Mitten im Sommerloch 2017 wurde der „Evaluierungsbericht der Bundesregierung über die Auswirkungen des Mediationsgesetzes auf die Entwicklung der Mediation in Deutschland und über die Situation der Aus- und Fortbildung der Mediatoren“ veröffentlicht und hat die sommerliche Stimmung merklich eingetrübt.
Die beauftragten ExpertInnen kamen u.a. zu dem Ergebnis, dass die Mediation als alternative Streitbeilegungsmethode zwar bekannt sei und sich eines festen Platzes in der Gesellschaft erfreuen würde, die Zahl der tatsächlich durchgeführten Mediationen jedoch auf einem gleichbleibend niedrigen Niveau stagnieren würde und nur wenigen MediatorInnen als verlässliche Einnahmequelle dienen könne.
Der Bericht und seine Rückschlüsse schlugen ein wie ein heftiger Blitz während des Sturmtiefs Xavier in diesem Jahr – seit diesem Zeitpunkt reißen die Diskussionen über die Interpretation der Erkenntnisse nicht ab. In nahezu allen Fachzeitschriften und Medien, die sich mit Mediation beschäftigen, werden Stellungnahmen veröffentlicht, wie mit diesen Ergebnissen umgegangen werden kann.
Als Handlungsempfehlung wird z.B. die Anordnung von Mediationsverfahren (z.B. seitens der Gerichte) diskutiert; flankiert wird diese Idee von der Einführung einer Mediationskostenhilfe, die finanziell schlechter gestellten Mediationsparteien zumindest die Sorge vor finanziellen Belastungen nehmen könnte. Zudem müsse Mediation bereits frühzeitig und niedrigschwellig als Angebot zur Verfügung stehen – begonnen werden könne in Kitas, Schulen, öffentlichen Institutionen und nicht zuletzt als ernstzunehmendes Angebot in Wirtschaftsunternehmen.
Konnotiert scheint die Diskussion von einer etwas pessimistischer gewordenen Grundhaltung – es scheint, als wären viele der Ideen bereits ausgeschöpft und als sei es so schwierig, an die Mediationsparteien heranzukommen und sie zu überzeugen, als wäre der rote Teppich bereits lange schon ausgerollt und die Mediationsparteien müssten diesen nur noch betreten….
Gern würde ich an dieser Stelle eine Beobachtung mit Ihnen teilen: Vor kurzem befand ich mich mit verschiedenen MediatorInnen mit diversen Quellberufen in einem Seminar und tauschte mich mit ihnen darüber aus, wie sich Einstiegshürden abbauen ließen und man Konfliktparteien in eine Mediation begleiten könne. `Welchen Beitrag könnten wir als MediatorInnen dazu leisten?`, war eine der inhaltlichen Leitfragen unseres Austausches.
Ganz zu Beginn fragte ich die Teilnehmenden, wer von Ihnen bereits an einer Mediation als Partei teilgenommen habe. Für mich völlig überraschend war außer mir noch keine/r der Anwesenden jemals selbst Konfliktpartei in einem Mediationsverfahren.
Erlauben Sie mir daher die nachstehende Frage: Was wäre, wenn wir – inzwischen mehrere tausend MediatorInnen allein in Deutschland – unsere eigene Leistung in Anspruch nähmen? Wer, wenn nicht wir selbst, könnte WegbereiterIn einer veränderten Streitkultur sein?