Dem Urteil des AG München (275 C 23753/20), das bereits am 20.5.2021 erging, ist zuzustimmen. Eine Reiseabbruchversicherung haftet bei coronabedingter Annullierung eines Rückfluges nicht für die Kosten des Ersatzfluges, da zwar nach den Versicherungsbedingungen eine Naturkatastrophe ein versichertes Ereignis ist, die Corona-Pandemie jedoch nicht als Naturkatastrophe angesehen werden kann. Der Reiseabbruch des Klägers am 27.3.2020 erfolgte während der ersten Welle der Corona-Pandemie für eine Reise, die er bereits vor der Pandemie am 27.1.2020 für die Mehrkosten einer eventuellen vorzeitigen Rückreise versicherte. Nach den abschließend im Versicherungsvertrag genannten Ereignissen bestand Versicherungsschutz zwar bei einer Naturkatastrophe, nicht aber bei einer Pandemie.
Zutreffend ist das Gericht davon ausgegangen, dass die weltweite Corona-Pandemie seit ihrer Ausrufung am 11.3.2020 durch die WTO bis zum heutigen Tage keine Naturkatastrophe ist. Dass die Corona-Pandemie als Risiko für die menschliche Gesundheit ein unvermeidbarer außergewöhnliche Umstand im Sinne des einheitlichen Begriffskonzeptes der EU-Passagierrechte-VO insbesondere des Art. 5 III der Fluggastrechte-VO 261/2004 darstellt, haben die Gerichte und das Schrifttum einzelfallbezogen in den Jahren 2020 und 2021 für Reisen, die vor dem Ausbruch gebucht wurden, für die Fälle des entschädigungslosen Rücktritts vom Pauschalreisevertrag weitgehend bejaht. Die Corona-Pandemie als Gesundheitsgefahr kann in den beiden Jahren nach ihrem Ausbruch sicherlich als außergewöhnlicher Umstand bzw. als höhere Gewalt angesehen werden, da sie bis heute nicht der Kontrolle der Vertragsparteien unterliegt. Eine Reisewarnung des Auswärtigen Amts für das Reiseziel stellt ein starkes Indiz für das Vorliegen dieses außergewöhnlichen Umstandes dar.
Davon zu unterscheiden sind die Beeinträchtigungen z. B. des Luftverkehrs durch die Pandemie aufgrund der staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Infektionsgefahr. Diese politischen Maßnahmen sind eine Folge der Pandemie! Die dadurch verursachten Einschränkungen und behördlichen Maßnahmen wie Flugverbote sind keine unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstände, sondern zählen als Folge der Pandemie zur den mehr oder weniger starken Beeinträchtigen einer Reise iSd. § 651h III BGB.
Dem Gericht ist zu folgen, dass es sich bei der Corona-Pandemie wegen des Fehlens unmittelbarer physischer Auswirkungen, lokalem Auftreten und zeitlicher Eingrenzung um keine typische Naturkatastrophe handelt. Von einer Naturkatastrophe kann doch nur ausgegangen werden bei geophysikalischen (Erdbeben, Vulkanausbrüche), meteorologischen (z. B. Stürme), hydrologischen (z. B. Überschwemmungen) und klimatologischen (z. B. Waldbrände, Dürre, Temperaturextreme) gewaltigen plötzlichen Naturereignissen. Staatliche Eingriffe auf die Umwelt, insbesondere auf das öffentliche Leben, treten erst als Folge der staatlichen Schutzmaßnahmen ein. So ist auch die kürzlich durch das Auswärtige Amt erfolgte Hochstufung Südafrikas als Virusvariantengebiet auf Grund der Variante Omicron ein politischer Ermessensakt zur Eindämmung der Infektionsgefahr, aber für sich genommen noch kein außergewöhnlicher Umstand bzw. höhere Gewalt.
Das Gericht weist zutreffend auch darauf hin, dass auch in zeitlicher Hinsicht sich die Corona-Pandemie von einer Naturkatastrophe unterscheidet. Bei eine Naturkatastrophe besteht die Gefahrenquelle typischerweise für einen nur begrenzten Zeitraum. Die Gefahr durch das Coronavirus besteht aber bereits seit fast zwei Jahren mit verschiedenen Wellen und wird auch noch im nächsten Jahr die Welt und die Gerichte in Atem halten.