Kaffeerunden-Splitter – Versorgungs- und Teilungsordnung sind wichtig

Am 1. und 3. Mittwoch im Monat findet seit zwei Jahren in der Zeit von 14:00 bis 15:00 Uhr die „Kaffeerunde Versorgungsausgleich“, eine virtuelle Diskussion zwischen Anwalt- und Richterschaft, Versicherungsmathematiker:innen, Rentenberater:innen und Versorgungsausgleichsspezialist:innen einiger Versicherungskonzerne statt. Die Veranstaltung wird von FAFamR Jörn Hauß und VorsRiOLG a.D. Werner Schwamb moderiert. Die Teilnahme steht jeder interessierten Person frei und ist kostenlos. Jede:r kann sich mit Fragen und Anregungen an die Kaffeerunde wenden und in den Verteiler aufgenommen werden. Wie in jeder Kaffeerunde können Fragen zum Versorgungsausgleich auch während der Runde gestellt werden, sinnvoller ist es jedoch, sie zuvor an Jörn Hauß per Mail zu richten: Hauss@Anwaelte-DU.de.

Der FamRB wird praktisch wichtige „Ergebnisse“ der Diskussion aus der Kaffeerunde von Zeit zu Zeit auch in seinem Blog vorstellen.

Der Versorgungsausgleich ist zumeist der werthaltigste Teil einer Scheidung. Allerdings ist er oft auch der Fernliegendste. Unterhalt und Zugewinnausgleichszahlungen belasten dagegen sofort. Deshalb ist es menschlich verständlich, dass sich die scheidungsbereiten Ehegatten und die Anwaltschaft mit dem „Kleingeduckten“ der auszugleichenden Versorgungen, den Versorgungs- und Teilungsordnungen nicht oder nur ungern beschäftigen.

Vorbildlich also, dass eine Kollegin bei einer zugunsten ihrer Mandantin zu teilenden Versorgung rügte, dass nach der Teilungsordnung die Versorgung aus dem Ausgleichswert zum Rechtskraftzeitpunkt zu den „aktuellen Versicherungsbedingungen“ begründet werden sollte. Ebenso aufmerksam, dass sie die Teilhabe ihrer Mandantin an der Wertenwicklung des ehezeitlich erworbenen Fondsvermögens zwischen Ehezeitende und Rechtskraft geltend machte. Der Ausgleich dieser Versorgung war Gegenstand der Entscheidung des OLG Frankfurt v. 21.11.2023 (OLG Frankfurt v. 21.11.2023 – 6 UF 222/22, FamRB 2024, 143 [Breuers]) und diese nun wiederum der „Kaffeerunde Versorgungsausgleich“ am 21.2.2024 .

Der ernüchternde Ausgang des Verfahrens war bei genauem Hinsehen dem Typ der auszugleichenden Versorgung geschuldet: Der Versicherungsnehmer konnte aus eine ellenlangen Liste von Fonds beim Versorgungsträger ein Versorgungsvermögen ansammeln, beliebige Entnahmen und Neuanlagen während der Laufzeit tätigen, seine gewählten Fonds austauschen und Anteile daran beliebig verändern. Es handelt sich also um ein Eigenmanagement eines reinen Fonds-Vorsorgevermögens. Der Versorgungsträger eröffnete der versicherten Person die Möglichkeit, aus dem so angesammelten Versorgungsvermögen zum selbst gewählten Renteneintritt eine Kapitalauszahlung oder zu den dann maßgeblichen Berechnungsparametern eine lebenslange Rentenauszahlung zu wählen. Das ehezeitlich aufgebaute Vorsorgevermögen wurde aus der Differenz von eheanfänglich und eheendzeitlich vorhandenem Vorsorgevermögen und daraus die Ausgleichswert-Quote gebildet. Mit dieser wurde nach der Teilungsordnung das bei Rechtskraft vorhandene Versorgungsvermögen multipliziert und so der „aktualisierte“ Ausgleichswert der ausgleichsberechtigten Person gutgeschrieben, die sich ihr Vorsorgevermögen aus einer Liste von rd. 80 angebotenen Fonds selbst zusammenstellen konnte.

Die Verzinsung des Ausgleichswerts zwischen Ehezeitende und Rechtskraft war daher nicht anzuordnen, weil die Wertteilhabe am Vorsorgevermögen in dieser Zeit durch die Kursentwicklung der Fonds sichergestellt ist. Und auch die Anordnung, bei der Berechnung der später zu zahlenden Versorgung an die ausgleichsberechtigte Person die vertraglich festgelegten Berechnungsparameter der ausgleichspflichtigen Person anzuwenden, war obsolet, weil die bei Renteneintritt maßgeblichen Berechnungsparameter für die Begründung der Rentenhöhe maßgeblich sein sollten und damit der Tarifwechsel bzw. die Tarifaktualisierung schon der Quellversorgung beigegeben war.

Die ausführlich und gut begründete Entscheidung des OLG Frankfurt wäre entbehrlich gewesen, hätte der Versorgungsträger die der Versorgung zugrundeliegende Versicherungspolice mitübersandt. Ein bisschen schade wäre das aber auch gewesen, weil wir dann die interessante Entscheidung des OLG mit vielerlei Erkenntnissen über die Vielfältigkeit der Versorgungslandschaft nicht hätten diskutieren können (müssen).

Eine Frage blieb aber in der Entscheidung und der Kaffeerunde offen: Wenn der Versicherungsnehmer in der Zeit zwischen Ehezeitende und Rechtskraft der Entscheidung die Zusammenstellung des Fonds verändert und dadurch Gewinne oder Verluste generiert werden, partizipiert der ausgleichsberechtigte Ehegatte daran, obwohl es sich um ein nachehezeitliches Ereignis handelt? Diskutieren Sie gern mit!

Beraterhinweis

Beim Ausgleich hochwertiger Versorgungen sollte niemand ohne Einsichtnahme in die Versorgungs- und Teilungsordnung den Versorgungsausgleich „passieren lassen“. Es ist fahrlässig, sich auf die Prüfungspflicht des Gerichts zu verlassen. Das Gericht haftet nicht für Schäden, wohl aber die Anwaltschaft.

Eine „Beanstandungsliste“ von über 300 Teilungsordnungen finden Sie hier im Blog unter https://blog.otto-schmidt.de/famrb/2023/06/20/das-gestaendnis-warum-anwalt-und-richterschaft-bei-teilungsordnungen-genau-hinschauen-sollte/.

Kaffeerunden-Splitter – Versorgungsausgleichsgewinne mit Teilrente realisieren

Am 1. und 3. Mittwoch im Monat findet seit zwei Jahren in der Zeit von 14:00 bis 15:00 Uhr die „Kaffeerunde Versorgungsausgleich“ statt, eine virtuelle Diskussion zwischen Anwalt- und Richterschaft, Versicherungsmathematiker:innen, Rentenberater:innen und Versorgungsausgleichsspezialist:innen einiger Versicherungskonzerne statt. Die Veranstaltung wird von FAFamR Jörn Hauß und VorsRiOLG a.D. Werner Schwamb moderiert. Die Teilnahme steht jeder interessierten Person frei und ist kostenlos. Jede:jeder kann sich mit Fragen und Anregungen an die Kaffeerunde wenden und in den Verteiler aufgenommen werden. Wie in jeder Kaffeerunde können Fragen zum Versorgungsausgleich auch während der Runde gestellt werden, sinnvoller ist es jedoch, sie zuvor an Jörn Hauß per Mail zu richten: Hauss@Anwaelte-DU.de.

Der FamRB wird praktisch wichtige „Ergebnisse“ der Diskussion aus der Kaffeerunde von Zeit zu Zeit auch in seinem Blog vorstellen.

Die externe Teilung von Anrechten der betrieblichen und privaten Altersvorsorge oder die Abfindung schuldrechtlicher Ausgleichsansprüche führt oftmals zu erheblichen Versorgungsgewinnen, wenn der Ausgleichswert mit einem Rechnungszins unter 3 % berechnet wurde und die Versorgung in der gesetzlichen Rentenversicherung (DRV) begründet werden kann. Derzeit betragen die Versorgungsgewinne ca. 70 % für eine 50-jährige ausgleichsberechtigte Person.

Scheitert die Versorgungsbegründung daran, dass die ausgleichsberechtigte Person bereits eine Vollrente wegen Alters bezieht und sie die Regelaltersgrenze bereits überschritten hat (§ 187 SGB VI) kann jedoch zu ihren Gunsten eine Versorgung durch Beitragszahlung nicht mehr begründet werden.

Zwar vermindert sich der Vorteil ab Renteneintritt der ausgleichsberechtigten Person kontinuierlich, aber auch im Alter von 70 Jahren beträgt er noch rund 15 %.

Wie bekommt man also den Ausgleichswert einer externen Teilung oder den Abfindungsbetrag eines schuldrechtlich auszugleichenden Anrechts (§§ 23, 24 VersAusglG) trotz Altersrentenbezug und Erreichen der Regelaltersgrenze in die DRV?

Ganz einfach: Die ausgleichsberechtigte Person wechselt zuvor von der Voll- in die Teilrente und beantragt beim Versorgungsträger eine Teilrente in Höhe von 99,99 % der Vollrente. Das öffnet das Tor der DRV für den Beitrag oder die Abfindungszahlung. Der Versorgungsverlust von 0,01 % dürfte dabei verschmerzbar sein. Wer es nicht glaubt, lese im Rechtsportal der DRV nach: https:/rvrecht.deutsche-rentenversicherung.de unter Gemeinsame Rechtliche Anweisungen (GRA) zu § 42 SGB VI Ziff. 2.2. unter Verweis auf AGVR 4/2022, TOP 4:

„Versicherte können die Höhe der Teilrente in beliebigen Prozentschritten mit zwei Dezimalstellen (Nachkommastellen) wählen. Die Teilrente muss allerdings mindestens 10,00 Prozent der Vollrente betragen (§ 42 Abs. 1 SGB VI). Sie kann höchstens in Höhe von 99,99 Prozent in Anspruch genommen werden.“

Wer also ausgleichsberechtigte Personen in Abänderungsverfahren (§ 51 VersAusglG) oder über die Abfindung schuldrechtlich auszugleichender Versorgungen (§§ 23, 24 VersAusglG) berät, sollte tunlichst prüfen, ob bei externer Teilung oder Abfindung die gesetzliche Rentenversicherung als Transfergewinne bescherende Zielversorgung in Betracht kommt. Selbst für den betagten Vollrentner ist der vorherige Wechsel zur Teilrente i.H.v. 99,9 % meist noch günstig. Wird der Abfindungs- oder Ausgleichswert mit einem Rechnungszins von unter 2,3 % berechnet, ist es selbst für eine 73 Jahre alte Person meist noch günstiger auf 0,01 % der Vollrente zu verzichten und den externen Ausgleich oder die Abfindung in die gesetzliche Rentenversicherung zu steuern. Beim 68 Jahre alten Vollrentenbezieher wird noch bei einem Rechnungszins von 3,5 % ein deutlicher Transfergewinn erzielt.

Bei werthaltigen Anrechten helfen Versicherungsmathematikerinnen, Rentenberater, aber auch die auf den Versorgungsausgleich spezialisierte Anwaltschaft konkret weiter.