Beweislastumkehr bei Verletzung der ehevertraglichen Pflicht zur Erstellung und Fortführung eines Vermögensverzeichnisses

Eheverträge, in denen nur bestimmte Vermögensgegenstände (z.B. Betriebsvermögen/Grundstücke) aus der Zugewinngemeinschaft ausgenommen werden, sind häufig. Allerdings bereiten diese Verträge in der Praxis insbesondere für den Ausgleichsberechtigten Schwierigkeiten. So behauptet der Ausgleichsverpflichtete häufig, der von ihm erzielte Zugewinn sei nur deshalb so niedrig, weil er berechtigterweise Aufwendungen (Investitionen/Instandhaltungskosten) auf die Vermögensgegenstände gemacht habe, die aus dem Zugewinn ausgenommen sind. Besonders problematisch ist daran, dass dem ausgleichsberechtigten Ehegatten bzgl. dieser Investitionen nur dann ein Auskunftsanspruch zusteht, wenn er konkrete Anhaltspunkte für den Verdacht vorträgt, dass hier illoyale Vermögensverschiebungen stattgefunden haben (BGH v. 15.8.2012 – XII ZR 80/11, FamRZ 2012, 1785). Solche Anhaltspunkte hat der ausgleichsberechtigte Ehegatte aber mangels entsprechenden Auskunftsanspruchs häufig nicht.  

Zumindest im Rahmen derjenigen Eheverträge, die eine Verpflichtung der Ehegatten vorsehen, ein Vermögensverzeichnis bzgl. derjenigen Vermögensgegenstände, die aus dem Zugewinnausgleich ausgenommen sind, zu erstellen und fortzuführen, bietet sich aber für den Ausgleichsberechtigten möglicherweise ein Ausweg, der dem Ausgleichsverpflichteten regelmäßig äußerst weh tun dürfte. So kann zwar – jedenfalls nach Auffassung des OLG Hamm (OLG Hamm v. 2.8.2018 – V-1 AR 24/17, nicht veröffentlicht) – nach dem Scheitern der Ehe die Vorlage eines solchen Verzeichnisses nicht mehr rückwirkend verlangt werden, die Verletzung der Verpflichtung zur Erstellung und Fortführung eines Vermögensverzeichnisses bzgl. der aus dem Zugewinn ausgenommenen Vermögensgegenstände dürfte aber immerhin zu einer Beweislastumkehr bzgl. der Verwendung der während der Ehe insgesamt erzielten Einnahmen führen. Der ausgleichsberechtigte Ehegatte muss also in solchen Fällen „nur noch“ die während der Ehe insgesamt erzielten Nettoeinnahmen des anderen Ehegatten abzgl. der Lebenshaltungskosten darlegen. Ist der erzielte Zugewinn niedriger als der Differenzbetrag, ist so lange von einer illoyalen Vermögensverfügung auszugehen, wie der ausgleichsberechtigte Ehegatte nicht darlegt und beweist, dass er die „verschwundenen“ Gelder berechtigterweise auf die Vermögensgegenstände aufgewandt hat, die aus dem Zugewinn ausgenommen wurden.  

Fazit: Zumindest in Fällen von Eheverträgen, die eine Verpflichtung zur Erstellung und Fortführung eines Vermögensverzeichnisses bzgl. derjenigen Gegenstände, die aus dem Zugewinnausgleich ausgenommen sind, vorsehen, sollte derjenige Rechtsberater, der den ausgleichsberechtigten Ehegatten vertritt, nicht vorschnell aufgeben, wenn der Mandant keine konkreten Anhaltspunkte für illoyale Vermögensverschiebungen darlegen kann, die über das bloße „Verschwinden“ von Geldern hinausgehen. Zwar besteht auch in diesen Fällen keine umfassende Auskunftsverpflichtung des ausgleichsverpflichteten Ehegatten, immerhin dürfte sich aus der Verletzung dieser Verpflichtung aber eine Beweislastumkehr zugunsten des ausgleichsberechtigten Ehegatten ergeben. Bei der Gestaltung von Eheverträgen bzw. der Prüfung notarieller Entwürfe sollte der voraussichtlich ausgleichsberechtigte Ehegatte darauf achten, dass die Verpflichtung zur Erstellung und Fortführung eines Vermögensverzeichnisses bzgl. derjenigen Gegenstände, die aus dem Zugewinnausgleich ausgenommen werden, in den Vertrag Eingang findet. Der voraussichtlich ausgleichsverpflichtete Ehegatte sollte hingegen möglichst dafür sorgen, dass die Verpflichtung gestrichen wird. Ist dies nicht durchsetzbar, ist er zumindest eindringlich und nachweisbar auf die mögliche Beweislastumkehr hinzuweisen, die sich aus einer Vernachlässigung dieser Verpflichtung ergeben kann.

Die Entzauberung des Zauberworts von der Funktionsäquivalenz oder: Wieviel Schutz brauchen Ehegatten? (zu BGH v. 20.6.2018 – XII ZB 84/17)

In seiner Entscheidung v. 20.6.2018 – XII ZB 84/17 leitsatzt der BGH, die richterliche Ausübungskontrolle von Eheverträgen diene nicht dazu, dem durch den Ehevertrag belasteten Ehegatten zusätzlich entgangene ehebedingte Vorteile zu gewähren und ihn dadurch besser zustellen, als hätte es die Ehe und die mit der ehelichen Rollenverteilung einhergehende Disposition über Art und Umfang seiner Erwerbstätigkeit nicht gegeben. Gleichzeitig hegt der BGH die unter dem Stichwort der Funktionsäquivalenz teilweise heranwachsenden Wünsche ein: Bei modifiziertem Zugewinnausgleich oder vereinbarter Gütertrennung ist auch im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung eine güterrechtliche Kompensation mangelnden Versorgungserwerbs nicht erforderlich, wenn der ehezeitliche Versorgungserwerb in einem dem Versorgungsausgleich unterliegenden primären Versorgungssystem ausreichend ist, dem Versorgungsberechtigten eine selbstständige (Basis-)Absicherung für den Fall von Alter oder Invalidität zu bieten. Für ein über die Halbteilung der berufsständischen Versorgungsanrechte hinausgehendes „Hinübergreifen“ auf das güterrechtliche Ausgleichssystem im Wege richterlicher Ausübungskontrolle bestehe jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der Funktionsäquivalenz kein Raum (Rz. 27).

Die von „Ehevertragsreue“ gekennzeichnete Berufung eines Ehegatten im Scheidungsfall auf versorgungsrechtliche Benachteiligung durch Gütertrennung oder Modifikation der Zugewinnausgleichsgemeinschaft ist mit dieser Entscheidung weitgehend verstellt. Der Ehemann (Arzt) hatte in der Ärzteversorgung in 17-jähriger Ehe eine Versorgung von rund 709 € monatlich aufgebaut und damit einen jährlichen Versorgungserwerb in Höhe von knapp 42 € Monatsrente realisiert. Die Funktion eines primären Altersversorgungssystems sei es, dem Versorgungsberechtigten eine „selbstständige Basis-Absicherung für den Fall von Alter oder Invalidität zu bieten“. Bei einem Versorgungserwerb von 42 € Monatsrente pro Erwerbsjahr sei dieser Zweck erfüllt.

Einen den Ehevertrag durch ergänzende Vertragsauslegung zu korrigierenden ehebedingten Nachteil der Ehefrau vermochte der BGH nicht zu erkennen. Diese hätte, wenn sie ihren Beruf als Produktdesignerin ehezeitlich ausgeübt hätte, 19,32 Entgeltpunkte in der gesetzlichen Rentenversicherung erwerben können, was einem Kapitalwert i.H.v. 110.399,89 € entspräche. Der Kapitalwert des Ausgleichswerts der Ärzteversorgung habe 66.297 € betragen. Die Differenz zum fiktiven eigenen Versorgungserwerb der Ehefrau werde durch den ehevertraglich modifizierten Zugewinnausgleich (Teilhabe an zwei Kapitallebensversicherungen des Ehemannes) ausgeglichen.

Die Entscheidung macht deutlich: Wer einen Ehevertrag schließt, kann auch bei längerer Ehe nicht davon träumen, dessen Regelungen so einfach auszuhebeln. Die Ehe ist ein privatrechtliches Versprechen zweier Personen, dessen Bedingungen weitgehend privatautonom gestaltet werden können und dessen Folgewirkungen durch die Rechtsordnung nur öffentlich-rechtlich determiniert sind. Der staatlich zu garantierende Schutz des „schwächeren“ Ehegatten beschränkt sich auf den Ausgleich ehebedingter Nachteile, nicht aber auf die Teilhabe an ehebedingten Vorteilen, wenn die Ehegatten diesen Vorteilserwerb abbedungen haben. Dies entspricht einem modernen Eheverständnis, das der Privatautonomie den notwendigen Atmungsraum gewährt und diesen nur dann begrenzt, wenn ehebedingte Nachteile planwidrig nicht kompensiert werden, was Kompensationsfähigkeit voraussetzt.

Die Ehe ist im 21. Jahrhundert keine Institution zu Versorgungssicherung oder Vermögensmehrung. Sie ist eine freiwillig begründete Lebens- und Austauschgemeinschaft volljähriger gleichberechtigter Menschen, die des gesetzlichen Schutzes nur in Ausnahmefällen bedürfen.