KG: Erledigungserklärung in zweiter Instanz nebst Kostenentscheidung

Das KG (Beschl. v. 28.3.2025 – 2 W 9/25) hatte über die Kostentragung trotz Obsiegens im Falle einer „verspäteten“ Erledigungserklärung zu entscheiden.

Dem lag folgender Sacherhalt zugrunde: Die Gläubigerin brachte gegen die Schuldnerin vor dem LG einen Antrag auf Festsetzung eines Zwangsgeldes ein (§ 888 ZPO). Nach Zustellung des Antrages wurde der vollstreckte Anspruch durch die Übersendung der gewünschten Unterlagen erfüllt. Dies teilte die Schuldnerin dem Gericht mit. Die Schuldnerin hatte allerdings die Unterlagen bereits früher an ihren Rechtanwalt geschickt. Dort waren sie aber versehentlich zunächst liegen geblieben und wurden erst nach Zustellung des Zwangsgeldantrages an die Gläubigerin weitergeleitet.

Daraufhin reagierte die Gläubigerin zunächst nicht mehr, auch nicht auf die Nachfragen des LG. Das LG wies sodann den Antrag zurück und legte die Kosten des Verfahrens der Gläubigerin auf. Diese legte gegen den entsprechenden Beschluss sofortige Beschwerde ein und erklärte das Zwangsgeldverfahren für erledigt, die Schuldnerin widersprach.

Da die Schuldnerin nicht zugestimmt hatte, lag hier eine einseitige Erledigungserklärung vor, die auch im Zwangsgeldverfahren zulässig ist. Ein solcher Antrag kann auch noch in der Beschwerdeinstanz angebracht werden. Da die Schuldnerin den Anspruch verspätet erfüllt hatte, ist das Verfahren tatsächlich erledigt worden. Entscheidend für die Erfüllung ist der Eingang der Unterlagen bei der Gläubigerin, nicht der Eingang derselben bei dem Anwalt der Schuldnerin. Unerheblich ist auch, dass die Gläubigerin in der Beschwerdeinstanz mit neuem Vortrag aufwartete. Ein solcher ist im Beschwerdeverfahren zulässig (§ 571 Abs. 2 S. 1 ZPO).

Die Kostenentscheidung (§ 891 S. 3, § 91, § 97 ZPO) geht allerdings teilweise zu Lasten der Gläubigerin. Die Kosten der ersten Instanz hat die Schuldnerin zu tragen, da sie verspätet erfüllt hatte. Allerdings wurden die Kosten des Beschwerdeverfahrens der Gläubigerin auferlegt, da sie die Erledigung erst in der Beschwerdeinstanz erklärt hatte (§ 97 Abs. 2 ZPO) und dieser Erklärung ohne weiteres bei gewissenhafter Prozessführung auch vorher hätte abgeben können.

Fazit: Auch wenn im Beschwerdeverfahren noch einiges nachgeholt werden kann, sollte die Kostenfolge des § 97 Abs. 2 ZPO nicht übersehen werden. Nachlässige Prozessführung darf zudem nicht belohnt werden.

OLG Frankfurt a. M.: Unzulässige Beschwerde gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss

Das OLG Frankfurt/M. (Beschl. v. 2.4.2025 – 30 W 28/25) hat sich mit der Frage des Verhältnisses zwischen einem Rechtsmittel gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss und einer Nachfestsetzung befasst.

Nach der Kostengrundentscheidung des LG hatten die Kläger ¼ und die Beklagte ¾ der Kosten des Rechtsstreites zu tragen. Die Beklagte meldete Ihre Kosten an. Die Kläger reagierten trotz Aufforderung durch den Rechtspfleger (§ 106 Abs. 2 ZPO) nicht. Daraufhin erging ein Kostenfestsetzungsbeschluss zu Gunsten der Beklagten. Die Kläger legten gegen diesen Beschluss sofortige Beschwerde ein und rügten, dass ihre Kosten nicht berücksichtigt worden seien.

Das OLG verwarf die sofortige Beschwerde mangels Rechtsschutzbedürfnis als unzulässig. Der Antragsgrundsatz (§ 308 Abs. 1 ZPO) gilt auch im Kostenfestsetzungsverfahren. Da die Kläger sich nicht geäußert hatten, erschöpfte der erlassene Beschluss den seinerzeitigen Antrag. In derartigen Fällen verursacht eine sofortige Beschwerde die besonderen Kosten eines Rechtsmittels (Anwaltsgebühren nach Nr. 3500 VV RVG), wohingegen die Nachliquidation kostenfrei ist. Zwar wären die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gemäß § 97 Abs. 2 ZPO ohnehin den Klägern aufzuerlegen gewesen; jedoch ergibt sich daraus wiederum, dass der Weg der Nachfestsetzung für die Kläger der günstigere Weg ist, ihr Ziel zu erreichen. Damit vermeiden die Kläger die Kosten für das Rechtsmittelverfahren. Demzufolge ist die sofortige Beschwerde mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig, zumal die Kläger jederzeit aufrechnen könnten.

Fazit: Um derartige Probleme zu vermeiden, empfiehlt es sich regelmäßig, auf eine Aufforderung des Rechtspflegers, die eigenen Kosten zur Festsetzung anzumelden, rechtzeitig zu reagieren. Dann können im Kostenfestsetzungsbeschluss sogleich alle Kosten berücksichtigt werden.

OLG Frankfurt a. M.: Feststellung der Parteifähigkeit

Das OLG Frankfurt a. M. unterbreitete in seinem Beschl. v. 11.3.2025 – 9 U 54/24 einige interessante Ausführungen zur Prüfung der Parteifähigkeit, auch in der Berufungsinstanz.

Es ging um die Frage, ob eine angebliche Ltd. aus dem Vereinigten Königreich existiert oder nicht. In einem solchen Fall muss das Gericht gemäß § 56 Abs. 1 ZPO von Amts wegen die Existenz der Partei prüfen. Dabei sind alle in Frage kommenden Beweise zu erheben. Es gilt allerdings der Grundsatz des Freibeweises. Erst wenn nach der Berücksichtigung aller Umstände Zweifel an der Existenz der Partei verbleiben, ist davon auszugehen, dass die Parteifähigkeit fehlt. Dabei darf die Parteifähigkeit nicht als doppelrelevante Tatsache im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung offengelassen werden. Die Parteifähigkeit ist eine Sachurteilsvoraussetzung, ohne die kein Urteil ergehen darf.

Da die Parteifähigkeit in jeder Instanz zu prüfen ist, ist das Berufungsgericht nicht an die Feststellung der Eingangsinstanz gebunden. Die §§ 529, 531 ZPO sind daher darauf gleichfalls nicht anwendbar.

In dem Vereinigten Königreich gibt es keine dem hiesigen Handelsregister vergleichbare Einrichtung. Die Existenz einer Ltd. kann wie folgt nachgewiesen werden: Vorlage der „articles of association“, Legitimationsbeschluss über die Bestellung des „director“, Bescheinigung eines „notary public“ oder des „Companies House“.

KG: Beschwerde im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens

In einem der letzten Beiträge wurde auf eine Entscheidung des KG (Beschl. v. 2.1.2025 – 2 W 18/24) hingewiesen, wonach die Zurückweisung von Anträgen auf Ablehnung eines „Obergutachtens“ sowie auf eine ergänzende Begutachtung durch einen bereits bestellten Sachverständigen nicht beschwerdefähig sind.

Nunmehr hat ein anderer Senat des KG (Beschl. v. 10.3.2025 – 21 W 5/25) diese Entscheidung ergänzt und ausdrücklich und gleichfalls mit langer und sorgfältiger Begründung entschieden, dass die Zurückweisung von Ergänzungsfragen zu einem im selbstständigen Beweisverfahren eingeholten schriftlichen Sachverständigengutachten nicht mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar ist.

Da es an einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung nach § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO fehlt, könnte eine Beschwerde nur nach § 567 Abs. 1 Nr. 2 zulässig sein. Wenn eine Partei im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens beantragt, Ergänzungs- oder Gegenfragen durch eine ergänzende schriftliche Begutachtung zu klären, ist dies kein „Gesuch“ i. S. d. § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO. Unter einem Gesuch ist lediglich ein förmlicher Antrag zu verstehen. Denn über diese Punkte hat das Gericht zur Not gemäß den § 492 Abs. 1, § 411 Abs. 3 nach pflichtgemäßem Ermessen von Amts wegen zu befinden. Im Übrigen gehen die Möglichkeiten der Parteien im selbständigen Beweisverfahren nicht weiter als im ordentlichen Verfahren. Aber auch im „normalen“ Zivilprozess ist gegen die Ablehnung von ergänzenden Fragen kein Rechtsmittel gegeben. Hinzu kommt, dass im selbständigen Beweisverfahren keine Würdigung der Beweise stattfindet und deswegen Entscheidungen nach den § 411 Abs. 3 und § 412 ZPO nicht erfolgen können.

Im konkreten Fall kam der Antrag von einem Streitverkündeten. Dies ändert jedoch nichts, da ein Streitverkündeter nicht mehr Rechte hat als die Partei selbst (§ 67 ZPO). Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren (nur für die Anwaltskosten, da für das Gericht eine Festgebühr entsteht) wurde pauschal auf 25 % der Hauptsache geschätzt. Das KG hat die Kosten der erfolglosen Beschwerde dem Beschwerdeführer auferlegt (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Die Parteien sind insoweit nicht rechtlos gestellt. Wenn es zu einem streitigen Verfahren kommt, muss gegebenenfalls das Prozessgericht den gestellten Anträgen nachgehen. Gegen dessen (Hauptsache)Entscheidung ist dann ein Rechtsmittel gegeben. Das Unterlassen weiterer Aufklärung kann sodann gegebenenfalls mit einer Verfahrensrüge angegangen werden.

Im Übrigen erscheint noch Folgendes möglich: Es kann die Anhörung des Sachverständigen beantragt werden. Einen solchen Antrag darf das Gericht kaum ablehnen. In diesem Rahmen könnten dann dem Sachverständigen die notwendigen Fragen gestellt werden.

BGH: Kostenaufbringung der Bundesagentur für Arbeit im Rahmen der PKH

In einer in der „Insolvenzverwalterszene“ durchaus mit Spannung erwarteten Entscheidung hat der BGH (Beschl. v. 13.2.2025 – IX ZB 27/24) an seiner Auffassung, der Bundesagentur für Arbeit sei es nicht zumutbar, die Kosten für eine Prozessführung des Insolvenzverwalters aufzubringen (§ 116 S. 1 Nr. 1 ZPO), wenn sie aufgrund von auf sie übergegangenen Ansprüche einzelner Arbeitnehmer am Insolvenzverfahren beteiligt ist, festgehalten. Bezüglich dieser Frage hatte es in letzter Zeit ablehnende Entscheidungen verschiedener OLG gegeben.

Das Beschwerdegericht hatte die von dem Insolvenzverwalter beantragte Prozesskostenhilfe abgelehnt, und zwar mit der Begründung, die Bundesanstalt für Arbeit sei wegen der genannten Ansprüche gemäß § 116 S. 1. Nr. 1 ZPO wirtschaftlich beteiligt und habe einen Kostenbeitrag zu leisten, da sie bei einem Erfolg des Prozesses das 3,2-Fache der aufzuwendenden Kosten aus der Masse zurückerhalten werde. Der letzteren Erwägung tritt der BGH durchaus bei. Der BGH betont jedoch im Gegensatz zum Beschwerdegericht: Die betroffenen Arbeitnehmer selbst können als Kleingläubiger nicht zu den Prozesskosten herangezogen werden. Insofern wäre es widersprüchlich, die Bundesanstalt heranzuziehen, die durch die Insolvenz ohnehin maßgeblich belastet wird. Eine Einsatzpflicht von Mitteln der Bundesanstalt hätte im Übrigen zur Folge, dass dieser an sich zweckgebundene Mittel für andere Zwecke entzogen würden.

Interessant war noch ein Nebenaspekt der Entscheidung: Der BGH hat weiterhin entschieden, dass die schlichte Möglichkeit, ein Erfolgshonorar zu vereinbaren, der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für einen Insolvenzverwalter nicht entgegensteht.

Diese Entscheidung kommt den Bedürfnissen der Insolvenzverwalter entgegen.

KG: Beschwerde im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens

In einem selbständigen Beweisverfahren hatte das LG einen Antrag der Antragsgegnerinnen und Streithelferinnen auf Einholung eines „Obergutachtens“ sowie auf ergänzende Begutachtung durch den bereits bestellten Sachverständigen zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss wurde von den Betroffenen sofortige Beschwerde eingelegt.

Das KG (Beschl. v. 2.1.2025 – 2 W 18/24) verwarf die sofortigen Beschwerden als unzulässig. Eine gesetzliche Zulassung der sofortigen Beschwerden gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist nicht gegeben. Die gestellten Anträge sind solche nach den §§ 492 Abs. 1, 412 ZPO. Es ist in diesen Vorschriften keine Zulassung einer sofortigen Beschwerde gegen einen entsprechenden ablehnenden Beschluss ausgesprochen worden.

Nach § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO (Ablehnung eines das Verfahren betreffenden Gesuchs) ist eine sofortige Beschwerde auch nicht möglich. Der Rechtsschutz im selbständigen Beweisverfahren kann nicht weitergehen als im Hauptsacheverfahren. Hier kann die Unterlassung einer weiteren Begutachtung jedoch nur im Rechtsmittelverfahren gegen die Hauptsache gerügt werden. Eine Pflicht zur Einholung eines „Obergutachtens“ oder zur erneuten Begutachtung besteht im Übrigen auch nur ausnahmsweise und setzt, wie es sich aus den §§ 412, 411 Abs. 3, 144 ZPO ergibt, eine Würdigung der bisher erhobenen Beweise voraus. Eine solche Würdigung findet jedoch im selbständigen Beweisverfahren noch gar nicht statt.

Die hier entschiedene Frage war früher streitig, wurde aber vom BGH bereits in dieser Art und Weise entschieden (BGH, Beschl. v. 9.2.2010 – VI ZB 59/09, MDR 2010, 767). Das KG ruft dies in Erinnerung und bestätigt diese Entscheidung: Anträge nach § 412 ZPO, denen das Gericht nicht nachgeht, können daher erst im anschließenden Hauptsacheverfahren (so es überhaupt dazu kommt!) einer weiteren Sachbehandlung zugeführt werden. Allerdings gilt auch hier: Eine sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung eines Antrages nach § 412 ZPO ist nicht gegeben. Die Nichteinholung kann nur in einem Rechtsmittelverfahren im Rahmen der Hauptsacheentscheidung gerügt werden.

BGH: Zulässigkeit und Prüfungsumfang bei Rechtsmitteln

Nicht nur die unteren Instanzen werden beständig mit mehr oder weniger nicht zielführenden Eingaben beschäftigt, manche davon erreichen auch den BGH. Im hier zu berichtenden Fall führte ein solcher Fall sogar zu zwei Entscheidungen des BGH (Beschl. v. 13.3.2024 und 4.12.2024 – II ZB 17/23)!

Das LG hatte einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Die von dem Antragsteller gegen den Beschluss eingelegte sofortige Beschwerde wurde von dem OLG zurückgewiesen. Die Rechtsbeschwerde wurde von dem OLG nicht zugelassen, jedoch vom Antragsteller gleichwohl eingelegt.

Der BGH verwarf zunächst die Rechtsbeschwerde als unzulässig. Der Beschluss des OLG ist unanfechtbar (§ 577 Abs. 1 S. 2, § 574 Abs. 1 S. 1, § 127 Abs. 2 ZPO). Die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde ist gleichfalls unanfechtbar, da es im Beschwerdeverfahren an einer dem § 544 ZPO (Nichtzulassungsbeschwerde) entsprechenden Vorschrift fehlt. Der Gesetzgeber hatte von einer solchen Möglichkeit im Beschwerdeverfahren bewusst abgesehen. Die Zulassung einer außerordentlichen Beschwerde ist verfassungsrechtlich nicht geboten. Der Antragsteller muss den Beschluss des OLG mithin hinnehmen.

Die Konsequenz dieser Entscheidung war: Der Kostenbeamte des BGH musste dem Antragsteller eine Festgebühr in Höhe von 132 € in Rechnung stellen (GKG Anlage 1 Nr. 1826), und zwar ohne Rücksicht darauf, dass der vorstehend geschilderte Beschluss keine Kostenentscheidung erhielt. Die erwähnte Gebühr entsteht kraft Gesetzes (§ 22 Abs. 1 S. 1 GKG). Zwar ist das Verfahren für die Beantragung von Prozesskostenhilfe, einschließlich des diesbezüglichen Beschwerdeverfahrens, grundsätzlich kostenfrei; dies gilt jedoch nicht für eine unzulässige Rechtsbeschwerde. Gegen die Kostenanforderung legte der Antragssteller Erinnerung ein und verwies darauf, dass die vorherige Entscheidung unrichtig sei.

Damit konnte er keinen Erfolg haben. Die Erinnerung ist allerdings gemäß § 66 Abs. 1 GKG zulässig. Auch bei dem BGH ist der Einzelrichter zur Entscheidung berufen. Die Erinnerung ist jedoch unbegründet. Im Rahmen eines Erinnerungsverfahrens können nur noch die Entscheidungen im Kostenansatzverfahren auf ihre Richtigkeit geprüft werden. Eine erneute Überprüfung der Richtigkeit der Entscheidung, auf der die Kostenrechnung beruht, ist nicht möglich. Die Erinnerung wurde daher zurückgewiesen. Diese Entscheidung erging zum Glück für den Antragsteller kostenfrei und auch ohne Kostenerstattungspflicht (§ 66 Abs. 8 ZPO).

Fazit: Beim Einlegen unzulässiger Rechtsmittel muss stets an die Kostenkonsequenz gedacht werden. Dies muss der Rechtsanwalt gegenüber dem Mandanten immer deutlich kommunizieren. Hier ging es nur um eine recht niedrige Festgebühr. Wenn sich jedoch die Gebühren nach dem Streitwert richten, können sehr unliebsame Überraschungen drohen!

BAG: Notwendige Verkündung eines Urteils

Leider ereignen sich in der hektischen Alltagspraxis in den Tatsacheninstanzen immer wieder Versäumnisse, die Zeit und Geld kosten und eigentlich vermieden werden sollten. Im hier zu berichtenden Fall erließ das ArbG nach mündlicher Verhandlung in einem Verkündungstermin ein Teilurteil. Dieses Urteil wurde auch schriftlich verfasst und war von allen Richtern unterzeichnet. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hatte darauf einen Verkündungsvermerk angebracht. Weiterhin wurde das Urteil aufgrund einer Verfügung der Urkundsbeamtin an die Parteien zugestellt. Ein Verkündungsprotokoll existierte allerdings nicht.

Die Beklagte legte gegen das Urteil Berufung ein, die vom LAG zurückgewiesen wurde. Auf die Revision der Beklagten wurde der Rechtsstreit an das Arbeitsgericht zurückverwiesen!

Das BAG (Beschl. v. 24.10.2024 – 3 AZR 260/23) sieht hier einen nicht mehr behebbaren Verfahrensfehler, da es an einer Verkündung des erstinstanzlichen Urteils fehlte. Damit ist die erste Instanz noch nicht abgeschlossen. Das Urteil war nur ein Urteilsentwurf. Folglich war auch nichts in der zweiten Instanz angefallen und das LAG hätte das Scheinurteil, wogegen eine Berufung zweifellos zulässig ist, aufheben und die Sache an das ArbG zurückverweisen müssen. Dies hat das BAG nunmehr nachgeholt.

Im Einzelnen gilt: Ein Urteil muss in öffentlicher Sitzung verkündet werden (§§ 60, 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG, 311 Abs. 2 S. 1 ZPO, 173 Abs. 1 GVG). Erst dadurch wird das Urteil existent. Davor liegt nur ein Entwurf vor. Der Nachweis der Förmlichkeit kann nur durch das Protokoll bewiesen werden (§ 165 S. 1 ZPO). Allerdings führen Verkündungsmängel nur dann zur Unwirksamkeit des Urteils, wenn gegen elementare Formerfordernisse verstoßen wurde. Dabei muss allerdings die Verlautbarung vom Gericht wenigstens beabsichtigt worden sein. Ausreichend ist es, wenn beispielsweise der Vorsitzende die Zustellung an die Parteien verfügt, da damit der Wille, die Entscheidung zu erlassen, klar zu Tage getreten ist. Daran fehlte es vorliegend jedoch gleichfalls: Die Zustellung des Urteils wurde von der Urkundsbeamtin verfügt, diese kann den Vorsitzenden diesbezüglich nicht ersetzen, da sie das Urteil nicht verfasst hat.

Die Parteien waren durch diese Entscheidung überrascht worden, da sie diese Umstände nicht gerügt haben. Dies ist jedoch unerheblich, da derartige Mängel von Amts wegen zu beachten sind. In einer solchen Fallkonstellation steht auch § 68 ArbGG der Zurückverweisung an das ArbG nicht entgegen. Die Gerichtskosten für das Revisionsverfahren wurden gemäß § 21 Abs. 1 S. 1 GKG nicht erhoben. Die Kosten für die Berufungsinstanz darf die Revisionsinstanz nicht niederschlagen.

Fazit: Für die Gerichte ist es im Regelfall unerlässlich, ein Verkündungsprotokoll anzufertigen. Dies gilt auch und gerade nach der Einführung der elektronischen Akte. Natürlich darf auch die Signatur nicht vergessen werden! In diesem Zusammenhang können sich kleinere Versäumnisse durch überlastete Richter leider bitter rächen.

OLG Frankfurt a. M.: Rechtsmittel bei Entscheidungen nach § 769 ZPO

In einem Verfahren vor dem OLG Frankfurt a. M. (Beschl. v. 23.10.2024 – 3 W 28/24) hatte der Kläger vor dem LG eine Vollstreckungsgegenklage nach § 767 Abs. 1 ZPO erhoben und damit einen Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 769 Abs. 1 ZPO verbunden. Das LG lehnte diesen Antrag ab. Gegen diesen Beschluss legte der Kläger sofortige Beschwerde ein. Das OLG Frankfurt hat die Beschwerde verworfen.  Es folgt der ganz h. M.: Entscheidungen, die im Rahmen des § 769 ZPO erfolgen, sind nicht beschwerdefähig (BGH v. 21.4.2004 – XII ZB 279/03, MDR 2004, 1137). Dies ergibt sich daraus, dass § 707 Abs. 2 S. 2 ZPO entsprechend anzuwenden ist. Diese Vorschrift regelt, dass ein Beschluss über die Einstellung der Zwangsvollstreckung in verschiedenen Fallkonstellationen nicht anfechtbar ist.

Das erstinstanzliche Gericht hat jedoch die Möglichkeit, die getroffene Entscheidung jederzeit zu ändern und kann damit einer Änderung der Prozesslage sofort Rechnung tragen. Dies ist ausreichend, denn dieses Gericht kann die Prozessaussichten am besten beurteilen. Das Beschwerdegericht soll dort nicht hineinreden können. Diesem Erfordernis war das LG vorliegend auch nachgekommen.

Interessant sind hier außerdem die Nebenentscheidungen. Das OLG legt dem Kläger als Unterlegenem zunächst die Kosten des Verfahrens auf (§ 97 Abs. 1  ZPO). Dies ist klar. Auf die Festsetzung eines Gegenstandswertes wurde verzichtet, da vorliegend keine Wertgebühr, sondern eine Festgebühr anfällt (Nr. 1812 Anl. 1 GKG). Für die Festsetzung des Wertes für die anwaltliche Tätigkeit war der notwendige (§ 33 Abs. 1 RVG) Antrag nicht gestellt worden. Im Übrigen dürfte diese Tätigkeit für den Rechtsanwalt allerdings nicht mehr zu dem Rechtszug gehören. § 19 Abs. 1 Nr. 11 RVG ist, da Beschwerde eingelegt wurde, nicht (mehr) einschlägig. Maßgeblich müsste dementsprechend Nr. 3500 VV RVG sein (0,5-Gebühr).

Wichtig ist: Im Rahmen von Entscheidungen nach § 769 ZPO kann man sich ein Rechtsmittel sparen. Man muss jedoch daran denken, dass die Entscheidung vom Gericht jederzeit geändert werden kann. Bei einem günstigen Prozessverlauf kann sich also ein entsprechender Antrag lohnen! Wenn in einer Beschwerdeinstanz separate Gebühren anfallen, lohnt sich stets ein Antrag auf Wertfestsetzung für die Anwaltsgebühren!

BGH: Weitere Behandlung offenbar unsinniger Eingaben

Auch der BGH muss sich häufiger mit offenbar unsinnigen Eingaben und Rechtsmitteln befassen. Im hier entschiedenen Fall (BGH, Beschl. v. 28.11.2024 – III ZB 90/24) hatten mehrere Kläger einen Beklagten auf Zahlung von Schmerzensgeld vor einem LG in Anspruch genommen. Die Kläger waren allerdings nicht anwaltlich vertreten. Sie zahlten auch den angeforderten Vorschuss nicht. Nachdem das LG sich dann geweigert hat, die Klage zuzustellen, haben die Kläger dagegen sofortige Beschwerde eingelegt. Diese wurde zurückgewiesen.

Daraufhin wendeten sich die Kläger an den BGH. Dieser legte die Eingabe als Rechtsbeschwerde aus, da ein anderes Rechtsmittel ersichtlich nicht in Betracht gekommen wäre. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch nicht statthaft, da sie weder zugelassen wurde noch deren Zulässigkeit im Gesetz positiv geregelt ist. Darüber hinaus ist die Rechtsbeschwerde unzulässig, da sie nicht durch einen bei dem BGH zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt wurde. Der BGH hat die Rechtsbeschwerde daher kostenpflichtig verworfen. Dies alles ist relativ klar.

Interessant ist die Entscheidung aber aus zwei Aspekten heraus: Zum einen hat der BGH darauf hingewiesen, dass mit der Rechtsbeschwerde nicht geltend gemacht werden kann, das Beschwerdegericht habe dieselbe zulassen müssen. Zum anderen hat der BGH am Ende des Beschlusses geschrieben: „Mit einer Bescheidung weiterer Eingaben in dieser Sache können die Kläger nicht mehr rechnen.

Diesen Satz sollte man sich merken und in geeigneten Fällen am Ende einer Entscheidung anbringen! Weitere Eingaben, die offenbar unsinnig sind, werden dann anschließend schlichtweg nicht mehr beantwortet. Dies ist eine zielführende Möglichkeit, anzudeuten, dass diese Sache von dem jeweiligen Gericht als beendet angesehen wird.