Alle Jahre wieder …

… kommt in der Vorweihnachtszeit die neue Düsseldorfer Tabelle. Dass die notwendigen Anpassungen regelmäßig in den Dezember fallen, folgt aus der Agenda des Gesetzgebers, der über wichtige Rahmendaten wie Existenzminimumbericht, Kinderfreibeträge und Regelbedarfe erst in den letzten Wochen des Jahres entscheidet. Zwar gab es schon einen Mindestunterhalt für 2023; die offensichtlich notwendige Korrektur der ein Jahr zuvor getroffenen Prognose folgte jedoch erst mit der 5. Änderungsverordnung v. 30.11.2022 (BGBl. I, 2130). Die Zeiten, in denen Tabellenwerte mehrere Jahre überdauerten, sind schon lange vorbei und die Überlegung des Gesetzgebers zur letzten Neufassung des § 1612a BGB, für jeweils zwei Jahre einen einheitlichen Mindestbedarf vorzugeben, haben sich von Anfang an als nicht praktikabel erwiesen.

Wer sich näher mit dem System der aktuellen Düsseldorfer Tabelle beschäftigt, kommt an der Erkenntnis nicht vorbei, dass diese durch die inflationäre Preisentwicklung des vergangenen Jahres an ihre Grenzen stößt. Der im Verhältnis zu den Vorjahren ungewöhnlich starke Anstieg des Kindesbedarfs und der Selbstbehaltssätze war angesichts der weit überproportional gestiegenen und noch weiter steigenden Lebenshaltungskosten keine Überraschung. Mit dem Kinderfreibetrag erhöhte sich der Mindestunterhalt um 10,3 %; die damit verbundene höhere Zahllast wird durch die Anhebung des Kindergeldes auf 250 € nur etwas gedämpft. Während diese Zahlen in etwa der Inflationsrate entsprechen, war beim notwendigen Selbstbehalt mit rund 18 % eine deutlich stärkere Anhebung zu verzeichnen. Hier wirken drei Faktoren zusammen: Neben dem allgemein höheren Lebensbedarf sind dies der nach 17 Jahren erstmals um 50 € (die lediglich den seither eingetretenen Kaufkraftverlust ausgleichen) angehobene Freibetrag für Erwerbstätige und die erheblich steigenden Wohnkosten. Der damit einhergehende sprunghafte Anstieg des Eigenbedarfs deckt auf, wie sehr sich die Gerichte in den letzten Jahren mit einer Anpassung der Selbstbehaltssätze zurückgehalten haben – oder anders ausgedrückt, die Unterhaltspflichtigen spürbare Einschränkungen in ihrer Lebensführung hinnehmen mussten. Für alle Beteiligten wäre es einfacher und überzeugender, wenn Unterhaltsbedarf und Eigenbedarf jeweils gleichzeitig und in kleineren Schritten an die sich ändernden Lebensumstände angepasst würden.

Nun gibt es nur ein Einkommen, aus dem die Bedarfe von Berechtigten und Verpflichteten aufgebracht werden müssen. Steigen diese, wird die Verteilungsmasse bei gleichbleibendem Einkommen kleiner. Dabei zeigen sich deutliche Risse in einer Tabellenstruktur, die immer noch davon ausgeht, sich am Bedarf für zwei Unterhaltsberechtigte zu orientieren. Wer nachrechnet, muss feststellen, dass er unter Wahrung des notwendigen Selbstbehalts der Mindestunterhalt nur aufgebracht werden kann, wenn für zwei Kinder der ersten Altersstufe ein Einkommen von wenigstens 2.000 € zur Verfügung steht und es 2.300 € sein müssen, sobald beide Kinder das 12. Lebensjahr erreicht haben. Dies alles fällt schon in den Bereich der zweiten Einkommensgruppe. Ein höherer Kindesbedarf kommt ohnehin erst dann in Betracht, wenn dem Pflichtigen selbst der angemessene Bedarf verbleibt (BGH v. 27.10.2021 – XII ZB 123/21, FamRB 2022, 51). Damit kann es selbst bei Einkommen aus der dritten Einkommensgruppe noch beim Mindestunterhalt verbleiben.

Unter diesen Umständen eignet sich die Tabelle in ihrem Hauptanwendungsbereich der kleinen und mittleren Einkommen nicht mehr, um unmittelbar den nach der Lebensstellung angemessenen Kindesbedarf abzulesen. Die vorstehend skizzierten Probleme dürften sich im kommenden Jahr noch verschärfen, da mit weiter steigenden Bedarfssätzen zu rechnen ist. Wenn die Gerichte sich nicht zeitnah um eine Neustrukturierung der Tabelle und ihrer Anwendungsgrundsätze bemühen, laufen sie Gefahr, eines ihrer wichtigsten Werkzeuge aus der Hand zu geben.

Einladung zum juristischen Streitgespräch

Kurz vor Weihnachten, am 21.12.2022, wird die seit Jahresanfang etablierte „Kaffeerunde Versorgungsausgleich“ online von 14:00 bis 15:00 Uhr den diesjährigen Jahresabschluss „feiern“:

Thema:

„Nachehezeitliche versorgungsschädliche Beendigung des Beamtenverhältnisses und § 27 VersAusglG“

Positionierungen jeweils ca. 5 Minuten:

VorsRiOLG a.D. Werner Schwamb, Marburg

VorsRiOLG Johannes Norpoth, Hamm

FAFamR Jörn Hauß, Duisburg

danach 30 Minuten offene Diskussion (hauptsächlich der Teilnehmer) und abschließend 10 Minuten vorweihnachtliche Versöhnung

Der Fall:

Die beiden Durchschnittsentgelt-Verdiener M(50) und F(50) lassen sich scheiden. M hat in der 23-jährigen Ehezeit eine Beamtenversorgung in Höhe von rd. 1.340 € (39.000 x 71,75 % / 40 / 12) erdient. Nach der Scheidung macht er sich selbständig und verlangt 12 Monate vor seinem Renteneintritt die Abänderung des seinerzeitigen Versorgungsausgleichs, weil durch die Nachversicherung in der DRV der ehezeitliche Versorgungsbezug sich auf rd. 830 € (36,02 x 23) reduziert habe und damit vom ehezeitlichen Versorgungserwerb der F nicht mehr abweiche.

Der Fall ist nicht alltäglich, die Lösung nicht bagatellhaft. Vor allem neigt man rasch dazu, den Sachverhalt zu variieren, um die als „gerecht“ empfundene Lösung leichter begründen zu können.

Es konkurrieren:

  • die „Freiheit“ des M, sein nachehezeitliches Leben so gestalten zu können, wie er möchte,
  • das „Recht“ der F, das erreichte ehezeitliche Versorgungs- und damit auch Vermögensniveau nicht durch „Fremdintervention“ zu verlieren.

Oder anders ausgedrückt:

  • Muss M die Aufgabe des ehezeitlichen Beamtenjobs mit einer die Halbteilung unterschreitenden Altersvorsorge bezahlen, indem ihm nach der Abänderung als ehezeitlicher Versorgungserwerb 575 €, der F aber 1.085 € verbleiben, weil deren Ausgleichswert über § 27 VersAusglG vermindert wird, oder
  • muss F hinnehmen, dass ihre Teilhabe am ehezeitlichem Versorgungserwerb des M durch dessen nachehezeitliche Selbstverwirklichung aufgezehrt wird und ihr statt 1.085 € monatlichem Rentenaufbau in der Ehe nur 830 € zukommen, was einem Kapitalwertverlust von ca. 51.224 € entspricht.

Sie werden mir zugeben, dass es dazu viele Lösungen geben wird.

Angefangen von der Annahme einer das Ehezeitende überdauernden versorgungsausgleichsrechtlichen Solidaritätspflicht bis hin zu deren stichtagsbezogener Beendigung wird fast alles vertreten und vielleicht auch vertretbar sein.

Sie haben noch nie von der „Kaffeerunde Versorgungsausgleich“ gehört? Dann schalten Sie sich doch einfach zum Streitgespräch oder, wenn Ihnen der 21.12. zu vorweihnachtlich ist, jeden 1. und 3. Mittwoch im Monat von 14:00 bis 15:00 Uhr kostenfrei dazu:

„Kaffeerunde Versorgungsausgleich“

Wir erörtern in einer Online-Schaltung alltägliche und manchmal auch spezielle

Fragen des Versorgungsausgleichs. Kostenlos und locker.

Sie können sich gern dazuschalten:

https://global.gotomeeting.com/join/205481741

Sie können sich auch über ein Telefon einwählen.
(Bei Geräten, die diese Funktion unterstützen, ist die sofortige Teilnahme über eine der unten aufgeführten Direktwahlnummern möglich.)

Deutschland: +49 891 2140 2090
– Direktwahl: +4989121402090,,205481741#

Zugangscode: 205-481-741

Wenn Sie in den Email-Verteiler zur „Kaffeerunde“ aufgenommen werden möchten, ganz einfach Mail an Haus@Anwaelte-DU.de.

 

 

Grundrente im Versorgungsausgleich

Ein großes juristisches Vergnügen ist es, § 97a SGB VI zu lesen. Schwierig ist es, ihn zu verstehen, weshalb ich auf Fortbildungen seit seiner Existenz stets eine „gute Flasche Rotwein“ dem versprochen habe, der nach Lektüre innerhalb von (zunächst 15) jetzt 30 Minuten seinen Inhalt erklären kann. Bis gestern lag die Flasche unangerührt in meinem Weinkeller.

Das hat sich geändert. Eine OLG Richterin aus Frankfurt rief an und kritisierte die Umsetzung der Grundrentenproblematik in meinem Grundrentenrechner als falsch. Sie hatte recht, das Problem war schnell beseitigt, aber niemandem bis dahin aufgefallen, obgleich wir einen Tag zuvor in der „Kaffeerunde Versorgungsausgleich[1], die jeden 1. und 3. Mittwoch im Monat von 14:00 bis 15:00 Uhr stattfindet und an der jeder kostenlos teilnehmen kann, uns eine Stunde lang mit der Grundrente beschäftigt haben und auch den „Grundrentenrechner“ vorgestellt haben.

Das zeigt: Die Grundrentenproblematik ist schwierig und überfordert auch erfahrene Versorgungsausgleichsrechtler.

Damit aber all diejenigen, die sich gleichwohl damit beschäftigen wollen, leichten Zugriff auf Aufsätze und Entscheidungen zu dem Thema haben, habe ich eine Entscheidungsliste zusammengestellt, der sich jeder gerne bedienen kann. Soweit möglich sind die Entscheidungen und Aufsätze verlinkt: Grundrente Entscheidungen und Aufsätze.

Es bleibt aber bei meiner Empfehlung: In den Fällen, in denen feststeht, dass einer der Ehegatten keine Leistungen aus den Grundrenten-Entgeltpunkten (für langjährig Versicherte) bekommen wird, weil die Einkommensgrenze (1.317 € / 2.055 €) nach § 97a Abs. 4 SGB VI überschritten werden wird, sollte man auf den Ausgleich der Grundrenten-EP verzichten. Das verbessert das Verhandlungsklima meist deutlich und ein Verzicht auf etwas, das man nie bekommt, ist eigentlich keiner.

Und jetzt wünsche ich allen viel Freude bei der Lektüre der Norm: § 97a SGB VI.

[1] Jeden 1. und 3. Mittwoch im Monat von 14:00 bis 15:00 Uhr (kostenfrei!)

 „Kaffeerunde Versorgungsausgleich“

Wir erörtern in einer Online-Schaltung alltägliche und manchmal auch spezielle Fragen des Versorgungsausgleichs. Kostenlos und locker. Sie können sich gern dazuschalten: https://global.gotomeeting.com/join/205481741

Keine ungetrübte Urlaubsfreude ohne ausreichende Planung (KG v. 22.6.2022 – 16 WF 29/22)

In den vergangenen Monaten haben sich die Beschwerdegerichte wiederholt mit Ordnungsmittelanträgen befassen müssen, die aus zeitlich unzureichenden Reiseplanungen eines Elternteils resultierten. Rückreisen aus dem Urlaub wurden zeitlich so knapp oder sogar zeitlich überlappend kalkuliert, dass zeitlich anschließend geplante Reisen des jeweils anderen Elternteils teilweise nicht mehr (vgl. OLG Hamm v. 24.1.2022 – 13 WF 210/21, FamRB 2022, 224) oder nur mit Zusatzkosten umgesetzt werden konnten. Mit einem solchen Sachverhalt hat sich aktuell auch das KG in seinem Beschluss vom 22.6.2022 auseinandergesetzt.

In dem zugrundeliegenden Sachverhalt war dem Vater für die Herbstferien 2021 ein Umgang in der ersten Ferienwoche zuerkannt worden. Die Übergabe des Kindes sollte am Sonntag den 17.10.2021 um 17.00 Uhr an eine Umgangspflegerin erfolgen. Seine Ferienwoche verbrachte der Vater in Galicien, wo er einen Tag vor dem geplanten Rückflug von dessen Stornierung erfuhr. Auf Initiative der Mutter, die seitens der Umgangspflegerin von der Stornierung informiert wurde, konnten mehrere Alternativflüge mit anderen Gesellschaften ermittelt werden bzw. buchte die Mutter ein mit Zusatzkosten verbundenes Upgrade, das einen Zustieg des Kindes in Madrid anlässlich eines Zwischenstopps des von der Mutter ebenfalls gebuchten Fluges zum Urlaub auf den Kanaren ermöglichte.

Dem seitens der Mutter gestellten Antrag auf Festsetzung eines Ordnungsmittels gegen den Vater wegen Zuwiderhandlung gegen den Umgangsbeschluss wurde erstinstanzlich entsprochen. Die seinerseits eingelegte Beschwerde wurde zurückgewiesen. In der Beschlussbegründung hat das KG darauf verwiesen, dass der Vater seine Pflicht zur zeitgerechten Übergabe des Kindes schuldhaft verletzt habe, da sein Verhalten als fahrlässig zu bewerten sei. Er habe keine ausreichende Vorsorge getroffen, um zu verhindern, dass es nicht zu der ganz fernliegenden Möglichkeit der Versäumung des Rückgabetermins komme. Es sei allgemein bekannt, dass es im Flugverkehr vielfach zu erheblichen Flugverschiebungen und -ausfällen komme. Wer – wie der Vater – eine Gefahrenlage durch zeitlich zu knappe Rückreisetermine schaffe, sei verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zur Schadensvermeidung und Sicherstellung einer rechtzeitigen Übergabe zu treffen.

Die Verhängung von Ordnungsmittel erfordert einen schuldhaften Verstoß gegen eine gerichtliche Entscheidung bzw. einen gerichtlich gebilligten Vergleich. Es bedarf daher einer objektiven Zuwiderhandlung des Pflichtigen, wobei es auf Seiten des Pflichtigen keines Verschuldens bedarf, sondern bloße Fahrlässigkeit genügt. Etwaiges Verschulden des Verfahrensbevollmächtigten ist dem jeweiligen Elternteil zuzurechnen. Die Substantiierungs- und Feststellungslast für das fehlende Vertretenmüssen liegt bei dem pflichtigen Elternteil, d.h. er muss die Umstände, die den Grund für das Scheitern des Umgangskontakts darstellen, im Einzelnen vortragen und ggf. unter Beweis stellen.

Elternteile, die während der Ferien mit dem Kind Flugreisen ins Ausland beabsichtigen, sollten bei ihren Buchungen zur Rückreise stets ausreichende Zeitpuffer einplanen, die – soweit der jeweils andere Elternteil nicht auf Anfrage im Vorfeld sich mit einer auch kurzfristigen Verspätung einverstanden erklärt hat – in jedem Fall die zeitgerechte Rückverbringung des Kindes sicherstellt, insbesondere wenn eine sich anschließende zeitlich gebundene Urlaubsreise des jeweils anderen Elternteils bekannt ist. Zutreffend hat das KG in seinem Beschluss auch ausdrücklich auf den Aspekt des Kindeswohls verwiesen, wenn – wie in dem entschiedenen Sachverhalt – ein 3 ½-jähriges Kind an einem Tag aus Spanien nach Berlin zurückfliegen und keine 24 Stunden später sich erneut in ein Flugzeug setzen muss, um wieder eine Reise nach Spanien anzutreten. Es wäre wünschenswert, wenn der ein oder andere Elternteil bei dem, was er seinem Kind als selbstverständlich abverlangt, gelegentlich hinterfragen würde, ob er sich diese Belastung selbst auferlegen würde.

Hilfeaufruf an die FamRB-Leserinnen und -Leser: Gefahr aus der Teilungsordnung – erste Ergebnisse

Die Teilungsordnung bestimmt bei der internen Teilung von Versorgungen die Höhe der aus der Teilung für die ausgleichsberechtigte Person fließenden Versorgung. Zwar gehen die Ehegatten, die Anwaltschaft und das Gericht regelmäßig davon aus, dass das für die ausgleichsberechtigte Person zu begründende Anrecht „zu den Bedingungen der Quellversorgung“ begründet wird, diese Erwartungshaltung ist indessen weder gerechtfertigt, noch wird sie in der Realität erfüllt. § 10 Abs. 3 VersAusglG formuliert nämlich knapp und eindeutig: „Maßgeblich sind die Regelungen über das auszugleichende und das zu übertragende Anrecht.“ Der BGH hat zu Recht mehrfach darauf hingewiesen, dass die Tenorierung der internen Teilung unter Angabe der konkreten Teilungsordnung zu geschehen hat,[1] die Rechtsprechung der OLG hat vielfach einzelne Teilungsordnungen korrigiert[2] und für „nichtig“ befunden, weil sie die Begründung des Anrechts zum Nachteil der ausgleichsberechtigten Person „zu den im Begründungszeitpunkt aktuellen Berechnungsgrundlagen“ vorsehen. Wird im Tenor der Entscheidung auf eine Teilungsordnung verwiesen, die nichtige und die ausgleichsberechtigte Person benachteiligende Regelungen enthält, ist nach Rechtskrafteintritt nichts mehr zu machen.[3] Einige der so gescholtenen Versorgungsträger haben selbst daraufhin die Teilungsordnungen nicht geändert, sondern setzen auf die Lesefaulheit und Unaufmerksamkeit der Anwaltschaft und der Gerichte.

Eine Untersuchung von gut 100 Teilungsordnungen hat nun ergeben:

Mehr als 1/3 der Teilungsordnungen enthält nach wie vor Regelungen, die zu beanstanden sind:

  • Ein für die ausgleichsberechtigte Person nachteiliger Tarifwechsel (Begründung des Anrechts zu den „aktuellen Versicherungsbedingungen“) ist meist in Ziffer 5 der Teilungsordnungen zu finden.
  • Oftmals ermöglichen die Teilungsordnungen auch eine Veränderung des gerichtlich festgelegten Ausgleichswerts.
  • Ebenso häufig ermöglichen sie auch den doppelten Abzug der Teilungskosten.

Da das Übersehen der für die ausgleichsberechtigte Person ungünstigen Klauseln für die Anwaltschaft Haftungsfälle, für die Ausgleichsberechtigten Versorgungsverluste von teilweise mehr als 60 % und für die Versorgungsträger völlig unberechtigte finanzielle Vorteile begründen kann, hat sich der FamRB entschlossen, eine Aufstellung der kritischen und der unbedenklichen Teilungsordnungen öffentlich zugänglich zu machen. Dazu sind wir auf die Hilfe unserer Leserschaft angewiesen. Zwar haben wir die ersten 100 Teilungsordnungen durchgesehen und klassifiziert. Es gibt aber deutlich mehr und sie werden von den Versorgungsträgern meist nur unwillig herausgegeben. Deshalb bitten wir alle Leserinnen und Leser, Ihnen vorliegende Teilungsordnungen der Versorgungsträger – gleich ob sie bedenklich oder unbedenklich sind – an famrb@otto-schmidt.de zu senden.

Wir haben uns entschlossen, schon jetzt – nach Ihren ersten Einsendungen – die Liste zu veröffentlichen, um allen am Versorgungsausgleich Beteiligten die Möglichkeit zu geben, schwerwiegende Fehler zu vermeiden. Wir werden die Liste  weiterhin aktuell halten.

Zur Liste kommen Sie hier: Teilungsordnungen Versorgungsverluste bei interner Teilung

[1] Seit BGH v. 26.1.2011 – XII ZB 504/10, FamRZ 2011, 547 m. Anm. Holzwarth = FamRB 2011, 106 (Norpoth).

[2] BGH v. 25.2.2015 – XII ZB 364/14, FamRZ 2015, 911 m. Anm. Borth = FamRB 2015, 208 (Götsche); BGH v. 19.8.2015 – XII ZB 443/14, FamRZ 2015, 1869 m. Anm. Holzwarth = FamRB 2015, 407 (Norpoth); Bdb. OLG v. 2.9.2020 – 9 UF 86/20; OLG Celle v. 5.4.2019 – 21 UF 202/18, FamRZ 2019, 1780; OLG Frankfurt v. 9.4.2020 – 4 UF 46/19; OLG Frankfurt v. 17.9.2019 – 4 UF 273/17, FamRZ 2020, 676; OLG Frankfurt v. 22.8.2019 – 4 UF 86/17, FamRZ 2020, 673 = FamRB 2020, 16 (Siede); OLG Hamm v. 20.6.2018 – 7 UF 213/17, FamRZ 2019, 26 (LS); OLG Karlsruhe v. 20.4.2021 – 5 UF 112/20, FamRZ 2022, 951; OLG Köln v. 2.10.2018 – 25 UF 34/18; OLG Nürnberg v. 18.12.2018 – 11 UF 815/18, FamRZ 2019, 876; Schl.-Holst. OLG v. 8.6.2020 – 15 UF 188/19.

[3] BGH v. 29.4.2020 – IV ZR 75/19, FamRZ 2020, 985; BGH v. 22.1.2020 – IV ZR 54/19, FamRZ 2020, 491 = FamRB 2020, 142 (Breuers).

rvRecht – das unbekannte Juwel

rvRecht – noch nie gehört? Schade! Unter dieser Bezeichnung finden Sie eine für familienrechtlich Tätige und insbesondere für den Versorgungsausgleich ergiebige Datenbank der Deutschen Rentenversicherung (DRV).

Der Fall: Ihre Mandantin F(65) bezieht vorgezogene Rente seit 6/2020 und hat gleichzeitig – anwaltlich beraten – ein versorgungsausgleichsrechtliches Abänderungsverfahren eingeleitet, weil in der 2003 ergangenen Versorgungsausgleichsentscheidung ein betriebliches Anrecht des Ehemannes durch Anwendung der BarwertVO deutlich unterbewertet und der schuldrechtliche Ausgleich nicht vorbehalten wurde. Die neue Auskunft des Versorgungsträgers ergibt einen Ausgleichswert von 30.000 €, der Versorgungsträger optiert auf externe Teilung. F wählt als Zielversorgung sinnvollerweise die DRV. Rechtskraft der Entscheidung wird frühestens 10/2022 eintreten, wenn die F die Regelaltersgrenze überschritten hat.

Es stellt sich die Frage, wie lange kann man die DRV als Zielversorgung der externen Teilung einer betrieblichen oder privaten Versorgung bestimmen (§ 187 Abs. 4 SGB VI)? Der Normwortlaut:

(4) Nach bindender Bewilligung einer Vollrente wegen Alters ist eine Beitragszahlung zur Wiederauffüllung oder Begründung von Rentenanwartschaften nicht zulässig, wenn der Monat abgelaufen ist, in dem die Regelaltersgrenze erreicht wurde.

Der Normwortlaut macht nicht ohne weiteres klar, auf welchen Zeitpunkt es versorgungsausgleichsrechtlich ankommt. Wird die Regelaltersgrenze der ausgleichspflichtigen Person in 6/2021 erreicht, ein von der ausgleichsberechtigten Person versorgungsausgleichsrechtliches Abänderungsverfahren ist aber bereits seit 6/2020 anhängig und die Entscheidung ergeht 9/2022 und wird erst einen Monat später rechtskräftig.

Sie haben keinen SGB VI-Kommentar zur Hand? Kein Problem: wählen Sie https://rvrecht.deutsche-rentenversicherung.de/, da wird „Sie“ geholfen. Die Datenbank enthält neben allen sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften (nebst erläuternder und mit Beispielen angereicherten Kommentierung) die Verwaltungsvorschriften, einen sozialversicherungsrechtlichen „Findex von A–Z“ und vieles mehr. Dort können Sie dann auch einfach erfahren, dass es im obigen Fall nicht auf den Zeitpunkt der Rechtskraft ankommt:

Für die Prüfung der Zulässigkeit der Beitragszahlungen ergeben sich folgende Zeitpunkte:

  • bei einer Erstentscheidung über den Versorgungsausgleich, die Folgesache im Sinne von 137 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 FamFG ist (Verbundentscheidung), das Ende der Ehezeit,
  • bei einer isolierten Erstentscheidung, beispielsweise bei einer Scheidung im Ausland, der Tag des Eingangs des Antrags auf Durchführung des Versorgungsausgleichs beim Familiengericht,
  • bei einer Abänderungsentscheidung der Tag des Eingangs des Abänderungsantrags beim Familiengericht.

Eine Beitragszahlung im Rahmen der externen Teilung ist stets zulässig, wenn zu dem vorstehend genannten maßgebenden Zeitpunkt (zum Beispiel Ende der Ehezeit) der Monat, in dem die versicherte Person die Regelaltersgrenze erreicht, noch nicht abgelaufen ist. Der Bezug einer bindend bewilligten Altersvollrente vor Ablauf des Monats des Erreichens der Regelaltersgrenze ist dabei unschädlich. Fallen das Ende der Ehezeit und der Ablauf des Monats des Erreichens der Regelaltersgrenze auf denselben Zeitpunkt, ist die Beitragszahlung zulässig.

Hätten Sie es gewusst? Und so hat die Vorstellung dieser exzellenten Datenbank mit diesem Beitrag vielleicht auch etwas zur Fortbildung beigetragen.

Übrigens: Der Fundstelle ist auch zu entnehmen, dass die DRV in ihren Auskünften nach § 5 VersAusglG von sich aus darauf hinweist, wenn die externe Teilung eines Anrechts in die DRV nicht mehr zulässig ist. Danke DRV!

Achtung bei Abtrennung des Versorgungsausgleichs in Versorgungsbezugsfällen

Der Fall: M(63) bezieht als dienstunfähiger Beamter eine Versorgung i.H.v. 3.500 €. F(61) hat einen ehezeitlichen Ausgleichsanspruch i.H.v. 1.200 €. Aus ihrem Anrecht in der DRV hätte M einen Ausgleichsanspruch i.H.v. 500 €.
M ist anwaltlich nicht vertreten. Das Gericht trennt im Einverständnis der Beteiligten den Versorgungsausgleich aus dem Verbund ab. Vier Jahre später beantragt F die Durchführung des Versorgungsausgleichs.
Der Versorgungsträger verlangt von M 48 x 1.200 € = 57.600 € Versorgungsüberzahlung. M stellt daraufhin den Antrag auf Aussetzung der Versorgungskürzung nach § 35 VersAusglG und verlangt die Reduktion der Forderung auf 48 x (1.200 – 500) = 33.600 €.

Der bereits eine Versorgung beziehende vorzeitig pensionierte ausgleichsberechtigte verbeamtete Ehegatte fürchtet die Versorgungskürzung durch den Versorgungsausgleich und empört sich insbesondere darüber, dass er aus der ihm zustehenden Versorgung des anderen Ehegatten – mangels Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen – keine Versorgung beziehen kann. Sowohl Laien, als auch anwaltlich vertretene Beteiligte verfallen daher auf den Gedanken, den Versorgungsausgleich aus dem Verbund abzutrennen und erst darüber entscheiden zu lassen, wenn der andere Ehegatte aus der ihm zustehenden Versorgung Leistungen beziehen kann.

Folge dieses Verhaltens ist, dass die ausgleichspflichtige Person die Versorgung zunächst ungekürzt erhält.

Zweierlei ist dabei jedoch zu beachten:

  1. Wird der Versorgungsausgleich später – bezogen auf das Ehezeitende – durchgeführt, steht dem Versorgungsträger der Beamtenversorgung wegen der dann feststehenden Versorgungsüberzahlungen ein Rückforderungsanspruch gegen den Beamten nach § 52 BeamtVG zu. Die Norm verweist auf die bereicherungsrechtlichen Vorschriften des BGB und lässt die Entreicherungseinrede nicht zu, da die Zuvielzahlung dem Versorgungsbezieher bekannt ist (sonst wäre ja nicht die Abtrennung des Versorgungsausgleichsverfahrens aus dem Verbund beantragt worden).
    Bereicherungsrechtliche Ansprüche unterliegen aber der 3-jährigen Verjährung (§ 197 BGB), die mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist. Da der Anspruch erst mit der Entscheidung über den Versorgungsausgleich entsteht, besteht der bereicherungsrechtliche Anspruch des Versorgungsträgers ggf. über viele Jahre rückwirkend.
    Dem „überzahlten“ Versorgungsbeziehers bleibt dann nur die „mitleidsdogmatisch“ erklärbare Billigkeitseinrede (§ 52 Abs. 2 Satz 3 BeamtVG) und die Hoffnung auf Einsicht und Zustimmung „der obersten Dienstbehörde“ zum vollständigen oder teilweisen Absehen auf Geltendmachung der Rückforderung.
  1. Vergessen wird leider oft, dass der eine Versorgung beziehende Beamte nach § 35 VersAusglG die Aussetzung seiner Versorgungskürzung in der Höhe beantragen kann und muss, soweit er aus der zu seinen Gunsten auszugleichenden Versorgung keine Leistungen beziehen kann. Dieser Antrag sollte in Versorgungsbezugsfällen zur Vermeidung nicht revisibler Nachteile stets bereits mit Einleitung des Scheidungsverfahrens gestellt werden, da er nicht zurückwirkt (OVG Saarlouis v. 16.3.2022 – 1 A 34/21 FamRB 2022, 217 [Hauß]).

Beraterhinweis § 35 VersAusglG ermöglicht die Aussetzung von Versorgungskürzungen nur bei den öffentlich-rechtlichen Grundversorgungen nach § 32 VersAusglG. Im Regelfall will ein verbeamteter Versorgungsbezieher durch Verzögerung der Entscheidung über den Versorgungsausgleich in den Genuss der ungekürzten Versorgung kommen. Das ist nachvollzieh-, aber meist nicht realisierbar, weil irgendwann der andere Ehegatte in Versorgungsbezug geht und dann auf Entscheidung des Versorgungsausgleichs dringen wird.

Dem Interesse des Versorgungsbeziehers kann man dadurch Rechnung tragen, dass eine Verrechnungsvereinbarung auf Renten- oder Kapitalwertbasis zwischen der Beamtenversorgung und der gesetzlichen Rente des anderen Ehegatten geschlossen wird. Im langjährigen Vergleich ist die Dynamik beider Versorgungssysteme nahezu identisch,[1] weshalb eine Verrechnung meist unproblematisch ist.

Kommt es zu keiner saldierenden Vereinbarung, ist der Antrag nach § 35 VersAusglG auf Aussetzung der Versorgungskürzung zu stellen. Das sollte bereits im Scheidungsverfahren geschehen und die Mandantschaft dringend darauf hingewiesen werden. Anderenfalls drohen haftungsrechtliche Konsequenzen für die anwaltliche Vertretung.

Die Verschleppung der Versorgungsausgleichsentscheidung und ihre Abtrennung aus dem Verbund birgt die Gefahr, Unterhaltsansprüche des Versorgungsbeziehers gegen den anderen Ehegatten nach der durch den Versorgungsausgleich bedingten Versorgungskürzung zu verlieren. Während nämlich die Rückforderung der Versorgungsüberzahlung rückwirkend auf das Ehezeitende vom Versorgungsträger geltend gemacht wird, können Unterhaltsansprüche für den Überzahlungszeitraum nicht erhoben werden, wenn in dieser Zeit ein unterhaltsrechtlicher Bedarf – wegen der Überzahlung – nicht gegeben war.

[1] Mit leichten Vorteilen z.G. der gesetzlichen RV, weil diese – jedenfall bei einem Rentenbeginn vor 2040 – geringer besteuert wird (§ 22 EStG) und einen Zuschuss in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Krankenversicherungsbeitrags (derzeit 7,3 %) auch für die Privatversicherung der Beamten zahlt (§ 315 SGB VI).

Aufruf des DIJuF: Kindesunterhalt – Teilrechtsreform jetzt!

Die Ständige Fachkonferenz 3 (SFK 3) „Familienrecht und Beistandschaft, Amtsvormundschaft“ des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht e. V. (DIJuF) begrüßt es, dass laut den Vereinbarungen im Koalitionsvertrag die Modernisierung des Familienrechts vorgesehen ist und eine gute wirtschaftliche Absicherung der Kinder erreicht werden soll. Hierbei handelt es sich um umfangreiche Aufgaben, die Auswirkungen auf viele Lebensbereiche der Menschen haben. Daher ist es selbstverständlich, dass diese Projekte gründliche Vorarbeiten erfordern und Zeit in Anspruch nehmen. Das Ausbleiben der Reformen belastet jedoch die forensische und die beratende Praxis sowie die betroffenen Familien in hohem Maß. Daher bittet die SFK3 die Bundesregierung, einige der in der letzten Legislaturperiode angedachten Gesetzesänderungen aus dem Gesamtpakt herauszulösen und möglichst rasch umzusetzen. So sollte insbesondere jetzt eine Teilrechtsreform zum Kindesunterhalt stattfinden.

Den auch in JAmt 2022, 192 veröffentlichten Aufruf finden Sie hier.

Keine Auskunft bei kindeswohlabträglichen Motiven (OLG Bamberg v. 14.3.2021 – 2 UF 29/22)

Ein Elternteil, der nicht unmittelbar die Obhut über ein Kind ausübt, kann in seinen Möglichkeiten der Informationserlangung zur Entwicklung des Kindes eingeschränkt sein, etwa folgend aus einer großen räumlichen Distanz, die einer engen Umgangstaktung entgegensteht, aber auch aus einer tatsächlichen Kontakteinschränkung bis hin zum Umgangsausschluss. Gleichwohl soll dieser Elternteil grundsätzlich die Möglichkeit haben, sich durch Auskünfte des Obhutselternteils über die Entwicklung des Kindes zu informieren und somit zumindest indirekt am Leben des Kindes teilzuhaben. Zwingende Voraussetzung dieses Auskunftsanspruchs nach § 1686 BGB bzw. § 1686a BGB ist jedoch, dass der Anspruch dem Kindeswohl nicht widerspricht. Mit einem – vor allem für die unmittelbar betroffenen Kinder – sehr tragischen Sachverhalt hat sich das OLG Bamberg in einer aktuellen Entscheidung befasst.

In dem zugrundeliegenden Sachverhalt war der Antragsteller rechtskräftig zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern – auch zu Lasten seiner damals noch minderjährigen, mittlerweile volljährigen dritten Tochter – sowie wegen der Verbreitung, des Erwerbs und Besitzes kinderpornographischer Schriften verurteilt worden. Ihm war u.a. die strafbewehrte Weisung erteilt worden, zu seinen Töchtern – von denen zwei noch minderjährig waren (geb. 2004 und 2007) – sowie seiner geschiedenen Ehefrau keinen Kontakt aufzunehmen. Ein von ihm geltend gemachter Auskunftsanspruch, gerichtet auf die Vorlage aktueller Bilder sowie der Zeugnisse der letzten fünf Jahre seiner Töchter wurde zurückgewiesen. Die von ihm eingelegte Beschwerde blieb erfolglos.

Es ist nach dem Senat bereits zweifelhaft, ob ein berechtigtes Interesse an einer Auskunftserteilung gegeben ist, da das Auskunftsbegehren in den Hintergrund getreten scheint und der Antragsteller mit seinem Begehren vielmehr die Aufhebung bestehender Kontaktverbote und die Rückkehr zur Familie geltend macht. Das Vorliegen eines berechtigten Interesses zum Erhalt der beantragten Auskünfte konnte letztlich dahinstehen. Zur Begründung der Ablehnung eines Auskunftsanspruchs hat der Senat insb. ausgeführt, dass im Rahmen der durchzuführenden Kindeswohlprüfung der Kindeswille besondere Bedeutung habe. Dies gelte unter dem Aspekt der Selbstbestimmung vor allem bei Jugendlichen. Im konkreten Fall hätten sich beide Töchter gegen die Erteilung von Auskünften ausgesprochen. Beide wünschten nicht, dass der Antragsteller Fotos oder sonstige persönliche Informationen von ihnen erhalte, da sie selbst von dessen Taten, d.h. der Fertigung einer kinderpornographischen Bilddatei, betroffen gewesen seien. Auch könnte der Antragsteller anhand der Angaben in den Schulzeugnissen den Schulort erfahren und dort möglicherweise ein Zusammentreffen herbeiführen. Dieser Wille der Töchter sei anhand der familiären Vorgeschichte verständlich und nachvollziehbar. Um das Auskunftsbegehren zu verneinen bedürfe es keiner Kindeswohlgefährdung. Es sei daher letztlich unerheblich, warum und ggf. unter welchem Einfluss der Antragsteller die abgeurteilten Straftaten begangen habe.

Der Auskunftsanspruch, wie er bereits gem. § 1686 BGB für jeden rechtlichen Elternteil existierte, wurde im Jahr 2013 mit § 1686a BGB auch auf die leiblichen, nicht rechtlichen Väter erweitert. Für beide Anspruchsgrundlagen gilt, dass sie dem Antragsteller die Möglichkeit eröffnen, sich über die Kindesentwicklung in angemessener Form in Kenntnis zu setzen, wobei der die Auskunft Begehrende an den eingeforderten Informationen ein berechtigtes Interesse haben muss. Während für § 1686 BGB unerheblich ist, ob sich der Antragsteller längere Zeit nicht um das Kind gekümmert hat, ist für § 1686a BGB ein gezeigtes ernsthaftes Interesse des Vaters an dem Kind zwingende Voraussetzung des Anspruchs.

Das Kindeswohl steht im Mittelpunkt der tatbestandlichen Prüfung beider Normen. Die erteilte Auskunft darf dem Kindeswohl nicht widersprechen, d.h., es darf keine akute Gefahr dahin gehend bestehen, dass die erteilten Informationen missbräuchlich verwendet werden, so dass die Auskunft auch nur verweigert werden kann, wenn keine milderen Mittel zum Schutz des Kindes zur Verfügung stehen. Mit zunehmendem Alter eines Kindes bedarf es besonderer Berücksichtigung, ob zu höchstpersönlichen Angelegenheiten Auskunft begehrt wird, deren Offenlegung etwa bei einem fast volljährigen Jugendlichen nicht mehr in Betracht kommt bzw. das Kind dann auch selbst entscheiden kann, ob es zu ärztlichen Untersuchungen oder seinem politischen Engagement überhaupt zu Auskünften bereit ist.

Unter Berücksichtigung des Kindeswohls als zentraler Tatbestandsvoraussetzung eines Auskunftsanspruchs lässt die Entscheidung des OLG Bamberg keinerlei kritische Anmerkung zu. Ob dies auch mit Blick auf das Unrechtsbewusstsein bzw. die emphatischen Fähigkeiten des Antragstellers im konkret entschiedenen Sachverhalt so bewertet werden kann, erscheint mehr als fraglich.