis auf bestimmte Schutzimpfungen beschränkt, wie etwa Tetanus, Masern, Röteln oder Mumps. Die Rechtsbeschwerde der Mutter hat der BGH zurückgewiesen und die Übertragung der alleinigen Entscheidungsbefugnis auf den Elternteil bestätigt, der die Impfung des Kindes entsprechend den Empfehlungen der STIKO durchführen möchte, wenn bei dem Kind keine besonderen Impfrisiken vorliegen. Zudem hat der BGH klargestellt, dass auch die Entscheidung zur Durchführung von Standard- oder Routineimpfungen als eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung zu bewerten ist, so dass es bei gemeinsamer elterlicher Sorge auch grundsätzlich einer gemeinsamen Entscheidung hierzu bedarf.

Die rechtliche Situation stellt sich so dar, dass einem Elternteil nach § 1628 BGB ein Teilbereich der elterlichen Sorge – soweit es sich um eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung und nicht nur um eine Alltagsangelegenheit handelt – zur alleinigen Entscheidung übertragen werden kann, wenn zwischen den Eltern Dissens zu dieser konkreten sorgerechtlichen Frage besteht und das Gericht zur Überzeugung gelangt, dass der Lösungsvorschlag jenes Elternteils, dem die Entscheidungsbefugnis letztlich übertragen wird, dem Kindeswohl besser gerecht wird. Ob von einer grundlegenden sorgerechtlichen Entscheidung oder einer Frage auszugehen ist, die den Alltagsangelegenheiten zuzuordnen ist, beurteilt sich nach der Legaldefinition des § 1687 Abs. 1 Satz 3 BGB: Danach zeichnen sich Angelegenheiten des täglichen Lebens dadurch aus, dass sie häufig vorkommen und keine schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Kindesentwicklung haben. Soweit es um die Impfung eines Kindes geht, können sich diese schwerwiegenden Auswirkungen sowohl aus der Gefahr einer Infektion bei Nichtimpfung aber auch aus einem gesundheitlichen Schaden bei durchgeführter Impfung ergeben.

In der Praxisberatung ist es wichtig, Eltern, die die Sorge für ihr Kind gemeinsam ausüben, auf die Notwendigkeit hinzuweisen, etwaige Impfungen nicht nur zwingend mit dem jeweils anderen Elternteil abzustimmen, sondern auch auf die bestehenden Empfehlungen der STIKO zu verweisen, die den Kreis der empfohlenen Impfungen selbst bereits begrenzt. Daneben sollte zwingend aber auch mit den Eltern abgestimmt werden, dass ggf. durch den behandelnden Kinderarzt ein besonderes Impfrisiko ausgeschlossen werden kann. Sind diese grundlegenden Fragen geklärt, kann möglicherweise ein Einvernehmen der Eltern hergestellt, in jedem Fall aber das Verfahrensrisiko eingegrenzt werden.

Gefährdung des Kindesvermögens durch WhatsApp-Nutzung? (AG Bad Hersfeld v. 20.03.2017 – F 111/17 EASO)

Die Überlassung eines Smartphones an ein Kind oder Jugendlichen ab einem bestimmten Alter stellt sich heute mehr oder weniger als eine Selbstverständlichkeit dar. Die dadurch ermöglichte Kontaktherstellung etwa zwischen einem berufsbedingt ortsabwesenden Elternteil und dem Kind oder Jugendlichen – insbesondere für Notfälle – ist nicht zwingend negativ zu bewerten. Dabei wird regelmäßig aber auch akzeptiert oder zumindest in Kauf genommen, dass das überlassene Gerät ebenso in seinen sonstigen Funktionen genutzt wird, etwa dem Herunterladen von Apps, wobei vor allem die Applikation „WhatsApp“ besondere Bedeutung für die Kontaktunterhaltung innerhalb einer sozialen Gruppe hat. Nicht jeder Elternteil berücksichtigt in diesem Kontext, welche rechtlichen Konsequenzen mit dieser eigentlich alltäglichen Handhabung verbunden sind bzw. inwieweit möglicherweise sich hieraus für das Kind wirtschaftliche Risiken ergeben können, für die ggf. der Elternteil selbst dann auch einzustehen hat.

Mit einem besonderen Sachverhalt zu dieser Thematik hat sich aktuell das Amtsgericht –Familiengericht – Bad Hersfeld auseinandergesetzt. Die Mutter eines 10-jährigen Sohnes hatte gerichtlich eine striktere Regelung des Umgangs zwischen dem Kind und dessen Vater erstrebt mit dem Sachvortrag, dass er das Umgangswochenende nicht hinreichend mit dem Kind verbringe, sondern auch sonstige Tätigkeiten erledige und in dieser Zeit das Kind bei der Großmutter abgebe. Vor allem die Beschwerde des Kindes im Rahmen der richterlichen Anhörung, dass sein Vater es bei „WhatsApp“ blockiert habe, veranlasste das Gericht nicht nur, dem Kind zunächst die Begriffe der Datenweitergabe sowie des Datenschutzes näher zu erläutern, sondern auch, der betreuenden Mutter Auflagen nach § 1666 BGB zu erteilen. Konkret ging das Gericht dabei davon aus, dass sich aus der Nutzung von WhatsApp eine Gefahr für das Vermögen des Kindes ergeben könne, da das Kind als Nutzer gem. § 823 BGB von Dritten abgemahnt oder analog § 1004 BGB zur Unterlassung aufgefordert werden könne. Das für § 823 BGB erforderliche deliktische Handeln sah das Gericht darin, dass das Kind als aktiver Nutzer der App fortlaufend Datensätze jener Personen, die auf dem Smartphone als App-Kontakte erfasst seien, quasi in einer Datenbrücke an den Betreiber weiterleite und hierzu mangels einer zuvor eingeholten Zustimmung dieser Personen nicht befugt sei. Der betreuenden Mutter wurde daher u.a. durch das Familiengericht aufgegeben, von sämtlichen Personen, die im Adressbuch des Smartphones gespeichert waren, eine schriftliche Zustimmungserklärung bezüglich der Datenübertragung einzuholen und für den Fall der verweigerten Zustimmung, den Kontakt zu entfernen.

Unabhängig von der Frage, ob man hier eine Vermögensgefährdung für gegeben hält oder nicht, stellt sich die rechtliche Situation so dar, dass die elterliche Sorge neben der Personensorge für ein Kind auch die Vermögenssorge in tatsächlicher und rechtlicher Ausgestaltung umfasst, d.h. neben den eigentlichen Fürsorgehandlungen auch die gesetzliche Vertretung des Kindes in diesen Bereichen umfasst wird. In das nach Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG geschützte Elternrecht auf Pflege und Erziehung eines Kindes darf der Staat nur dann eingreifen, wenn Gründe des Kindeswohls dies dringend erfordern. Unter strikter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sind dann ggf. von Amts wegen jene Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Kindeswohlgefährdung geeignet, erforderlich und im engeren Sinn verhältnismäßig sind. Welche Maßnahmen dabei in Betracht kommen können, ist in § 1666 Abs. 3 BGB näher geregelt, wobei der BGH in seiner aktuellen Rechtsprechung ausdrücklich hervorgehoben hat, dass die dort dargestellten Ge- und Verbote nicht abschließend sind, sondern auch sonstige zur Gefahrenabwehr geeignete Weisungen familiengerichtlich angeordnet werden können (BGH v. 23.11.2016 – XII ZB 149/16, FamRB 2017, 48).

Für die Praxisberatung verdient die vorab dargestellte Entscheidung in zweierlei Hinsicht Beachtung. Zunächst stellt sie klar, dass unter dem Blickwinkel der besonderen Verantwortlichkeiten im Rahmen der elterlichen Sorge für ein Kind, von den Eltern zwingend auch erwartet werden kann, dass sie sich mit den Einzelheiten der möglichen rechtlichen Folgen vertraut machen, die mit der Überlassung technischer Geräte an ein Kind verbunden sind, und ihre Verantwortlichkeit nicht mit der Aushändigung des Gerätes endet, sondern vielmehr darüber hinausgehend von ihnen eine fortlaufende Überwachung bis zur Volljährigkeit des Kindes erwartet wird. Daneben zeigt die Entscheidung aber auch, dass ein eigentlich in eine gänzlich andere Richtung gedachtes kindschaftsrechtliches Verfahren unter dem Blickwinkel des Amtsermittlungsgrundsatzes sich für den Antragsteller durchaus auch ins Gegenteil verkehren kann.