Es dürfte allgemein bekannt sein, dass in den USA ein Verfahren praktiziert wird, das hierzulande regelmäßig auf wenig Gegenliebe stößt. Die sog. „discovery“ (Entdeckung, Ermittlung). Über dieses Verfahren kann eine potentielle Streitpartei von der potentiellen Gegenpartei schon vor dem eigentlichen Prozess die Herausgabe von Dokumenten u. a. verlangen. Dabei besteht in den USA auch die Möglichkeit, dass dort entsprechende Ersuchen bearbeitet werden, die aus dem Ausland kommen.
Die entscheidende Frage war nun, ob auch Schiedsgerichte die Voraussetzungen der einschlägigen Vorschrift erfüllen, ob also ein Schiedsgericht ein entsprechendes Ersuchen stellen kann. Der Oberste Gerichtshof der USA hat die Frage einstimmig entschieden, d. h. mit 9 : 0 Stimmen: Nein! Der einschlägige Wortlaut der Vorschrift lautete u. a. wie folgt: Discovery ist zulässig „for use in a proceeding in a foreign or international tribunal“; also in etwa: für den Gebrauch in einem Verfahren vor einem ausländischen oder internationalen Gericht. Letztlich ist damit klar, dass Schiedsgerichte nicht als solche Gerichte angesehen werden können, zumal das Wort „arbitration“ an keiner Stelle in der Vorschrift enthalten ist.
Die Entscheidung hat die von Donald Trump vorgeschlagene jüngere Richter Amy Coney Barrett verfasst. Man kann an dieser Entscheidung jedoch sehen, dass die politische Orientierung der Richter, anders als in anderen Fällen, hier keine Rolle gespielt hat. Sie argumentiert sorgfältig unter Heranziehung von Wörterbüchern zum Wortlaut der Vorschrift und unterbreitet anschließend auch noch darüber hinaus gehende Sachargumente.
Für die Attraktivität von Schiedsgerichtsverfahren ist diese Entscheidung allerdings eher nachteilig. Aber wenigstens wurde die Frage nunmehr verbindlich geklärt, was angesichts divergierender Entscheidungen von Berufungsgerichten in den USA dringend erforderlich war.